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Süße Farblehre

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01.04.2006
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Süße Farblehre

Es war grau draußen und jeden Moment bestand die Möglichkeit, dass es wie aus Eimern anfangen würde zu regnen. Dazu war es auch noch einer der kältesten Tage, den der Herbst bis jetzt mit sich gebracht hatte und aus den Lautsprechern drang sentimentale Musik von Joni Mitchell.
Helena war gerade in ihre bequemen Klamotten geschlüpft, hat das Feuer im Kamin zum lodern gebracht, sich einen Tee aufgesetzt und in eine warme Decke gehüllt. So wollte sie versuchen endlich mal wieder richtig zu entspannen. Sie setzte sich gegen ihre Coach gelehnt auf den Boden, genau vor das Feuer. Dazu hatte sie sich noch eine Schüssel mit Smarties bereitgestellt.
Obwohl sie alle gleich schmeckten, versuchte Helena die Smarties immer nach Farben zu essen.

ROSA
Helena und Konstantin haben es sich auf der Couch gemütlich gemacht. Für beide war es ein anstrengender Tag auf der Arbeit gewesen.
Helenas Künstler waren mal wieder mit der Beleuchtung ihrer Werke nicht zufrieden und die Ausstellung rückte immer näher und näher. Einige Künstler meinten sogar noch ein letztes Mal Hand an ihre Werke anlegen zu müssen, so dass die Kunst es noch gar nicht in Helenas Galerie geschafft hatte und es daher für sie nicht möglich war ein passendes Lichtkonzept für diese auszuarbeiten.
Konstantin dagegen musste sich mit den lächerlichsten Klagen seiner Mandanten herumschlagen, die es galt möglichst außergerichtlich zu regeln. Meistens kam er aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr raus und er hatte das Gefühl sein Dauergrinsen nie wieder los zu werden.
An dem Abend nahm sich Konstantin ein Buch zur Hand, während Helena den Fernseher einschaltete, um ihre Lieblingsserie zu gucken. Die beiden genossen ihre Zweisamkeit. Obwohl jeder seinen Vorlieben nachging, war es einer dieser Abende, an denen man genau sehen konnte, wie sehr sie doch ineinander verliebt waren.
Nach einiger Zeit klappte Konstantin sein Buch zu und schenkte Helena seine Aufmerksamkeit. „Warum guckst du mich so von der Seite an?“ fragte sie. „Du hast ein Verlangen, nicht wahr?“ entgegnete er ihr. „Was ist es? Ich mache mich sofort auf den Weg.“
„Prestige!“
„Macadamia Nut Brittle?“
Helena nickte nur bestätigend. Er küsste sie und war auch schon fast aus der Tür raus, als sie ihm noch Mal hinterher rief: „Kons?!“ Er drehte sich um: „Ja?!“
„Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch. Bis gleich, Süße.“
Die Tür fiel ins Schloss.

GRÜN
Als Helena an diesem frühren Morgen aus dem Fenster sah, versprach es schon jetzt ein schöner, sonniger Tag zu werden. Dieser Gedanke brachte Helena sofort zum grinsen und zu einer besonders guten Laune.
Sie war gerade aus der Dusche gestiegen und trocknete sich ab, als sie einen Blick auf ihr Fruchtbarkeitsstäbchen warf. Das Grinsen wurde zu einem Lächeln, fast schon zu einem Freudenlachen. Konstantin kam grade ins Bad. Helena blickte ihm tief in die Augen. „Ist alles in Ordnung?“ fragte er verwirrt. „Ja.“ antwortete sie nur und warf sich ihm um den Hals. Es folgte ein leidenschaftlicher Kuss nach dem Anderen, bis Konstantin sie schließlich unterbrach. Er verstand immer noch nicht was vor sich ging, und genau das sagte auch sein Blick aus. „Lass uns ein Baby machen.“ gab ihm Helena zu verstehen. Jetzt verstand er: „Du meinst?“
„Ich meine.“
Helena griff zum Fruchtbarkeitsstäbchen und hielt es ihm unter die Nase. Jetzt viel er ihr um den Hals und begann sie leidenschaftlich zu küssen. „Lass uns ein Baby machen.“ sagte er schließlich.
Helena und Konstantin verschwanden im Schlafzimmer.

ORANGE
Helena saß im Büro ihrer Galerie und ging gerade die Liste der Künstler ihrer nächsten Ausstellung durch. Das verspricht ein interessantes Frühjahr zu werden, dachte sie. Aber so sehr der Enthusiasmus auch nur aus ihr heraussprudelte, so viele Erledigungen, Telefonate und Papierkram vielen ihr ein, die bis zur Eröffnung der Frühjahrsausstellung noch erledigt werden mussten. Sie atmete einmal tief durch und griff zum Hörer: „Tini, bitte setzten Sie eine Memo auf, mit dem Hinweis auf ein Meeting morgen früh um acht Uhr, zwecks der Frühjahrsausstellung.“ Sie legte wieder auf und begann sich für das Meeting vorzubereiten. Die Stunden vergingen, bis die Kaffeekanne irgendwann leer war. Helena steckte sich in ihrem Stuhl. Der Kaffee hat nicht gerade die Wirkung gezeigt, die sie erwartet hatte. Sie warf einen Blick auf die Uhr und überlegte einen Augenblick lang. Dann schnappte sie sich ihren Blazer und ging schnellen Schrittes aus ihrem Büro. Im Vorbeigehen wandte sie sich noch an ihre Sekretärin: „Tini, ich bin in einer Stunde wieder da. Gönnen Sie sich doch auch eine Pause.“
„Danke, Miss Prescott.“
Auf dem Weg zu ihrem Auto schnappte sich Helena ihr Handy und drückte auf eine Kurzwahltaste. „Hi Jason, ich bin es. Bist du zu Hause? -- Gut dann komme ich kurz vorbei.“ Sie legte auf und fuhr los.
Wenige Minuten später war sie an einer schicken Apartmentanlage angekommen und klopfte an eine Tür. Ein sehr gut aussehender junger Mann, der mindestens fünf Jahre jünger war als sie, machte die Tür auf. Einen Moment lang standen sie nur so da und gucken sich an. Doch dann verfielen sie in einen wilden Kuss, aus dem schnell sehr viel mehr wurde, sobald die Tür zu war.
„Du wirst immer besser.“ sagte Helena, nachdem sie fertig waren und sie sich wieder anzog. „Danke.“ bekam sie nur als Antwort, gefolgt von einem zufriedenen Lächeln. Jetzt musste auch sie lachen. Sie beugte sich runter zu Jason, der immer noch nackt unter einer alten Decke mitten in seinem Wohnzimmer lag, das er zu einer Art Atelier umfunktioniert hatte, und küsste ihn. „Ich meine deine Arbeiten. Du benutzt die Farben viel freier. Ich bin gespannt, was du mir für der Ausstellung präsentieren wirst.“
„Habe ich dich jemals enttäuscht?“
„Nein.“ Sie gab Jason einen verführerischen Blick, der ihn sofort mehr von ihr haben wollte. „Deshalb bist du ja auch mein Lieblingskünstler.“ Sie gab ihm noch einen Kuss: „Ich muss los.“
„Natürlich musst du das.“
Und weg war sie.
Wieder in ihrem Büro angekommen, hatte Tini eine Nachricht für sie: „Entschuldigen sie, Miss Prescott. Konstantin hatte angerufen und bittet um Rückruf.“
„Danke, Tini. Machen Sie die Tür zu?!“
„Natürlich.“
Helena griff zum Hörer und wählte Konstantins Nummer. Nach einigen Freizeichen: „Hallo mein Schatz. Du hattest angerufen? -- In ein paar Stunden, warum? -- Gerne. Das klingt super. Ich freue mich auch. Ich liebe dich.“

ROT
Helena kam gerade absolut ausgelaugt nach Hause. Kaum hatte sie die Tür hinter sich zugemacht, stand Konstantin auch schon mit zwei Gläsern Rotwein vor ihr. Sie stellte ihre Tasche ab, und nahm ihm ein Glas ab. „Guten Abend, meine Süße.“ begrüßte er sie. „Wie war dein Tag?“
„Scheiße, ich kündige.“ antwortete sie scherzhaft.
„Das sagst du immer.“
„Hast du etwa gekocht?“
„Dein Lieblingsessen.“ sagte er stolz, stieß mit ihr an und küsste sie sanft.
Helena kam es vor, als ob das Gewicht der ganzen Welt gerade von ihren Schultern gefallen war. Sie atmete einmal tief durch und schlenderte langsam zum romantisch gedeckten Tisch rüber. Sie blieb einen Moment lang davor stehen, und ließ die Atmosphäre auf sich wirken, während Konstantin glücklich hinter ihr stand und froh war, dass die Überraschung gelungen ist.
Konstantin rückte Helena den Stuhl zurecht. Sie setzte sich. Er tat das gleiche und griff zur Salatschüssel. Tausende von Gedanken gingen durch Helenas Kopf: „Wer ist sie?“ fragte Helena misstrauisch. „Wie bitte?“ fragte Konstantin zurück. „Hast du eine Affäre?“ erklärte Helena ihren Gedankengang. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“ Helena blickte Konstantin nur an. Er wurde aus diesem Blick nicht schlau. „Weißt du“, fuhr er fort. „Seit Tagen habe ich das Gefühl, dass du die jenige bist, die hier eine Affäre hat. Doch ich weiß auch, wie sehr du mich liebst und dass du mir so was nie antun würdest. Also was soll diese Frage?!“ Helenas Blick veränderte sich nicht.

VIOLETT
Helena stand mit Tränen in den Augen vor Konstantin. Keiner von beiden sprach ein Wort. Der Schmerz, den beide spürten, schnitt ihnen tiefer ins Fleisch, als irgendeine Klinge es je könnte. Die Spannung konnte man schon fast greifen. Konstantin trat einen Schritt auf Helena zu und strich ihr sanft über die Wange. Er küsste sie. Helena konnte den Kuss nicht erwidern. Sie konnte nur noch weinen. Nach Luft zu schnappen fiel ihr schwerer und schwerer. „Ich glaube nicht, dass ich ohne dich leben kann.“ sagte sie. „Doch du kannst, und du wirst.“ antwortete Konstantin und küsste sie noch ein letztes Mal. Helena wusste es. Sie spürte es. Es war der letzte Kuss. Sie musste ihn erwidern. Der Kuss wurde leidenschaftlicher und leidenschaftlicher, bis Konstantin sich endlich zusammen riss. „Ich kann das nicht.“ gab er ihr zu verstehen. Er wich einen Schritt von ihr.
„Geh nicht.“
„Ich muss.“
Auch ihm lief jetzt eine Träne über die Wange, aber er wollte nicht, dass Helena das mitbekommt. Er drehte sich um, griff nach seiner Tasche und ging zur Tür raus. Helena stand mitten im Wohnzimmer und konnte sich nicht bewegen. Sie hörte auf zu weinen. Um sie herum war nichts als Stille übrig geblieben. Sie starrte auf den Boden, an die Stelle an der Konstantin eben noch stand.
Auf einmal stürmte sie zur Tür raus und versuchte noch einen letzten Blick auf Konstantin zu ergattern, aber er war schon längst weg. „Geh nicht.“ flüstere sie.

BRAUN
Helena hasste Krankenhäuser. Schon als Kind hatte sie Angst vor ihnen gehabt. Die letzten Wochen kostete es sie viel Überwindung jeden Tag durch die weißen Gänge zu gehen. Sie guckte sich nicht um, sondern blickte nur vor sich, bis sie an Zimmer 331 angekommen war. Sie klopfte und trat ein. „Guten Tag, Miss Prescott.“ sagte eine Krankenschwester. Helena lächelte ihr nur zu und atmete einmal tief durch. Ab dem Moment an war das Lächeln nur noch aufgesetzt. Die Krankenschwester verließ das Zimmer. „Hallo Konstantin.“ Helena gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. Sie nahm sich einen Stuhl und setzte sich neben ihn ans Krankenbett. Sie sagte nichts. Sie blickte ihn nur an, den Mann den sie einst so geliebt hatte und immer lieben würde. Es tat ihr weh ihn so zu sehen, und obwohl sie nicht mehr zusammen waren, hatte sie nach so vielen Jahren trotzdem das Gefühl sie sei ihm die täglichen Besuche schuldig.
Stunden vergingen. Stunden in denen sie einfach nur seine Hand hielt. Anfangs hatte sie noch mit ihm gesprochen, doch jetzt viel es ihr von Tag zu Tag immer schwerer. Mit der Sprachlosigkeit kamen auch die Zweifel, dass er jemals wieder aufwachen würde.
Es klopfte an der Tür. „Herein.“ sagte Helena mit dumpfer Stimme. Ein Mann kam herein. „Johannes.“ Helena war verwundert. „Ist es schon wieder so weit?“
„Ja, mein Schatz.“
„Okay.“ Helena schluchzte. Sie verabschiedete sich von Konstantin auf die gleiche Art und Weise, wie sie ihn begrüßt hatte und ließ sich von Johannes in den Arm nehmen. Helena und Johannes küssten sich. „Wie geht es dir?“ fragte Johannes besorgt.
„Gut.“
„Und Konstantin?“
„Unverändert. Sind die Kinder schon zu Hause?“
„Ja. Sie machen Hausaufgaben. Lotta passt auf sie auf.“
Johannes verengte seinen Griff und auch Helena zeigte ihm ihre Zuneigung, indem sie ihren Kopf auf seine Schulter legte. „Ich liebe dich.“ flüsterte sie.
„Ich liebe dich mehr.“ antwortete Johannes mit einem Grinsen im Gesicht. Jetzt musste auch Helena lächeln.

GELB
Helena hatte noch nie in ihrem Leben solche Angst gehabt. Sie stand vor dem Mann den sie liebte und er hat ihr gerade „Ich liebe dich“ ins Ohr geflüstert. Es hat lange gedauert, bis sie sich nach Konstantin wieder verliebte. Als sie es erkannte bekämpfte sie es mit Händen und Füßen und all der Kraft, die sie noch übrig hatte. Sie wollte es nicht wahr haben. Sie wollte nicht wieder verletzt werden. Sie wollte nicht wieder die jenige sein, die Mist baut, obwohl Konstantin nie von der Affäre mit Jason erfahren hatte.
Doch die Gefühle, das Gefühl, war stärker. Tränen liefen ihr über die Wangen, wie kleine Wasserfälle, als sie es sich nach Wochen endlich selbst eingestanden hatte. Sie hat sich in Johannes verliebt. Ausgerechnet in Johannes, der ihr Professor gewesen war.
Er unterrichtete zwar immer noch an ihrer Uni, aber er unterrichtet sie nicht mehr. Tausende von Fragen der Legitimität schossen ihr durch den Kopf. Sollte sie? Konnte sie? Durfte sie? Ja, sie hatte es sich eingestanden, aber würde sie etwas unternehmen? Wochenlang hielt sie sich zurück und machte extra lange Umwege, um nicht an seinem Klassenzimmer vorbei gehen zu müssen, und trotzdem war es nicht einfacher geworden. Sie liebte ihn und es tat ihr weh, dass sie nichts dagegen machen konnte.
Die Zeit verging. Sie hatte ihn seit Tagen nicht gesehen. Sie hatte es geschafft ihm erfolgreich aus dem Weg zu gehen, und trotzdem wurde ihre Liebe und die Gedanken an ihn immer stärker.
Doch jetzt war all der Schmerz vergessen. Sie war glücklich. „Ich liebe dich auch.“ antwortete sie.

BLAU
Helena war gerade in ihre bequemen Klamotten geschlüpft, hat das Feuer im Kamin zum lodern gebracht, sich einen Tee aufgesetzt und in eine warme Decke gehüllt. So wollte sie versuchen endlich mal wieder richtig zu entspannen. Sie setzte sich gegen ihre Coach gelehnt auf den Boden, genau vor das Feuer. Die Wohnungstür ging auf und Johannes kam herein. Helena schaute zu ihm. Sie sagte nichts. Gab ihm nur ein warmes Lächeln, das er erwiderte. Er legte seine Tasche und seinen Mantel ab und setzte sich neben Helena.
Helenas Herz fing wie wild an zu pochen. Das tat es immer, sobald er sich ihr nährte. Sogar noch so vielen Monaten. Sie war glücklich und er war froh der Grund für ihr Glück zu sein. Helena ließ ihren Kopf auf seine Schulter sinken, doch schon eine Sekunde später riss sie ihn wieder hoch. Sie glaubte nicht was Johannes da gerade gesagt hat. „Ich habe eben das Aufgebot bestellt.“ Helena schaute ihn ungläubig an. „Wie bitte?“
„Na das Aufgebot, für unsere Hochzeit.“
Helena musste schmunzeln. „Johannes, wir sind noch nicht einmal verlobt!“
„Na, wenn das das einzige ist…“ Johannes nahm Helenas Hand und blickte ihr tief in die Augen. „Helena. Wir…“ Doch Helena ließ ihn nicht ausreden. „Ja.“
„Ich hab dich doch noch gar nicht gefragt.“
„Ich will.“
„Wirklich?“
„Ja!“
Helena und Johannes küssten sich und die grauen Wolken und die kalten Winde verschwanden, und der Tag wurde doch noch schön und heiß, und hier und da konnte man sogar einen Schmetterling vorbei fliegen sehen.

 

Hi!

Deine Geschichte ist sprachlich schön geschrieben und die Idee mit der Einteilung nach den Farben der Smarties finde ich auch sehr schön.

Allerdings konnte ich inhaltlich nicht besonders viel damit anfangen, vielleicht hat sich deswegen ein satirischer Aspekt mir nicht erschlossen. Ich kann keine weitere inhaltliche Kritik geben, da romantisch-tragische Geschichten nicht so meine Sache sind.

Beste Grüße

Nothlia

 

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