Sansaril
Kraftlos hebe ich eine Hand und taste nach dem Griff meines Schwertes, das er mir aus der Hand geschlagen hat. Ich lasse ihn dabei nicht aus den Augen. Doch er steht nur da und erwidert starr meinen Blick. Die blutbefleckte Klinge liegt locker in seiner Hand. Es ist mein Blut, das dort an dem Stahl herunter läuft und ein Muster in die Runen malt.
Bei allen Göttern. Er kann nicht menschlich sein. Die Angst krampft meinen Magen zusammen und die Gewissheit, dass ich sterben werde gräbt sich tief in mein Bewusstsein. Mit einem letzten Aufbäumen beschließe ich mein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Deutlich spüre ich, dass es nicht Mitleid ist, das ihn warten lässt bis ich mein Schwert wieder aufgenommen habe. Es ist die Herausforderung, die er sucht. Er will, dass ich mich wehre. Und doch stelle ich auch mit Waffe keine Bedrohung für ihn dar. Das weiß ich, das weiß er.
Warm läuft Blut meinen Oberarm hinab und lässt meine Hand glitschig werden. Mit einem Stöhnen richte ich mich auf, greife in der gleichen Bewegung nach dem Schwert und springe auf die Füße. Ich hoffe ihn so überraschen zu können. Ebenso der rasch ausgeführte Streich sollte unerwartet kommen, doch er pariert ihn mühelos. Alle Finten sind nutzlos, das weiß ich.
Kreischend trifft Stahl auf Stahl und ich gehe leicht in die Knie um die Wucht seines Schlages abzufangen. Eine erneute Serie kraftvoller Streiche treibt mich vor ihm her. Schweiß zieht Bahnen durch den Dreck und das Blut, das sich auf meinem Gesicht zu einer starren Maske vermischt hat. Noch kann ich mich zur Wehr setzen, doch ich spüre wie meine Abwehr unkoordinierter wird und meine Bewegungen langsamer. Die Kraft meines Gegner ist noch immer ungebrochen und das Feuer, das in seinen Augen so heiß brennt, lässt mich zurück weichen. Wütend pfeift seine Klinge durch die Luft und ich entkomme ihr nur knapp. Oh ihr Götter, lasst es vorbei sein. Die Spitze zerfetzt mir das Hemd und ritzt die Haut über dem Herzen. Grinsend springt mein Gegner zurück. Er hätte die Chance gehabt zuzustoßen und hat es nicht getan. Er spielt mit mir.
Mit einem verzweifelten Schlag versuche ich ihm mein Schwert in die Halsbeuge zu treiben und springe vor. Er lacht nur leise und weicht mit einer geschmeidigen Bewegung zur Seite aus. Meine Klinge saust ins Leere und ich knie fast vor ihm. Siedendheiß geht mir auf, dass ich völlig ungedeckt bin. Bei seinem glockenhellen Lachen richten sich die feinen Haare in meinem Nacken auf. Und ich weiß, dass die Götter mein Flehen erhört haben. Ergeben knie ich auf dem Boden und erwarte meinen Tod. Leicht beugt sich mein Gegner über mich. Eine Hand schiebt sich unter mein Kinn und hebt meinen Kopf. Seine schwarzen Augen blicken in mein innerstes. Seine schlohweißen Haare umfangen mich, als sein Gesicht nur noch wenige centimeter von dem meinen entfernt ist. Er schließt langsam die Augen, küsst mich sanft auf die Stirn. Leise, ganz leise klingt es in meinem Kopf wider.
„Sansaril.“ sagt er.
Ich merke nicht, wie er sich aufrichtet. Ich sehe auch nicht wie er seine Klinge hebt. Ich höre nicht das abermalige Lachen, das von seinen Lippen perlt. Und als er sein Schwert in meinem Körper versenkt spüre ich es nicht. Es hallt nur wider in meinem Kopf. Immer und immer wieder in meinem Kopf.
Sansaril.