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Samstags im Baumarkt
Samstags im Baumarkt
Guten Tag, ihr Kulturbegeisterten und Freizeitverdrossenen, immer auf der Suche, das Wochenende mit Inhalten auf hohem Niveau zu füllen, wie einem Theaterbesuch oder einem Essen bei einem teuren Italiener. Die, die ihr mal etwas anderes erleben wollt, auf einer anderen Ebene, sozusagen im Untergeschoß eures Lebenshauses kann ich Euch sagen, jawohl es gibt es noch, dass elementare Vergnügen, das sich ausleben ohne Rücksicht auf Verluste, das evtl. teuer werden kann, wenn der Mann der Anführer ist; dieser besondere Freizeitspaß liegt auch fast um die Ecke und umfasst mehrere Tausend Quadratmeter mit riesigen Gängen zum hindurchwandeln, mit leuchtenden Aufschriften und anheimelnden Durchsagen, die an einen Freizeitpark erinnern. Wenn Sie noch ab und zu einen Hunger nach mehr verspüren und den Jagdtrieb in sich auflodern fühlen, dann kann es Sie und Tausend andere nur zu einem Ort führen: zum nächsten Baumarkt am Samstag Vormittag.
Neulich traf mich wieder ein solcher Schicksalsschlag in Form eines Prospektes einer großen – und wenn ich groß sage, meine ich groß – Baumarktfiliale, die der Samstagszeitung beigelegt war. Wie hatte ich mich auf den Samstag gefreut. Endlich wieder eine anstrengende Arbeitswoche hinter mir und vor mir aufgebaut ein frisches Croissant samt Vollkornsemmel, dekoriert mit Kaffee, Marmelade und einem Frühstücksei. Genüsslich ließ ich mir dasselbe gerade schmecken, als mein Mann triumphierend mit der Samstagszeitung erschien, mir dieses grellbunte Werbeprospekt für Kübelpflanzen und Granitpflaster entgegenstreckte und lautstark verkündete, dass wir wieder einmal einen Ausflug machen sollten, und zwar zum Baumarkt.
Gesagt, getan. Eine Stunde später ( stellen Sie sich das mal vor – frühstücken, duschen, aufräumen in einer Stunde – und das am Samstag) standen wir vor den Paradiestoren meines Mannes – die vollautomatischen Türen öffneten sich und wir traten ein. Und da waren wir nun – nein, wir waren nicht nur, wir sogen die tausend verschiedenen Eindrücke förmlich in uns auf und badeten uns im Augenschein der Regale, hundert Meter hoch mit Schrauben, nur Schrauben und Dübeln, und Holzlatten, und Fließmuster und, und, und. Mein Mann schritt majestätisch voran und ich schlich ihm dicht gefolgt, untergeben, und nur darauf bedacht, nicht zwischen Sperrholzplatten und PVC – Rohren verloren zu gehen, hinterdrein.
Manchmal lugte ich sogar hinter fertig gepresste Türen oder Isoliermatten, denn ich bin nach wie vor überzeugt, dass dahinter Leute stehen, die wirklich nicht mehr gefunden worden sind.
Was ich vergaß zu erwähnen – dies war kein gewöhnlicher Samstag im Baumarkt, sondern diese Filiale hatte sich ausgerechnet meinen freien Samstag ausgesucht, um ihr 25 – jähriges Jubiläum zu feiern, und meinen wie sämtliche andere Männer des Landkreises mit verführerischen Angeboten zu locken. So kämpfte ich mich hinter meinem Heimwerker mit einem riesigen Unding von Einkaufswagen, den ich verpasst bekommen habe und der sich immer mehr füllte, „ da schau Schatzi, den darfst du schieben, weil ich bin ja da zum Schauen“, durch kilometerlange Gänge, die alle zu einem riesigen Labyrinth gehören, dessen Ausgang nur die Männer finden. Anscheinend besitzen sie dafür ein extra Gen, sozusagen ein Baumarkt – Orientierungsgen.
Nach zwei Stunden und endlos zurückgelegten Kilometern sorgte ich als unwissendes, dummes Ding noch einmal für Aufsehen. Nämlich, als sich mein Mann mit einem dieser selten anzutreffenden Baumarktmitarbeiter, zumeist in grün – weiß – gestreiften Hemden ( ist Ihnen eigentlich schon einmal aufgefallen, dass man mindestens eine Viertelstunde einplanen muss, um solch einen Mitarbeiter in einem Baumarkt aufzuspüren? ) gerade in elitären Fachsimpeleien bewegten, und ich ganz salopp fragte: „ Nach, wo sind denn jetzt die Kabelstücke für unsere Schlafzimmerlampe?“ Beide sahen mich entgeistert an und ein strafender Blick meines Mannes ließ meine ungeschulten Augen am nicht enden wollenden Regal entlang schweifen, aus dem mich Hunderte von verschiedenen Kabeln angrinsten.
Da wäre ich gerne ein Mäuschen geworden.
An der Warteschlange der Kasse raunte mir mein Baumarktexperte noch zu :“ das nächste Mal bleibst daheim.“ Ja – Ja- liebend gerne, meine schönsten Träume könnten in Erfüllung gehen– aber jetzt muss ich aufhören zu schreiben, denn da kommt mein Mann, grinsend und – was hat er da in der Hand – etwas Buntes
mit Angeboten von Kübelpflanzen und Granitsteinen...