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- Anmerkungen zum Text
Diesen Text hatte ich mal für einen Schreibwettbewerb meiner Stadt geschrieben.
Man durfte nur eine DinA4-Seite schreiben und sollte verschiedene Wörter einbauen ( wie chillen, Polizei, Pfannkuchen, ect.).
Ich habe leider gegen eine fluchende Großmutter verloren. .<.Der Text basiert zum Teil auf wahren Begebenheiten.
Rollertour
Ein beliebiger Nachmittag an einem beliebigen Dienstag. Mein Feierabend begann schon vor Stunden und ich langweile mich. Ausnahmsweise habe ich heute mal die Motivation gefunden, etwas anderes zu tun, als zuhause zu chillen und im Internet zu surfen. Ich schalte den Computer aus, schnappe mir eine kleine Flasche Wasser, meinen Geldbeutel, sowie mein Notizbuch und verstaue alles in meinem schwarzen Rucksack. Seit längerer Zeit habe mal wieder Lust einen Ausflug über die Landstraßen zu unternehmen. Üblicherweise würde ich dafür meinen Drahtesel verwenden, jedoch war meine ehemalige Mitbewohnerin so dreist, diesen ohne mein Einverständnis zu verkaufen. Bisher habe ich mir auch noch keinen neuen leisten können, also muss nun mein Tretroller herhalten. Ein Glück, dass ich diesen behalten habe. Er ist zwar schon alt, und hier und da hat sich schon etwas Rost angesetzt, doch dafür kann man mit ihm noch ohne Probleme fahren.
Ich bestimme mein Ziel. Die nächste Großstadt in knapp 30 Kilometern Entfernung soll es sein. Nachdem ich durch die Eingangstür bin, führt mich mein Weg erst einmal geradeaus. Ich fahre entlang grüner Weideflächen. Manche sind leer, auf anderen grasen Rinder oder Schafe. Ab und an kommen mir Menschen entgegen. Die meisten sind alleine. Sie fahren auf Zweirädern oder joggen. Andere werden hingegen von mutierten Plüschbällen verfolgt. Es fühlt sich toll an, ohne viel Aufwand förmlich doch die Gegend zu gleiten und den kühlen Wind zu spüren. Dazu kommt die wohltuende Stille. Ich genieße es in vollen Zügen.
Doch plötzlich wird diese Stille von einem abstoßenden Geräusch gestört. Ein Streifenwagen überholt mich. „Es hat wohl irgendwo gekracht“, sage ich leise zu mir selbst, während ich das Fahrzeug dabei beobachte, wie es in die nächste Abzweigung einbiegt. Kurz überlege ich, ob ich einen Umweg nehmen und meine Vermutung überprüfen soll. Daheim wartet schließlich niemand auf mich, also habe ich Zeit. Ich entscheide mich dafür. Es braucht nicht lange bis sich mein Gedanke bestätigt. Als ich so unauffällig wie möglich an den zwei beschädigten Automobilen und der Polizei vorbeifahre, versuche ich unter Anstrengung mir nicht ins Fäustchen zu lachen. Zum Glück wurde scheinbar niemand bei dem Unfall verletzt, sonst wäre meine Reaktion anders ausgefallen. Ob die Autobahnpolizei tatsächlich für die Landstraßen zuständig ist oder nicht, ist mir bei alldem völlig egal.
Ich folge der Strecke weiter, bemerke allerdings schnell, dass ich keine Ahnung habe, wo ich lang muss. Bevor ich mich verirre, drehe ich doch lieber um. Als ich wieder an der Unfallstelle vorbeikomme, merke ich, wie mir einer der Beamten skeptisch nachstarrt. „Hoffentlich denkt er nicht, ich sei irgendein unfall-geiler Gaffer“, geht es mir durch den Kopf, auch wenn es zu einem gewissen Grad der Wahrheit entsprechen würde.
Die folgenden Kilometer sind mit Abstand die anstrengendsten. Sandwege unterbrechen meine Fahrt. Da man sich auf diesen schlecht mit einem Roller bewegen kann, muss ich immer wieder absteigen und schieben, während mir die Sonne den Kopf verbrennt. Dazu kommt, dass meine heutige Schuhwahl ganz eindeutig ein Fehlgriff war. Jedes Mal wenn ich an einer verlassenen Bushaltestelle vorbeikomme, freue ich wie ein Grinse-Pfannkuchen, dass ich eine kleine Pause einlegen und einen Schluck trinken kann. Die sandigen Unterbrechungen rauben mir fast den letzten Nerv. Ich bin sogar kurz am überlegen, ob ich doch besser den Rückweg einschlagen sollte. Da es allerdings wesentlich sinnvoller ist nach zwei Drittel bewältigter Strecke weiterhin meinem Plan zu folgen, mache ich weiter.
Ich bin erneut am Schieben als mir zwei Jugendliche entgehen kommen. Lachend teilen sie sich ein Fahrrad. Während der eine auf den Pedalen steht, versucht sich der andere an den Sitz knallend auf dem Gepäckträger zu halten. Es dauert nur wenige Sekunden bis sie an mir vorbei gefahren sind, doch diese Sekunden sind genug, um in mir Erinnerungen hochkommen zu lassen. Erinnerungen welche in mir eine innere Unruhe verursachen. Ich halte kurz inne. Aus meiner Jackentasche hole ich meinen MP3-Player. Ich stelle die Lautstärke so hoch, dass ich die Umgebungsgeräusche kaum noch wahrnehme. Währenddessen setze ich meinen Weg fort und versuche mich auf die Melodie der Musik zu konzentrieren, um zu verhindern, dass meine Gedanken von Negativität eingenommen werden. Es dauert ein bisschen, aber es hilft.
Nach stundenlangem Hin und Her zwischen Rollen und Wandern erreiche ich endlich mein Ziel. Bei der nächsten Bäckerei, an der ich vorbeikomme, kaufe ich mir ein belegtes Brötchen und schleppe mich dann zum Stadtpark. Dort kippe ich ausgebrannt auf die Wiese. Meine Beine und Füße schmerzen. Gerne würde ich sie im nahegelegenen Springbrunnen kühlen, doch der wird bereits von einer Meute Kleinkinder belagert. Als ich die Kleinen so beim Planschen beobachte, stelle ich mir die Frage, ob die Freien wohl schon begonnen haben. Seit ich meinen Abschluss gemacht habe, habe keinen Überblick mehr was die Ferienzeiten betrifft. Zwar arbeite ich, jedoch nur drei Stunden pro Tag, da es meine Psychologin zur Zeit nicht für ratsam hält, dass ich mich einer größeren Belastung aussetze. Daher kommt es mir oft so vor, als hätte ich permanenten Urlaub.
Nachdem ich mein Brötchen gegessen und meinen letzten Tropfen Wasser getrunken habe, missbrauche ich meinen Rucksack als Kissen und lege mich ins Gras. Am Himmel verfolge ich wie die Vögel und Wolken, begleitet vom Klang meiner Musik, vorbeifliegen. Es wirkt beinahe wie ein Musikvideo. Leider kann ich mich an diesem nicht lange erfreuen, da meinem MP3 schon bald die Energie ausgeht. Um mir die Zeit anderes zu vertreiben, greife ich mir mein Notizbuch. In Stichpunkten schreibe ich auf, was ich diesen Tag erlebt habe. Da nicht davon ausgehe, dass heute noch viel mehr passieren wird, beschließe ich auch gleich eine Bewertung des Tages hinzuzufügen: „Dies war ein guter, wenn auch kräftezehrender Tag.“
Ich schließe das Buch und packe es zurück in den Rucksack. Danach lege ich wieder hin. Mit geschlossenen Augen genieße ich Musik der Natur, bis es Zeit wird meinen Rückweg einzuschlagen und mich zum Bahnhof zu begeben.
Die Sonne ist schon fast verschwunden, als der Zug meine Haltestelle erreicht. Auf dem Heimweg bekomme ich erneut Durst. Eine Tankstelle, in der ich mein letztes Geld für eine Flasche überteuerten Softdrink rausschmeißen kann, ist Teil meiner Route. In dem Moment als der gestressten Kassiererin die Währung in die Hand drücke, fährt ein weißer Volvo zu einer der Zapfsäulen. Zwei Personen steigen aus. Obwohl der Mann gerade erst begonnen hat, seinen Wagen aufzutanken, macht sich die junge Frau bereits auf zum Laden. Sie begibt sich zur Getränkekühlung. Dorthin, wo ich nur wenige Augenblicke zuvor noch stand. Auf meinen Weg nach draußen ist es mir möglich einen kurzen Blick auf sie zu erhaschen. Wir haben uns seit Monaten nicht gesehen und ihr Erscheinungsbild hat sich verändert, dennoch erkenne ich sie sofort. Erneut kommt in mir eine innere Unruhe auf.
In meiner Wohnung angekommen, stelle ich den Roller im Flur ab, schleudere meinen Rucksack in eine Ecke und breche weinend auf dem Wohnzimmerboden zusammen. Schlussendlich ist es eine Mischung aus körperlicher und seelischer Erschöpfung, die mich einschlafen lässt. Die Zimmerleuchte scheint die ganze Nacht hindurch.