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Schaden Im Gehirn!

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30.08.2003
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Schaden Im Gehirn!

Mein Kopf rauscht wie ein Flanger, während der Fahrer vor sich hin brabbelt wie ein Äffchen.
„Wenn Sie mich fragen“, beginnt das Äffchen einen erneuten Sturzflug in narrative Untiefen.
„Wenn Sie mich fragen gehört da ein Wertewandel her.“
Ich halte meinen Kopf mit behandschuhten Fingern und lausche seinem Inhalt.
Der Fahrer spuckt weiterhin seinen politisch inkorrekten Wörterbrei aus.
Er scheint nicht zu bemerken, was mich schon seit Monaten quält.
Ich habe einen Schaden im Gehirn.
„Was ist falsch daran, wenn Frauen Kinder kriegen und sich um den Haushalt kümmern? Ist es denn etwas unehrenhaftes für Kind und Hof Verantwortung zu übernehmen? Nein, sag ich!“
Ich frage mich, ob der Typ das auch sagen würde, wenn seine Mutter da wäre.
Ich frage mich, ob solche Leute überhaupt eine Mutter haben.
Mein pfeifender, rumorender Schädel spuckt Bilder aus, die ich zuhause gesammelt habe.
Meine Frau, wie sie an der Bettkante sitzt, und ihre Zehennägel abzwickt. Zwick, zack.
Den ganzen Tag war ich mit ihr zusammen und hatte ziemlich viel Spaß. Sie auch. Sie hat nichts davon bemerkt, dass ich einen Schaden im Gehirn habe.
Schaden im Gehirn...
Der Wagen kommt in den Außenbezirken angekommen, wo bunte Frauen ihre Körper anbieten.
Der Fahrer kommt in thematischen Gefilden an, die sich um nichts drehten, wie ein schwachsinniges Universum, das von einem schwarzen Loch verschluckt wird.
„Warum sollten Frauen soviel bezahlt bekommen wie Männer? Sie SIND keine Männer!“
Ich sage dem Mann, dass ich hier aussteigen möchte.
Ich versuche, ihn auch beim bezahlen nicht anzusehen, weil ich nicht will, dass er bemerkt, dass ich einen Schaden im Gehirn habe.
Zittrige Finger lassen rote Lappen los, wackelige Beine schreiten hinaus in die Realität.
Harter Beton, beißender Gestank, scharfe Formen und Kanten.
Ich gehe an ein paar miesen Häuserfronten vorbei.
Die Nutten, die dort lehnen, versuchen mich anzumachen. Ich kann es nicht fassen.
„He, starker Mann! Du siehst aus als hättest du noch ein stärkeres Männlein dabei.“
Sie kostet kaum etwas.
Ich nehme ihre Hand und verstecke mein Gesicht in meinem Kragen, während ich versuche sie nicht anzusehen.
Erneut wechseln Scheine den Besitzer, kurz darauf betreten wir ein kleines Zimmer.
Schlicht, sauber- nicht schäbig aber nicht eben Luxus.
Sie sagt, Sie muss sich nicht erst frisch machen, und er auch nicht.
Bereit für den Wahnsinn, räkelt sie sich auf dem Bett, kümmert sich nicht darum, dass ich einen Schaden im Gehirn habe.
Sie trägt noch all ihre Kleider.
Ich knipse die Glühbirne an, und alles wird plötzlich Wirklichkeit.
Ich blicke sie zum ersten mal direkt an, und sehe, dass sie sogar ziemlich hübsch ist.
Ihr Minirock verrutscht langsam...
Plötzlich werde ich wütend. Ich stelle mich vor sie hin und sage mit einer Stimme, hart wie Holzklötze:
„Willst du dich über mich lustig machen?“
Und etwas heftiger:
„Sag schon! Na los!“
Auf verführerische Weise sieht sie mich an, nur leicht überrascht. Kein bisschen schockiert.
Ich werde noch wütender, das Rauschen in meinem Kopf macht mich fast wahnsinnig.
Wie von selbst legt sich das Messer aus der Tasche in meine linke Hand.
Sofort taut die Nutte auf, und starrt mich entgeistert an.
Sie blickt ruckartig zur Tür, dann auf das Messer, dann mir ins Gesicht.
„Was,... was willst du? Du mußt nicht bezahlen, wenn du nicht willst.“
Ich fühle mich verletzt, ehrlich. Tief drinnen, als ich bemerke, dass sie mich für dumm und pervers verkaufen will.
Diesmal schreie ich. Mein Hals schmerzt davon.
„Willst du mich verarschen, du verschissenes Arschloch?!“
Sie wird kaum etwas verstanden haben, die Worte entgleiten mir wie gewachste Lachse.
„Ich weiß, dass du es bemerkt hast! Du denkst wohl, du kannst mich verarschen, und so tun als wäre nichts!“
Die Szene konzentriert sich, der Raum, die Frau, das Bett- all das wirkt plötzlich wie aus einem Guss. Real und fest.
„Was hätte ich bemerken sollen?“
Ihre Worte kommen so unerwartet, wie aus der Schnauze eines Hundes.
Ihre Bedeutung bringt mich zur Explosion wie einen Vulkan.
Diesmal verbrennt der Schrei meinen Hals.
„Ich habe einen Schaden im Gehirn!"

 

Ich habe auch einen Schaden. Manchmal bemerken die Leute das und sagen: "Du bist total komisch, Za." Und was passiert dann mit mir? Ich bin dann furchtbar stolz.

Ich könnte jetzt viel in den Text hineininterpretieren. Tun sich immer neue Gedankengänge auf beim Denken. Aber ich lasse es. Irgendwie fehlt dem Text eine gehörige Portion Schaden.

 
Zuletzt bearbeitet:

Der Titel ist gut der Rest auch obwohl ich mich nicht erinnern kann
wieso?

ICH glaube der Text will sagen,dass wir alle böse sind!
Und nicht den Wurm in der Natur achten.
Ich habe gelacht.

Manchmal heftig manchmal auch nicht so heftig!

Aber: ein sehr interessantes "lockers und breiiges-Experiment" auch wenn darin alles widergeepiegelt wird was nur affektiert im Raum schwirren sollte.
Hier wird es eingefangen!
Sehr innovativ, sehr...geil!

 

Ich bin (mal wieder) zu keiner vernünftigen Interpretation in der Lage, und möchte nur einen eher oberflächlichen Gedanken beisteuern, der mir beim Lesen gekommen ist: Das Ausrufezeichen im Titel sagt alles. Der Schaden ist da und damit ist die Erklärung da. Für mich haben Geschichten, in denen sich erst langsam herausstellt, dass da jemand einen Schaden hat, mehr Thrill. In diesem Fall war der Schluss - über den man sich nicht wundern darf - einfach folgerichtig und damit würde ich die Geschichte als konsequent, aber nicht innovativ bezeichnen (dass ein nicht unwesentlicher der Bevölkerung in psychiatrische Behandlung gehört, wird ja oft gesagt, ob von Fachleuten oder solchen, die zum zur Debatte stehenden Teil der Bevölkerung gehören, sei dahin gestellt).
Hoffe, Du kannst damit was anfangen :shy:

 

Ansich schöne KG wenn man vielleicht auch noch etwas mehr hätte einbauen können.

besonders schön:

Wie von selbst legt sich das Messer aus der Tasche in meine linke Hand.
David Lynch Fan?
Vielleicht hätten der Geschichte noch mehr solcher schnellen Wechsel die fast von selbst ohne des wirklichen Willsen des Prots geschehen, gut getan.

 

Das einzige, was diese Geschichte anprangert, ist frauenfeindlichkeit.
Mein Lieblingssatz *narzistischescheißschleimerei* ist:
"Warum sollten Frauen soviel verdienen wie Männer? Sie SIND keine Männer!"

@Lithium (wenns um das Lied geht, find ich curmudgeon besser...)
David Lynch? Hat der nicht Lost Highway gemacht? War ganz nett, obwohl ich KEINEN Film als wirklich "gut" bezeichnen würde.
Ich finde das Medium "Film" an sich scheiße.

@Uwe Post
Was ja zu bemerken ist, ist, dass außer ihm selbst niemand diesen Schaden zu bemerken scheint, der ja ach so eklatant existent für ihn selbst ist.


GUGGING RULEZ!

ciao
vant

 

@Lupa
Freut mich, dass ich dich unterhalten habe ;).
Da kommt mir doch was bekannt vor :eek2:

DU GROANOGL!

servus
vantan

 

Hm. Ein Mörder, der sich mit dem Hinweis auf seinen Gehirnschaden an die Arbeit macht, hat meines Erachtens eher keinen solchen. Aus dem Plot könnte man mit Sicherheit mehr herausholen, so daß der Leser etwas mehr Ahnung vom Charakter und dem psychologischen Background des Ich-Erzählers bekommen könnte. Es gibt auch etliche Formulierungen, die mir etwas zu sehr bemüht oder unglücklich gewählt erscheinen, z.B.
"Sturzflug in narrative Untiefen" etc.. Ganz abgesehen davon, daß Äffchen nicht brabbeln und daß nicht jeder weiss, was ein Flanger ist und wie so ein Effekt klingt.

 

Den Vergleich mit dem Äffchen habe ich von Forrest Gump.
Mir sind die Leute egal, die nicht wissen, was "narrativ" oder "Flanger" bedeutet.
Ich nehme ja auch nicht Rücksicht auf die Leute, die kein Deutsch verstehen.
Mal ehrlich, die sin mir schnuppe...

Der Background dieses Typen tut nix zur Sache, immerhin ist er ein Komplexler, der sich einbildet einen Schaden zu haben, wobei sein einziger Schaden darin liegt, dass er denkt er habe einen Schaden...
Der Schaden an sich, und die Tatsache, dass keine Sau ihn bemerkt, ist also das einzig relevante.

Flange rulez...

 

Hallo Vantandriel!

Ich fand die Geschichte nett.

Der Stil hat mir ganz gut gefallen - z.B. der Satz

„Wenn Sie mich fragen“, beginnt das Äffchen einen erneuten Sturzflug in narrative Untiefen.
ist toll! :thumbsup:

Allerdings habe ich einige Fehler gefunden, v.a. Zeichensetzung:

„Wenn Sie mich fragen gehört da ein Wertewandel her.“
Wenn Sie mich fragen, gehört da ein Wertewandel her.

Ist es denn etwas unehrenhaftes für Kind und Hof Verantwortung zu übernehmen?
Ist es denn etwas Unehrenhaftes, für Kind und Hof Verantwortung zu übernehmen?

Mein pfeifender, rumorender Schädel spuckt Bilder aus, die ich zuhause gesammelt habe.
zu Hause

Schaden im Gehirn...
Leerzeichen vor den 3 Punkten

Der Wagen kommt in den Außenbezirken angekommen, wo bunte Frauen ihre Körper anbieten.
Der Wagen ist in den Außenbezirken angekommen
oder
Der Wagen kommt in den Außenbezirken an

Der Fahrer kommt in thematischen Gefilden an, die sich um nichts drehten
drehen

„Warum sollten Frauen soviel bezahlt bekommen wie Männer? Sie SIND keine Männer!“
Großschreibung in einer Geschichte ist ungeschickt. Ich weise dich auf die Kursivschreiben-Funktion hin: [ i ] Wort [ / i ] (die Leerzeichen weglassen). Du hast beim Schreiben auf kg.de aber auch über dem Schriftfeld eine praktische Leiste mit Buttons. Da kannst du fett, kursiv, unterstrichen schreiben und deinen Text formatieren, was das Herz begehrt ;)

Ich versuche, ihn auch beim bezahlen nicht anzusehen
beim Bezahlen

Ich nehme ihre Hand und verstecke mein Gesicht in meinem Kragen, während ich versuche sie nicht anzusehen.
... während ich versuche, sie nicht anzusehen.

Schlicht, sauber- nicht schäbig aber nicht eben Luxus.
vor dem Gedankenstrich ein Leerzeichen

Sie sagt, Sie muss sich nicht erst frisch machen, und er auch nicht.
Sie sagt, sie müsse sich nicht erst frisch machen

Bereit für den Wahnsinn, räkelt sie sich auf dem Bett
hinter "Wahnsinn" kein Komma

Ich blicke sie zum ersten mal direkt an, und sehe, dass sie sogar ziemlich hübsch ist.
zum ersten Mal

Ihr Minirock verrutscht langsam...
vor 3 Punkten ein Leerzeichen. An dieser Stelle könnte man allerdings auch nur einen Punkt setzen.

„Was,... was willst du? Du mußt nicht bezahlen, wenn du nicht willst.“
Vor 3 Punkten ein Leerzeichen. Und: entweder 3 Punkte oder Komma. Auf keinen Fall beides
Du musst nicht bezahlen. Du kannst natürlich nach der alten Rechtschreibung schreiben, aber du hast schon mal "muss" in der Geschichte verwendet, und egal ob alte oder neue, es muss konsequent sein.

Du denkst wohl, du kannst mich verarschen, und so tun als wäre nichts!
... und so tun, als wäre nichts!

Die Szene konzentriert sich, der Raum, die Frau, das Bett- all das wirkt plötzlich wie aus einem Guss.
vor dem Gedankenstrich ein Leerzeichen

Ihre Worte kommen so unerwartet, wie aus der Schnauze eines Hundes.
kein Komma


Die Handlung der Geschichte fand ich, wie gesagt, recht interessant. Allerdings ist das Ende etwas unbefriedigend - es fehlt sozusagen ein Knall.
Wirklich mitreißend fand ich das Ganze nicht, aber der Stil in der ersten Hälfte hat mir gefallen. Danach ging's ein bisschen abwärts.

mfg
Stefanie

P.S.: Ich finde die Art, wie du deine Kritiker behandelst, recht arrogant und unangemessen. Das Wort "narrativ" ist mir bekannt, aber "Flanger" musste ich auch im Lexikon nachsehen. Die Bekanntheit des Wortes ist keinesfalls selbstverständlich. Ich finde es sehr unhöflich, Fachausdrücke auf Anfrage nicht zu erklären. Ich benutze auch keine Wörter wie "ritardando" und erwarte, dass Nicht-Musiker die verstehen.

Ich hätte dir deine Fehler auch nicht raussuchen müssen. Es ist aber eine Sache der Freundlichkeit, dies zu tun, anstatt zu sagen: "Leute, die die Zeichensetzungsregeln nicht beherrschen, sind mir schnuppe."
Denn, wie man an der Fehlerliste erkennen kann, bist du nicht perfekt, so dass du dir solche Sätze leisten könntest.

 

@xkaxre
Wow, danke für die umfangreiche Kritik.
Ich denke nicht, dass meiner Art mit Kritikern umzugehen etwas arrogantes anhaftet.
Ich bin, was diesen Punkt betrifft schlicht und einfach anderer Meinung, und stehe auch zu meinem Wort.

Im Übrigen, ist diese Geschichte als Parodie auf diese Art "literarisch hochwertiger" Texte anzusehen, deren Inhalt, Pointe und Stil vollkommen belanglos sind.
Solchen Texten liegt keinerlei Idee zugrunde, und ich verabscheue sie über alle maßen.

 

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