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Ruinen
„Du bist mein Fels“, sagt sie, „mein Fels in der Brandung.“ Er schaut sie traurig an. „Wenn ich dein Fels bin“, sagt er mit tränenerstickter Stimme, „warum verlässt du mich dann?“ Sie schaut hinaus aufs Meer. „Weil ich das Meer bin, antwortet sie und dreht sich zu ihm um. „Ich verstehe dich nicht.“ Er sinkt nieder und starrt auf den weißen Sand unter seinen Füßen. - „Ich muss weiterziehen. Mein Leben muss eine Mission haben.“ Er starrt weiter den Sand an. „Ich liebe dich,“ mit seinen Händen formt er eine kleine, kunstvolle Sandskulptur. „Ich möchte eine Familie mit dir.“ „Ich weiß,“ seufzt sie leise, „ich weiß, was du willst.“ Er schaut sie an. „Willst du immer so weiter machen?“, fragt er, „ständig unterwegs? Heimatlos?“ „Die Welt ist meine Heimat!“, antwortet sie euphorisch. „Ich kann nicht ... ich will nicht hier bleiben.“ „Aber warum? Willst du nie Kinder? Eine Familie?“ Sie überlegt kurz. „Ich denke nicht – Nein.“ Sie schaut erneut aufs Meer hinaus.
Seine Skulptur nimmt langsam Gestalt an. Es ist ein Sandhaus. Er sammelt kleine Steine auf und formt aus ihnen einen Pool. Ein kleines Strandhaus mit Pool. „Liebst du mich überhaupt?“ Sie betrachtet ihn mit ernsten Gesicht. „Natürlich“, antwortet sie schließlich. Du weißt, dass ich dich liebe.“ „Wieso bleibst du dann nicht bei mir?“, versucht er es noch einmal mit Verzweiflung in der Stimme. „Ich will das einfach nicht. Dieses 08/15 Leben mit Haus und Pool, mit Kindern und Ehe.“ Sie betrachtet den Ring in ihrer Hand, dreht und wendet ihn, lässt ihn in ihren Fingern kreisen. Dann – mit einem Ruck – holt sie aus und wirft ihn in den Ozean. Das leise Platschen lässt ihn zusammenzucken. Eine Träne kullert über seine Wange.
"Ich will die Welt sehen! Ich will fremde Kulturen erkunden; den Regenwald schützen! Mich an Bäume ketten und die Wale retten! Ich will, dass mein Leben einen Sinn hat", schliesst sie pathetisch.
Das fertige Sandhaus liegt vor seinen Füßen. Traurig betrachtet er sein Kunstwerk.
„Es tut mir leid“, sagt sie, „es tut mir so leid.“ Sie steht auf und streicht den Sand von ihren Beinen. Er will sie zurückhalten, aber weiß nicht, was er sagen soll. Also bleibt er stumm. Sie bemerkt nicht, dass sie sein Sandhaus zertritt, als sie geht. Es stürzt so schnell zusammen. Die Trümmer vermischen sich mit seinen salzigen Tränen.
Alles was bleibt, sind Ruinen.