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Schöne Bescherung

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09.01.2002
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Schöne Bescherung

Ich hatte bisher zweimal in meinem Leben das zweifelhafte Vergnügen mich als Weihnachtsmann/Nikolaus verkleiden zu dürfen.
Beim ersten Mal war es ein Gefallen.
Man hatte mir eine rote Kutte besorgt, eine schicke Mütze samt Bommel und als Bart trug ich Engelshaar, das mit doppelseitigem Klebeband an meinem Gesicht befestigt wurde.
Ich sollte einem Jungen mit dem poetischen Namen Kai-Uwe erst eine Liste seiner Missetaten vortragen, um ihn dann das Versprechen zu entlocken, dass er nächstes Jahr an seinen Schwächen arbeiten würde. Zu guter Letzt würde ich ihm dann seine Nikolaus-Präsente übergeben.
Leider kam es nie dazu.
Gerade als ich ihn mit tiefer, grollender Stimme ermahnte doch in Zukunft seinen Teller leer zu essen, brach der 5-jährige Knirps in Tränen aus. Leider beließ er es nicht dabei und begann zwischen seinen Schluchzern so laut und schrill zu schreien, dass sich einige ältere Nachbarn an den Herbst 44 erinnerten und in ihre Keller flüchteten. Ich versuchte beruhigend auf den Jungen einzuwirken, doch meine Drohungen ihn „bis zur Volljährigkeit, keine verfickten Geschenke mehr zu bringen“ zeigten keine Wirkung auf Kai-Uwe, dessen Zustand inzwischen epileptische Ausmaße angenommen hatte.
Als ich mich wenig später des Kostüms entledigte, machte ich die Feststellung, dass das Engelshaar in meinem Gesicht doch eher als Tischdekoration gedacht war. Was mich darauf brachte, war die Tatsache, dass es scheinbar aus Glaswolle bestand und die Haut unterhalb meiner Nasenpartie nun aussah, wie der Rücken eines englischen Touristen, der in der Sonne eingeschlafen war. Jetzt hatte ich tatsächlich einen Bart. Einen roten.

Das zweite Mal, dass ich in ein Weihnachtsmannkostüm schlüpfte, war während meines Studiums und ich tat es wegen dem Geld.
Zu der Zeit war ich ziemlich blank und brauchte Kohle weil:
a) Mein Sandwich-Maker sich durch ein Kabelbrand das Leben genommen hatte und ich dadurch meine Nahrungsgrundlage verlor.
und
b) Ich keine Drogen mehr hatte.
Glücklicherweise bekam ich damals durch einen Studienkollegen ein Angebot für eine Komparsenrolle. Es gab 100 Mark für einen Nachmittag Arbeit und ich sagte zu. Für die Jüngeren unter euch: 100 Mark entsprechen ungefähr 50 EUR, nur dass man damals noch etwas dafür bekam. Um genau zu sein 10 Gramm Gras oder einen Sandwichmaker und 7 Gramm Gras.
Der Drehort war eine schicke Villa im Briller-Viertel, der Wuppertaler Entsprechung der Hollywood-Hills.
Als ich ankam, wurde ich von einer attraktiven, jungen Frau in Empfang genommen, die sich als Marie, die Produktionsassistentin vorstellte. Sie führte mich in ein Schlafzimmer und zeigte auf das Bett, auf dem ein Weihnachtsmannkostüm lag.
Erinnerungen an Kai-Uwe wurden wach.
Doch meine Zweifel und Ängste wurden von Marie zerstreut, da sie mich mit der Neuigkeit überraschte, dass ich sogar eine Sprechrolle haben würde.
Nachdem ich mich versichert hatte, dass der Bart nicht aus Glaswolle bestand, zog ich das Kostüm an und ging ins Wohnzimmer wo Marie zu Folge, die nächste Szene gedreht werden sollte. Ich stellte mich ein wenig Abseits, um nicht zu stören und beobachtete das Team beim Ausleuchten des stilvoll eingerichteten Wohnzimmers, in dem ein riesiger Weihnachtsbaum stand.
Kurz überkam mich so etwas wie Besinnlichkeit, als ich links neben mir ein Geräusch wahrnahm.
Schlack. Schlack. Schlack. Schlack. Schlack.

Dort stand ein kräftig gebauter Kerl, der ohne Zweifel eine Dauerkarte fürs Fitnessstudio und dem örtlichen Sunpoint besaß.
Er war nackt und seine rechte Hand bearbeitete gerade seinen halberegierten Penis. Das gute Stück war so groß, dass sogar ein Deutsches Kaltblut vor Neid gewiehert hätte.
Schlack. Schlack. Schlack. Schlack. Schlack.
Als er bemerkte, dass ich ihn anstarrte, vollführte er einen fließenden Handwechsel, ohne dabei auch nur für eine Sekunde aus dem Rhythmus zu geraten und hielt mir seine Rechte entgegen.
„Hi Nikolaus, ich bin der Tommy!“
Schlack. Schlack. Schlack. Schlack. Schlack.
Die Erkenntnis über die Gattung des hier gedrehten Filmes, traf mich wie ein Hammer. So wie aussah, machte Tommy sich gerade warm.
Schlack. Schlack. Schlack.
Völlig verblüfft schüttelte ich seine Hand.
Sie war warm und ein klein wenig feucht.
Schlack. Schlack. Schlack.
In diesem Augenblick betrat eine Frau den Drehort.
Sie trug einen Minirock, der anderswo auch als Gürtel durchging, ein Tanktop mit „Minnie-Maus“-Muster und pinke S/M-Stiefel. Ein Gesamtkunstwerk mit der Ausstrahlung einer Ostblocknutte.
Obwohl sie ganz offensichtlich schon weit über 30 war, hatte man sie auf jung getrimmt … oder gepimpt wie man heutzutage sagt. Auf ihrem Gesicht lag eine Schicht Make-Up, die so dick war, dass man damit ein ganzes Haus hätte verputzen können und um die Illusion perfekt zu machen, hatte sie sich zwei Zöpfe geflochten. Ihrer Oberweite sah man sogar durch das Top an, dass sie nicht der normalen menschlichen Anatomie entsprach und ihre Fingernägel, waren lang, schwarz lackiert und mit ganzen Sonnensystemen aus Strass-Steinen besetzt, die in mir die Frage aufkommen ließen, ob es denn unter den Masturbanten auch Straß-Stein-Fetischisten gab, die beim Onanieren abgingen wie das HB-Männchen, sobald die Pornoprinzessin ihre Nägel in die Kamera hielt.
Schlack. Schlack. Schlack.
Die Geschichte der Szene ist klassisch und schnell erklärt.
Junges Ding ist an Weihnachten allein und wird vom Klempner besucht, der „mal eben ein Rohr verlegen will“.
Die Dialoge hatten – jetzt wo ich die Ereignisse Revue passieren lasse – eine große Ähnlichkeit mit einem Stromkasten-YouTube-Video, das sich inzwischen zweifelhafter Beliebtheit erfreut.
Ich bin zwar kein großer Kenner der Materie, aber meiner Meinung nach, gaben die beiden Darsteller wirklich ihr Bestes.
Als Tommy dann zu guter Letzt seine Ladung auf dem Gesicht der Princess of Porn verteilte, kam mein Einsatz.
Ich trat vor die Kamera und sagte:
„Ho! Ho! Ho! Das ist ja mal wirklich eine schöne Bescherung!“

 

Im Prinzip sehr gut, aber es sind zwei Geschichten und die zweite wäre unter Romantik/Erotik gut untergebracht, auch wenn sie komische Momente enthält (andererseits: von aussen betrachtet ist Sex recht häufig komisch).

Gelegentlich verwechselst Du Dativ und Genitiv:

"meine Drohungen ihn (keine Geschenke zu bringen)","ich tat es wegen dem Geld." Kannst das "dem" auch weglassen oder den schöneren Genitiv "wegen des Geldes" verwenden.

Die Dialoge hatten – jetzt wo ich die Ereignisse Revue passieren lasse – eine große Ähnlichkeit mit einem Stromkasten-YouTube-Video

Die fehlen mir, diese Dialoge. Schreib sie doch bitte noch, sonst wirkt diese Szene platt. Das Youtube Video ist kein Allgemeinwissen, ich kenne es nicht, auch deswegen bleibt hier die Story unbefriedigend und Du verschenkst komisches Potential.

"Ausstrahlung einer Ostblocknutte" und "Princess of Porn" gefielen mir stilistisch nicht so. Das erste, weil es eine Protagonistin von oben herab behandelt, das zweite, weil es unnötig ist, "Frau" reicht hier eigentlich.

 

Ich fand die Geschichte amüsant zu lesen, auch weil mein Kopfkino beim:

Schlack. Schlack. Schlack. Schlack. Schlack.

einen ganz eigenen Film drehte. :D

 

Ich sollte dazu erwähnen, dass es sich dabei um einen Bühnentext handelt.
Deswegen haue ich auch gelegentlich was die Begrifflichkeiten angeht auf die Kacke. :)

 

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