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Schön schreiben heißt beinahe schön denken und handeln?

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10.11.2003
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Schön schreiben heißt beinahe schön denken und handeln?

"Schön schreiben heißt beinahe schön denken, und von da ist es nicht mehr weit zum schönen Handeln." – sagte Thomas Mann in seinem Essay „Der Literat“. Stimmt das? Stimmt diese quasi Parallele des Äußerlichen und des Inneren? Und vor allem: Kann man das wirklich weiter spinnen und auch das Handeln in diese Reihe einordnen?

Klar, die Wörtchen „beinahe“ und „nicht mehr weit“ kann man auch als (Ab)Grenzungen deuten, aber ich begreife sie mehr im Sinn einer (An)Näherung – dies war wahrscheinlich auch Thomas Manns Absicht, sonst wäre der Satz sinnlos. Er sah offensichtlich einen Zusammenhang zwischen dem, wie einer schreibt und dem, wie einer denkt und handelt.

Doch das ist eine sehr idealistische Betrachtung des Menschen, die ich nicht teile. Man kann schön* schreiben und sich Unschönes dabei denken und in wirklichen Leben noch unschöner handeln. Natürlich geht das auch umgekehrt: Unschön schreiben, Schönes denken und noch Schöneres schaffen.

Was meint ihr dazu?

* Man könnte anstelle des Wortes "schön" auch das Wort "gut" nehmen, natürlich zusammen mit seinem Widerpart "böse".

 
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"Schön schreiben heißt beinahe schön denken, und von da ist es nicht mehr weit zum schönen Handeln." – sagte Thomas Mann in seinem Essay „Der Literat“.
Er hat doch bestimmt mehr gesagt als den einen komischen Satz. Kannst du nicht das ganze Essay verlinken oder wenigstens den Abschnitt, um den es geht? Das ist sonst immer ein Satz total aus dem Zusammenhang gerissen und wir grübeln dann, wie er es gemeint haben könnte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Thomas Mann für die Nachwelt nur Orakelsprüche und Glückskekssätze zurückgelassen hat.

Gerade hier wird aus dem Kontext sicher deutlich, was er mit "schön" genau meint, und wie das zu verstehen ist.

Zumal Thomas Mann nicht "schön" (im Sinne von freundlich, naiv, gutmütig) geschrieben hat, sondern er einen überdeutlichen Blick für die Hässlichkeiten in der Welt hatte. Wie da bei Zauberberg die körperlichen Makel und Gebrechen der einzelnen Figuren in den Fokus gerückt werden und mit welchem Spott es da immer rangeht ... das ist nicht schön.

Die Frage, die du stellst, ist ja letzlich, ob man gegen das eigene Weltbild anschreiben kann ... hm. Ich kann die Frage ja nur beantworten, wenn ich genau weiß oder zu wissen glaube, was in dem Autor vorging, als er sein Werk schrieb.
Das führt zu diesem Germanismus, in dem man nicht gut schlafen kann, ohne zu wissen, was Kafka während des Schreibvorgangs zum Frühstück hatte, wie das seinen Stuhlgang beeinflusste, und wie sein Verhältnis zur Cousine dritten Grades war, als er den feuchten Traum im vierten Kapitel geschrieben hat.
Wen juckt es, ob Thomas Mann ein netter Kerl war? Oder ob er ein glückliches Leben hatte?

Das Werk ist wichtig, nicht der Autor.
Es gibt Anekdoten von Goethe, die ihn als pedantischen, weltabgewandten, eitlen Opa zeigen mit einer giftigen Ader und dem Nachruhm im Blick. Macht das den Faust schwächer? War Goethe edel, hilfreich und gut zu Kleist? Nein, das Gedicht ist trotzdem großartig und es ist eines der bekanntesten Sätze im Deutschen überhaupt.
Benn hat wohl mit den Nazis sympathisiert. Seinen Gedichten nimmt das nichts.

Je mehr man sich mit Autoren beschäftigt, desto mehr wird man von ihnen enttäuscht sein, fürchte ich. Außer vielleicht diese Leute, die mit 28 sterben. Die haben immer ne tolle Biographie, wahrscheinlich weil sie nie Gelegenheit hatten, mit einem Biographen zu sprechen.

 
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Das ist ja eine ganz seltsame Frage. Ich will darüber schwafeln!

Mir ist irgendwann als Teenager aufgefallen, daß die Schreibstile von Adolf Hitler und Rudolf Steiner sich ähneln. Unter anderem, weil ich diese Erkenntnis nicht für mich behalten konnte, ging meine Waldorfschulzeit nach vier Wochen zu Ende.
Ich glaube heute, daß mir vor allem bei beiden Stilen dieses Gezwungene auffiel, das Schreiber im Stil haben, wenn sie denken, erst durch die Überzeugung und Gefolgschaft vieler würde die theoretisch hergeleitete Weltbild- oder Gedankenwahrheit richtig wahr: Wiederholungen, Ausführungen, die ihre Bezüge aus vorherigen Ausführungen nehmen, all sowas. Das ergibt eine Mischung aus Peitsche und Tretmühle, keine einheitliche Betriebsgeschwindigkeit in der Praxis (also beim Lesen), und macht das Lesen anstrengend.
Für mich ist schön schreiben aber keine Frage des transportierten Inhalts.

Schön ist für mich, was nicht nur um sich selbst kreist und damit dumpfe Schwere selbst über die leichtesten Geschichten suppt. Leichtigkeit selbst bei schrecklichen, schweren Geschichten ist schön. Damit man beim Lesen in allen Grenzbereichen leiden und sich freuen kann, aber das Buch einem nicht einfach die Laune verdirbt.
Schön ist, wenn der Schreiber gern erzählt und nicht aus irgendwelchen Fehlgründen wie Selbsttherapie, Missionsdrang oder Pädagogik um Ausdruck und Verständnis ringt. Wenn ich beim Lesen eine Verbindung zum Autor eingehe, die der Autor aber nicht braucht, um an mich Leser zu glauben. Wenn ich nicht seine Biografie oder den Hintergrund der Zeit kennen muss, um seine Erzählweise, seine Logik, seine Helden, das erdachte oder erfahrene Innenleben und die Handlung nachzuvollziehen.
Dazu kommen natürlich Rechtschreibung und Kommasetzung. Wenn die kacke sind, ist das auch nicht schön geschrieben, denn ich muß es ja mit den Augen lesen. Das müßte ich mir vorlesen lassen, um die Schönheit zu erkennen.

Auf Tütensuppenniveau gekürzt, steht jetzt ungefähr da, daß für mich jeder schön schreibt, dessen Krempel ich gern lese und gut verstehe, weil ich in der Sprache, zwischen allen Zeilen und unabhängig vom Inhalt Ähnlichkeiten zwischen mir und dem Autor vermute, die mich mit Stolz erfüllen. Und also auch, daß Adolf Hitler und Rudolf Steine für andere ebenso schön geschrieben haben wie Tucholsky oder Stephenson für mich. Na toll. :silly:

 

Er hat doch bestimmt mehr gesagt als den einen komischen Satz. Kannst du nicht das ganze Essay verlinken oder wenigstens den Abschnitt, um den es geht?
Habe gerade wenig Zeit, Quinn, daher nur: Ich kenne selbst nur das Zitat, nicht den ganzen Essay. Ich glaube auch nicht, dass es unbedingt nötig ist, ihn zu kennen, denn das Zitat ist nur der Aufhänger, d.h. der Anlass gewesen, hier diese Frage zu stellen. Was Thomas Mann sonst damals zum Thema gesagt hatte, hat ohnehin nicht mehr Bedeutung als das, was du, Quinn, Makita oder sonst wer sagt.

Mit anderen Worten: Wichtig ist, wie wir darüber denken, nicht irgendwelche literarischen Größen der Vergangenheit.

 
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"Schön schreiben heißt beinahe schön denken, und von da ist es nicht mehr weit zum schönen Handeln." – sagte Thomas Mann in seinem Essay „Der Literat“.
* Man könnte anstelle des Wortes "schön" auch das Wort "gut" nehmen, natürlich zusammen mit seinem Widerpart "böse".

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Thomas Mann die zwei Adjektive in der Bedeutung gleichwertig verwenden würde. Ich habe den Essay auch nicht gelesen, aber ich halte es für wahrscheinlicher, dass es im Zitat um Ästhetik geht. Aber auch so, ohne Kontext, hat man die Wahl, was man darunter versteht und worüber man sich folglich unterhält. Über "Gute Schreiber werden zu besseren Menschen" oder über "Leute, die schön schreiben, tendieren dazu, ihr Leben zu stilisieren/ästhetisieren"? Das sind schon zwei sehr unterschiedliche Aussagen. Die erste halte ich für Quatsch (und würde sie Thomas Mann auch nicht zutrauen).

 

Vielleicht verstehe ich das Thema nicht so, wie Dion es gerne behandelt hätte, aber ist es nicht einfach so, dass das, worüber man schreibt, die eigene Wahrnehmung beeinflusst?
Wenn ich genug von all den schmerzlichen Themen habe und mich eine Weile lang in Geschichten flüchte, die lustig sind, wenn ich selbst dann lustige Geschichten schreiben will, richten sich meine Beobachtungen im Alltag doch eher nach Zusammenhängen, die mir lustig erscheinen. Wenn ich mich im Horrorgenre festgebissen habe, dann fallen mir mehr Situationen auf, aus denen sich eine Katastrophe entwickeln könnte. Dann sehe ich beim Spaziergang mit anderen Augen in den Wald … Ich denke, dass die Beschäftigung mit einem Thema immer Auswirkungen auf die eigene Denkweise hat und bestimmte Reize dann spezielle Assoziationen auslösen.
Dass jemand, der die Schönheit der Natur beschreiben will, die Blumen anders bewertet als jemand, der nur auf ihr baldiges Verblühen hinweisen will, ist klar.
Doch muss jeder, der sich ernsthaft damit beschäftigt, die Realität in Worte zu fassen, an einen Punkt kommen, wo es wieder Herbst wird …
Was ich damit sagen will: Es gibt für mich keine gute Literatur, die sich nur mit den schönen Seiten des Lebens beschäftigt. Das ist unglaubwürdig. Und wenn jemand die Höhen und Tiefen glaubwürdig erzählen will, muss er die wohl auch fühlen und über sie nachdenken.

Lollek

 

Ich hab noch nie ein schön geschriebenes Fachbuch gelesen. Das kann natürlich dran liegen, daß ich fast nie ein Fachbuch lese. Aber mir fiel ein, daß man oft aus Büchern lernen soll, in denen sich die Autoren besonders zurückhalten (z.B. Schulbücher), oder aus solchen, deren Autoren nicht schreiben können (z.B. Ratgeber von Frauen für Frauen bzgl. des Umgangs mit Männern).
Ich wußte gerade eben noch, wie ich diesen Gedanken so formulieren kann, daß er wie ein wertvoller Beitrag ganz nah am Thema klingt. Das hat nicht geklappt jetzt, aber vielleicht kennt jemand ein schönes Fachbuch.

 

Dion, betrachten wir doch Thomas Manns These mal mit Thomas Mann.
Brächte ein Mann heute in noch so schönen Worten die Liebe Gustav von Aschenbachs zu Tadzio zu Papier, weckte er wahrscheinlich eher Skepsis gegenüber seinem Charakter.

Liebe Grüße
sim

 
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Schön schreiben heißt beinahe schön denken und handeln?

Ich glaube die Frage, die hier die im Raum schwebt, ist: Wer bin ich?

Und in welchem Zusammenhang steht "Ich" zu dem, was ich schreibe?

Thoman Mann versucht in dem Zitat einen Bogen zu spannen zwischen dem, was auf dem Papier steht, und "Ich". Das ist eine spannede Frage (gerade in einem anonymen Schreibforum), aber auch eine, die man nie hinreichend beantworten kann, weil "Ich" sich einfach nicht definieren lässt.

Laut Wissenschaft existiert "Ich" nicht einmal. "Ich" soll nur ein Neuronenkonstrukt sein, das uns von anderen "Ich's" abgrenzt, um uns das Leben in der "Realität" (wieder eine äußerst fragliche Ich-bezogene Entität) zu ermöglichen.

Deswegen löst diese Aussage auch so ganz verschiedene Denkanstöße aus. Jeder gerät dabei ins Schwafeln, landet irgendwo, und ist sich am Ende nicht mehr sicher, ob das überhaupt noch zum Thema passt.

"Wer bin ich?" ist nun mal die Mutter aller Fragen; das wird der Grund dafür sein.

Das Spannende am Schreiben ist ja, dass wir mit diesem "Ich" spielen dürfen. Das geht sonst nur beim Schauspielern, und dann nur bis zu einem gewissen Grad.
Ich kann nie Du sein, aber beim Schreiben darf Ich es mal versuchen ... und plötzlich Dinge sagen und machen, die "Ich" nie tun würde.
Schon krass, wenn man bedenkt, was das eigentlich für eine Macht ist.

 

Nach dem Zitat im Eingangsposting wirkt die als schön empfundene Art zu schreiben auf das Denken zurück. Dass das Denken (oder das Programm, das in uns abläuft und denkt) sich im Handeln äußert, ist ohnehin klar.

Es wäre bezeichnend, wenn ein Schriftsteller das Pferd von hinten aufzäumem würde und das Denken beinflusst sähe von der Art wie es sich äußert - dem Schreiben. Wie Quinn aber festgestellt hat, sagt uns dieser eine Satz ohne Zusammenhang nicht wirklich, ob Mann es so gemeint hat. Es könnte ja sein, dass er sich darüber geäußert hat, wie seine Arbeit (das Schön-Schreiben) auf seine Art zu denken gewirkt hat. Auch wenn man ein Schachspieler oder Börsenmakler oder Lehrer oder Taxifahrer ist, wirkt sich das zwangsläufig auf das Denken aus. Das Denken kann ja nur mit dem Material arbeiten, das es bekommt - und sei es ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat aus dem Deutschlandradio. ;)

Als spannendere Frage in diesem Zusammenhang sehe ich, was das Wort "schön" bedeuten könnte. Makita hat ungefähr gesagt: Schön ist, was mir Freude macht.
Ich denke: Freude macht mir, was mich irgendwie weiterbringt. Meiner Meinung nach ist der Schönheitssinn eine gefühlsmäßige Reaktion mit dem der Apparat unserer Empfindungen und unseres Innenlebens (von dem das bewusste Denken nur ein Teil ist) uns sagt: Das tut dir gut!

Dieses Gefühl hatte ich z. B. beim Lesen des tollen Wikipedia-Artikels über den Goldenen Schnitt: http://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt

 

Hallöchen in die Runde.

Meine damalige Deutschlehrerin in der Oberstufe hat meine Meinung zu Thomas Mann negativ geprägt, sagte er sei eitel und arrogant gewesen. Nicht alles habe ich ihr abgekauft, einiges ausnahmsweise, warum auch immer zum Beispiel dies. Daher habe ich Mühe der Versuchung zu widerstehen, leichtfertig diesen Spruch als eitel abzutun. Ja, er lässt sich durchaus verstehen als "Da ich schön schreibe, bin ich überzeugt, dass mir das schöne Denken und Handeln gewiss leichter fällt als dem ...Durchschnitt!" Jemand, der so denkt, könnte das Verb schreiben in diesem Sinne sogar reflexiv begreifen: Ich schreibe mich schön.

Genauso gut allerdings lässt sich der Satz aus der mir angenehmeren Perspektive des Lesers deuten: "Wer in meinen Augen schön schreibt, der wird auch schön denken und handeln."
Meist stimmt das, aber nicht notwendig. Hier wird die Trennung zwischen Autor und Erzähler nicht beachtet. Ja, der Erzähler redet schön im Leserkopf, aber das kann er möglicherweise sogar, wenn der Autor selbst ein grandioser Kotzbrocken ist, ein verlogener, durchtriebener und zynischer Zeitgenosse, der sein Geld damit, vielleicht nicht nur damit verdient, so zu schreiben, dass seine Geschichten ein Bad in Glück für das Publikum sind.

Nun nehmen wir aber mal an, ein solcher übler Zeitgenosse schickt sich an, schön zu schreiben: Würde der Schreiberling allein dadurch ein besserer Mensch?

Meine These: Bedingt kann das tatsächlich sein. Vorausgesetzt, er liest das, was er schreibt. Ich meine nicht, dass er grob Korrektur liest, ehe er es zum Lektor gibt (die es "geschafft" haben im Literaturbusiness, machen wohl nicht mal das?). Ich meine, dass er seinen Text wirklich selbst aktiv liest, vielleicht sogar laut vor dem Spiegel und sich zuhört wie jemand aus der hintersten Reihe unter der Empore, dass er ihn nicht sogar mit Freunden in besonderem Hinblick darauf bespricht, was der Text über ihn selbst aussagt und was davon wie wahr ist. Schön schreiben kann nämlich auch gut dazu dienen, zu verdrängen.

Als Fazit dieses Beitrags: Nach meiner persönlichen Überzeugung kann nur was man aufnimmt, annimmt, darüber selbstreflektierend nachdenkt, zu einer seelisch-moralischen Verbesserung führen. Nicht das, was man produziert. Denn das, was man produziert, ist ja gerade das Ergebnis davon, wie man ist bzw. wie man wirken will, um das eigentlich Unschöne zu verbergen. Ein Ergebnis kann nicht das Wesen dessen ändern, was es hervorbringt.


Viele Grüße,
-- floritiv.

 

@ Makita. "Zwanghaft zerstreut" Hallowell/Ratey... das beste Buch über ADS was ich kenne.
@Floritiv
Grundsätzlich stimme ich Dir zwar zu, gebe aber zu bedenken, dass nur produziert werden kann, was als Anlage und Erfahrung auch in einem Menschen drin ist. Meint, aus einer Wasserflasche kommt nicht plötzlich Wein, nur weil jemand das so will...
Gruß, Lord

 

Stimmt. Denken und Selbstreflektion ist so gesehen ein Goldgräbersieb, kein Zauberstab.

 

„Helena: […]​
So sage denn, wie sprech' ich auch so schön?
Faust: Das ist gar leicht, es muß von Herzen gehn.
Und wenn die Brust von Sehnsucht überfließt,
Man sieht sich um und fragt –
Helena: Wer mitgenießt.“
Faust II, 9376 ff.​

Wie denn,
ein solch schönes Thema soll ohne mich abgehandelt werden? Da sei aber der ibisköpfige Thoth vor, wenn doch zudem persönliche Geheimnisse (z. B. Makita, Waldorf, Steiner & Hitler) preisgegeben werden.

Bei der Ausgangsfrage

"schön schreiben heißt beinahe schön denken, und von da ist es nicht mehr weit zum schönen Handeln" ... Stimmt das? // Was meint ihr dazu?,
ist beinah unerheblich, was ein Patriarch wie Mann, der nach dem Grundsatz lebte, fruchtbar zu sein & sich zu mehren, darüber gedacht haben könnte, solang Dion die Frage ernst meint und die Frage ernst genommen wird, dass ich mir eher vorstellen kann, was Karl Kraus geantwortet hätte: „Wenn man den ganzen Tiefstand dieser Menschheit, über den sie sich mit ihrem technischen Hochflug betrügt, auf ihre dämonische Ahnungslosigkeit vor der eigenen Sprache zurückführen darf, so möchte man sich wohl von einer kulturellen Gesetzgebung einen Fortschritt erhoffen, die den Mut hätte, die Untaten der Wortmißbraucher unter Strafsanktion zu stellen und insbesondere das Spießervergnügen an Reimereien durch die Prügelstrafe für Täter wie für Genießer gleichermaßen gefahrvoll zu machen.“ Karl Kraus in der Fackel Nr. 757 f. APRIL 1927 XXIX. JAHR S. 2 f.

Für die (ganz) Alten, war das Adjektiv schön (ahd. = sconi) und das Adverb schon (=scono) auf das begrenzt, was gesehen wurde und dieses einfach nur ansehnliche war und daher zudem mit dem Verb schauen verwandt. Gälte das Mann-Zitat, könnte man sich zu einem Gutmenschen schreiben / malen / singen – doch vor einer solch schlichten Gleichung mögen uns die Erfahrungen mit Nazigrößen bewahren, die sich zur Entspannung dem Schönen hingaben.

Umgekehrt verleitet es mich zu der Behauptung: die Kopfnoten (u. a. Schrift) in Schulzeugnissen parodierten den Mann’schen Satz: eine schöne Schrift ließ sich erlernen, dass ich noch mal auf Kraus zurückgreif: „Viel hab ich ja im … Leben nicht erreicht. Aber ich halt’ es halt mit dem Vallentin — nicht mit dem, der den Hobel hinlegte, sondern dem, der eine Brille ohne Gläser trug und, darob befragt, die Antwort gab: »Besser is schon wie gar nix«." Fackel Heft 697-705 10.1925, S. 99

Mag sein, dass das einfältig klingt. Mehr will mir dazu aber auch nicht einfallen.

Gruß

Friedel

Kraus Zitate nach AAC - Austrian Academy Corpus: AAC-FACKEL / Online Version: »Die Fackel. Herausgeber: Karl Kraus, Wien 1899-1936« / AAC Digital Edition No 1 / http://www.aac.ac.at/fackel

 

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