Was ist neu

Sarahs Versteck

Mitglied
Beitritt
25.09.2002
Beiträge
52

Sarahs Versteck

Mit aller Kraft drückte der Sturm gegen die Fenster der kleinen Vorstadtwohnung. Ununterbrochen prasselte der Regen auf das harte Kopfsteinpflaster. Wolkenbruchartige Regenfälle hatten im Laufe des Tages große Teile der Ortschaft unter Wasser gesetzt, viele Abflüsse waren schon verstopft, so dass sich die Wassermassen ihren eigenen Weg durch die engen Gassen bahnen mussten.
Sarah und Jonas beschlossen den heutigen Nachmittag zuhause zu verbringen.

„…achtzehn, neunzehn, zwanzig, ich komme“.
Das Spiel konnte zum tausendstenmal auf´s Neue beginnen. Im Aufsuchen von Verstecken hatte Sarah noch nie viel Einfallsreichtum bewiesen. Heute wollte sie solange wie möglich ihrem Bruder verborgen bleiben.
Zuerst nahm Jonas sich den Putzschrank vor, dann die Besenkammer. Das waren Sarahs Lieblingsverstecke und nicht selten fand das Spiel schon hier ein abruptes Ende!
„Das sind doch blöde Verstecke“, halte dir doch gleich die Hand vor Augen, und glaub´ ich finde dich nicht“ raunzte Jonas.
Diesmal hatte er Pech. Jetzt vermutete er sie unter dem Kinderbett im Spielzimmer, doch auch hier – Fehlanzeige!
Sollte die kleine Sarah sich tatsächlich etwas Neues ausgedacht haben?
Jonas nahm sich ihr Geheimversteck, den Wäschekorb vor, aber sie blieb unauffindbar.
Nun beschlich Jonas, das merkwürdige Gefühl, dass sie gar nicht mehr in seiner Nähe war. Er wurde unruhig, denn so lange hatte er noch nie nach Sarah suchen müssen.
„Sarah ich gebe dir sogar mein einziges „Ein-Mark-Stück“, wenn du dich jetzt zeigst!“
Es hätte nicht viel gefehlt und Jonas hätte unter den Teppich geguckt. Sarah blieb wie vom Erdboden verschluckt.

Am späten Nachmittag trafen die Eltern. Jonas hatte die ganze Wohnung nach ihrer kleinen Schwester auf den Kopf gestellt. Alle machten sich gemeinsam auf die Suche nach dem Verloren gegangenen Familienmitglied. Ihr Vater schaute sogar im Ofen nach, ihre Mutter auf dem Fenstersims. Die Sorge um Sarah wuchs so sehr, dass sich die Eltern entschlossen die Polizei einzuschalten. Das Mädchen schien vom Erdboden verschluckt worden zu sein.
Die Polizei weitete die Suchaktion aus. In der ganzen Gegend befragten Beamte Passanten nach einem kleinen vermissten Mädchen.
Zwei Tage nach ihrem Verschwinden erschien ihr Foto in den Tageszeitungen. Die kleine Sarah avancierte zum Stadtgespräch.
Vermutungen und Gerüchte machten die Runde.
War sie entführt worden?
Hatten die Eltern womöglich doch etwas mit ihrem Verschwinden zu tun?

Nach Wochen stellte man die Suche wieder ein. Alle Spuren waren im Sande verlaufen. Es war wirklich sehr viel getan worden. Anliegende Wälder waren durchforstet, der gesamte Landkreis durchkämmt worden. Doch außer der Erkenntnis, dass es keine neuen Anhaltspunkte über Sarahs Aufenthalt gab, herrschte Ratlosigkeit. Rundfunk- und Fernsehstationen berichteten immer seltener über Sarah und auch die Balkenüberschriften der Tageszeitungen, die immer kleiner wurden, verschwanden bald ganz. Es wurde still um Sarah.
Die Polizei mußte damals die Akte „Sarah“ schließen, sie war ganz einfach verschwunden, tauchte auch nicht mehr auf. Zweiundvierzig lange Jahre hielt sie sich versteckt.

Die Herbststürme fegten über die Stadt. Zahlreiche Dächer wurden abgedeckt. Die Windböen erreichten Orkanstärke und trafen mit voller Wucht das „Geisterhaus.“
Jeder Mensch kannte die Geschichte der kleinen Sarah, die in diesem Haus vor vielen Jahren verschwand. Ältere berichteten, dass anfangs noch ein leises Wimmern und Schluchzen in der Nacht zu hören war und so beschlossen die Leute, dass es der Geist der kleinen Sarah gewesen sein musste.

Mit einem ohrenbetäubenden Knall krachte der Schornstein auf den Boden. Eine Orkanböe hatte ihn unzählige Teile zerlegt. Aus ihnen heraus ragte ein skelettierter Leichnam.
Es lassen sich natürlich Vermutungen anstellen, wie die Kleine in ihr todsicheres Versteck gelangte. Sicher ist nur, dass sie letztendlich doch noch gefunden wurde.

 

Hallo Lukasch,

vom Ansatz her finde ich deine Geschichte nicht schlecht. Sie erinnert mich an die Geschichte, die Phoebe Cates in "Gremlins" erzählt (Ihr Vater war an Weihnachten verschwunden; Tage später entdeckte man seine Leiche im Weihnachtsmannkostüm im Schornstein, wo er beim Versuch, die Familie zu überraschen, ums Leben kam).

Du hast die Story flüssig erzählt. Sie lässt sich gut lesen.

Allerdings denke ich, dass sie zu kurz ist. Kaum hat man in die Geschichte reingefunden, ist sie auch schon zu Ende. Und so geht für mich vieles von der Wirkung, die der Schluss haben könnte, verloren. Wenn du mehr von den Familienmitgliedern und ihrer Sorge, ihren Ängsten erzählt hättest, dann könnte man besser mitfühlen, obwohl der Schluss natürlich auch so schon schlimm ist.

Viele Grüße

Christian

 

Hallo Lukasch und erstmal willkommen bei kg.de!

Auch mir kommt der Verlauf der Geschichte etwas zu schnell vor und ich denke, etwas mehr Länge hätte dem Text gut getan.
Insgesamt eine mittelmäßige Kurzgeschichte, wie ich finde, bei der ich neugierig auf das Ende gewartet habe, weil ich unbedingt wissen wollte, wo sich Sarah versteckt hielt, aber an einigen Stellen halte ich die Story für nicht gerade sehr realistisch.

Was mich besonders störte, waren die beiden Schlusssätze,

Es lassen sich natürlich Vermutungen anstellen, wie die Kleine in ihr todsicheres Versteck gelangte. Sicher ist nur, dass sie letztendlich doch noch gefunden wurde.
die ich vollständig streichen würde.

Die sprachliche Schreibweise ist in Ordnung; liest sich wirklich recht flüssig.

Einige kleine Anmerkungen:

Sarah und Jonas beschlossen den heutigen Nachmittag zuhause zu verbringen.
zu Hause
„Das sind doch blöde Verstecke“, halte dir doch gleich die Hand vor Augen, und glaub´ ich finde dich nicht“
ein " zuviel
Jonas hatte die ganze Wohnung nach ihrer kleinen Schwester auf den Kopf gestellt
nach seiner kleinen Schwester
auf die Suche nach dem Verloren gegangenen Familienmitglied
verloren (klein geschr.)
Hatten die Eltern womöglich doch etwas mit ihrem Verschwinden zu tun?
Warum "doch"?; würde ich rausnehmen oder bereits zuvor an anderer Stelle andeuten

Naja, die Grundidee gefällt mir gut, aber ich denke, da könnte man noch einiges mehr draus machen.
Zumindest kam wirklich etwas Spannung auf, da das Ende sehr ungewiss war.

Viele Grüße,
Michael :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Auch von mir Hallo und ein knackiges Willkommen,

für mich schwankt die Geschichte ebenfalls im Mittelfeld - ohne wirklich gut oder eben nicht so gut zu sein.
Du schreibst sprachlich nicht schlecht - der einleitende Absatz hat mir z.B. ziemlich gut gefallen. Aber die Geschichte ist tatsächlich etwas zu emotionsarm, zu kurz (um dem Inhalt gerecht zu werden), die Zeitsprünge sind sehr weitgreifend und die Sorgen und Gefühle der Familie (zumindest der Eltern) bleiben meiner Meinung nach viel zu weit im Hintergrund. Ich finde, dass sollte ein Hauptelement einer Story wie dieser sein. So klingt es teilweise wie ein Tatsachenbericht: sie verschwindet, Bruder findet sie nicht, Sorgen, Polizei, Vergessen.
Es fehlt etwas Lebendigkeit. Schuldgefühle des Bruders. Oder der Zusammenbruch der Familie...
So ist es zu blass.


Sonst sind mir ein, zwei Sachen aufgefallen:

Das waren Sarahs Lieblingsverstecke und nicht selten fand das Spiel schon hier ein abruptes Ende!
Das Komma ist überflüssig; der Satz enthält ja keine spektakulären Informationen.

...einziges „Ein-Mark-Stück“...
Innerhalb der wörtlichen Rede kannst Du hier - glaube ich - auf weitere Anführungszeichen verzichten.

...ihre Mutter auf dem Fenstersims
Das ist mir etwas unklar. Der Fenstersims ist doch ein ziemlich auffälliges Versteck - irgendwie das falsche Beispiel für sorgenerfülltes Suchen.
Hatten die Eltern womöglich doch etwas mit ihrem Verschwinden zu tun?
Den Satz hat Michael ja auch schon erwähnt. Ich würde ihn ganz rausnehmen, denn er spielt auf etwas an, dass unbedingt einer Vorgeschichte bedarf. Wie kommen die Leute auf die Idee? Gab es öfter Streit o. Prügel? In ihrer Sorge erscheinen mir die Eltern nicht so. Hier wirkt das auf den Leser wie eine Fährte, die nirgendwo herkommt und nirgendwo hinführt.

Hoffe, meine Meinung hilft.

Gruß, baddax

 

Leider habe ich die Geschichte auseinander gerissen.
Sie war viermal so lang. Das hätte ich nicht tun dürfen!

Danke für die zahlreichen Hinweise und Verbesserungsvorschläge. Ich werde nächstesmal es hoffe ich besser machen.

Criss ich kenne Cat und Gremlins nicht. Hab es mir selbst ausgedacht.

Lukasch.

 

Hallo Lukasch!

Leider habe ich die Geschichte auseinander gerissen.
Sie war viermal so lang.
Das ist schade. Hoffentlich hast du die Geschichte nicht gekürzt, weil du hier im Internet keine lange Geschichte reinstellen wolltest. Ich finde, eine Geschichte ist so lang, wie sie eben ist oder sein muss, man sollte sie nicht kürzen (es sei denn, die Kürzung tut der Geschichte gut).

Nur nicht entmutigen lassen und weiterschreiben. Ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. :)

Viele Grüße

Christian

 

Danke Criss, genau das habe ich gemacht!
Ich habe die Geschichte gekürzt. Das war nicht so schlau! Ich dachte es sollten Kurzgeschichten sein. Ich muss auch mal andere Geschichten lesen, gucken wie die es machen, will es auch, bin heute damit angefangen!

Lukasch

 

Hallo Lukasch,
vielleicht hast Du Lust Deine Original-Fassung einzustellen?
LG Petra

 

Hallo petdays, ich habe überlegt, ob ich es tue, aber am Niveau ändert sich nichts. Deswegen tue ich es nichts. Ich glaube ich vernachlässige zu sehr das Gefühlsleben der Darsteller!

Lukasch

 

Hallo Lukasch,

ich tummle mich für gewöhnlich eher selten im Forum "Spannung", aber ich bin durch ein Wörtchen in deinem Profil auf dich besonders aufmerksam geworden, es lautete: Hamburg! ;)
Endlich mal jemand aus meiner (unserer) Stadt. :bounce:
Können wir ja glatt ein Minitreffen veranstalten.:D

Ok, also zu deiner Geschichte. Ich fand sie sehr flüssig geschrieben, spannend zu lesen und der Anfang der Geschichte hat mir am besten gefallen,insbesondere die Beschreibung, wie der Bruder seine kleine Schwester sucht.
Der weitere Verlauf ist tatsächlich, wie schon die Vorkritiker dargestellt haben, etwas gefühlsarm und von daher fehlt diesem weiteren Teil der Geschichte ein wenig der drive.
Aber wie ich gelesen habe, hast du ja nur eine sehr verkürzte Fassung deiner ursprünglichen Geschichte hier gepostet und empfindest den Mangel an Emotionen auch.

Laß dich nicht entmutigen.Mach weiter.

Lieben Gruß
Lakita

 

Hallo Lakita,

alle haben Recht. Ich könnte es noch besser hinbekommen, wenn ich mehr übe. Auch Dir danke ich für deine ermunternten Worte. Und es freut mich, dass du meine Geschichte gelesen hast. Ich habe die Geschichte auseinander gerissen, das war nicht gut.

Aus Hamburg kommst du. Ich kann dir mal eine Privatmail schreiben und dir erzählen woher!

Lukasch

 

Also: Die Story ist tatsächlich ein wenig arg kurz geraten, da könnte man mehr rausholen! Es erscheint mir auch sehr unwahrscheinlich, dass sie jahrelang im Schornstein unentdeckt bleiben kann - immerhin schreibst du ja auch über wimmernde Laute in der Nacht. Und ein Schornstein muss ja auch mal durchgekehrt werden - hätte man sie da nicht gefunden?
Der Schluss ließe sich wohl auch noch "zwingender" formulieren, denke ich.

PS: So ne ähnliche Geschichte habe ich auch mal geschrieben, hehe! :)

 

Lieber Lukasch,
die Idee deiner Geschichte finde ich ziemlich gut, habe auch bisher noch nichts Ähnliches gelesen.
Die nüchterne Erzählweise passt wohl ganz gut zum Geschilderten.
Stimme aber auch den anderen zu, wenn sie sagen, dass der letzte Absatz nicht gut ist. Die zwei Zeilen sind einfach etwas überflüssig und schaden der geschichte, finde ich, mehr als sie nützen.
Gruß
Roman

 

Hei Lukasch,

Spannungsaufbau ist da, klar. Ja, die Leser haben Recht. Ich finde sie ein wenig steif, so ein wenig ohne Seele geschrieben, wenig Wärme, aber ich habe auch gebraucht, bis ich was hinbekam und jetzt naja...mal klappt es, mal nicht!

Liebe Grüsse Archetyp

 

Hallo Prodi,

ich werde in Zukunft öfter hier reingucken!

Die letzten beiden Zeilen sind wirklich umsonst,stimmt.
Aber finde ich klasse, dass du mich noch drauf hinweist.

Hallo Rainer, ich möchte gerne wissen, ob diese Geschichte von Dir hier zu finden ist.

Hallo Arche, auch Dir stimme ich zu. Sie ist steif geworden. Ich habe leider wenig Zeit. Sonst würde ich eine weitere Geschichte schreiben, aber bald.

Lukasch

 

Nein, ich habe die Story rausgenommen, da siehier erschienen ist. Du "darfst" natürlich gerne ein Exemplar der Anthologie bestellen und selber nachlesen. :)

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom