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Scheinheiligkeit

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17.06.2013
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Scheinheiligkeit

Maria heißt Hofer.
Ein Name der ihr nicht gefällt. Hofer. So wie Müller, nur eben Hofer.
Schaut sie ins Telefonbuch, findet sie 32 Hofers.
Allein in ihrer Gegend.
Maria wurde in der Schule heilige Jungfrau genannt.
Weil sie sich in der Mädchentoilette nicht von Herbert anfassen ließ, Magda aber schon.
Heilige Jungfrau, heilige Jungfrau, boshaftes Gelächter in der ganzen Klasse.
Noch heute schallt es in ihren Ohren.
Maria liebt heute Olaf.
Olaf heißt Herzig. Olaf Herzig.
Ein Name der Maria gefällt. Stattlich ziert er seinen noch stattlicheren Vornamen.
In dunklen Nächten stellt sich Maria vor Herzig zu heißen.
Ihre Gedanken triften schnell ab, sie glaubt sich an ferne Liebesschwüre, Rosensträuße erinnern zu können. Damals im Restaurant, bei Kerzenschein und leisen Klavierharmonien, bei Fisch und Fleisch, sogar bei geteiltem Heiße- Liebe- Eisbecher, damals tanzten herzige Worte aus Olafs Lippen.
Später tanzten dann beide zur Musik.
Maria in einem blumigen Flatterkleid, mit goldenen Reifen im Haar.
Fast so wie ein Heiligenschein.
Olafs langes Haar wurde sanft vom Wind gewirbelt.
Lautes Lachen, glückliche Zeiten.
Doch Olaf küsst Magda.
Denn die lässt sich anfassen, von Herbert in der Mädchentoilette, Jahre später von Olaf im Restaurant- WC. Nach einem glücklichen Tanz und geteiltem Eisbecher.
Maria kauert in der Klokabine nebenan, hört lautes Atmen und unterdrücktes Stöhnen.
In dunklen Nächten stellt sich Maria aber vor, dass es Magda nie gegeben hätte, dass nur sie an Olafs Lippen hing. An seinen breit geschwungenen Lippen.
Damals als sie sich auf den Weg nach Hause machten, im nächtlichen Mondenschein. Hand in Hand, Körper an Körper gepresst, verliebte Worte säuselnd.
Ihr Leib voller Herzigkeit.
Als er langsam die Türe aufsperrte, sie in seine Wohnung hinein lenkte, in das Schlafzimmer.
Lautes Lachen, glückliche Zeiten.
Doch Olaf küsst Magda.
Denn die ist eine Hure, die sich von jedem anfassen lässt.
Maria nimmt das Küchenmesser.
Das scharfe Fleischmesser.
Maria kann gut kochen.
Sie schleicht zum Schlafzimmer, öffnet die Türe und erkennt die Hure auf dem Herzigen.
In dunklen Nächten stellt sich Maria vor Herzig zu heißen.
Ihre Gedanken triften schnell ab, sie glaubt sich an letzte Liebesschwüre, verwelkte Rosensträuße erinnern zu können. Damals als der verletzte Olaf in ihren Armen sein Leben aushauchte.
Damals in den Armen der Maria.
Der heiligen Jungfrau.
Maria aber heißt Hofer.
Ein Name der ihr nicht gefällt.

 

Servus Suresk,

schon gestern habe ich deinen Text zweimal gelesen, und jetzt noch einmal, aber irgendwie werde ich nicht recht schlau daraus. Und sowas nervt mich einfach. Es ist nicht so, dass ich nicht gerne nachdenken will beim Lesen, um den tieferen Sinn eines Textes enträtseln zu können, das finde ich durchaus reizvoll. Aber den Inhalt dieser Geschichte kann ich jetzt, auch nach dreimaligem Lesen, beim besten Willen nicht schlüssig und eindeutig verstehen, es ist mir unmöglich zu sagen, was hier wirklich geschieht. Der Text ist halt schon sehr reduziert und dieses Verdichten geht für mein Gefühl auf Kosten der Verständlichkeit.
Letztendlich ist meine Interpretation die, dass Maria und Magda in Wahrheit ein und dieselbe Person ist (sind), sie leidet unter dissoziativer Identitätsstörung, multipler Dingsbums, was weiß ich, wie man das korrekt nennt. Entsprechend schwer fällt es mir natürlich, zu erkennen, was für die Protagonistin (die Protagonistinnen?) Realität und was Fiktion ist. Na ja, und so lässt mich die Geschichte ein wenig ratlos und auch unbefriedigt zurück. Irgendwie ahne ich einen interessanten Plot dahinter, aber momentan steht für mich einfach noch zu viel zwischen und hinter den Zeilen, was sich mir nicht so recht erschließen will.
Und so ganz erschließt sich mir auch die Formatierung nicht, also diese Zeilenumbrüche nach beinahe jedem Satz. Ich empfinde sie nicht unbedingt als störend, aber sollte irgendeine dramaturgische Absicht dahinterstecken, erkenne ich sie einfach nicht.

Ein paar kleine Fehler sind mir aufgefallen:

In dunklen Nächten stellt sich Maria vor [Komma] Herzig zu heißen.

Heiße- Liebe- Eisbecher, Restaurant- WC
Kein Leerzeichen hinter dem Bindestrich

Damals [Komma] als sie sich auf den Weg nach Hause machten,

In dunklen Nächten stellt sich Maria vor [Komma] Herzig zu heißen.

Ihre Gedanken triften schnell ab, sie glaubt [Komma] sich an …
Der Duden kennt zwar den Begriff triften, allerdings nur in der Bedeutung von flößen, du meintest hier, nehme ich an, driften, im Sinne von auf dem Wasser treiben. Genau, ist eigentlich das gleiche, aber wenn es schon zwei verschiedene Wörter gibt … Also mir zumindest stach deine Schreibung als falsch ins Auge, weil ich das Wort triften gar nicht kannte.

Damals[Komma] als der verletzte Olaf …

Na ja, vielleicht willst du die Geschichte noch ein wenig ausbauen, damit sie auch ein Einfaltspinsel wie ich verstehen kann.


offshore

 

Also bis auf die letzten 5 Zeilen fand ich's interessant. Ich hab das als literarische Idee genommen, dass die beiden biblischen Frauenfiguren in Jesus' Leben hier gespielt werden. Maria, die Jungfrau, die mütterliche Figur. Und Magda(lena), die - zumindest in den klassischen Auffassungen - eine fleischliche Rolle übernimmt. Ich glaub man geht heute davon aus, dass Maria Magdalena eine gebildete, starke Frau war und von den Evangelisten ein bisschen verleumdet wurde und dann ist das mit "Hure" irgendwie hängen geblieben, sie scheint wohl eher eine Intellektuelle gewesen zu sein, soweit man das in der damaligen Zeit sein konnte als Frau (so sagt das zumindest der Typ, der Illuminati geschrieben hat - und wenn man dem nicht mehr vertrauen kann, wem dann?).

Ja, und ich dachte, dass Maria vielleicht diese Magda braucht, um Olaf an sich zu binden, es aber nicht gut findet, dass sie zu diesen Mitteln greifen muss, denn Olaf sollte sie gefälligst so lieben wie sie ist, aber dass dann am Ende von jedem literarischen Versuch so ein Blutbad stehen muss und dann ist die Geschichte aber auch irgendwie zu cool, um das auszuführen, das sind, finde ich, so typische Schwierigkeiten in diesem Stil.
Zuerst mal: Diese Leerzeile nach jedem Satz. Als wäre jeder Satz so unfassbar bedeutend, dass er nicht neben einem anderen stehen kann. Das wirkt affektiert auf mich, man kennt das, das ist überreizt.
Und dann die Schwierigkeit gleichzeitig künstlerisch und tief und auch verständlich zu schreiben. Man will den Klimax, will den unaussprechlichen Höhepunkt, aber will auch nicht gewöhnlich sein und erklären - das ist eine Klippe an der viele Texte scheitern, denke ich.

Und was vielleicht ein tiefer gehendes Problem bei so einem Ansatz ist: Es ist schon verdammt schwer, sich klar zu machen, was man eigentlich schreiben will, weil man halt nur so ungefähre Ideen hat, und dann einzelnen Bildern folgt, und irgendwie ist es schon schwer, das alles kohärent zusammen zu kriegen. Ich hab da Sympathie für.
Es ist dann wahrscheinlich enttäuschend, wenn man doch flüstern muss: Das sind schon sehr universelle Themen, die immer wieder auftauchen, wenn belesene, sensitive Menschen anfangen (eher: Menschinnen), die Prosa als Ausdrucksmöglichkeit für ihre Gefühle zu entdecken.

Aber das ist durchaus ein lohnenswerter Anfangspunkt. Haben einige mit solchen Texten angefangen, die dann sehr lesenswerte Geschichten geschrieben haben.

Herzlich Willkommen hier im Forum
Quinn

 

Und ich bin im Bunde die dritte.
Fühl dich herzlich willkommen bei uns.

Ich finde den Anfang top.

Maria heißt Hofer.
Ein Name der ihr nicht gefällt. Hofer. So wie Müller, nur eben Hofer.
Sowas könnte ich noch lesen, wenn ich Uroma bin.
Auch der weitere Verlauf gefällt mir, alles ist sehr konzentriert, zugespitzt und verdichtet.
Das Problem für mich ist nur immer, dass ich solche Texte, obwohl ich sie mag, immer nur in Maßen lesen kann. Ich glaube, das liegt an dem Konzentrierten, das wird dann gleich immer sehr existenziell und allgemein menschlich, ohne dass ich als Leser an einem individuellen Schicksal beteiligt würde. Es lebt sehr von der Sprache und der Essenz eines Schicksals.
Das soll aber (bitte nicht falsch verstehen) absolut nicht deine Leistung schmälern. Ich habe keine Ahnung, ob ich das auch nur annähernd so hinbrächte.
Ich bin sehr gespannt, was du noch so auf dem Kasten hast.

Zu dem Spiel mit den Namen Maria und Magdalena. Klar, man kriegt natürlich den Eindruck, das ist dieselbe Person, sie meuchelt Herziger (der Name auch schon wieder, das ist auch klasse!) weil er sie (mit ihr selbst?) betrügt, weil sie dadurch keine Einheit sein kann. Und daran ist er ihrem Gefühl nach schuld.
Ob ich das so aber auch richtig verstanden habe? Ich habe immer das Gefühl, bei so kurzen Texten schwimm ich ab und an weg und fühl mich unsicher, ob ich was überlesen habe. Man hat den Eindruck, jedes Wort liegt bloß und will richtig verstanden sein. Also da kann ich ernst offshore absolut verstehen. Ich glaube, ich mach mir nur ein bisschen weniger daraus, unsicher zu bleiben, das ist ja manchmal auch eine Stimmungssache.

Eines noch zu den lyrisch anghauchten Zeilen. Mit Interesse las ich, was Quinn dazu geschrieben hat. Mir geht das ganz ähnlich, ich hätte es nur vorher gar nicht so benennen können. Überreizt ist das richtige Wort dazu. Es ist eine sehr formale Methode, die Sätze mit Bedeutung aufzuladen. Das hat der Text doch gar nicht nötig.

Also ich freu mich auf deine weiteren Texte.
Viel Spaß noch hier.

 

Hej Suresk,

richtig warm werde ich mit der Geschichte nicht.

Namen und Begebenheiten sorgen dafür, dass ich mich ein wenig in eine hinterländische Bergwelt hineinversetzt fühle, Maria Hofer, heilige Jungfrau, Herzig(keit), Rosensträuße und heiße-Liebe-Eisbecher, das klingt nach den richtigen Zutaten für einen Schlager.

Zugegebenermaßen ein kunstvoll gemachter Schlager und das Wort "Hure" und "Fleischmesser" passt nicht hinein.

Im Grunde geht es um Eifersucht. Maria ist eifersüchtig auf Magda und bringt Olaf (oder auch Magda oder nur Magda gewollt und Olaf aus Versehen) um.

Ich kann mich drehen und wenden wie ich will, mehr bekomme ich da nicht raus.

Maria nimmt das Küchenmesser.
Das scharfe Fleischmesser.
Maria kann gut kochen.
Soll das heißen, dass wen-oder-was-auch-immer sie erstochen hat, später in ihrem Kochtopf gelandet ist? Oder rechtfertigen die guten Kochkünste das scharfe Fleischmesser?

Ich wünsch Dir noch viel Spaß hier,

LG
Ane

 

Hallo Suresk,

herzlich willkommen!


Mit Maria und Magda(lena) sind zwei offensichtliche Symbole in der Geschichte. Der dritte im Bunde heißt Olaf; ein nordischer Name, der, etwas frei auslegt, auch Sohn Gottes bedeuten kann. Da komme ich ins Schleuder, weil in der realen Welt, (sag ich jetzt einfach mal kirchenfreundlich) neben der Symbolfunktion für Reinheit und Tugend, die Maria eben auch als Jesus’ Mutter gilt. Dadurch kann ich schlecht in die Gefühlswelt deiner Maria reinfinden.

Gruß

Asterix

 

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