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S-Klasse

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15.02.2002
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S-Klasse

Er war stets der Beste seines Jahrgangs gewesen. Bei seinen Mitschülern war er beliebt und er wurde fast jede Woche zu irgend einer Party eingeladen. Ja, einen Frauenhelden nannte er sich gern. Er liebte es auch von Anderen so bezeichnet zu werden.

Sein Abitur bestand er mit Bravour. Seine Eltern unterstützten in allen Bereichen.
Sie waren einige Millionen schwer. Er wusste es und genoss es überaus. Sie lasen ihm seine Wünsche praktisch von den Augen ab. Er bekam, was immer er wollte.

Freunde waren nie sein Problem gewesen. Er hatte sie immer schon Massenhaft gehabt. So dachte er.

Nach dem Abi studierte er Jura. Schon nach wenigen Jahre hatte er es zu großem Ansehen deutschlandweit gebracht. Seine Kaltschnäuzigkeit wurde nur noch von seiner Selbstliebe und dem Hang zum Protz überstiegen.

Niemals hätte er je daran gedacht irgend etwas könne sein Glück zerstören. Und selbst wenn er das getan hätte, wäre er zu dem Schluss gekommen, dass dies unmöglich wäre.

Es war ein Sonntag. Seine Omega Chronograph zeigte ihm den 27. Juli. Ihm war langweilig. Thomas nahm jetzt nur noch gelegentlich Klienten. Er hatte zwar stets Erfolg gehabt, doch er hatte immer nur dann hart gearbeitet wenn es unbedingt nötig war. Jetzt war es das nicht mehr.

Seine Villa lag etwas außerhalb der Stadt. Er hatte sie vor 2 Jahren fertig möbliert gekauft. Ein befreundeter Innendesigner hatte ihm die gesamte Wohneinrichtung ausgesucht und angeordnet. Thomas war sehr zufrieden mit seiner Arbeit.

Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Ein weiterer Blick auf seine Uhr, 11.43 Uhr. Es war warm. Jedoch nicht übermäßig, wie man es vielleicht von einem Tag im Spätjuli erwartet hätte. Er stand auf und ging in seine Garage. Es roch nach Benzin und dem Leder der Sitze. Heute nahm er die Mercedes S-Klasse. Er mochte diesen Wagen. Sein Hang zum Angeben hatte ihn noch nie Kompromisse in Beziehung auf Geldfragen machen lassen. Für dieses Auto hatte er fast einhunderttausend Euro bezahlt.

Er genoss die Blicke auf der Straße.
Der schwarze Mercedes glänzte. Er stieg ein und roch die teure Lederausstattung. Ein Druck auf einen Knopf der Mittelkonsole öffnete das Garagentor. Er ließ den Wagen an und rollte aus der Einfahrt. Das Tor schloss sich wieder und er fuhr auf die Straße.

Thomas beschleunigte kräftig. Er fuhr schnell. Er fuhr immer schnell. Verkehrsvorschriften waren lediglich Hinweise für ihn. Doch er hatte bis jetzt immer Glück gehabt. Nie hatte er sich offiziell etwas zu schulden kommen lassen.
Er nahm eine Linskurve, folgte der Straße und kam nach etwa vierhundert Metern an einer Ampel zu stehen. An der Ampel standen viele Fußgänger. Er sah arrogant durch seine Scheibe und fuhr auf das Grünsignal mit quietschenden Reifen an.

Die Straße war nicht sehr breit. Links standen parkende Autos. Rechts war sie von dicken alten Linden bestanden. Auch jetzt fuhr er relativ fix. Gleichzeitig kramte er im Handschuhfach. Wo hatte er die CD bloß hingelegt?

Er sah kurz auf die Straße und sah nur noch den Schatten des kleinen blonden Mädchens. Sie kam zwischen den Autos auf der linken Seite hervorgerannt. Er verriss das Lenkrad in einem Zustand der Überraschung und dann war alles still. Der Baum steuerte geradewegs auf ihn zu. Es schien sehr lange zu dauern. Er sah den Stamm. Den alten breiten Lindenstamm. Er konnte die Furchen im der Rinde erkennen und ein Strichmännlein, das dort eingeritzt war.

Dann gab es einen fürchterlichen Aufprall. Ihm kam eine große weiße Masse entgegen und schlug ihm sein Gesicht blutig. Er hörte Knochen brechen. Der Gurt presste sich Schmerzhaft in seinen Körper. Thomas saß nicht gerade auf seinem Sitz. Er hatte nach der CD gesucht. War das knirschende Geräusch in seinem Rücken die Rechnung dafür? Der Gedanke durchdrang seinen Kopf in Ultrazeitlupe. Dann beruhigten sich alle Bewegungen.

Er schien aus einem sehr langen Schlaf zu erwachen. Es kam ihm ewig vor. So wie an einem Morgen, an dem es draußen sehr dunkel ist, es regnet und man nicht aufstehen will. In seinem Kopf leuchtete ein heller Ball Schmerzes. In seinen Augen tanzten Sterne. Was war das? Er hatte damit nicht gerechnet, soviel konnte er noch nachvollziehen. Der Rest seiner Erinnerung versank in einem schwarzen Brei aus Bildern der letzten Zeit.

Thomas versuchte sich zu bewegen. Er konnte den Kopf bewegen. Dies bereitete ihm höllische Schmerzen, doch er drehte in leicht. In seinen Augenwinkeln konnte er die Straße erkennen. Autos fuhren vorbei. Auf der gegenüberliegenden Seite hielt eines an und ein hagerer Mann stieg aus.

Der Mann lief nach links weg. Thomas war entsetzt. Er hatte schon auf Hilfe gehofft und jetzt rannte dieser Zwerg davon. Plötzlich hielt der Mann an und kniete sich hin. Thomas konnte es kaum erkennen. Er drehte den Kopf noch ein Stück. In seiner Lage auf dem Rest des Airbags auf dem Lenkrad war das äußerst schwierig.

Dann sah er es. Thomas sah etwas auf der Straße liegen. Der Mann beugte sich darüber. Dann kam ihm die Erkenntnis zusammen mit der Erinnerung: „Das Kind!“

Es lag auf der Straße. Mehr sah er nicht. Doch es schien sich nicht zu bewegen. Jetzt sah er wieder den Mann. Seine Hände waren blutig.

Thomas spürte einen Schmerz. Nicht in seinem Körper. In seinem Geist. Er hatte ein Kind getötet. Das wusste er. Nun begann er zu weinen. Erstaunlich, dass er das alles so rationell erfasste. Er begriff es einfach. Er sah einen anderen Mann auf sich zulaufen. Der Mann sah ihn an und sagte irgend etwas. Doch Thomas verstand ihn nicht. Er war taub. Seine Ohren waren feucht. Das spürte er. Es roch nach Eisen in der Luft. Blut. Blut rann aus seinem Ohr.

Jetzt wusste er, er würde sterben.
Nichts hätte sein Leben zerstören können, das hatte er immer gewusst. Alles kommt anders erwiderte eine neckische Stimme in seinem Kopf. Thomas weinte bitterlich und verfluchte sich. Er würde sterben. Das allein war nicht einmal das schlimmste. Aber sein Gewissen wurde jetzt unter einer Last erdrückt, die er nicht ertragen konnte.

Die Welt kippte nach rechts. Ein unheimlicher Druck bemächtigte sich seines Kopfes. Dann war alles schwarz.

[ 28.04.2002, 18:02: Beitrag editiert von: sequoia ]

 

Hi Sequoia!

Mhh..was soll ich zu der Geschichte sagen?
Sie ist auf jeden Fall gut geschrieben, auch wenn ich den Inhalt nicht so schön finde.
Das Ganze klingt für mich ein bißchen nach "Soll das reiche, arrogante Arschloch in der Hölle schmoren...".
Und da ich laut Stern oder Spiegel (Mist! Vergessen..) in der Stadt, in der die meisten Millionäre leben (leider gehöre ich nicht dazu :crying: ), wohne und auch ein paar reiche Leute kenne, kann ich dem Gesagten nicht ganz zustimmen. Der Protagonist, die Geschichte ist für einfach zu klischeebeladen.

Aber wie schon gesagt, kannst Du gut schreiben. Daher würde ich mich freuen, mal wieder was von Dir zu lesen - und vielleicht geht die nächste Geschichte ja etwas sparsamer mit den Klischees um. ;)

Ugh

 

Die Klischees habe ich nicht unbewusst eingebracht. In gewisser Weise sollen sie nicht den Kurzgefassten Inhalt, reicher Sack stirbt, darstellen, sondern das selbst er, der von sich in einem derart erhöhtem Maß denkt, auf den Boden des normalen Denkens zurückgeholt werden kann. Danke für die Kritik, ich denke natürlich weiter darüber nach. Gruß, Kay!

 

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