Sammelleidenschaft
Ich kannte einen Mann. Er hatte eine Leidenschaft. Er sammelte. Keine Briefmarken, Steine, Bücher oder andere alltägliche Dinge. Er sammelte Geld.
Er lebte nach strengen Prinzipien. Kein Alkohol, kein Nikotin, kein Koffein. Sein ganzes Leben lang war er allein. Er wollte keine Familie, das würde der Sammelleidenschaft nur
schaden. Ein Auto fuhr er auch nicht. „So etwas sind nur rollende Sparbüchsen!“, sagte er einmal.
Und so sah er sein Geld wachsen und wachsen. Jahr um Jahr. Er war sehr gut angesehen in seiner Bankfiliale.
Irgendwann begann er alles gesammelte Material zu Hause in einem Tresor zu lagern.
Letzte Woche ist er gestorben. Ein Magengeschwür brachte ihn um.
Die Leute sagen, er starb vor Kummer. (Liegt denn das Geld auch sicher? Was, wenn bei ihm eingebrochen wird?)
Nun ist er tot. Sein Bruder freut sich schon auf die vielen Banknoten. So hatte die Sammelleidenschaft doch etwas Gutes.
Der Notar verlas das Testament.
„Der Tresor ist, mit dem kompletten Inhalt, zusammen mit meinem verbliebenen Überresten in das Grab zu legen, um der ganzen Sache die letzte Ruhe zu gönnen.“
Man tat wie geheißen. Obwohl es ein Schock für alle Hinterbliebenen war. Schließlich hatte man auf das Geld spekuliert.
Doch es dauerte nicht einmal eine Woche, bis die Ruhestätte erneut aufgegraben wurde.
In einer dunklen, nebligen Nacht geschah dies.
Am nächsten Morgen stellte man fest, der Tresor wurde gestohlen.
Der Täter war schnell enttarnt. Zu viele Spuren hatte er hinterlassen.
Man öffnete den Tresor. Dem Dieb war dies bis dahin nicht gelungen.
Das Einzige, darin Befindliche, war ein Zettel.
„Soweit sind die Leute also gesunken! Es wird hier kein Geld gefunden werden. Ich spendete alles im Laufe der letzten Jahre einem Kinderheim in der Nähe. Den Grund dafür könnt ihr in eurem Verhalten finden.“