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Ruhm

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19.11.2002
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Ruhm

Ein kühler und rauer Wind bließ mir die Haare aus dem Gesicht als ich das mächtige Stahltor durchschritt. Vor mir lag eine große Parkanlage, die sich an ein kaltes weißes Haus schmiegte. Mir machte dieses sterile Gebäude irgendwie Angst. Es rankten sich einfach zu viele Gruselgeschichten darum. Es war eben „das Haus der Verrückten“, welches hier am Stadtrand ohne diese Geschichten nur allzu schnell im Nebel des Vergessens untergehen würde. Noch immer ist mir keine Menschenseele begegnet. Ich weiß noch nicht so recht ob ich darüber froh und erleichtert oder verwundert und erschrocken sein soll.
Als ich endlich direkt vor der Heilanstalt stand nahm ich all meinen Mut zusammen, um auf die leicht angerostete Klingel zu drücken. Sofort erklang eine wunderschöne Melodie, die auch ein wenig beruhigend auf mich wirkte. Doch schon als ich dies erkannte setzte ein unangenehmes Surren ein. Ich drückte gegen die Tür, die sich daraufhin sofort ohne Probleme öffnen ließ.
Ein wenig zögernd und von Zweifeln befallen trat ich in eine große Empfangshalle ein. Im Zentrum dieses Raumes befand sich ein Schreibtisch, hinter dem eine ältere, aber doch freundlich wirkende, Frau saß. Sie hatte sich ihre grauen Haare zu einem Dutt gemacht, der sich allerdings schon langsam auflöste, und schaute mich erwartungsvoll an.
„Kann ich ihnen helfen, junger Mann?“, unterbrach sie sofort das unerträgliche Schweigen.
Ich war mir noch unschlüssig ob sie mir helfen konnte, also lächelte ich sie erst mal ein wenig verlegen an. „Ja, ich hoffe das können sie. Ich suche eine Mrs. Louis. Sie ist doch hier in Behandlung, oder?“
„Sind sie mit ihr verwandt? Denn ansonsten sehe ich keine Möglichkeit, dass sie sie besuchen können.“
„Ich bin ihr Bruder.“ erwiderte ich gekonnt eine Lüge.
„Na wenn das so ist, dann ist das natürlich kein Problem, aber sie müssen sich leider noch ein wenig gedulden, denn sie befindet sich im Moment noch in der Gruppentherapie. Nehmen sie ruhig dort hinten Platz. Ich sage ihnen dann bescheid. Ihre Schwester wird sich sicher über ihren Besuch freuen. Sie wird so schrecklich selten besucht.“
Ich sah Mitleid in ihren Augen als sie diese Worte voller Mitgefühl aussprach. Das löste bei mir allerdings zeitgleich ein schrecklich schlechtes Gewissen aus, obwohl ich es ja eigentlich gewohnt war meinem Glück des öfteren mit einigen kleinen Lügen nachzuhelfen. Ich meine das tut doch jeder früher oder später mal. Man kann in dieser Welt ohne den Gebrauch einiger Lügen einfach nicht überleben. Dessen war ich mir zwar bewußt, aber diese Gewißheit konnte meine ekelhaften Gewissensbisse einfach nicht beseitigen.
Während ich wartete versank ich in Erinnerungen:
Er stand mit seiner Band auf der riesigen Bühne und das grelle Licht der Scheinwerfer ließ ihn noch perfekter und unerreichbarer erscheinen. Er war ein Rockstar, ein verdammtes Idol einer ganzen Generation, ob er es nun wollte oder nicht.
Tja, ich wünschte, ich wäre auch nur einmal dabei gewesen, als seine Band „Freaks aren’t dead“ ihre Jünger glücklich gemacht haben.....

„Junger Mann, sie können jetzt zu ihrer Schwester.“ Mit diesen Worten riss mich die nette Empfangsdame aus meinen Gedanken an Billy Louis.
Ich richtete mich langsam auf und war froh, dass sich meine müden Knochen nun von diesem harten Stuhl aus der Empfangshalle erholen konnten. Die ältere Dame führte mich durch einen langen und kahlen Gang ins tiefste Innere dieses bizarren Gebäudes. Hier sah ich nun auch endlich andere Menschen, denn die meisten Zimmertüren waren nicht geschlossen, so konnte ich einige Blicke riskieren.
Was ich sah waren ganz normale Verrückte: eine alte Frau, die sich angeregt mit Puppen unterhielt, ein Mädchen, dass eine weiße Wand anstarrte und anfing panisch zu brüllen, einen Mann mitte 30, der wippend auf einem Stuhl saß, mit dem Finger auf mich zeigte und mich beängstigend strafend ansah und noch viele andere Gestalten begegneten mir auf meinem scheinbar nie enden wollenden Weg.
„ So da sind wir! Sein sie nett zu ihrer Schwester. Sie hat ja wirklich schwere Zeiten hinter sich.“, sagte sie mit einem aufmunterndem Nicken bevor sie die Tür öffnete.
Im Innern des Zimmers erblickte ich diese zerbrechliche junge Frau Ende 20. Tiefe Augenringe ließen ihr ehemals so schönes Gesicht alt und fade aussehen.
„Hallo Jane, wie geht es dir?“, versuchte ich behutsam Kontakt zu ihr herzustellen.
Doch der Raum war nur von eisigem Schweigen erfüllt. Warum habe ich diese arme Witwe nur besucht? Was suche ich hier eigentlich? Ich bin nur ein verdammter Journalist. Ich habe kein Recht hier zu sein und wenn doch dann nur als Patient.
„Du willst sicher zu meinem lieben Billy.“ Sie streckte mir eine stark zerknitterte Zeitschrift entgegen. Auf dem Titelblatt war, unschwer zu erkennen, ein Bild von Billy Louis.
Die aufdringliche Schlagzeile über seinem Kopf fiel mir gleich als zweites ins Auge:

Rockstar wählte den Tod!!! – Witwe tauscht den goldenen Käfig gegen die Klapsmühle....

Nun erreichte mein schlechtes Gewissen ungeahnte Ausmaße. Ich bin so verdammt scheinheilig. Die ganze Zeit bin ich damit beschäftigt meinem Chef in den Hintern zu kriechen. Er hatte mich hergeschickt und winkte mit einer Beförderung. Keinem gelang es bis jetzt ein Interview mit der Witwe von Billy Louis zu führen und ich sollte diese Serie der Fehlversuche nun beenden. Doch jetzt, als ich direkt vor ihr stand, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich das überhaupt wollte.
Ich setzte mich, sah ihr direkt in die Augen und begann in meinem ausgebeulten Rucksack herumzukramen. Nach einer Weile kam dann endlich mein unscheinbarer Notizblock zum Vorschein und ich konnte endlich mit dem Interview beginnen. Ich versuchte es betont routiniert wirken zu lassen.
„Wie haben sie Billy kennengelernt?“, mit diesen Worten begab ich mich direkt ins stinkende Haifischbecken des Journalismus.
Jane drückte einen ziemlich zerfetzten Teddy fest an sich und schaute verträumt aus dem Fenster.
Plötzlich wurde die Tür ihres Zimmers lautstark aufgrissen und knallte gegen die Wand. Ein älterer Herr mit ergrautem Haar stürmte herein und sagte: „Thomas, was suchen sie denn schon wieder im Zimmer von Jane? Ich habe ihnen doch erst gestern mal wieder wirklich in aller Deutlichkeit und unmissverständlich klargemacht, dass sie sich nicht immer auf den Zimmern der anderen Patienten herumtreiben sollen. Außerdem ist es nun auch Zeit für ihre Einzeltherapie. Wenn sie nun bitte so freundlich wären....?“

 

notasuperstar ...

eine nette Geschichte, aber am besten gefällt mir dein Stil. Schön erzählt und gut beschrieben.

Grüße
Daigoro

 

Hallo! Ich bin mir bei der Story etwas unschlüssig: Wenn dieser Thomas ein Patient ist, kann die Geschichte an sich nicht stimmen! Dann wäre er ja von Anfang in der Klappsmühle gewesen, und das "Gespräch" mit der Rezeptionistin hätte auch nicht stattgefunden.
Wenn dem so ist, muss ich dies bekritteln: Geschichten sollten in sich logisch sein, auch, wenn die Pointe möglichst überrascht sein sollte!
Als Ausweg erschiene mir, dass du die Story aus der dritten Person erzählst, also die objektive Sicht wählst. Denn in dieser Form, mit dem Ich-Erzähler komme ich mir als Leser ein bisserl verarscht vor, wenn du verstehst. ;)

Es sind auch noch einige Fehler im Text. Mir ist auch aufgefallen, dass du für Kommas keine große Sympathie zu hegen scheinst. :D

 

hi Daigoro,
danke für die Komplimente! Hab mich sehr gefreut, vor allem, weil dies das erste Mal war, dass ich hier etwas veröffentlicht habe! :-)

Und nun zu dir, Rainer:
Ich gebe zu, dass ich Kritik bis jetzt noch nicht so gut vertrage, wie ich es eigentlich sollte, aber deshalb sind Veröffentlichungen hier sehr hilfreich für mich um endlich malzu lernen mit Kritik umzugehen!

Ich danke dir aber trotzdem oder vielleicht gerade deshalb sehr, dass du so ehrlich warst!
Zu der Figur "Thomas" muss ich sagen, dass die Sache mit dem Gespräch mit der Empfangsdame etc. natürlich in Wirklichkeit nicht möglich war, aber da es sich hier ja um einen Patienten einer Nervenheilanstalt handelt, kann man davon ausgehen, dass sich diese Dinge ganz klar in seiner Einbildung abgespielt haben. Ich gebe zu das kann den Leser sehr verwirren.

Der Vorschlag mit der dritten Person ist sicher nicht schlecht und du hast Recht, dass es so um einiges leichter für den Leser wäre, aber ich bevorzuge dennoch den Ich-Erzähler, da ich finde, dass die Geschichte so um einiges persönlicher wirkt. Das ist eben mein eigener, subjektiver und persönlicher Geschmack!
Außerdem möchte ich noch klarstellen, dass ich ganz sicher nicht beabsichtigt habe den Leser zu verarschen!

Für die Fehler entschuldige ich mich. Leider übersehe ich einiges, wenn ich am PC arbeite. Ja, und mit Kommas stehe ich tatsächlich ein wenig auf dem Kriegsfuß *g*

Man sieht sich hoffentlich in weiteren Momenten der Kritik...

 

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