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SCHATZ

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18.06.2002
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SCHATZ

SCHATZ

Als kleiner Junge habe ich oft davon geträumt, einen Schatz zu finden. Planschen im Gold. Hinein zu Dagobert in den Comic. Das Glitzern von Diamanten und Perlenketten. Eine seltsame Faszination ging von diesem Wort aus. SCHATZ. Wie wenn das Auffinden eines Schatzes die Lösung aller Probleme wäre. Oder ein sehr grosser Schritt in diese Richtung. Zumindest etwas unsagbar schönes und kostbares, das soviel möglich machte, so befreiend erschien. Ein Traum: erfüllt von Hoffnung, Energie, Glanz, Reichtum, Zukunft.

Manchmal, wenn wir im Wald gespielt haben, habe ich dann diese Energie oft dafür eingesetzt, große Steine wegzubewegen. Denn schließlich bestand ja die Möglichkeit, dass darunter ein Schatz lag. Und mit welchem Eifer ich vorging! Dementsprechend gross war dann jedesmal die Enttäuschung, das Nicht-Wahr-Haben-Wollen! Nach dem Motto: Wenn ich schon so viel Energie einsetze, wäre es dann nicht recht und billig, dass darunter na sagen wir wenigstens eine klitzekleine Goldmünze auf mich wartete? Jedermann ist seines Glückes Schmied. Der SCHATZ, Synonym für Glück.........

Ich habe die Hoffnung nie aufgegeben. Selbst die anderen Kinder, die im Wald dabei waren, haben mich manchmal ausgelacht, mich als kindisch bezeichnet. Vielleicht war ich ja wirklich das Oberkind. Damit habe ich im nachhinein betrachtet kein Problem. Aber ich wußte: Andere (zum Beispiel Tom und Huckleberry) haben schon Erfolg gehabt. Warum also nicht auch ich? Ich hatte einen Traum, und wenn ich diesen erreichen wollte, dann müsste ich alles versuchen. Dem Zufall eine Chance einräumen. Je älter ich wurde, desto unsicherer war ich mir darüber, ob es wirklich möglich und sinnvoll war, was ich mir so oft vorgestellt hatte. Aber dann habe ich wieder davon geträumt. Immer gerade noch rechtzeitig....

Ein Feuer, dessen Glut sich dem Ende neigte. Ich und mein Traum haben ihm neue Nahrung gegeben. Holz, Sauerstoff, eben alles, was gut fürs Feuer war. Zu Beginn wollte ich das Feuer immer noch größer haben, konnte nicht genug davon kriegen. Schließlich war das Feuer mein Baby! Und so wie ich von Natur aus war, wollte ich das größte Feuer, welches jemals irgendjemand geschaffen hatte. Mittlerweile war ich bescheidener. Zufrieden, wenn das Feuer irgendwie brannte, wenn ich sah, dass es noch am Leben war, die Wärme spürte, die das Dunkel der Nacht wenigstens an einigen Stellen durchbrach. Es war immer noch mein Baby, aber ich hatte nicht mehr das Bedürfnis, das Größte von allen zu besitzen, zu bewachen. Das war auch gar nicht mehr nötig. Das Feuer der meisten Anderen war bereits aus. Ohne Konkurrenz flackerte mein kleines Feuer geheimnisvoll vor sich hin. Nur noch seine Existenz war jetzt wichtig, rechtfertigte jeden Aufwand.

Und dann habe ich weitergesucht. Mittlerweile natürlich heimlich. Denn altersgemäß war dieses Verhalten wirklich nicht. Das wußte ich auch. Ein Kind war ich nicht mehr. Und ich wollte auch keins mehr sein. Alles was ich wollte: Mir diesen Traum erhalten. Aber das hätten die Anderen nicht verstanden. Und erst recht nicht die Älteren.

Eine Vision, die man nicht verfolgt, wird zur Illusion. Eine Illusion: eben nur noch ein Gedanke ohne Tatendrang. Ich finde es nicht furchtbar schlimm, wenn aus utopischen Visionen Illusionen werden. Besser als gar nichts. Sicher leichter und mit weniger Risiko verbunden. Aber ich mochte halbe Sachen noch nie. Und das Risiko liebte ich, zumindest solange mein Leben nicht davon abhing. Wenn ich schon einen Traum hatte, dann wollte ich mir die Chance erhalten. Aufs Ganze gehen. Durchaus deprimierend, wenn man seinen Traum mit niemandem teilen kann, weil so weit weg, so unwahrscheinlich. Aber wenn der Traum phantastisch genug ist...

Ich habe ihn immer noch nicht gefunden. Aber fast. Und dieses "fast" war ein prächtigeres Gefühl als alles, was ich mir in den Jahren bezüglich des SCHATZes vorstellen konnte. Es war unbeschreiblich, ich finde keine Adjektive aus dieser Welt, die diesem Gefühl, diesem Zustand gerecht werden könnten.

Damals habe ich versucht, alles aufzuschreiben. In mein Tagebuch. Zitternd. Voller Erregung. Voller Glück, voller Zuversicht. Zitternd trotz einer alles durchdringenden Gelassenheit:

(....)Ich fühle mich wie frischverliebt, und diese Frische bleibt mir scheinbar erhalten. Eine unbeschreiblich schöne Gewissheit, dass Du dieses Gefühl so lange erhalten kannst, wie Du willst. Aber wenn diese Art des Verliebtseins schon für sich genommen alles bekannte Glück dieser Erde bedeutet, dann ist es im Gegensatz zum SCHATZ, den ich gespürt habe, lediglich ein Punkt innerhalb eines Facettenauges, ein perfekter Punkt, der die Quintessenz einer Quintessenz in sich birgt. Alles Glück in einem Punkt vereint. Der Gegenpol zum schwarzen Loch, zum alles verschlingenden Nichts. Aber alles Glück der Welt mehrmahls. Mehrmals im mehrmals im mehrmals.... Und trotzdem überfordert mich dieses Gefühl nicht. Eine Ganzheit, deren Bestandteile man mit einer Selbstverständlichkeit konsumieren kann wie einen Apfel, ohne dass man sich gleich mit dem ganzen Apfelbaum auseinandersetzen muss. Ein Sonnensystem des Glücks, eine Galaxie der Freude, ein Universum der Liebe, Paralleluniversen der Extase. Vereint in einem grossen, wunderbaren Traum. Immer blieb es ein Punkt inmitten eines Gewühls von Punkten. Ein Perpetuum Mobile, welches scheinbar wuchs, je mehr Faszination man in ihm sah. Eine Vorstellung des Unbegreiflichen. Eine Sonne, die abertausende Facettenaugen in sich vereinte. Strahlen schossen aus dem Inneren. Und wenn man sich auf einen Strahl konzentrierte, dann sah man bald, dass sich dieser Strahl wieder in einer Sonne sammelte. Und je länger der Strahl einfloss, desto mehr glich sich diese Sonne jener vollkommenen Ursprungssonne an, die natürlich auch nicht die Ursprungssonne war. Alles relativierte sich, wenn man nur lange genug mit offenen Augen starrte. Und trotzdem war nichts relativ. Alles war ABSOLUT, ohne dass ich dieser Absolutheit, diesem Göttlichen auch nur eine Sekunde misstraut hätte. Ich konnte mich immer nur auf einen Strahl konzentrieren. Das ist menschlich. Aber ich spürte, dass sich die gesamte Wärme der Sonne gleichzeitig auf mich ergoss, in mich eindrang. Wie ein warmer, wohltuender und massierender Regen. Ich fühle mich wie ein Schwamm, der gierig alles in sich aufsaugt. Aber nicht nur aus Wasser besteht der Regen. Feinster Goldstaub, Materie, Energie,ein rötlich-orange-gelbes Etwas, kleine blaue Wunderkugeln mit milchigen Bestandteilen. Vielleicht habe ich gesehen, was Astronauten immer beschrieben haben als unsere Erde. Farben, die ich noch nie zuvor gesehen hatte und die mich trotz ihrer ganzen Wärme und Harmlosigkeit trafen, blendeten. Geblendet von Schönheit, ohne Reiz. Nicht so, wie wenn man ohne Sonnenbrille in die Sonne schaut. Zwinkernd nur, um wenigstens einzelne Eindrücke zu verarbeiten. Fassungslosigkeit. Die Kleider hatte ich mir in meiner Phantasie schon längst vom Leib gerissen. Diese Herrlichkeit hatte nicht verdient, dass man ihr Hindernisse in den Weg legte. Sie stellte keine Ansprüche und hatte gleichzeitig eine Autorität, neben der jede andere Autorität lächerlich gewirkt hätte. Unnötig. Sinnlos. Ein System, welches die ganze Zeit in Bewegung war und trotzdem dalag wie ein zufrieden schlafendes Kind. Ein Meer voller Diamantenmoleküle in ständigem Austausch, obwohl die Oberfläche bei ganzheitlicher Betrachtung glatt wirkte, wie erstarrt. Eine Mischung ohne Kompromiss. Verschmelzung zweier Gegensätze, ohne sich jeweils aufzugeben. Kein Grau, welches die ursprünglichen Farben vernichtete, sondern Grau, das mehr war als schwarz und weiß vermischt. Pechschwarz und schneeweiß nebeneinander plus die neu entstandene Farbe. Und das Schwarz wirkte nicht schwarz, sondern nur schön, wie die Haare von Schneewitchen. Der Teufel, der sich unterwarf, seine Unvollkommenheit akzeptierte und in seiner Unvollkommenheit vollkommen wurde. Und Musik schwingt Dir in den Ohren. Hundert Symphonieorchester spielen parallel, ohne sich gegenseitig zu stören. Die Atmosphäre sorgt dafür, dass alle Töne in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Sich ergänzen. Es entsteht etwas Neues, nie dagewesenes. Engelsmusik. Im Moment höre ich eine Flöte und Posaunen. Aber alle anderen Instrumente sind auch anwesend. Welche Wucht! Welche Dynamik! Homophon und polyphon vereint! Niemand vermag, den einheitlichen Klang zu zerstören. Ich kann mitsingen. Und egal was ich singe: Es passt. Ein Wunder! Falsche Töne gibt es nicht! Nur Klang. Göttlicher Klang, der alles und jeden durchdringt. Entfernungen spielen dabei keine Rolle mehr. Nichts spielt mehr eine Rolle, obwohl jeder einzelne Bestandteil unendlich wichtig ist.

Dann habe ich meinen Tagebucheintrag abgebrochen. Es war gut, die ganze Sache einmal in unvollkommene Worte gefasst zu haben. Mir war von vornherein klar, dass es nur ein Versuch werden würde. Jetzt fühle ich mich in dem Maße befreiter, wie mein Erlebnis durch das Formulieren an Zauber verloren hat. Trotzdem war es richtig und gut. Es gibt notwendige und deshalb sinnvolle Kompromisse. Früher wollte ich das nie wahrhaben. Eine wichtige Erkenntnisse, ohne die Leben nicht möglich war.

Ähnlich wie gute Liebesbriefe. Menschliche Versuche, ein göttliches, nicht gänzlich zu erfassendes Gefühl zu beschreiben. Ein Verlangen, welches eine so viel mächtigere Sehnsucht ausdrückte, als das mit Worten zu beschreiben war. Ein unauflösbarer Drang. Und in seiner Unauflösbarkeit so unendlich wichtig, um nicht innerlich zu zerplatzen. Den Kochtopf behutsam öffnen, den Druck entweichen lassen. Ein Knoten, mit dem man leben konnte, leben wollte, weil er selber ein Teil des Geheimnis war, dazugehörte.

Man konnte sich beliebig annähern, wenn man nur inspiriert und verliebt genug war. Wie eine Hypothenuse. Auf der Suche nach der Wahrheit, dem Ziel. Jeder Aufwand scheint in dieser Situation gerechtfertigt. Die Kurve strebt auf einen Punkt zu, wird zur Geraden, die Unendlichkeit suchend. Ein Lichtstrahl, dessen Energie unerschöpflich scheint. Ein Pfeil, der die Richtung kennt und doch nie ankommt. Trotzdem ist ihm das Ziel klar.Er spürt es im Flug.

Limes. Ein menschliches Produkt der Mathematik. Ausdruck von Unlösbarkeit, auch wenn der Anschein und Mathematiker manchmal etwas anderes glauben machen wollen. Aber ohne diesen Anschein wäre alles zu Ende. Der Lichtstrahl: er würde verblassen. Das Ziel: es verschwände. Und trotzdem: Bitter, die eigene Begrenztheit zu spüren. Aber gleichzeitig tröstlich. Denn wer könnte dieser Verantwortung gerecht werden, diese Perfektion ertragen?

Schweigen ist besser, auch wenn ich die ganze Zeit darüber reden will. Wer nicht dabei war, der wird vermutlich eher wütend, wenn ich davon zu erzählen beginne. Oder ängstlich. Angst des Unbekannten. Oder noch schlimmer: er hält mich für übergeschnappt. Sollte ich widersprechen? Nein. "Übergeschwappt" ist besser. Vor Glück, vor Fülle, vor der Unendlichkeit. Wer 20 Liter in ein 10-Liter-Gefäß schüttet. Ist es verrückt oder gar falsch, überzuschwappen.

Ich stand kurz davor. Ich weiß noch, wie ich hingekommen bin..... Das bleibt mein Geheimnis. Es muss mein Geheimnis bleiben. Es funktioniert nicht anders. Leider.

Soweit ich das beurteilen kann, bin ich bestimmt kein Egoist, zumindest nicht nur. Und außerdem: Der Schatz, den ich fast erreicht habe: ich bin mir sicher, dass er so groß ist, dass man ihn so oft teilen kann, wie man will, und der Rest, der übrigbleiben würde, wäre so groß, dass man ihn wieder unendlich oft teilen könnte. Und mit diesem Wissen macht Geben natürlich mehr Spass als die übliche egoistische Selbstbezogenheit... Wie Liebe: Ein Lächeln nur. Und man hatte das Gefühl, dass sich der Schatz sich in dem Maße vermehrte, als man abgab. Die geheimnisvolle Schatzvermehrung...

Das war alles nur ein Gefühl. Es mußte eine Idee, ein Traum bleiben. Das war mein Schicksal.

Die Schatzkarte..... Man konnte es Zufall nennen. Aber ich mag den Begriff Zufall nicht. Und selbst das, was man generell unter Zufall versteht, war es nicht. Die Zeit war höchstens günstig. Es war keine Schatzkarte im herkömmlichen Sinn. Eher ein Puzzle. Unsere Clique wurde älter. Wir waren Teenager. Im Grunde hatten wir ganz andere Probleme im Kopf. Viel gravierendere. Aber manchmal trafen wir uns zum Filmekucken. Wir haben dann immer Wein getrunken. Eine Marotte von uns. Und dann haben wir philosophiert. Wie gesagt: nicht besonders oft. Aber wenn, dann wurde es immer spät, bis tief in die Nacht haben wir uns unterhalten über Gott und die Welt. Von Anfang an waren das geheimnisvolle, besondere Abende. Ich erinnere mich gut, wie ich dann nachts immer heimgelaufen bin...Der Wein, die Themen und dann die Sterne, die über mir funkelten. Die besorgten den Rest....schloßen die Fugen, die unsere philosophischen Diskussionen hinterlassen hatten.

Und bei einer dieser Sitzungen hat das ganze dann begonnen. Mein bester Freund gab die Initialzündung. Er brachte etwas mit. Keine Chips, keine Schokolade, keinen Wein. Es war ein Gedicht. Ich kannte es. Deshalb war ich verwundert, dass er so ausser sich war. Er habe nicht geschlafen die ganze Nacht, begann er und dann las er das Gedicht vor. "Ihr wisst doch noch" stammelte er, "der SCHATZ".....

Wir waren vier. Die anderen zwei verstanden gar nichts. Als wir kleine Jungen waren, hatten sie zwar auch ganz am Anfang mitgesucht nach dem Schatz, aber schon sehr bald hatten sie damals die Lust verloren, fanden das ganze nutzlos. Und ehrlich gesagt: ich verstand auch nichts. Aber trotzdem war ich sofort hellwach. "Erzähl!" sagte ich und blickte ihn mit höchst interessierten Augen an. "Nun ja", fuhr er fort, "habt ihr noch nie ein Gedicht gelesen und irgendwie den Eindruck gehabt, dass darin ein Geheimnis verborgen liegt?". Vor zwei Tagen noch hätte ich ihm zugezwinkert, abgewunken und ein Video eingelegt. Aber irgendetwas war an diesem Tag mit meinem Freund anders. Er klang so überzeugt, so selbstsicher, so begeistert. Seine Augen glänzten wie die aufgehende Morgensonne, die sich in einem Regentropfen spiegelte.

Mit dem Film wurde es dann an diesem Abend nichts mehr. Wir hatten etwas besseres. Und wir tranken doppelt so viel Wein als sonst. Das Thema verlangte danach. Und uns durstete nach dem Thema. Bald waren wir uns einig: Dieses Gedicht war ein Teil der Schatzkarte, da gab es keinerlei Zweifel. Gewissermaßen der Urknall unseres Puzzles. Und wir waren jetzt eingesetzt. Für die Schöpfung der Schatzkarte zuständig.

Dieser Abend sollte mein komplettes Leben beeinflussen und mich lange Zeit prägen. Ich habe noch nie einen unbändigeren Willen verspürt irgendetwas gegenüber. Positive Besessenheit. Verschmolzen mit der Aufgabe und trotzdem frei. Inspiration, Kreativität, Tatendrang. Alles explodierte.

Das war auch dringend nötig. Denn wir hatten es mit einer unendlichen Geschichte zu tun. Der Erfinder der Schatzkarte schien der genialste Mensch auf der Erde zu sein. Ob er überhaupt noch lebte? Wofür der ganze Aufwand? Er war allgegenwärtig. Fast unheimlich. Vielleicht hatte er auch ein riesiges Team, welches er koordinierte, welchem er Aufträge erteilte. Überall tauchten Hinweise auf, und in der richtigen Kombination führten diese zu Teilen des Puzzles. Wir hatten keinen Anhaltspunkt, wie groß das Puzzle werden würde und somit hatten wir auch keine Ahnung, wie nahe wir dem Ziel schon waren. Und trotzdem war es jedesmal eine unglaubliche Befriedigung. Bei jedem einzelnen noch so kleinen Teil. Das Wissen, zumindest einen Schritt in die richtige Richtung gemacht zu haben. Die Puzzleteile wurden immer größer. Aber auch der Aufwand wurde immer größer. Die Rätsel, die am Ende zum Puzzleteil führten waren mittlerweile so kompliziert, so verworren, dass wir noch vor Monaten gar nicht auf die Idee gekommen wären, dass es sich um Rätsel handelte.

Unsere Clique war mittlerweile recht groß geworden. Dreizehn waren wir, davon 6 Mädchen. Am Anfang waren wir eine reine Jungenclique gewesen. Aber es hatte sich gezeigt, dass Mädchen manchmal imstande waren, Rätsel zu lösen, bei denen ich und meine Kumpels keinen noch so kleinen Fortschritt erzielten. Wir brauchten sie. Und es hatte natürlich auch seinen Reiz, das andere Geschlecht im Team zu haben. Das motivierte. Manchmal wuchs man über sich hinaus, nur um einem Mädchen zu zeigen, was für ein toller Hecht man doch war.

Wir hatten zwei Leben. Jenes, welches schon immer existierte: Familie, Schule, Hausaufgaben. Das normale eben. Und dieses andere, neue Leben. Eine andere Wirklichkeit, in der wir alles um uns herum vergaßen. Denn wir benötigten alle Energie zum Zusammenfügen des geheimnisvollen Mosaiks.

Wir waren natürlich allesamt recht unterschiedlich. Jeder hatte seine Spezialgebiete. Mein bester Freund, dem wir alles zu verdanken hatten, war der auffassungsstärkste. Meist war er uns anderen einen Schritt voraus. Ein anderer war unheimlich kreativ und kam auf die verrücktesten Ideen. Dann hatten wir noch eine Art Lisa Simpson, die unheimlich belesen war und einfach auf alles eine Antwort parat hatte. Und ein Mädchen war die Intuitivste von allen. Bald wußten wir, dass es gut war, ihrem Gefühl zu vertrauen, uns in die von ihr vorgeschlagene Richtung zu bewegen. Das garantierte in den allermeisten Fällen Erfolg. Jeder hatte sein Steckenpferd, seine Spezialität, die er einbringen konnte. Außer mir. Ich hatte kein Spezialgebiet, war nirgends herausragend. Aber dafür war ich der Einzige, der ein bißchen von allem hatte. Deshalb akzeptierte mich jeder. Und so kam es, dass ich so eine Art Anführer wurde. Kein Anführer im herkömmlichen Sinn. Denn schließlich war mir bewußt, dass meine Partner mir in ihren Spezialgebieten jeweils überlegen waren. Eher ein Koordinator, der versuchte, den Überblick zu behalten.

Eine spannende Aufgabe, denn in dieser Funktion hatte ich überall Einblick. Ich lernte, den Mitgliedern zuzuhören, mich auf das, was sie sagten einzulassen. Ich glaube, niemand kannte jeden Einzelnen besser als ich. Ich kannte ihre Stärken, ihre Schwächen. Und das Wichtigste war: Vertrauen. Nur so konnten Konflikte gelöst werden.

Seit einem Jahr hatten wir unermüdlich Teile des Puzzles zusammengetragen. An einem geheimen Platz hatten wir es aufgebaut. In einer Höhle, von der wir sicher waren, dass nur wir sie kannten. Der Eingang war gut getarnt. Das Puzzle sah fantastisch aus. Irgendwie lebte es. Es schien so, als wollte das Puzzle mit zu seiner Vervollständigung beitragen. Manchmal blinkte ein Teil auf und dann wußten wir, in welcher Richtung es galt, weiterzusuchen. Immer bunter wurde das Puzzle und immer mehr zu einer Einheit. Zunächst hatten wir nur den Verdacht, doch irgendwann habe ich gesehen, dass die Puzzleteilchen aus der Mitte zusammengeschmolzen waren, zu einem großen Puzzleteil. Manchmal habe ich ganze Nächte lang kein Auge zugemacht und bin in der Höhle gesessen, nur um zu sehen, wie dieses Wunder vor sich ging. Vergeblich. In meiner Anwesenheit passierte gar nichts.

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Manchmal muss ich lachen, obwohl es unendlich traurig mit anzusehen ist. Menschen, die glauben, den SCHATZ finden zu können, die Schatzkarte aber ignorieren. In diesem Fall hat Zufall keine Chance. Das läßt der SCHATZ nicht zu. Wer die Schatzkarte hat, der hat den Schatz.

[ 19.06.2002, 18:01: Beitrag editiert von: kannibalisto ]

 

Hallo kannibalisto,

also streckenweise war mir Dein Text einfach zu lang, auch weil man inhaltlich kaum neue Informationen erhält.
Ich vermute `mal, daß es Dir um das Jagen nach dem Glück geht und das Motto der Weg (Schatzkarte) ist das Ziel.
Sprachlich hat mir die Geschichte gut gefallen, noch einige Anmerkungen:

Ein schwarzes Loch ist kein „...alles verschlingendes Nichts“.

„...überzuschwappen...“ Ich glaube, ein `?` fehlt.

„...das ganze“ das Ganze „...bin in der Höhle gesessen“ habe in ...

Weiterhin viel Erfolg,

tschüß

 

Hi Kannibalisto!

Ich kann mich (vor allem um diese Uhrzeit) nur Woltochinon anschließen, außer bei "bin in der Höhle gesessen", das sagt man bei uns auch so und nicht "habe in der Höhle gesessen".

Den größten Schatz den es gibt, hat man aber erst gefunden, wenn man einen Menschen gefunden hat, zu dem man ehrlich sagen kann "Du bist mein Schatz".
Schatzkarte gibt es dafür keine, aber man sollte damit sorgsam umgehen, wie mit einem richtigen Schatz und ihn nie achtlos liegenlassen. Einen größeren Schatz gibt es auf der ganzen Welt nicht und man findet ihn nur per Zufall.

Liebe Grüße
Susi

 

Hallo Woltochinon!

Danke für Deine Anmerkungen! Es geht weniger um das Suchen nach Glück als um die Suche nach der Wahrheit. Glück ist erreichbar, Wahrheit
(Gott sei Dank) nicht. Zumindest nicht zu
einhundert Prozent, was aber auch gar nicht nötig ist. Und das ist vielleicht der Grund, warum es inhaltlich nicht wirklich weiter geht. Denn für mich kann es da einfach nicht weiter gehen. Allerdings ist die Suche nach der Wahrheit für mich trotzdem sehr wichtig und ich will mich lange an diesem Punkt aufhalten, an dem es nicht mehr weitergeht.

Gruss Kannibalisto

 

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