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Rohschnitt

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15.11.2002
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Rohschnitt

ROHSCHNITT

Rohschnitt
(v. Daigoro)

„Gibst du mir das jetzt, weil du weißt, dass ich sterbe?“
„Nein.“
„Warum dann?“
„Ich ...ich ...mag dich halt.“
„ Du magst mich. Du kennst mich aber gar nicht. Du weißt überhaupt nichts von mir. Nichts, was dir wirklich sagt - hey, das ist die Person, die du mögen sollst! -.“
„ So ist es auch nicht.“
„ Wie ist es dann?“
„Ich sehe dich an und bin gefesselt von ... deiner Ausstrahlung. Ich find dich ... schön. Dann versuche ich dir näher zu kommen ..und es ist so verdammt schwer wieder von dir los zu kommen. Ich beobachte jede Bewegung von dir ...ich bewundere alles an dir. Wie du sprichst, wie du gehst und schaust ...einfach alles.“
„Aber du weißt doch, dass ich nicht kann. Warum willst du dich trotzdem darauf einlassen? Warum wehrst du es nicht ab?“
„Kannst du dir aussuchen, in wen du dich verliebst?“
„ Nein, aber ich kann mir aussuchen, welchen Weg ich gehe, um dieser Liebe zu umgehen.“
„ Wie funktioniert das?“
„ Pss ...sorry ...nein ...So kommen wir nicht weiter. Ich hab dich wirklich gern, aber das bedeutet auch, ich will dir nicht weh tun. Würde ich es zu lassen, würde ich dir ganz sicher weh tun. Ich hab nicht mehr viel Zeit. Verstehst du das?“

„ Und ...danke, aus! Kamera checken bitte. Sam kann ich mir den Ton noch mal anhören? Und baut bitte schon mal für morgen alles auf. Nachdem ich die Muster gesehen habe, möchte ich schnell noch mal mit der Kamera durchgehen, wie wir das morgen am besten drehen könnten. OK? Danke.“

Es ist so schrecklich. Er nimmt sie wieder in die Arme, knutscht die regelrecht ab. Und wie sie mitspielt. Wie sie ekelhaft künstlich dazu lacht. Als ob ihr das gefällt. Sie streckt ihm dabei immer ihren Busen entgegen. Sicher wird sie danach wieder mit ihm drehen. Er wird sie protegieren. Er auf jeden Fall. Wenn nicht er, dann der geile Produzent. Doch wie schafft sie das? So beliebt und doch so verhasst. Alle, die sie beneiden, geben bloß vor, sie wirklich zu bewundern und zu lieben. Dabei sind sie alle neidisch und hassen sie wie die Pest. Es ist ironisch, oder?
Alles beim Film ist und bleibt ein Film. Eine szenenhafte Darstellung. Ein Schauspielstück, ...und alle spielen, so gut sie können, damit es nicht auffällt, wie schrecklich einsam sie sich doch im wahren Leben fühlen. Ich spiele wieder mal nur den Idioten. Der dumme Verlierer, der sich unsterblich verliebt, in eine ...Schlampe. Ein Miststück, die so zickig und starrsinnig ist, wie im echten Leben. Wenigstens das ist echt beim Film. Die Diven. Und noch eines ist echt ... was mich so unglaublich traurig und unglücklich macht. Meine Liebe und meine Zuneigung zu dieser ...Hexe. Du hast mir mein Verstand geraubt, mein Herz und meine Seele. Sie weiß es, deswegen demütigt sie mich so. Es macht ihr Spaß, zu wissen, wer sie liebt und das sie über ihn bestimmen kann, ...wie Gott.
Ich habe solche Schmerzen, ich kann es nicht verstehen, ich will es nicht mehr fühlen, ich kann mich nicht dagegen wehren.
Jetzt ist die Gelegenheit gekommen. Jetzt werde ich dem ein Ende setzen. Sie ist allein, ich bin allein. Wir sind ganz allein in dieser Kabine, nur sie weiß es nicht. Meine Liebe ist so stark wie mein Hass. Ist das nicht ein Zeichen? Ich soll Zeichen erkennen und nutzen, sagte man mir. Das ist jetzt mein Zeichen. Alles Timing, stimmt’s? Diese Stille. In meiner rechten Hand ein Brief, den sie für immer bei sich tragen wird. Denn was von der Seele kommt, kann auch von der Seele ewig weiter getragen werden. In meiner linken Hand ein Messer. Ein kleines stumpfes Messer. Wie das, was jeden Tag durch meine Seele, mein Herz und meinen Verstand bohrt und schneidet.
„Du hier? ...
...warum gibst du mir das?“

„Weil ich weiß, dass du jetzt stirbst.“

 

hallo Kristin,
Danke für die Infos und deine Gedanken zu meiner Geschichte. Ich habe befürchtet, daß irgendwann jemand genau das an meinem Stil bemängeln würde. ich weiß, daß ich eher kühl schreibe und sehr objektiv, nicht näher auf die Gefühle eingehe oder nur wenig. Ich schreibe gern wie eine Kamera, die alles sieht aber nicht gleich verstehen muss. Außerdem ist es für mich schade, wenn man alles erzählen und beschreiben muss, als ob man dem Leser beim fühlen und denken helfen muss. Eine bestimmte Situation, die sehr bewegend und peinlich ist, da kann sich ein normaler Mensch schon allein hinein versetzen, wie er sich da fühlen würde, da will ich nicht alles eingrenzen und die Fantasie des Lesers bestimmen. Und wenn es von mir verlangt wird, finde ich es schade, daß man heutzutage so wenig fühlt, daß man das machen muss. Daher haben meine Figuren auch keine Namen und keine wirklichen Gesichter, sie sollen für jeden zugänglich sein und jeder soll sich mit ihnen identifizieren können.
Sicherlich hast du in vielen Aspekten recht, was diese Geschichte betrifft, aber ich möchte nur, daß falls du demnächst wieder etwas von mir liest, weißt warum ich so schreibe. Jedenfalls werde ich versuchen eine Balance aufzubauen.
Und nochmals lieben Dank für die Anregungen.
Daigoro

 

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