Schach
Die Bauern, sie sind hilflos ohne mich, desorientiert und schwach. Ich muss ihnen helfen. Wer soll ziehen. Ein Pferd?
Nein, noch nicht, es wäre zu früh. Er ist wichtiger für die Gruppe als ein Bauer.
Ich nehme E2, zwei Felder vorwärts.
Was wird wohl der Gegner machen.
Schau dir sein hinterhältiges Gesicht an. Schau dir das Böse in seinen Augen an, schau auf seine schlappen, falten bedeckten Backen.
Was wird er machen, wie will er mich und meine Verbündeten angreifen. Schau seine Hände an, beobachte sein Zug.
E7 auf E6.
Auch ein Bauer, macht aber nichts, nein, ich bin in Sicherheit. Ich sichere meine Macht. Noch ein Bauer muss vor, wieder im Auftrag die Allgemeinheit zu schützen. Aber die Dame, Zeichen meiner Kraft, muss auch raus. Nehme ich D2 auf D3, um eine schnellere Expansion zu gewährleisten.
Und der Gegner. Schau dir sein hämisches Grinsen an, seine Unverfrorenheit. Er darf nicht Siegen. Er bringt einen Läufer raus.
Der Krieg hat angefangen. Er hat mich provoziert, indem er als erster eine Nicht-Bauer-Figur spielt. Wenn ich jetzt angreife ist dies gerechtfertigt. Er stellt den Läufer F8 auf C5. Was hat er vor?
Es dürfen nicht nur Bauern bewegt werden. Sie könnten Widerstand leisten und meinen Sieg verhindern. Sie dürfen nicht als einzige an der Front stehen. Ich brauch einen meiner Kavallerie. Nicht die Dame. Das wäre unwirtschaftlich. Sie bräuchte zwei ganze Züge um aus ihren Startlöchern zu kommen, nein ich nehme ein Pferd. Das Pferd auf B1 zu, ja wohin? Es muss die Bauern schützen, also in die Mitte. Also auf C3.
Der Gegner bringt das Symbol seiner Macht. Die Dame. Aber schon so früh? Das kann nicht sein. Was will er machen. Er bringt sie auf F4
Ich muss ihn bedrohen. Er rückt mir auf die Pelle. Er darf nicht so nah an mich ran. Vor allem darf seine Dame nicht in meine Nähe, nein, sie nicht. Ich brauche eine Taktik. Mein Pferd. Wenn ich dieses von G1 auf F3 ziehe dann ist es nicht in der reichweite meiner Dame und außerdem von 2 Bauern und einer Dame gedeckt. Mit diesem Zug kann ich nichts falsch machen. G1 auf F3.
Wieso grinst er so? Wieso lacht er so? Was hat er vor? Dies ist doch unsportlich. Über seinen Gegner zu lachen. Nein. Das ist dämlich und macht keinen Spaß. Aber wieso lacht er? Habe ich einen Fehler gemacht. Nein, dass kann nicht sein. Mein Pferd bedroht seine Dame, er kann nichts zu lachen haben.
Warte mal. Sein Läufer zielt auf F2. Egal, dass ist ja eh von meinem König gedeckt. Und seine Dame?
Nein! Sie kann auch F2 angreifen. Ich bin verloren, ich kann mich nicht einmal ehrenvoll ergeben. Ich muss so tun als wüsste ich von nichts, nicht auf F2 schauen. Aber er weiß es, denn sonst würde er nicht lachen.
Der Gegenüber muss geschummelt haben. Ich habe bestimmt keinen Fehler gemacht. Nein. Keinen einzigen. Und jetzt, ja wie erwartet, er setzt die Dame auf F2. Er schaut mich an. Widerling. Er muss geschummelt haben. So einen fatalen Fehler habe und werde ich nie machen! Nein, ich nicht. Wie soll ich reagieren?
„Du hast Verloren! Ich habe mehr von dir erwartet.“
Nein, ich kann nicht verlieren. Nicht in einem so banalem Spiel.
„Du hast geschummelt! Du kannst nicht so einfach gegen mich gewinnen!“
Er schaut mich verdutzt an. Nein, er spielt den Verdutzten. Das sieht man doch in seinen Augen.
„Du hast geschummelt! Lügner, Spielverderber! Scher’ dich zum Teufel.“
Ein Lächeln erscheint auf sein Gesicht. Warum zittern meine Hände? Ich kann mich selbst unter Kontrolle halten. Macht er sich über mich lustig? Ist er stolz durch schummeln zu gewinnen.
„Geh weg! Bescheißen kann ich mich allein. Lass mich allein!“
Mein Herz pocht so heftig, dass sich mein Bauch krankhaft zusammenzieht. Und mein Kopf, er explodiert. Das ist nur seine Schuld. Hätte er nicht geschummelt. Ich kann nicht mehr. Ich werde ihn angreifen. Mit der Dame. Ja, das ist der beste Weg. D1 auf B2. Und dann noch ein Pferd. C3 ist schon draußen. C3 auf E5. gleich greif ich ihn an. Ja, gleich bin ich bereit. Noch ein Läufer für meinen triumphalen Sieg. C1 auf C4. Und nun zum Angriff. Die Dame darf ihn töten und vernichten. B2 auf F7.
Schach Matt.
Er hat verloren, ich hab gewonnen. Zwar auf dem gleichen Weg wie er, aber das was er darf, darf ich auch!
„Schwester, Meier dreht durch!“
Eine Stimme aus der Ferne. Ich habe gewonnen und niemand kann mich hindern. Mein Feind, er flüchtet. Da hinten zu einem Mann im weißen Kittel flüchtet er. Leute kommen die mir meinen Sieg wegnehmen wollen. Aber das lasse ich nicht zu. Ich nehme das Schachbrett, meine Verbündete fallen zu Boden, und schlage um mich herum.
Dann spüre ich es. Einer der vielen Feinde ist zu mir vorgedrungen, ein kleiner, unscheinbarer Piecks durchfährt meine Haut am Hals. Ich drehe mich um und schleudere gleichzeitig das Schachbrett um mich herum. Ich treffe ihn. Die Spritze bricht ab. Ein Teil steckt noch in meinem Hals. Aber ich werde den Feinden nicht mehr so eine Chance geben zu mir vorzudringen.
Meine Beine werden matter, Kälte breitet sich von der Stelle, in der die Spritze einfuhr, aus. Ich bin Müde. Ich werde die Feinde schlagen. Aber nicht jetzt, irgendwann. Um mich herum dreht sich alles. Ich falle auf den Boden, wo meine Verbündete liegen. Mir wird schwarz vor Augen. Ich werde die Feinde schlagen.