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Rock the Night

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17.04.2021
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Rock the Night

«Ruben! Ruben, komm raus!»

Das Kreischen war bis in den Backstagebereich zu hören. Dumpf, schwach wie aus einem Grab; aber es war eindeutig vernehmbar.

Ruben Meding zog sich das Handtuch über das Gesicht. Ausgestreckt mit den Beinen auf dem Schminktisch und den Oberkörper nach hinten gelehnt, hatte er es sich in halbliegender Position im Ledersessel gemütlich gemacht.

So angenehm wie es wirkte, war es allerdings nicht. Ruben war aufgewühlt. Innerlich tobte ein Kampf im Rockmusiker. Er war zerrissen. Seine Vergangenheit lebte ihn ihm, obwohl er sie bereits lange am liebsten mit einem Knüppel totgeprügelt hätte. Aber den Knüppel, den Ruben gebraucht hätte, gab es nicht. Wahrscheinlich würde es den auch nie geben. Ein Prügel gegen das Vergessen? Das haben schon viele probiert. Die meisten mit Alkohol und Drogen - genau wie Ruben.

«Ruben! Raus mit dir!»

Matt war nicht nur ein Manager - er war ein Tornado. Furios, wütend, vernichtend. Er räumte alles aus dem Weg, was seiner Meinung nach dort nicht hingehörte. Wie die Tür der Künstlergarderobe. Vielleicht war sie aus Ehrfurcht vor Matt von selbst aufgesprungen, vielleicht hatte er auch brutal dagegen getreten. Auf jeden Fall rummste es höllisch.

«Jaaaaaaa!»

Ruben war genervt. Sein Tonfall verriet das jedoch nicht. Auch wenn Ruben all das ordentlich auf den Sack ging, war es besser, wenn Matt nichts davon mitbekam. Zumindest jetzt nicht; schon gar nicht, wenn er ohnehin auf einhundertundachtzig war. Da war es auf alle Fälle gesünder, gute Miene zu bewahren. Das wusste Ruben aus Erfahrung.

Er zog das Handtuch von den Augen und schielte zur Tür. Matt war nicht mehr da; Ruben fauchte. Tief atmen war wichtig, vor allem nach zwei so anstrengenden Stunden. Viel Zeit dafür hatte er nicht: Wenn Matt ihn noch einmal auffordern musste, auf die Bühne zu gehen, würde es sicher ziemlich ungemütlich werden.

«Eeeyyyy!», schrie Matt auf dem Korridor.

«Jaaaa, hab ich gesagt…»

«Nicht jaaaaaa….Sofort!»

Ruben riss sich das Tuch vom Gesicht und feuerte es auf den Tisch. Er sprang aus dem Sessel und rief, dass er schon unterwegs sei. Dann stützte er sich beidhändig an der Tischkante ab, zog ein Säckchen Koks aus der Schublade und machte es zurecht für die Nase. Das Zeug brannte sich den Weg den Rachen runter. Ruben prustete und schüttelte energisch den Kopf.

«Bäh!», sagte er und streckte seine Zunge raus. Dabei betrachtete er sich genau im Spiegel.

Er sah scheiße aus. Aber so richtig scheiße. Er strich sich durch sein sehr langes, gelocktes Haar. Würde er es nicht regelmäßig tiefschwarz färben, wäre es hässlich grau und Ruben sähe aus wie sein eigener Opa. So aber war er der geile Rocker, auf den jede kreischende Teenie-Göre total abfuhr.

«Was ist jetzt?», gellte ein Schrei.

Ruben raufte noch einmal das Haar, zwinkerte sich selbst im Spiegel zu und verließ eiligen Schrittes die Garderobe.

-------​

Er hetzte blindlings durch den Wald. Es war Nacht und überall war Nebel. Der Weg durch das Meer aus Bäumen war schwer zu finden und die Schwaden sahen manchmal aus, wie Geister. Ruben erschrak. Dann hielt er kurz inne, versteinerte und war völlig bewegungslos. Wie ein Tier, das aus Furcht in Schockstarre verfiel.

Wie ein Tier - genau so fühlte er sich: gehetzt und gejagt. Auf der Flucht vor dem sicheren Tod und doch selbst auf der Pirsch. Auf der Suche nach dem Opfer. Nach Nahrung. Futter, das seine Gier stillen würde.

Er sah den Wald durch die Augen dieser Kreatur. Er spürte ihren Körper nicht. Nur die Bäume, die im Dunkel in die Höhe schossen und durch die das Licht des Mondes fiel. Im matten Schein glänzte der Hauch, der aus seinen Nüstern dampfte.

Seine Hände… Er erschrak. Denn er sah die Klauen des Teufels. Behaarte Pranken über und über mit Dreck und Kot beschmiert. Lange spitze Fingernägel; voller Blut. Das waren nicht die Hände eines Musikers. Es waren die Pratzen einer Bestie. Wo kamen sie her? Und vor allem: Was hatten sie gemacht? Er wusste, dass es seine Hände waren, auch wenn sich die Klauen nicht anfühlten, als gehörten sie ihm.

Das Blut war frisch. Es tropfte zu Boden.

Ruben senkte den Blick, aber durch das schwache Licht des Mondes konnte er nichts erkennen. Nach und nach verfestigten sich die Wolken heißen Atems zu Materie. Ein Gebilde weiß wie der Schnee auf winterlichen Feldern und in der Mitte tiefrot manifestierte sich. Ein Fleck - kreisrund. Es war Blut. Aber es war nicht das Blut, das von seinen Händen tropfte -es kam aus dem Weiß. Das blanke, dünne Kleid einer Frau. Es verhüllte ihren kalten Körper, der verkrümmt auf dem Moos lag.

Es schien sich um eine junge Lady zu handeln. Ruben konnte das nicht mehr bestimmen - vom Gesicht war nicht mehr viel übrig. Nur noch eine klebrige Masse Fleisch und Blut, vereinzelte Zähne und in der Mitte etwas, das wohl einmal eine Zunge war. Aber das seidig blonde Haar, das vom Haupt über die Schultern floss, bestärkte Ruben in seiner Vermutung, dass die Dame noch nicht hohen Alters gewesen sein konnte.

Er sah die Tote genau an und grunzte. War das seine Tat? Nein. Es war sein Werk. Es war ein Gemälde. Eine Statue. Noch besser: Es war ein Song; voll ungeahnter Harmonien und einer Melodie, die so schön war, dass nur die Engel allein sie singen konnten.

Vielleicht waren seine entsetzlichen Pranken nicht die Hände eines Künstlers und die behuften Pferdestelzen kein Merkmal eines Schöngeists; aber diese Tat war es auf jeden Fall. Und er fühlte sich auch wie ein Schöpfer. Wie der Begründer von etwas sehr Großem. Mit dem Ende einer bemitleidenswerten Kreatur erschuf er etwas viel Erhabeneres, etwas Göttliches. Denn der ausgeweidete, zerlegte Haufen aus Blut und Fleisch war durchaus himmlisch.

Aber er hatte getötet. Und so ehrwürdig das Ergebnis des Getanen auch gewesen sein mag, es machte die Sünde nicht ungeschehen. Ruben litt unter seiner Schuld. Jetzt schon. Und er war sich dessen bewusst, dass ihn die Reue auf ewig verfolgen würde. Er hatte gemordet und das bestialisch. Nicht aus hehren Gründen, die man auf irgendeine abstruse Weise nachvollziehen konnte; sondern aus purer Lust am Töten. Aus einem Blutrausch heraus. Aus der Gier nach Macht und dem Reiz des Verbotenen. Er war ein Tier. Nein, er war eine Bestie; ein Teufel.

------​

Der Nebel vor seinen Augen verdichtete sich zu einer weißen Masse, die klebrig und undurchdringlich vor seinem Körper hing. Sie wurde schwarz und verdunkelte alles.

Als die Finsternis sich lichtete, war Ruben im Korridor zwischen Bühne und Backstagebereich. Er schwitzte. Er war gebadet, Bäche aus Wasser schossen von seiner Stirn und liefen den Körper hinab. Sein schwarzes Hemd, das die Achseln zuvor noch locker umspült hatte, klebte durchnässt auf seiner Haut.

Ruben war erschöpft; aber er wusste genau, was vor sich ging: Es war die Vergangenheit, die ihn einholte. Die Vergangenheit, für die es keinen Knüppel gab. Und die Vergangenheit, die auch eine dicke Straße Koks nicht unter Kontrolle bringen konnte.

Er fand, dass es längst an der Zeit war, auf das Gestern zu scheißen. Das dachte er immer in solchen Momenten. Er führte schon lange ein völlig anderes Leben. Er war berühmt, reich und er war angesehen. Warum sich also darum kümmern, was schon lange vorbei ist? Aber es war unmöglich, auf das Gestern zu scheißen - denn das Gestern schiss auf ihn. Es scherte sich einen Dreck darum, was aus Ruben geworden war. Es kümmerte sich nicht um Ansehen, Reputation oder Reichtum. Es war da. Und es lebte.

Ruben wusste, dass sich die Flammen seiner Furcht und seiner Reue vom gleichen Feuer nährten wie sein Wille. Der Drang zu überleben war groß und mächtig, aber auch nur ein begrenztes Gut. Wenn diese Quelle einmal versiegte, würde Ruben ersticken. Und er wusste nicht, ob das nur eine Metapher war.

Er stolperte den langen, engen Gang entlang. Die Beine versagten ihm und seine Knie wurden weich. Ruben hatte Mühe zu stehen. Er konnte den weiten Weg zur Bühne nicht gehen.

«Reiß dich zusammen!», presste er durch die Zähne. Hatte er sich nicht schon oft wie ein Gott gefühlt? Wenn die Menge tobte und jubelte und der Applaus wie ein Herbststurm durch die Arena peitschte? Und nun? War er der letzte Penner? Getränkt in der eigenen Körperausdünstung, wankend wie ein Sturzbesoffener und von Angst und Reue geplagt?

Er hustete. Stützte die Hände auf seine Knie. Ließ sich Zeit, um tief durchzuatmen. Er hustete den Schleim aus seinem Schlund; spuckte ihn auf den grün gefliesten Backstageboden, als würde er damit alles auskotzen, was ihn innerlich zerstörte. Dann richtete er sich auf. Er nahm all seine Kraft, seinen gesamten Willen zusammen und marschierte aufrecht und stolz auf die Bühne. Er war ein Profi. Und wenn es ihm schlecht ging, durfte das niemand merken.

Ruben platzierte sich hinter dem Mikro und sang sich und sein Publikum so selbstverständlich in Ekstase, als wäre er gerade zum Kacken aufs Klo marschiert. The Show must go on.

Innerlich aber tobte ein Kampf ums nackte Überleben. Sein Herz hetzte in einer unfassbaren Todesschlacht auf und ab, sein Gehirn schoss in flüchtigen Blitzen spitze, scharfe Klingen der Beklemmung durch seinen Leib. Ruben lag in Agonie, aber niemand bemerkte es. Er verreckte - und die Menge war am Jubeln.

Eine Ungerechtigkeit, über die Ruben gerade nicht nachdenken konnte. Etwas zog seine Aufmerksamkeit auf sich; und diese Entdeckung war grauenhaft: Hinter dem Molton, der die Bühne absteckte, bahnte sich ein Rinnsal seinen Weg. Rot wie Blut. War es das? Blut?

Ruben schauderte; und schmetterte gleichzeitig den Schlusston von «How About You» in die tobende Menge. Aus den Augenwinkeln immer das verdächtige Bächlein belauernd.

War das Blut? Ruben zweifelte am eigenen Verstand; und letzten Endes auch an seinen Sinnen. Bestimmt spielte ihm das Hirn einen Streich. Da war nichts auf dem Boden. Keine Pfütze. Das war Mumpitz; eine Posse seines zerrütteten Geistes. Und im selben Augenblick löste sich die grausige Brühe in nichts auf.

Richmond, der Bassist, zwinkerte hektisch. Ruben lächelte süßsauer und blinzelte zurück. Richmond fächerte mit der Hand. Möglichst unauffällig, denn er hatte sein Instrument zu bedienen. Außerdem sah es so aus, als wolle er nicht, dass die Fans etwas merkten.

Ruben kniff die Augen zusammen und blickte Richmond fragend an?

«Was is?», sagte er. Tonlos, nur die Lippen bewegend.

Richmond schüttelte energisch den Kopf.

Ruben stand im Regen. Nur langsam dämmerte ihm, dass die Band die erste Strophe von «Against the Storm» bereits zum wiederholten Male anstimmte. Wartend auf Rubens gnädigen Einsatz. Seit….wie lange eigentlich schon? Zehn Sekunden? Zehn Stunden? Zehn Jahren? Ruben fühlte sich, als würde seine Seele allmählich seinen Körper verlassen. Es fehlte jegliches Gefühl für Zeit und es fiel ihm schwer, sich an die Situation anzupassen.

Und der Sinn dafür, ob er aufrecht stand oder sich auf dem Boden krümmte, war ebenfalls dahin. Ruben glaubte zu fliegen. Aber es war nicht das angenehme Gefühl des Losgelöst-Seins. Es war ein zerstörerischer Eindruck des Fallens. Des Immer-schneller-hinabgerissen-Werdens und er hatte große Angst vor dem Aufprall. Die fürchterliche Vorahnung, dass sein Leib aufschlägt und wie eine überreife Frucht platzt. Ruben ging durch die Hölle.

Er sah sich um. Vor sich eine Masse an Menschen. Die Fans, der Mob. Rund um ihn herum die Band, die Roadies, Matt. Matt, der in seinem legeren schwarzen Sakko mit roter Krawatte den Eindruck vermitteln wollte, cool und jugendlich zu sein. Richmond mit seinen blonden, fettigen Haaren, die ihm ungewaschen über die Schulter hingen. Irgendwo links von Ruben musste wohl Elmo die Gitarre schrubbeln. Ruben hatte ihn oft wegen seines schiefen Lächelns aufgezogen, das ihm bei schwierigen Soli über das Gesicht jagte. Ob Rudy hinter ihm das Schlagzeug bearbeitete, konnte Ruben bestenfalls hören. Im Blickfeld hatte er seinen Drummer nicht.

Ein eiskalter Schauer lief Ruben über den Rücken. Die Haare im Nacken sträubten sich. Ein unglaubliches Gefühl des Grusels überkam ihn. Zu seiner eigenen Überraschung stellte er fest, dass er dabei war, bereits zum zweiten Mal die Hook von «Against the Storm» zum Besten zu geben. Er hatte nicht bemerkt, dass er sang. Jetzt stellte er fest, dass sein Körper eine perfekte Bühnenshow lieferte. Rubens Aufmerksamkeit aber war auf etwas völlig anderes gerichtet. Auf eine Dimension hinter der Dimension. Auf eine Welt weit über dem irdischen Instinkt.

Rubens Geist und Körper waren nicht länger eine Einheit. Seine Seele koppelte sich ab. Es roch nach modrigem Gestank. Der grausige Mief von Verwesung. Von Fleisch, das einer Leiche von den Knochen fault. Ruben wurde speiübel und er spürte, dass er gleich kotzen würde. Wie Magma aus dem Inneren eines Vulkans schoss der Schwall an Erbrochenem auf die Bühne. Die Menge kreischte, johlte und applaudierte; hielt es für einen Teil der Show.

Aber Ruben war nicht mehr Teil der Show. Er war Protagonist in seinem eigenen Stück. In einer Revue, in der es um Schuld, Reue und Sühne ging. Und um das Verstecken. Dem Verbergen dessen, was niemand wissen soll und was keiner sehen darf. Was aber dennoch nicht ungeschehen gemacht werden konnte.

In einer Wolke aus körperlicher Zersetzung, dem pulsierenden Getöse des Mobs und der Haut inmitten des Feuers der Hölle, war es ein Regen aus Blut, der die Szenerie in ein schaurig-rotes Gemälde färbte. Ruben hoffte, dass er sich im Rausch befand; doch sein Herz wusste, dass er tatsächlich zur Hölle fuhr. Er durchlebte sein persönliches Armageddon. Es war der Tag des jüngsten Gerichts; der Moment, in dem er zur Rechenschaft gezogen wurde.

Ruben war klar, dass er immer noch auf der Bühne stand. Aber gleichzeitig war er nicht mehr Teil seines Körpers. Er konzentrierte sich darauf, seine Hände zu falten und es gelang ihm. Er hörte, wie sein Gesang während des Liedes stoppte und das überraschte Abebben des Kreischens der Menge. Er spürte die Verblüffung der Crew. Die Band, die nach und nach zu spielen aufhörte und Ruben beglotzte. Teils fragend, teils verachtend. Je nachdem, in welchem Verhältnis man zueinanderstand.

Und Ruben stand da. Vor der wartenden Menge, vor seinen fragenden Kollegen. Vor Matt, dem mit hochrotem Kopf die Hutschnur platzte. Ruben stand da in seinem schwarzen Outfit, leicht gebückt, tief in sich versunken und mit gefalteten Händen. Den Blick stier auf das Mikro gerichtet. Es war so still geworden, dass man Ruben atmen hören konnte. Wie das Rauschen des Ozeanes stieß er seinen Odem aus. Es war mucksmäuschenstill, aber die Stimmung eindeutig aufgeladen. Wie vor einem Sommernachtsgewitter, das über die Lande brechen und mit Blitz und Donner die Flur verwüsten wird.

Dann sog Ruben Luft ein und hob zu einem Vaterunser an:

«Vater unser im Himmel, geheiliget werde dein Name….»

Die Stimmung war eine explosive Mischkulanz aus Erstaunen, Wut, Angst und Euphorie. Und man ahnte, dass die Entladung bald folgen würde. Der Ausbruch war unvermeidlich.

Niemand wagte es, den Moment zu stören. Mancher vor Ehrfurcht, der andere aus purer Angst. Nicht einmal Matt traute sich, seiner Wut Luft zu machen.

Ruben betete. Seine weiche, warme Stimme bat um tägliche Nahrung und darum, nicht in Versuchung geführt zu werden. Der Akt schien heilig. Erhaben. Längst hatte das Publikum in Rubens Vaterunser miteingestimmt. Eine Tausendschaft an Individuen raunte Worte der Vergebung und der Liebe. Schließlich beteten auch die Roadies mit, die Tontechniker, die Band. Und ganz zum Schluss Matt.

«…denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit. In Ewigkeit. Amen.»

Die Menge schloss das Gebet. Es war totenstill. Nicht ein Geräusch. Es war gespenstisch, geradezu unnatürlich.

Ein Schluchzen durchdrang die Ruhe. Und obwohl es nur leise und sehr schwach war, wirkte es wie ein mächtiges Donnergrollen. Es war Ruben, der sein Haupt nach vorne fallen hatte lassen. Seine schwarze Mähne umspülte seinen Oberkörper von hinten und vorne. Er wimmerte. Dann begann er zu weinen. Heftig. Alle Dämme brachen. Wie ein kleines Kind weinte Ruben Bäche aus seinen Augen.

«Herrgott, vergib mir….denn ich habe gemordet.»

Dies waren Rubens letzte Worte. Nachdem er sie ausgesprochen hatte, sackte er in sich zusammen und sein Körper glitt zu Boden wie ein Sack ohne Inhalt. Er war tot.

 

Vielen lieben Dank, lieber Rob für deinen hilfreichen Kommentar.

ich nehme daraus natürlich mit, dass ich meine Charaktere mehr handeln lassen muss, anstatt zu erklären, was in ihnen vorgeht. Ich glaube, das ist die Quintessenz deiner Kritik. Stimmt das?

Ich finde deinen Beitrag überaus hilfreich und ich bin mir sicher, dass, wenn ich hart an mir arbeite, er für meinen zukünftigen Weg sehr richtungsweisend sein kann.

Vielen Dank dafür und bitte, bitte: Stay Tuned! Es kommen noch mehr Kurzgeschichten, die dringend ehrliche Kritik benötigen!

 

Vielen lieben Dank, Rob!

Ich werde daran arbeiten. Wahrscheinlich wird das ein Prozess werden, der sich über die nächsten 10 bis 20 Kurzgeschichten über hinstreckt. Aber ich werde das auf jeden Fall kapieren. Also bitte nicht auf mich einprügeln, wenns beim nächsten Text immer noch nicht richtig klappen will.

 

Oh nein, Ronnei, deine Anmerkungen sind absolut nicht unbedeutend. Sie sind sehr, sehr wertvoll für mich, weil sie mich wieder ein großes Stück weiter bringen. Vielen Dank also gleich im Voraus für deine Bemühungen!

Weißt du, wenn Geschichten vor meinem inneren Auge auftauchen, dann lassen sie nicht nur ganz abschließend dem Leser, sondern auch mir als "Aufschreiber" viel Platz für Interpretation. In diesem Sinne kann ich dir nicht einmal selbst mit Sicherheit beantworten, ob Ruben tatsächlich ein Werwolf ist oder nicht. Aber: Ja, es sieht sehr danach aus.
Und wenn du diesen Schluss aus der Geschichte ziehst, dann ist das gut. Nichts ist absolut, sag ich immer. Schon gar nicht im kreativen Bereich.

Mit sämtlichen deiner Einwände und Kritikpunkte kann ich durchaus viel anfangen. Ich muss dir auch in sämtlichen Punkten recht geben. Du und die anderen Leser der Geschichte seid mein "drittes Auge", das meine Texte aus einer Perspektive sieht, die ich selbst so nie gewinnen könnte.

Deshalb noch einmal vielen herzlichen Dank fürs Lesen und für die Rückmeldungen.

Ich werde sämtliche Einträge (die, die es schon gibt und die, die vielleicht noch folgen werden) so oft durchpauken, bis ich sie verinnerlicht habe.

 

Hallo @Manfred_Riegler

Ich mag Horrorgeschichten, deshalb habe ich mich gleich auf deinen Einstand gestürzt. Ich begann zu lesen, nach dem ersten und zweiten Abschnitt habe ich dann aber aufgehört. Irgendwie kam ich in die Story nicht so ganz rein bzw. fand es wie Rob F ziemlich tellig, weshalb mich das Ganze irgendwann kalt ließ. Bin bei Weitem kein Profi und mache selber noch viele Anfängerfehler, aber bei anderen Texten fällt es mir doch schon zunehmend auf. So eben auch bei deinem.

Ich will es nun erneut versuchen und lese deine Geschichte nochmal von vorne. Ich schreibe Dir während dem Lesen meine Eindrücke auf. Da sind noch ein paar textliche Unstimmigkeiten drin, die mich teilweise aus dem Flow geworfen haben. Schauen wir mal:

Ruben war aufgewühlt. Innerlich tobte ein Kampf im Rockmusiker. Er war zerrissen. Seine Vergangenheit lebte ihn ihm, obwohl er sie bereits lange am liebsten hätte er sie mit einem Knüppel totgeprügelt hätte. Aber den Knüppel, den Ruben gebraucht hätte, gab es nicht. Wahrscheinlich würde es den auch nie geben. Ein Prügel gegen das Vergessen? Das haben schon viele probiert. Die meisten mit Alkohol und Drogen - genau wie Ruben.
Kannst Du diese Aufgewühltheit nicht besser zeigen, anstatt sie nur zu behaupten? Vielleicht mit ein paar Gedanken von Ruben? Wieso ist er innerlich so zerrissen, was geht in ihm vor? Irgendwie ist das auch ein wenig widersprüchlich: Es gibt für ihn keinen Knüppel, mit dem er seine Vergangenheit hätte totprügeln können, dann nimmt er aber dafür trotzdem Drogen - wie die meisten anderen - aber bei ihm sind die wirkungslos, oder wie? Den einen Satz habe ich oben im Zitat als Vorschlag etwas umgestellt, liest sich meiner Meinung nach besser so.

Matt war nicht nur ein Manager - er war ein Tornado. Furios, wütend, vernichtend.
Das gefällt mir! Finde ich cool.

Ruben war genervt. Sein Tonfall verriet das jedoch nicht.
Sein langgezogenes Jaaaa! zuvor impliziert für mich, dass er genervt ist. Finde es deshalb komisch, dass sein Tonfall dies nicht verraten sollte.

Er sprang aus dem Sessel und rief, dass er schon unterwegs sei.
Hätte es besser gefunden, wenn Du hier auch die direkte Rede angewandt hättest.

Ruben raufte noch einmal sich das Haar
Er hat sich zuvor die Haare noch nicht gerauft, deshalb würde ich das hier ein wenig umstellen. Bin mir allerdings nicht sicher, ob es das sich wirklich braucht ... Aber ich denke, es heißt sich die Haare raufen.

Der Weg durch das Meer aus Bäumen war schwer zu finden und die Schwaden sahen manchmal aus, wie Geister.
Kein Komma.

Ruben erschrak. Dann hielt er kurz inne, versteinerte und war völlig bewegungslos. Wie ein Tier, das aus Furcht in Schockstarre verfiel.
Den ersten Satz brauchst Du nicht. Das er erschrickt, kommt ja gleich danach durch das innehalten und versteinern zum Ausdruck. Außerdem hast Du das mit dem Erschrecken gleich danach nochmal drin, als er seine Hände betrachtet:
Seine Hände… Er erschrak.
Ich würde eines davon rausnehmen.

Lange spitze Fingernägel; voller Blut. Das waren nicht die Hände eines Musikers. Es waren die Pratzen einer Bestie.
Mit dem gestrichenen Satz willst Du sein Erstaunen zum Ausdruck bringen? Ich würde den weglassen, finde den Satz unnötig.

Behaarte Pranken über und über mit Dreck und Kot beschmiert.
Hier fragte ich mich gleich, wieso die Pranken mit Kot beschmiert sind. Vielleicht löst sich das ja noch auf ... Passiert dann aber doch nicht, außer ich hätte was verpasst.

Wo kamen sie her? Und vor allem: Was hatten sie gemacht?
Das klingt etwas unbeholfen in dieser Situation. Er ist ja erschrocken, steht vielleicht sogar unter Schock, da klingt mir das irgendwie zu beiläufig.

Ein Gebilde weiß wie der Schnee auf winterlichen Feldern und in der Mitte tiefrot manifestierte sich.
Der Satz klingt ungelenk und ist schwierig zu lesen. Hat mich rausgehauen. Ich würde vorschlagen, Du stellst den etwas um, damit er runder wird.

Das blanke, dünne Kleid einer Frau.
Was kann ich mir unter einem blanken Kleid vorstellen? Sagt mir gar nichts ;)

Und so ehrwürdig das Ergebnis des Getanen auch gewesen sein mag, es machte die Sünde nicht ungeschehen.
Hier würde ich eine andere Formulierung wählen. "des Getanen" klingt für mich nicht gut. Vielleicht "seiner Tat"?

Ich höre an dieser Stelle mal mit der Text- bzw. Detailarbeit auf, ansonsten wird das viel zu lang und ich pfusche Dir zu stark rein. Du merkst aber, dass zumindest aus meiner Sicht bezüglich Stil noch Luft nach oben herrscht. Aufgrund der teilweise etwas ungelenken Formulierungen oder Sätze, fällt es mir auch nicht gerade leicht, an dem Text dranzubleiben. Gelesen habe ich ihn nun aber trotzdem bis zum Schluss.

Ich möchte Dir noch einen generellen Eindruck vom Text dalassen:
Der Leadsänger einer Rockband muss sich auf die Bühne quälen, weil ein Auftritt bevorsteht. Was machen seine Kollegen bis dahin? Soundcheck? Wieso muss er da nicht schon dabei sein? Seine Vergangenheit holt ihn ein. Offenbar hat er mindestens eine junge Frau umgebracht und sich während der Tat in ein grausames Wesen verwandelt. Die Beschreibung klingt nach einem Werwolf. Oder ist diese Bestie nur eine Metapher? Jedenfalls schafft er es dann auf die Bühne. Dort holt ihn seine Vergangenheit vollständig ein, er hat Visionen oder Halluzinationen, seine Seele löst sich aus seinem Körper. Die Szenen auf der Bühne sind leider nicht sehr spannend zu lesen, weil wieder vieles sehr tellig ist und ich als Leser seine Emotionen nicht wirklich mitbekomme, deshalb lässt es mich kalt und ich beginne eher zu überfliegen, weil mich nichts wirklich an den Text zu fesseln vermag. Es ist schon auch gut, wenn Du beschreibst, wie das Publikum und seine Bandkollegen auf ihn reagieren, aber von seiner Innenwelt bekomme ich da nicht sehr viel mit, weshalb ich die Stelle als ziemlich steril empfinde und sie emotionslos runterlese. Da hättest Du einiges an Potential, damit ich als Leser direkt mitfiebern kann. Ich verstehe leider den Schluss nicht ganz, wieso stirbt er denn da? Wieso betet er das Vater Unser? Ich kaufe ihm die "religiösen Züge" irgendwie nicht ab (vielleicht, weil er ein Rockstar ist?). Da sind ja vorher schon Anspielungen in der Geschichte drin, die in diese Richtung gehen und irgendwie konnte ich das nicht mit der Story verknüpfen ... Betet er einfach aus Verzweiflung oder weil er um seinen bevorstehenden Tod Bescheid weiß? Und wieso beten alle anderen mit? Das habe ich nicht geschnallt. Ich persönlich würde eher mit Unverständnis oder gar Wut reagieren, wenn mein Lieblingsrocksänger plötzlich zu beten anfängt, anstatt eine geile Show zu liefern.

Noch kurz was zum Titel: Muss der in Englisch sein? Klar, Rocknacht oder Rock durch die Nacht klingt etwas komisch, aber fände es besser, als einen englischen Titel zu verwenden.

Insgesamt finde ich, Du hast da ein paar gute Ansätze, auf denen Du aufbauen kannst und ich habe die Geschichte soweit auch gerne gelesen, aber da fehlen noch ein paar Dinge, bis dass deine Story eine runde Kiste wird. Viel Erfolg!

Horns up,
DM

 

Hallo User mit dem sperrigen Nick ;-)

Nein, im Ernst: Dissoziatives Medium ist wirklich etwas umständlich, ich nenne dich im Weiteren der Einfachheit halber einfach Diss. Wenn ich darf.

Vielen Dank auf jeden Fall für dein ehrliches und sehr hilfreiches Feedback. Wie ich bereits bemerkt habe, obliegt es mir, in Zukunft spannender zu schreiben, indem ich Gefühlsregungen nicht beschreibe, sondern sie zeige. Das hab ich mir bereits gemerkt. Und ich hoffe, ich kann das so schnell wie möglich umsetzen.

Trotzdem noch einmal Danke für die Tipps.

Und (bezüglich deines ersten Absatzes) ich verstehe dich total: Ich erkenne in fremden Texten auch viel besser, woran es hapert. Mit meinen Kurzgeschichten werde ich immer völlig betriebsblind, weshalb ich mir leichter tue, Mankos in den Werken anderer festzustellen. Das halte ich auch für völlig legitim. Also: Nur weiter so!

Super, dass du dir die Zeit genommen hast, Diss! Vielen Dank und bis zum nächsten Mal.

 

Hi @Manfred_Riegler

Nur kurz (leider habe ich im Augenblick nicht viel Zeit, dafür entschuldige ich mich) denn ich weiß, dass man (wir) uns immer über Leser freuen und nicht über Besserwisser der nichteinmal unsere Arbeit gelesen hat. Doch weil Du mir sehr sympathisch bist, weil ich Dir helfen will (ohne eben ein guter Helfer zu sein, weil was weiß ich schon?) und natürlich weil mich deine Kritik für einen Tag glücklich machte, will ich kurz vorbei schauen. So kommt diesmal leider nur ein praktisches Hinweis für den Seitengebrauch heraus: zum besser kommunizieren kannst Du vor dem User Namen einfach ein @ machen, dann bekommt der, mit dem du schreibst, ein 1 in die Glocke der User-Zeile, wenn nicht sieht es der Andere gar nicht, dass Du ihn angeschrieben hast.
Sonst kannst Du deinen Text weiterhin bearbeiten und verbessern. Das würde hier jeden freuen und Du bekommt dann vielleicht neu Rückmeldungen. Also könntest Du wenn Du willst, die viele kritisierten expliziten Passagen streichen. Musst nur auf "bearbeiten" unter deinem Text klicken und eben überarbeiten, danach auf speichern gehen und alles ist so wie Du es willst.

Mit lieben Mittwochsgrüßen

G.

 

Servus @G. Husch (es funktioniert, vielen Dank für den Tipp!)

Ich weiß, dass es im Sinne einer respektvollen Erwiderung des Feedbacks auf meine Beiträge, ganz gut wäre, die betroffenen Stellen zu überarbeiten. Das ist mir vollkommen bewusst.

Allerdings - ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut. Und ich persönlich fühle mich ungleich wohler, Erlerntes auf neue Projekte anzuwenden, als Vergangenes auszubessern. Für mich fühlt sich das an, wie einen ausgespuckten Kaugummi wieder in den Mund zu nehmen. Das hat etwas Ekliges an sich.

Ich hoffe, dass mir das nicht als Arroganz oder Gleichgültigkeit ausgelegt wird. Das ist es ganz sicher nicht.

 

So, nachdem ich jetzt für einige Minuten in mich gegangen bin, kommt jetzt eine Stellungnahme:

Ich fände es in höchstem Maße präpotent von mir selbst, die korrigierten Textstellen NICHT zu überarbeiten. Alleine schon, dass sich jemand die Mühe macht, meine Geschichten kritisch zu lesen, sollte für mich ein Ansporn sein, adäquat darauf zu reagieren.

Also ja, ich werde - alleine schon wegen des pädagogischen Effekts - eure Tipps beherzigen und meine Texte korrigieren.

Habt noch einmal Dank für alles! Wir sehen einander.

 

Hey, @Manfred_Riegler

ich finde es toll das Du da bist! Und ich kann das...

Für mich fühlt sich das an, wie einen ausgespuckten Kaugummi wieder in den Mund zu nehmen.

Bild vom alten Kaugummi verstehen, doch vielleicht kann der alte Kaugummi auch noch einmal Geschmack bekommen (den Eigengeschmack, z.B. ich schmecke meine letzte Mahlzeit weil sie von ihm in den Mundraum zurück geholt werden kann), doch egal ...

Das Problem der Energie verstehe ich auch. Was wir heute lernen, wollen wir in zukünftigen Schriften ausleben. Wir wollen uns ja nicht immer und eweig mit den alten Geschichten herum schlagen, denn wir haben ja nur begrenzt Energie. Ja, wie kann ich altes überarbeiten und neues schaffen. Das ewige Dilemma!

Na, viel Spaß dabei... und wir sehen uns und hören uns im Netz

Mit Gruß

G.

 

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