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Runaway

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15.03.2008
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Runaway

"Mit Freunden Sex haben ist eine beschissene Idee", sagt Tikki. Polgar sieht sie an. Halblange rotgefärbte Haare, hell und leuchtend. Das anlasslose Lachen, die weißen Zahnreihen. Ihre ziemlich große Sonnenbrille ist nicht so groß wie seine.
"Kannste nicht bringen", sagt er.
"Es wird alles komplizierter oder so was wie madig, danach kann man den anderen zu nichts mehr gebrauchen."
"Ja", sagt er. "Absolutes No-Go." Polgar fragt sich, wie Tikki klingt, wenn sie es tut. Vor allem ihren Gesichtsausdruck, den würde er gern sehen.
"Siehst aus wie ein italienischer Vorstadtprolet mit deinem Schnauzer."
"Hab deine verstohlenen Blicke mitgekriegt."
"Verstohlene Blicke!" Tikki kramt in ihrer Handtasche. "Kopfschmerzen ...", murmelt sie.
"Du arbeitest zu viel", sagt er. "Oder feierst zu lang. Wie auch immer, Süße, schalt mal nen Gang runter."
"Das ist nur so", sagt sie und schluckt eine weiße Pille. "Das geht wieder weg."
"Wie viele Packungen verbrauchst du pro Woche? Das Zeug kann Kopfschmerzen verursachen, wenn man es regelmäßig nimmt."
"Ich mixe, damit das nicht passiert. Aspirin, Ibuprofen, Paracetamol ..."
"Sag, dass das ein schlechter Scherz war. Nein, warte. Sag am besten mal gar nichts."
Sie kleckert Wasser auf ihr Unterhemd. Hebt es an und kuckt darunter. Zwei-, dreimal flattert sie mit dem Hemd. Ihre weiße Haut, die Rundungen. Polgar kuckt weg. "Ich werde ihn absägen", sagt sie unvermittelt. "Der nervt, schreibt ständig SMS. Letztens wollte er mir Schuhe kaufen. Ich habe dreimal nein gesagt,- wer versteht das als Aufforderung, ein weiteres Mal zu fragen? Dazu ist er so dämlich, man sieht ihm richtig an, wenn er auf dem Schlauch steht. 'Nee, der checkt das jetzt echt nicht' – das denk' ich bei ihm einfach zu oft."
"Wenn er gut im Bett ist ...", sagt Polgar.
"Ich bin keine Hure!", braust sie auf. "Mich bezahlen oder was?"
"Lass dir doch Sachen kaufen", lacht er. "Ist doch egal."

"Du nimmst deine Brille wohl nie ab?"
"Heute nicht", sagt er. Ohne die wäre er gar nicht rausgegangen. Auch so war Rausgehen keine gute Idee gewesen. Ein Tag wie ein schwarzes Loch. Hinter jeder Sekunde lauert Gedankenleere, er sieht sich selbst, wie er blicklos starrt. Sekunden, in denen nichts in ihm geschieht, die durchaus Minuten sein könnten. Aber wenn jemand was sagt, springt sein Kopf sofort an und spuckt die richtige Antwort aus. Wie oft wird das noch funktionieren?, denkt er.
Sie lacht. Tikki ist wunderschön, wenn sie lacht. Er denkt so was eigentlich nicht, so was unspezifisches. Aber manchmal. Ausdrücke, die sich aufdrängen, sein lassen. Polgar zieht seine Show ab, konstruiert schlimmere Sätze, bis sie schlimmer lacht, was ihre Schönheit schlimmer macht. Reden hilft gegen das Einschlafen, deswegen immer seine mündliche Mitarbeit, damals, in der Schule. So lange man spricht, schläft man nicht. Was interessiert ihn ihr Aussehen? Wenn sie schön ist, schön für sie.

Diese elenden Quesadillas werden immer mehr im Mund. Diese Hitze. Immerhin zahlte sie für beide, er weiß nicht, wie er es hingebogen hat, aber es ist gelungen. Geldprobleme hat er nicht, es geht ums Prinzip. Er weiß nicht mehr um welches, aber dass es da eins gab, daran erinnert er sich. Hatte vielleicht nur damit zu tun, dass er nach Möglichkeit nicht zahlen will. Er wünschte, er wäre logischer, manchmal hat er das absurde Bedürfnis, nachvollziehen zu wollen, warum er denkt, was er denkt.

Draußen das trotz Filterung zudringliche Licht, viele Leute, die in der Grünphase über die Kreuzung hasteten und jetzt Richtung Kino strömen. Tikki hält Polgar zurück, als er nach vorne ausbrechen, über die Straße will. Ein italienischer Sportwagen fährt mit aufjaulendem Motor vorbei, Polgar spürt den Fahrtwind an seinen Beinen saugen. Tikkis skeptischen Blick. Aufpassen, ermahnt er sich.
Sie hakt sich ein, kuckt links, rechts, links und zieht ihn auf die andere Straßenseite. "Vorbildlich", sagt er. Tikki funkelt wütend, sagt nichts. Polgar macht sich los und meint, sie solle nicht so ein Theater machen.
"Dass du hier völlig verpeilt rumläufst!", ruft sie. "Du wärst der Karre direkt vors Blech gelaufen!"
"Quatsch", sagt er. "Du warst doch da. Nichts passiert."
"Was ist los?", fragt sie. "Irgendwas stimmt nicht."
"Bin etwas unkonzentriert in letzter Zeit", sagt Polgar. "Die Reize werden nicht immer so gefiltert, wie sie sollen. Ständig diese Müdigkeit ... keine Ahnung, wo das herkommt."
"Wenn du mich anlügst, hau ich dir eine rein."

Auf dem Uferweg, der See auf der einen, die Konsulate auf der anderen Seite, ziehen sie ihre gemeinsame Show ab. Streitendes Pärchen. Werfen sich Vorwürfe an den Kopf.
Er beginnt klassisch, dass sie immer nur ans Geld denke.
Polgar sei so ein Geizkragen, immer auf dicke Hose machen, wenn andere dabei wären, aber innerlich jedem Cent hinterhergierend.
Man sehe ja, dass es für Tikki gar kein anderes Thema gebe. Wenn sie an ihn denke, dann zuerst an sein Verhältnis zum Geld. Wann habe sie ihn das letzte Mal gefragt, wie es ihm gehe, wann habe sie Interesse für ihn als Persönlichkeit gezeigt?
"Du und Persönlichkeit!", ruft sie. "Deine Witze waren früher bes..."
"Entschuldigen sie die Einmischung", unterbricht sie ein gepflegter Mann im feinen Zwirn und legt Tikki die Hand auf den Arm. Seitenblick zu Polgar. "Sie haben ihre Jacke verloren ..." Er zeigt auf den Weg hinter Tikki.
"Du bist so ein Esel!", ruft sie. "Bemerkst nicht mal, dass deine Frau ihre Jacke verliert."
"Was geht mich deine Jacke an?", fragt er. "Du hast eh zu viele Klamotten ..."

Danach ist die Luft raus. Scheint irgendwie auch kälter zu werden. Auf einmal Körperkontakt. Ein paar Meter machen sie Arm in Arm. Seine Hand auf ihrer nackten Schulter, Tikkis Arm um seine Taille. Sie streicht ihre Haare beiseite und über das darunterliegende rasierte Schädelstück. Polgar macht es ihr nach. Weiche Härchen, die warme Kopfhaut.
"Die Marilyn-Tage sind vorbei", sagt sie. "Ich spüre sie davonfließen. Edith kommt."
Meine Diva, denkt er und merkt, dass er unwillkürlich einen Schritt Abstand nimmt. Schon wieder der Tanz, denkt er und will im Boden versinken, Augen und Ohren unter Tage verstauen. Ein paar Jahre Auszeit. Warten, dass die Dinge vorbeigehen und er mit ihnen.

Am Abschiedsgleis großes Umarmen, gegenseitige Versicherungen, dass man den anderen - das ist die eine Gelegenheit, in der man das sagen kann. Wenn die Türen des Zuges bereits schließen und man sich schnell voneinander trennen muss. Sie ruft ihm etwas hinterher, das er nicht richtig versteht, weglaufend erwägt Polgar, sich umzudrehen und nachzufragen, über den halben Bahnhof brüllen, warum nicht, das würde Spaß machen. Aber die Vorstellung, sie noch einmal zu sehen, zwickt ihn so sehr, dass er es bei einer halb erhobenen Hand belässt, die er grob in Richtung Zug winkt. Ihre roten Haare, pumuckelfrech, das Lachen.

Zu Hause hängt er seine Ausgeh-Persönlichkeit in den Schrank und schlüpft in etwas Bequemeres, Unkompliziertes für den Hausgebrauch. Nimmt die Sonnenbrille ab und sieht lange in den Spiegel, bis er lächeln muss wegen seiner Albernheit, etwas in seinem Spiegelbild erkennen zu wollen. Den Teufel oder was? Von draußen läuten die Kirchenglocken wie bestellt. Polgar kocht Kakao und isst dazu ein Stück Schokoladenkuchen. Atmet hörbar aus.
Das Ticken der großen Wanduhr. Meist hört er es gar nicht; es klingt überlebensgroß, wenn die Zeit knapp und gegen ihn ist; jetzt vergehen die Sekunden in rätselhafter Langsamkeit. Angenehm, die langen Weilen, das Leben ist so kurz. Polgar hört das Tack-Tack-Tack, entscheidet sich, mal einen Gang runterzuschalten; die Zeiger der Zeit ticken unbeeindruckt weiter.

Tikki sitzt in einem fast leeren Abteil. Nur Edith ist noch da, sitzt ihr gegenüber und überlegt, wie sie in Tikki hineinkäme. Die spannt ihre Kiefernmuskeln, verhärtet sich. Keine Tränenzeit, sie will lächeln, lächeln, lächeln. Du kriegst mich nicht, denkt sie. Und weiß, dass Edith sie kriegen wird. Nicht jetzt, aber bald. Sie wird so lange in ihrer Nähe bleiben, bis Tikkis Schilde einen Moment gesenkt sind, um die Kontrolle zu übernehmen und alles umzudrehen.

Die leere Wohnung. Alle Möbel beim Ex. Das Nest, weg. Ihr Herz auch, bei dem, der Edith kennt und weiß, was sie braucht. Der mit Marylin nicht mehr tanzen konnte, ohne sich zu fragen, wann die andere wieder auftauchen wird. Sie zahlt mit klingender Münze für das, was Spaß war; nimmt sich die Typen, wie sie will. Nur die Konvertierungsmaschine ist kaputt, es kommt kein Glück mehr raus; nichtmal eine Zufriedenheit, die durch die Tage trüge. Wie lange? Nicht sehr lange, wenn die Tage konventionell zählten.

Dass es so schnell gehen wird, hätte sie nicht gedacht. Edith ist da. Tikki zwingt sich, fröhliche Musik zu hören. Macht Atem- und Turnübungen. Ediths Welt ist eine Sirupwelt. Das Fröhliche wird übersüßt bis zum Zuckerrausch, klingt viel zu hell bis grell bis überdreht. Die Übungen stoßen auf unsichtbaren Widerstand, geben keine Kraft, sondern rauben sie. Schwere Beine werden schwerer, die Gravitation stärker. Nein.

Edith steht auf der Autobahnbrücke und überlegt, wie sie hergekommen ist, was sie jetzt tun sollte. Nicht loslassen.
Tikki will diese Tiefe nicht mehr ertragen müssen, springen ist so naheliegend. Sie spürt im Rücken das Geländer, vor sich zweimal drei Spuren. Das Rauschen des Verkehrs.
Edith will nicht gehen, sich von einer Brücke stürzen, in den Verkehr hinein. Drama ist großartig, andere mitnehmen, deren Leben in prosaischer Zufriedenheit verlaufen könnte, ist es nicht. Sie will nicht gehen, das Leben ist es wert, erlebt zu werden. Wohin sollte sie, wenn dieser Körper fiele?
Tikki will diesen kleinen Schritt tun, mit einem Mal, das Drängen. Der Sirenengesang des Nichts. Sie macht einen Schritt durch den Sirup.
Edith hält fest, das Bein in der Luft, die Hände um den Stahl.
Am Horizont eine Schlange, die aus vielen kleinen Punkten besteht. Ganz nah: Die milden Luftbewegungen des Abends; ein Vogel, dessen Frequenz über dem Motorenlärm hörbar wird.
Edit beschwört Tikki, bei der Echtheit dieser Eindrücke, hierzubleiben.
Die Punkte sind nähergekommen keine Punkte mehr. Sie verwandeln sich in Motorräder, eine endlos wirkende Prozession von behelmten Harley-Fahrern, deren Zotteln und Mähnen im Fahrtwind wehen. Edith und Tikki sehen, wie einer den Arm auf sie richtet, als zeige er auf sie. Ein Horn ertönt, dunkel und voll, es klingt noch, als der Biker die Brücke unterquert und danach von der anderen Seite.
Die nachfolgenden Fahrer tun es ihm nach. Bald ist die Luft vor und hinter der Brücke vom Hupen erfüllt.
Edith-Tikki stellt das Bein zurück auf die Brücke, schließt die Augen und lauscht dem Gruß der Motorradmänner. Ein paar Minuten können sehr lang sein. Trotzdem haben sie aufgehört, als Tikki auf dem Weg nach Hause eine kurze Melodie pfeift, etwas Einfaches, Leichtes.

 

Hallo,

Der Lärm im Hörsaal steigert sich dramatisch.
Steigert sich dramatisch = verbrauchte Wendung, grade als erster Satz nicht so toll; dieses „steigert sich dramatisch“ ist eine Journalisten-Wendung für alles mögliche, weil es einen Satzverhalt aufbläht, ohne genaue Zahlen zu nennen … der Traum eines jeden Journalisten. ;)
Die Zahl der Arbeitslosen stieg dramatisch; der Lärm bei dem Konzert steigerte sich dramatisch; die Ablösekosten für Linksverteidiger stiegen dramatisch; muss man keine Zeit in lästige Recherche investieren, klingt aber so als hätte man es gemacht.

Das zweite Mal in ebenso vielen Wochen
Ich mag die Wendung aus zwei Gründen nicht. 1. Sie wurde schon zu oft gebraucht und wird es immer noch und zwar ständig, weil die Leute Wortwiederholungen vermeiden wollen und lieber „Ebenso viel“ schreiben als noch mal „zwei“ und zum 2. Weil man dazu zurück lesen muss als Leser: Wochen ebenso viele – noch mal zurück, ah! Zwei. Es gibt einen schönen Lehrsatz übers Schreiben, dass der Leser nie gezwungen werden darf, zurückzulesen.

Das anlasslose Lachen,
Das ist alles Geschmackssache. Grundlos … was spricht gegen „Grundlos“. Anlasslos – ist das überhaupt ein Wort? Es lenkt stark ab, glaube ich. Ich denke bei „Anlass“ an den Anlasser eines Autos. Vielleicht noch an den „festlichen Anlass“. Also „anlassloses Lachen“ wäre dann wie ein „ansatzloses“ Lachen, das es gleich da ist und bei voller Lautstärke ohne sich aufzubauen, aber das ist fast der Normalzustand.

Ja", bestätigt er. "Absolutes Nogo.
„Ja“, bestätigte er … lass es dir mal auf der Zunge zergehen. ;)
Eine inquit-Formel darf auf keinen Fall redundant sein (schlimmstes Beispiel immer: „Feuer!“, warnte er vor dem Feuer). Und „No-Go“ … Nogo klingt wie eine Eissorte.

Ich fühl mich spießig, wenn ich deine Texte kritisiere. Edith und Tikki sind eine Person? Ich war aus der Geschichte raus, als Polgar raus ist. Diese Tikki und Edith - das ist mir sehr fremd.
Ich find den Text überhaupt nicht schlecht, er ist an manchen Stellen ein bisschen eitel, aber das sind die Figuren ja auch, das ist nichts Schlimmes. Die einzige stilistische Marotte, die mich stört, sind die inquit-Formeln, das hab ich schon einige Male bei deinen Texten kritsiiert; und ich bin da auch ziemlich der einzige, der das anmerkt, also … das sind auch nur so Abzüge in der B-Note, ich hab da auch keinen Fetisch, jedes Mal einen Sermon runterzubeten, aber das, was mich an der Geschichte stört, ist die mangelnde Kohärenz.
Das Leben als Ganzes hat ja kein Thema. Polgar hat das im Kopf und Tikki das und wenn Polgar Tikki trifft, denkt er an was anderes, und dann geht das so weiter. Das ist so. Leute haben ihren eigenen Film und ihre eigenen Themen, aber eine Geschichte sollte - oder zumindest ist es traditionell so – dass sie ein Thema hat. Ein Ziel, und dass dann die verschiedenen Figuren in einer Geschichte und (bei größeren Texten) die verschiedenen Erzählstränge auf dieses Ziel ausgerichtet sind.
Bei Moby Dick gibt es 50 Figuren und 200 Szenen und 30 Erzählstränge, aber es ist alles Teil eines Romans und es ist alles Teil eines Themenkomplexes, alles spiegelt sich und bricht sich, und die Figuren finden unterschiedliche Antworten auf die immer selben Fragen.
Die Peaquod trifft ein Schiff, das ihnen sagt: Kehrt um! Starbuck sinniert über die Meuterei von Fletcher Christian nach. Die Geschichte von Jonas und dem Wal taucht auf. Es geht um den Leviathan. Das ist alles kohärent, alles sorgt dafür, dass die einzelnen Nadeln der Geschichte auf diesen einen Pol ausgerichtet sind.

Es kann nicht innerhalb einer Geschichte alles passieren – nach dieser Kohärenz-Idee- sondern es kann nur das passieren, was irgendwie zum Thema der Geschichte passt.
Ich hab bei der Geschichte wie auch der bei der letzten, die ich kommentiert habe, nicht das Gefühl, das Thema zu erkennen.
Ich habe es kurzfristig gefunden, so ganz grob. Ich dachte: Da sind zwei Leute mit einer Identität, und sie haben Angst, die zu verlieren, wenn sie sich auf einander einlassen.
Dann war ich mir aber nicht sicher, ob das überhaupt das Thema ist. Es ist alles ein bisschen lästig in der Geschichte. Es ist die Frage, ob man den anderen überhaupt genießen kann, ohne dabei uncool zu werden, und nicht mehr von dem anderen gemocht zu werden. Das hab ich so ausgemacht. Das ist ein tolles Thema. Ich weiß nur nicht, ob es dir darum in der Geschichte ging. Oder ob ich da eine selektive Wahrnehmung habe, weil ich mich auch manchmal über solche Themen unterhalte; und deine Geschichte dann als blinder Spiegel dient, in denen ich meinen Kram reinlesen kann.

Das mein ich damit, dass ich mir spießig vorkomme. Ich glaube durchaus, dass man tolle Geschichten erzählen kann, die überhaupt nicht kohärent sind. Das gibt es bestimmt. Und es ist sicher „künstlerischer“, wenn man sich aus diesem Korsett befreien möchte. Aber wär’s nicht schlecht, wenigstens den Eindruck zu erwecken, das alles zu einer Geschichte gehört. Es stimmt ja, deine Geschichte ist sicher „authentisch“, das Leben findet nicht so geordnet statt, aber für eine Geschichte ist es halt nicht schlecht, zumindest den äußeren Anschein einer erzählerischen Ordnung zu wahren.
Ich würde mir wünschen, du würdest dir vor dem Schreiben klar machen, was das Thema deiner Geschichte sein wird, und damit im Hinterkopf schreiben, nur Dinge zu erzählen, die in irgendeiner weiteren Form zu diesem einen Thema passen.
Es sind schon spannende Texte, vielleicht bin ich einfach nicht die Zielgruppe.

Gruß
Quinn

 

Moin Quinn,

Das mein ich damit, dass ich mir spießig vorkomme. Ich glaube durchaus, dass man tolle Geschichten erzählen kann, die überhaupt nicht kohärent sind. Das gibt es bestimmt. Und es ist sicher „künstlerischer“, wenn man sich aus diesem Korsett befreien möchte. Aber wär’s nicht schlecht, wenigstens den Eindruck zu erwecken, das alles zu einer Geschichte gehört. Es stimmt ja, deine Geschichte ist sicher „authentisch“, das Leben findet nicht so geordnet statt, aber für eine Geschichte ist es halt nicht schlecht, zumindest den äußeren Anschein einer erzählerischen Ordnung zu wahren.

Finde ich gar nicht - also dass die Meinung spießig ist. Als einziger Grund fällt mir ein, dass es klassische, etablierte Formen für Geschichten gibt und ich, der freier erzählen will, irgendwie avantgardistisch und künstlerischer (:D) unterwegs bin, was die Kritik automatisch in den Verdacht der Spießigkeit rückt. Aber das kann kein Grund sein!
Will weiterhin wissen, wie das geht: Tolle Texte tippen. Also danke. Vielleicht übertreibe ich mit diesem alles kann geschehen. Ich mach erstmal Pause mit Posten und denke scharf nach, ob sich meine Art des Erzählens mit mehr Kohärenz verträgt, wie ich das umsetzen könnte. Das steht jetzt wirklich mal an, es wird wahrscheinlich nichts dabei herauskommen, aber vielleicht doch, man kann sich ja nichtmal darauf verlassen.
Authentizität ist eines der besten Argumente gegen die erzählerische Ordnung. Hatten wir das Thema schonmal - mir ist gerade so. Die täuscht Strukturen und Rotfäden vor, die es nicht gibt. Das lässt sich sicher angenehm lesen und erholt den müden Leserblick von der Unordnung der Welt, aber das täuscht auch was vor und installiert in den Leuten eine Sehnsucht, die sich nicht erfüllen lässt.

Es ist die Frage, ob man den anderen überhaupt genießen kann, ohne dabei uncool zu werden, und nicht mehr von dem anderen gemocht zu werden.

Geht viel darum, was man von sich zeigt. Wieweit man sich in den Rollen verlieren kann, die man nur zu spielen glaubt. Natürlich auch dieser Coolsein-Schnickschnack, wo man drei schlagfertige Antworten auf jeden Spruch parat halten will und sich naiv klingende Fragen nicht zu stellen traut. Sag ich mal so.

Oder ob ich da eine selektive Wahrnehmung habe, weil ich mich auch manchmal über solche Themen unterhalte; und deine Geschichte dann als blinder Spiegel dient, in denen ich meinen Kram reinlesen kann.

Die hat doch jeder, ich finde die Idee von einer Geschichte gut, die für verschiedene Blickwinkel Projektionsfläche sein kann.

Edith und Tikki sind eine Person? Ich war aus der Geschichte raus, als Polgar raus ist. Diese Tikki und Edith - das ist mir sehr fremd.

Das ist auch schlecht gelöst. Es gibt diese Geschichte von Matt Ruff, Ich und die Anderen, da geht es um welche mit multiplen Persönlichkeiten. Das wird mittels eines Hauses dargestellt, in dem verschiedene Leute wohnen, die zu verschiedenen Zeiten 'Herren im Haus' sind. So ein Fass konnte ich hier nicht aufmachen, aber das ist irgendwie jetzt auch nicht gut abgehandelt.

„Ja“, bestätigte er … lass es dir mal auf der Zunge zergehen.
Schön doof. Änder ich gleich mal. Also an dieser Stelle stimme ich dir voll zu, aber prinzipiell finde ich es nicht gut, die Inquits auf sagte, fragte, rief ... zu reduzieren!

Grundlos … was spricht gegen „Grundlos“. Anlasslos

Ich würde sagen, dass es kein grundloses Lachen gibt. Sie lacht vllt, weil sie einen guten Witz gehört hat oder einen Pudel mit bescheuerter Frisur gesehen; oder einfach, weil ihr so lustig ist. Das würde ich anlasslos nennen, ohne feststellbaren äußeren Anlass. Grundlos nicht. Aber ach je, Anlasser - in dieser Situation an Autos zu denken!

2. Weil man dazu zurück lesen muss als Leser: Wochen ebenso viele – noch mal zurück, ah! Zwei. Es gibt einen schönen Lehrsatz übers Schreiben, dass der Leser nie gezwungen werden darf, zurückzulesen.

Jo! Der Satz macht Sinn. Aber ich kann mir gar nicht vorstellen, dass da jemand zurückliest.

Sie wurde schon zu oft gebraucht und wird es immer noch und zwar ständig, weil die Leute Wortwiederholungen vermeiden wollen und lieber „Ebenso viel“ schreiben als noch mal „zwei“ und zum

Stets und ständig im Einsatz ist Mist. Dass man Wortwiederholungen zu vermeiden versucht, finde ich jetzt nicht schlimm.

Steigert sich dramatisch = verbrauchte Wendung, grade als erster Satz nicht so toll;

Damit war ich auch nicht zufrieden. Ich überlege mir nochmal was für den ersten Absatz und Edith-Tikki. Danke für Blick auf Kohärenz und Details.

Salut!

 
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Hallo Kubus,

Nach den letzten Geschichten von dir weiß ich mittlerweile, was mich erwartet, und da denk ich so: Okay, mal schauen, was Kubus uns diesmal für interessante Betrachtungen liefert. Man liest dann auch die einzelnen Stellen so für sich, und manchmal kommt das wa Cooles, mit dem was anfangen kann, und dann halt wieder nicht.
Ich fand sie besser als Carlas Idee, aber schlechter als Grünphase, was glaube ich daran liegt, dass sie trauriger ist.

Am Abschiedsgleis großes Umarmen, gegenseitige Versicherungen, dass man den anderen lieb habe. Das ist die eine Gelegenheit, in der man das sagen kann - wenn die Türen des Zuges bereits schließen und man sich schnell voneinander trennen muss.

Ich glaube, ich mag deine analytische Ader, und irgendwie analytisch ist es ja zumeist.

Hinter jeder Sekunde lauert Gedankenleere, er sieht sich selbst, wie er blicklos starrt. Sekunden, in denen nichts in ihm geschieht, die durchaus Minuten sein könnten. Aber wenn jemand was sagt, springt sein Kopf sofort an und spuckt die richtige Antwort aus. Wie oft wird das noch funktionieren?, denkt er.

Also das ist schon beeindruckend, wenn man das kann. Ich kann nicken, wenn die Intonation fällt, auch mal lächeln, wenn es sein muss.
Aber dann auch die richtige Antwort parat haben?
Nein. Spätestens dann fällts auf.


Ich konnte auch viel weniger mit zweiten Hälfte der Geschichte anfangen. Die Dialoge sind gut, doch dann dann verlässt Polgar die Geschichte und mit ihm der Konflikt, die sexuelle Spannung ...

Die zweite Hälfte ist fast depressiv.
Der Schluß oben auf der Autobahnbrücke, diese Leere, diese Selbstmordgedanken. Das sind klassische Symptome einer Depression.
Da is etwas Romantisches mit dabei, der Horizont und so weiter, dann wieder etwas Narzisstisches, die Biker hupen für sie. Alles typisch.
Hat Trixi sich so entwickelt?
Schade .. fände es cooler, wenn sie aus Langeweile Tiere aus dem Zoo befreien würde oder so was.

MfG,

JuJu


Was mir gerade einfällt. Der Titel. Hattest du den Song von Kanye West im Kopf? So von wegen sich nicht binden wollen ...
Schon, oder?

 
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Moi Kubus,

Polgar hört das Tack-Tack-Tack, entscheidet sich, mal einen Gang runterzuschalten; die Zeiger der Zeit ticken unbeeindruckt weiter.
Das ist suess, aber das gute Suess. 'hört das Tack-Tack-Tack' könnte sogar raus, das wäre runder.

Ich finde, die beiden neuen postCarla-Texte sind ein bisschen zerrissen: Es wird viel vom Erzähler erklärt, allerdings sind das mehr so Uebererklärungen - mein Vergleich wäre die Unterwerfungssache bei Carla, die auch einen Satz zu viel hatte. Dabei ist die Handlung sprunghaft - was mir extrem gut gefällt, von der Erzählweise/-perspektive wie auch vom Rhythmus her - und wird mit den Erkärungen mehr aufgehalten/verlangsamt als tatsächlich weiche Uebergänge zu schaffen.

Ich hatte auch den Eindruck, dass hier weniger weltanschauliche, philosophische, psychologische ... Themen als in Carla hinterstecken, das mag aber nur meine Leseweise sein. Hier wird bei mir nicht so viel getriggert - weder was, was ich sofort kapiere, noch diese vagen Gefuehlseindruecke, Erinnerungen, die den anderen Text so irre spannend gemacht haben.

Ich finde, eine halbwegs radikale Erzählweise (ist ja nicht so, dass es völlig fragmentiert wäre) verträgt eine entsprechende Form im Ausdruck, und die beiden neuen Texte wirken an den Stellen am besten, an denen die Sätze abgehackt oder stark verkuerzt werden. Irgendwie läuft da das Lesen synchron mit Deinem Erzählen, während ich hier wie mit angezogener Handbremse fahre (gefahren werde :D).

Das ist mir zu viel:

Vor allem ihren Gesichtsausdruck, den würde er gern sehen.
"Siehst aus wie ein italienischer Vorstadtprolet mit deinem Schnauzer."
"Hab deine verstohlenen Blicke mitgekriegt."
"Verstohlene Blicke!" Tikki kramt in ihrer Handtasche. "Kopfschmerzen ...", murmelt sie.
"Du arbeitest zu viel", sagt er. "Oder feierst zu lang. Wie auch immer, Süße, schalt mal nen Gang runter."
"Das ist nur so", sagt sie und schluckt eine weiße Pille. "Das geht wieder weg."
"Wie viele Packungen verbrauchst du pro Woche? Das Zeug kann Kopfschmerzen verursachen, wenn man es regelmäßig nimmt."
Da hätte mir das gereicht:
"Ich mixe, damit das nicht passiert. Aspirin, Ibuprofen, Paracetamol ..."
"Sag, dass das ein schlechter Scherz war. Nein, warte. Sag am besten mal gar nichts."
Sie kleckert Wasser auf ihr Unterhemd. Hebt es an und kuckt darunter. Zwei-, dreimal flattert sie mit dem Hemd. Ihre weiße Haut, die Rundungen. Polgar kuckt weg. "Ich werde ihn absägen", sagt sie unvermittelt. "Der nervt, schreibt ständig SMS. ...
Das sagt fuer mich alles, was in dem Teil oben schon vorerklärt wird, aber viel schöner, knapper, auch viel körperlich-bildhafter. Die verschiedenen Tabletten, die Sache mit dem Wasser, da fuehlt man kalt gegen warme Haut, schmeckt die bitteren Tabletten im Mund ... davor ist es mehr sowas, was man oft irgendwo aufschnappt und genau wegen solcher Szenen reizen mich die typischen "Alltagstexte" wenig.

Tikki sitzt in einem fast leeren Abteil.
Ab hier liest sich der Text harmonisch, wie im Fluss. Die Sprache wird härter, vor allem ab dem Moment, in dem sie auf der Bruecke steht. (Warum hupt mir keine Hells Angles-Horde hinterher, obwohl ich auch rote Haare ... anyway, das Leben ist ungerecht, oder ich steh nicht oft genug auf Bruecken rum.) Hier wird nicht so viel umschrieben, das Gegenuebersitzen, die kurzen Endruecke Stahlgeländer an Hand, Geräusche, die fragmentiert und teils ueberakzentuiert wahrgenommene Umgebung - alles ganz direkt und sinnlich und genau im Takt mit dem Inhalt/Plot/Prot.

Ehrlich gesagt finde ich, der Text wuerde gewinnen, wenn der gesamte erste Absatz rauskäme. Lieber ins kalte Wasser werfen, als ne Einleitung vorzusetzen, die mehr wie eine hm Drehbuchanweisung kommt: "Freies Feld, nachts, schwaches Mondlicht. Ina und Robert streiten" (Dialogszene folgt)".

Vermutlich schwierig zu entscheiden, wo Du hin möchtest: zu mehr Reduktion und poetisch-wilder oder zu einer 'gesäuberten', abgerundeten Kurzgeschichte. Beides geht, letztes kannst Du - ginge es nach meiner Nase, wuerde ich raten, die erste Variante weiterzugehen. Letztlich kannst du, wenn Du genug experimentiert hast, dann mit den glatteren Texten zusammenbringen, und hast das beste aus beidem. Just thinking.;)

Edith-Tikki stellt das Bein zurück auf den Brückenboden, schließt die Augen und lauscht dem Gruß der Motorradmänner. Ein paar Minuten können sehr lang sein. Trotzdem haben sie aufgehört, als Tikki auf dem Weg nach Hause eine kurze Melodie pfeift, etwas einfaches, leichtes.
Hier ist der Wurm drin: Wenn sie auf ner Bruecke steht, ist der Boden der der Bruecke. BB finde ich nicht so huebsch, um hier ein compound draus zu machen, zumal da noch ein Doppelname und das Bein ist. Das mit den Minuten ist eine fiese Phrase, das kann raus, kommt schon so durch. Trotzdem hat hier keinerlei Sinn: Das Hupen hört auf, egal, ob es lang oder kurz dauerte. Das ergibt fuer mich keine Aussage.
Das Einfache, Leichte.

Vorsicht, bei solchen Sachen hilft gruendliches Editing, bei dem Du nicht mehr so im "Schreibrausch" bist. Zu viel Intuition beim edit macht einen Text unsauber, und das ist hier sehr schade drum.

Im Grunde gilt dieser Komm auch fuer den dritten Text dieser Reihe - da hab ich nur was zum ersten Satz, daher nochmal extra im anderen thread.

Ich bin sehr gespannt, was da noch so kommt, und wohin das driftet bei Dir. :) Jedenfalls mag ich den Blick auf Leute und Situationen, weil sie oft kleine, spezielle Eigenheiten einfangen, eben wie ein Schnappschuss, nur mit Ton und Odorama.

Selbstreferenzen finde ich ueberigens genial. Ich klaue auch ständig aus meinen eigenen Texten, peinlicherweise auch mal, ohne es zu merken, hrhr.

Liebe Gruesse,
Katla

 

Hallo Kubus,

Mja, also so ganz meins ist das nicht geworden. Da sind tolle Bilder und Ideen drin, aber die sind mir persönlich in einen zu fragilen Rahmen gespannt. Also es kostete mich viel Mühe, da jetzt einen klaren roten Faden zu erkennen. Viel ist möglich, aber keine Stellen für mich klar genug, um wirklich den Moment zum zusammenreimen zu finden. Dafür wirkt mir der Text auch zu hastig. Es kommt mir vor, als würdest du nur in Ellipsen schreiben, dabei ist das gar nicht der Fall. Aber der Eindruck bleibt bei mir zurück. Und das ist in seiner Gesamtheit etwas enttäuschend. Gerade, wenn man am Rande spürt, dass da schon eine Menge Kraft drin schlummert, hinter den Zeilen. Aber die ist für mich zu ungerichtet und verpufft damit.

grüßlichst
weltenläufer

 
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He weltenläufer, was soll ich sagen? Die hübschen Stellen hättest du gerne auf einem Roten aufgefädelt. Also Formkritik. Ich werde mich demnächst zu umfangreichen Meditationen zurückziehen und die tellurischen Kräfte befragen, wohin die weitere Reise gehen soll. Deine Meinung wird berücksichtigt werden. Freut mich freilich, dass nicht nur Ärgerliches vorhanden war.

Hi Katla,

Ich finde, die beiden neuen postCarla-Texte sind ein bisschen zerrissen

Huch! Hätt ich ja andersrum gedacht. Aber die Übererklärungs-Erklärung versteh ich. Da war der Carla-Text mehr auf Zeigen, und konsequenter, denke ich.

Ich hatte auch den Eindruck, dass hier weniger weltanschauliche, philosophische, psychologische ... Themen als in Carla hinterstecken

Den teilen wir. Carla war schon wild in Themenvielfalt und Form. Den Text würde ich als Collage bezeichnen, bei den anderen beiden Texten wollte ich den Leser mehr an die Hand nehmen, mehr Rotfaden bieten. Das ist auch meine Schwierigkeit, mich für eine Form zu entscheiden. Gerade schreibe ich irrationale, unsympathische Ich-Erzähler. Ich habe so viele Ideen, weiß meistens gar nicht, was ich als Erstes schreiben soll.

und die beiden neuen Texte wirken an den Stellen am besten, an denen die Sätze abgehackt oder stark verkuerzt werden. Irgendwie läuft da das Lesen synchron mit Deinem Erzählen, während ich hier wie mit angezogener Handbremse fahre

Uh, angezogene Handbremse ist nicht gut. Ich mag diese verkürzten Stellen auch sehr gerne, die Verdichtung. Macht beim Schreiben sauviel Laune, wobei ich den Eindruck habe, dass ich eine gewisse Menge Zeilen sauber auserzählen muss, bevor der Text die Möglichkeit zu solchen Verdichtungen bietet.

Das ist mir zu viel:

Okay, auf den ersten Blick mag ich mich nicht davon trennen.

Warum hupt mir keine Hells Angles-Horde hinterher,

Ist mir auch noch nicht passiert!

Ab hier liest sich der Text harmonisch, wie im Fluss.

Überraschung ... was ist mit dem Namen, Edith-Tikki? Der kommt mir schon die ganze Zeit komisch vor. Der letzte Absatz war sozusagen ein Schreibauftrag, Tikki erzählte die Geschichte einer Frau, die sich das Leben nehme wollte und von hupenden Brummifahrern überzeugt wurde, das nicht zu tun. Mir wollte nur kein plausibler Grund einfallen, warum LKW Kolonne fahren, daher sinds Harley-Fahrer geworden. Schrammt dicht am Kitsch vorbei, die Szene, ich hoffe, dass sie die Kurve noch bekam. Macht ja jetzt den Eindruck.

Ehrlich gesagt finde ich, der Text wuerde gewinnen, wenn der gesamte erste Absatz rauskäme.

Ich glaube das mach ich. Da sind so viele ärgerliche Formulierungen drin und nichts, was wirklich gebraucht wird.

Vermutlich schwierig zu entscheiden, wo Du hin möchtest: zu mehr Reduktion und poetisch-wilder oder zu einer 'gesäuberten', abgerundeten Kurzgeschichte. Beides geht, letztes kannst Du - ginge es nach meiner Nase, wuerde ich raten, die erste Variante weiterzugehen.

Ist registriert. :)

Hier ist der Wurm drin:

Seh ich jetzt auch. Kuck ich nochmal rüber.

Trotzdem hat hier keinerlei Sinn:

Bezieht sich auf Minuten. Bin trotzdem selbst nicht ganz überzeugt. Hab beim Schreiben auch überlegt, ob ich das nehme.

Ich bin sehr gespannt, was da noch so kommt, und wohin das driftet bei Dir.

Driftet ist gut! :lol: Konzeption steht auf der Liste. Werde mir mal ein paar schlaue Bücher reinziehen. Wenn ich danach nicht mehr schreiben kann, weiß ich ja, wen ich dafür verantwortlich mache.
Dann hätte ich mehr Zeit für Mathe. An dieser Stelle sei ein wunderschönes Primzahlpalindrom genannt: 13331.

Selbstreferenzen finde ich ueberigens genial. Ich klaue auch ständig aus meinen eigenen Texten, peinlicherweise auch mal, ohne es zu merken, hrhr.

Finde ich gar nicht unnormal - wenn einen die Themen beschäftigen. Irgendwie ist der selbstreferentielle Bezug witzig, steht aber auch in gefährlicher Nähe zu Elfenbeinturm und literarischer Selbstbefriedigung.

Danke!

Hallo Juju,

Nach den letzten Geschichten von dir weiß ich mittlerweile, was mich erwartet,

Oh, dann muss ich mal was riiiiiichtig Verrücktes schreiben. Hehe.

Man liest dann auch die einzelnen Stellen so für sich, und manchmal kommt das wa Cooles, mit dem was anfangen kann, und dann halt wieder nicht.

Das meinte Quinn letztens. Bei Carla konnte ich das auch nachvollziehen, hier ist es schon zusammenhängender, meint ein vielleicht betriebsblinder Schreiber.

Ich fand sie besser als Carlas Idee, aber schlechter als Grünphase, was glaube ich daran liegt, dass sie trauriger ist.

Aha! Hab sie extra positiv ausklingen lassen, aber hier steckt schon einiges an Schwere drin, ja.

Also das ist schon beeindruckend, wenn man das kann. Ich kann nicken, wenn die Intonation fällt, auch mal lächeln, wenn es sein muss.
Aber dann auch die richtige Antwort parat haben?
Nein. Spätestens dann fällts auf.

Er fragt sich in der Situation, wie lange das gut geht. Da steckt in meinen Augen die Antwort drin, dass es nicht lange funktionieren wird.

Der Schluß oben auf der Autobahnbrücke, diese Leere, diese Selbstmordgedanken. Das sind klassische Symptome einer Depression.
Da is etwas Romantisches mit dabei, der Horizont und so weiter, dann wieder etwas Narzisstisches, die Biker hupen für sie. Alles typisch.
Hat Trixi sich so entwickelt?

Nein, Trixi ist künstlich zusammengeschrieben. Tikki hat ein reales Vorbild.
Diese Brückenszene war mir nicht ganz geheuer. So was schreibe ich normalerweise nicht. Scheint ja nochmal gut gegangen zu sein. Ja, Depression. Sie hat aber auch diesen Wechsel zwischen Marilyn und Edith-Tagen.

Was mir gerade einfällt. Der Titel. Hattest du den Song von Kanye West im Kopf? So von wegen sich nicht binden wollen ...
Schon, oder?

Nee, aber ein Songtitel stand tatsächlich Pate: Runaway von Gentleman.

Danke euch allen und viele Grüße!

Kubus

 

Moi Kubus,

literarische Onanie kann so verkehrt nicht sein, dabei läuft man wenigstens nicht Gefahr, das Hirn zu Matsch zu äh machen ... oder war es das Rueckenmark? :)

Edith-Tikki kommt Dir komisch vor, joo.
Drei Is, Ende auf T + Anfang auf T und danach Doppel-k sind selbst fuer meine Finnisch-gewöhnten Augen zu hart. Ein paar Vokale - auch mal dunkle - wuerden guttun, find ich. Ausserdem muss ich immer umschalten von Tiki (heisse und kalte ...), das bringt mich ein klein bissl aus dem Text - wenn Namen um Ecken doch eine Bedeutung haben, selbst bei ausgedachten. Tikki-Edith wäre fluessiger zu sprechen, aber nicht sehr viel schöner.

Elsa-Tuuli ... Hanna-Edith ... hmmm, vllt auch nicht toll, aber weicher, wuerde sich lohnen, daran zu frickeln. Ansonsten finde ich Deine ausgedachten Namen wunderschön und die Idee ueberhaupt toll.

Sonnige Gruesse,
Katla

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey!

So, der erste Absatz ist gestrichen. Es fehlen der Hinweis auf die später von Polgar erwähnte nachgelassene Reizfilterung und ein kleiner Nebensatz mit Persönlichkeits-Zeug. Die fand ich als Vorbereitung ganz hübsch, sie wären es vielleicht auch gewesen, wenn es ansprechend formuliert gewesen wäre. Dafür habe ich jetzt einen Satz ganz vorn, in dem das Wort Sex vorkommt. :D Sehr gut.

literarische Onanie kann so verkehrt nicht sein, dabei läuft man wenigstens nicht Gefahr, das Hirn zu Matsch zu äh machen ... oder war es das Rueckenmark?

Höhö, das fragst du einen schwachsinnigen Buckligen?

Edith-Tikki kommt Dir komisch vor, joo.
Drei Is, Ende auf T + Anfang auf T und danach Doppel-k sind selbst fuer meine Finnisch-gewöhnten Augen zu hart. Ein paar Vokale - auch mal dunkle - wuerden guttun, find ich. Ausserdem muss ich immer umschalten von Tiki (heisse und kalte ...), das bringt mich ein klein bissl aus dem Text - wenn Namen um Ecken doch eine Bedeutung haben, selbst bei ausgedachten. Tikki-Edith wäre fluessiger zu sprechen, aber nicht sehr viel schöner.

Das wusste ich nicht, dass das so eine Bedeutung hat. Es gibt glaube ich einen südamerikanischen Slangausdruck, der so was wie 'mein Mädchen' heißt, der Tikki übersetzt wird.

Elsa-Tuuli ... Hanna-Edith ...

Edith muss drin bleiben wegen der Piaf. Hannah und ein paar andere jüdische Frauennamen gehören zu den schönsten der Welt. Nur nennen will ich diese Figur nicht so. Wahrscheinlich muss sie einfach mit diesem Doppelnamen leben. Vielleicht fliegt mir aber noch ein toller Name zu. Danke auf jeden Fall.

Bis dann,
Kubus

PS: Ticki wird in einer Anthologie zeitgenössischer Südamerikaner mit 'junge Geliebte' übersetzt.

 

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