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Roboter weinen nicht

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20.03.2004
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Roboter weinen nicht

Roboter weinen nicht

»Würden Sie mir bitte folgen ... Herr? ...«, der Vertreter blicke mich fragend an.
»West. Andre West«, antwortete ich ohne ihn anzuschauen.
Wir gingen den Gang hinunter und der Vertreter öffnete eine zweiflügelige Tür. Vor uns tat sich eine große Halle auf und ich schaute mich neugierig um. Ich hatte nicht den Eindruck, dass die hier angebotene ›Ware‹ dem Entsprach was man sich darunter vorstellt: links und rechts überall gekachelt – wie in einem Schwimmbad. Was soll´s, dachte ich bei mir und suchte nach etwas Passendem.
»Herr West ... bitte ...«, riss mich der Androant – wie wir die Beamten für Androidenfragen nannten – aus meinen Gedanken, »auf der linken Seite sehen Sie die einfachen Modelle. Nicht besonders intelligent, häuslich, im Allgemeinen unterhaltsam. Und vor allem ... sie sind preiswert«, er betonte das letzte Wort wie ein Marokkanischer Händler, der den Preis lieber auf ein Stück Papier schreibt, weil er sich nicht traut, ihn laut auszusprechen und wechselte seinen Tonfall in den eines Versicherungsvertreters, »außerdem tausendfach erprobt ... Sie gehen praktisch kein Risiko ein ... Wollen Sie eine?«
»Nein Danke. Ich dachte da eigentlich an ein etwas intelligenteres Modell, eines mit dem ich mich vernünftig unterhalten kann ... eines mit dem ich auch etwas anfangen kann und keinen dummen Befehlsempfänger.«
»Ja, natürlich«, antwortete der Androant in einer Professionalität, die vermuten ließ, dass er diese Frage schon viele Male gestellt bekam. »Folgen sie mir bitte. Hier sehen Sie die Modelle, die darauf programmiert sind«, er machte eine ausladende Handbewegung, »zum Beispiel Schach zu spielen, mathematische Denksportaufgaben zu lösen und ... «
»Uff, sind die ... veraltet. Das meinen Sie doch nicht ernst. Wieso bringen Sie es nicht fertig, halbwegs vernünftig aussehende, intelligente ... einfach ein paar ... «, ich rang nach dem richtigen Wort, »akzeptable Modelle auf den Markt zu bringen.«
»Entschuldigung, es ist nicht meine Schuld«, er machte ein verzweifeltes Gesicht, »aber bei den Androiden ist es ähnlich wie bei den Menschen: entweder hübsch und dumm, oder intelligent aber hässlich.« Seine Miene hellte sich schnell wieder auf und mit einer – für einen Mann zu weichen – Armbewegung, setzte er seinen Redeschwall fort. »Vielleicht habe ich doch noch etwas für Sie Herr West. Bitte folgen Sie mir ...«
Die Sympathie für diesen Menschen sank von Minute zu Minute. Schnellen Schrittes ging er mir voraus, sodass ich Mühe hatte ihn zu folgen. Wir gingen den Gang hinunter und betraten einen weitläufigen Raum. Er glich eher einem Aerobicstudio, als einem Ausstellungsraum. Das Verhalten der ›Ware‹ verstärkte noch meinen Eindruck eines Fitnesscenter: Die ›Mädchen‹ standen in typischen Aerobicformation – hielten aber sofort inne, als wir eintraten.
»Hier sind unsere Prototypen«, erklärte mir der Androant. »Sie waren bisher noch nicht im Einsatz. Wir können also keine Garantie auf ihre Tauglichkeit geben. Das einzige was wir Ihnen zusichern können, ist: Sie haben die ›drei Gesetze‹ implementiert. Der Schriftsteller Isaak Asimov hatte sie bereits formuliert, bevor es überhaupt Roboter gab. Aber die ›drei Gesetze‹ haben bis auf den heutigen Tag nicht ihre Gültigkeit verloren.«
Ich ignorierte die Worte der Androanten. Er tat gerade so, als erzählte er mir etwas neues. Dabei kennt jedes Kind die ›drei Gesetze‹ auswendig. Da war tatsächlich eine die mir sofort auffiel. Nicht ausnehmend hübsch, aber sie hatte etwas in ihren Augen das mich irgendwie anzog. Absurd, dachte ich, es sind doch keine Menschen, und deutete mit dem Finger auf sie: »Die nehme ich.«
Endlich war diese ›Silikonbeschau‹ zu Ende. Warum ich mir jedes Mal einen neuen Androiden suchen muss, verstehe ich bis heute nicht, ging es mir durch den Kopf. Können die nicht vernünftige bauen – kurz gewartet und dann wieder im Einsatz. Aber nein, jedes mal dasselbe Elend ... allerdings die ganze ›Hausarbeit‹ selber machen ... dann bin ich doch ganz froh, dass es die Androiden gibt. Lieber wäre mir ja ´ne richtige Frau gewesen ... lassen wir das.
»Ich muss Sie noch auf die User-Richtlinien aufmerksam machen...«, riss mich der Androant aus meinem Tagträumen.
Ich unterbrach ihn schroff: »Die kenne ich schon zu genüge. Verschonen sie mich bitte damit.«
»Äh, ja, na gut, aber...«
Ich nahm sie einfach an der Hand und ging hinaus.
»Schicken sie die Rechnung an die Starcom«, rief ich respektlos dem Androanten über die Schulter zu und ließ ihn stehen.
»Du kannst schon mal in mein Raumschiff gehen«, sagte ich zu meinen neuen Androiden. »Wie heißt du überhaupt?«
»Mein Name ist Shy«, antwortete sie mit unsicherer Stimme.
»Gut, du findest das Schiff an Dock 43 ... überhaupt nicht zu übersehen. Es steht Starrider darauf. Ich komme bald nach ... muss noch einige Dinge erledigen ... bis bald.«
Ohne eine Antwort abzuwarten ging ich schnellen Schrittes Richtung Flugaufsicht, in Gedanken an fünf Orten gleichzeitig. Jetzt noch schleunigst in die Zentrale, meinen Einsatz abholen, Lebensmittel ordern, Treibstoff ... bla bla bla. Ich hasse diese lästigen Vorbereitungen!

»Shy!« rief ich. Wo ist sie bloß? Sie wird doch nicht etwa schon in ihrem Reg-Raum sein.
»Hier bin ich«, sagte sie und wirkte nervös.
»Ah, da bist du ja! Es tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat ... aber ich habe noch ein paar Freunde getroffen ... und ... mit denen noch ein paar Bierchen getrunken«, sagte ich entschuldigend. Aber im selben Augenblick kam mir in den Sinn: Warum entschuldige ich mich – es ist doch nur ein Roboter, und fuhr mit fester Stimme fort: »Geh in deine Kajüte und bereite dich auf den Start vor. Wir starten in sechs Stunden.«
Mürrisch machte ich die letzten Vorbereitungen für den Start, lief im Schiff auf und ab, deponierte die Kisten mit Lebensmittel unnötig hart in die Ladeflächen. Ich glaube ich spinne ... die wissen wohl gar nicht was sie an mir haben. Einen einfachen Eisenerzasteroiden soll ich bergen ... das kann doch ein blutiger Anfänger... das ist doch keine Aufgabe für einen erfahrenen Piloten ... für so einen Kram opfere ich meine wertvolle Zeit... wenigstens die Aktion dauert nur ein Jahr, brummelte ich im Selbstgespräch vor mich hin. Noch dazu habe ich einen Prototyp dabei ... ich hätte mir beim Aussuchen mehr Zeit nehmen sollen ... Androiden können einem ganz schön auf die Nerven gehen. Ach was soll´s, bei einem Prototyp kann man sowieso nicht wissen, was dabei ´raus kommt.

Endlich kam die Starterlaubnis. Die Zündtemperatur von sechs Millionen Kelvin war erreicht – es konnte eigentlich nichts mehr schief gehen. Jedes Mal aufs Neue war es ein Erlebnis, wenn das Raumschiff von der Erde abhob. Obwohl ich schon mehrmals nachgerechnet hatte, ging es mir nach wie vor nicht in den Kopf, dass während des Startens über zweitausend Terawatt Energie verbraucht werden. Im Grunde arbeitet das Triebwerk extrem unwirtschaftlich. Aber dennoch werden nur zwei Tonnen an schweren Wasserstoff verbraucht – ein klein wenig weniger, als Ende des letzten Jahrhunderts.
Der Flug dauerte 42 Stunden bis zur nächsten Zwischenstation. Dort nahm ich circa 500 Tonnen Ballast auf, um Masse zum Beschleunigen zu haben. Die Grundidee dabei war, dass beim Abheben Gewicht gespart wird. Und in der Erdumlaufbahn schwebt genügend Müll von ausgebeuteten Asteroiden herum – man muss ihn nur aufsammeln. Hoffentlich habe ich Glück und finde einen passenden Brocken – dann brauche ich nicht lange herum zu suchen, ging es mir im Augenblick des Starts durch den Kopf.

Der erste kleine Höhepunkt der Reise war dann die ›Premiere‹. Bei Raumflügen mit Begleiter hatte sich im laufe der Zeit eingebürgert, einmal im Monat eine Party zu feiern, um den eintönigen Trott zu entfliehen – und der stellt sich augenblicklich nach dem Start ein. Während eines Raumfluges gibt es nicht besonders viel Arbeit. Nur beim Start, bei der Bergung und bei der Landung ist erhöhte Konzentration erforderlich. Das entspricht bei einem durchschnittlichen Raumflug von zwei Jahren, weniger als null-Komma-ein Prozent der Zeit. Eigentlich feierte ich diese Party nicht besonders gerne. Ich hatte immer den Eindruck, als ob sie irgendetwas erwarten würden, als ob mit mir etwas nicht stimmte. Ich konnte mich nicht erwehren; manchmal hatte ich den Eindruck, der Andro erwartet, dass man ihn wie ein menschliches Wesen behandelt. Ich habe sogar einmal von dem Gerücht gehört, dass einige mit ... das würde bedeuten, die Konstrukteure müssten die Anatomie ... so ein Blödsinn. Jedenfalls war nichts aus dem Andro heraus zu bekommen, wie andere Piloten die Party feiern. Es war ein Tabu, wie ein ungeschriebenes Gesetz, nicht darüber zu sprechen. So feierte jeder seine Party auf seine Weise.
Mit Shy aber war das irgendwie anders. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie von mir etwas erwartete. Sie verhielt sich so natürlich – falls man so einen Begriff in dieser Situation überhaupt verwenden kann. Sie hatte sich ihr schönstes Abendkleid angezogen und sah damit fantastisch aus, wie ein Fotomodell. Überhaupt hatte sie alles gut vorbereitet und das Essen schmeckte hervorragend.
»Du bist ein Prototyp?«, fragte ich sie, während wir die Vorspeise aßen. »Stimmt es, die du noch nie einen Raumflug mitgemacht hast?«
»Ich weiß es nicht. Meine Gedächtnisspeicher werden nach jedem Flug gelöscht.«
»Warum bist du dann ein Prototyp?«
»Ich kann es dir nicht sagen«, antwortete sie ausweichend, »nur das eine: bei mir wurde eine neue Programmierung vorgenommen, die noch nicht erprobt wurde. Ich muss mich erst bewähren, verstehst du.«
»Nein, verstehe ich nicht! Aber du bist der angenehmste Androide den ich bisher hatte. Schade, dass ich dich nach der Reise wieder abgeben muss.«
»Das muss sein.«
»Das muss sein ... «, wiederholte ich ihre Worte wie ein Papagei.
...
»Du darfst nicht vergessen«, nahm sie die Unterhaltung wieder auf, »wir Androiden können uns nicht wie der Mensch selbst reparieren und im Laufe der Zeit gehen so manche ... Teile kaputt, die zwar unsere Funktion nicht beeinträchtigen, aber dennoch irgendwann repariert werden müssen...«
Ich schnitt ihr die Worte ab und sagte mit verschmitzter Mine: »Ich kann auch gut reparieren.«
»Können wir nicht das Thema wechseln«, sagte sie in einem Tonfall, der unmissverständlich zu verstehen gab, dass sie das Gespräch über dieses Thema beenden wollte, »ich spreche nicht gerne darüber.«
Es war ohne Frage die angenehmste Monatsparty in meiner Laufbahn als Pilot der Starmining Company. Wir feierten die halbe Nacht hindurch. Nacht ist gut. Natürlich ist ›Nacht‹ im Weltraum die Zeit, in der man während des Wach-Schlaf-Rhythmus normalerweise schläft. Wir Tanzten quer durchs Raumschiff – falls man diese Tätigkeit in den beengten Verhältnissen und bei einer künstlichen Schwerkraft von nur null-Komma-drei g überhaupt so nennen kann. Nichts war vor unserer ausgelassenen Stimmung sicher: So zündeten wir aus Spaß ein paar Leuchtraketen – im Abschlussbericht muss ich mir da noch eine vernünftige Ausrede einfallen lassen. Oder wir schalteten den Antrieb ab und schwebten schwerelos durch das Raumschiff. Als Shy sich dann irgendwann um drei Uhr Bordzeit in ihre Regenerationskammer zurückzog, fiel auch ich wie tot in meine Koje.
Ab da war alles anders. Sowohl sie, als auch ich waren gelöster. Die anfängliche Unsicherheit war wie weggeflogen und wir waren uns vertrauter geworden. Normalerweise zog ich mich die meiste Zeit des Tages in den Rechnerkammer zurück, um meinem Hobby nachzugehen: Computerspiele zu schreiben. Ich hatte auch schon eine Menge Geld damit verdient. Manchmal habe ich auch darüber nachgedacht, die Pilotenlaufbahn aufzugeben, um nur noch zu programmieren. Aber das wäre mir dann doch zu langweilig. Mit Shy konnte man einfach alles machen. Angefangen von Go spielen (japanisches Brettspiel mit zwei Buchstaben) bis hin, die Triebwerke warten. Mit jeder Monatsparty fielen uns immer neue Ideen ein und jedes Mal war es lustiger.

Allmählich kamen wir unserem Ziel näher und es war an der Zeit die notwendigen Beobachtungen und Berechnungen auszuführen. Zum ersten Mal – solange ich mich erinnere kann – war ich mit dem Zeitplan in Verzug gekommen und musste mich nun spurten, die notwendigen Kurskorrekturen durchzuführen. Es war nicht gerade eine einfache Aufgabe einen Asteroiden – die Starmining Company nannte ihn einfallslos ›Fe4328‹ – in die Erdumlaufbahn zu befördern. Es musste ein ›Kügelchen‹ von sieben Kilometer Durchmesser bewegt werden. Erreicht wird das, indem auf der Asteroidenoberfläche eine kegelpolarisierte Fusionsreaktionsbombe gezündet wird – die Starmining Company nennt sie KPFB. Das ist nichts weiter als eine Wasserstoffbombe, die durch gezielte Verunreinigung mit Bromatomen, einen Explosionskegel an der Oberfläche des Asteroiden bildet. Dort wiederum, wird etwa ein Kubikkilometer Materie pulverisiert und mit nahezu Lichtgeschwindigkeit aus dem entstandenen Trichter herausgeschleudert. Der Antriebsimpuls reicht aus, den Asteroiden eine neue Richtung zu geben. Je nach Masse muss diese Prozedur unter Umständen mehrmals wiederholt werden. Meine Aufgabe bestand darin, durch Beobachtungen und Messung herauszufinden, wie groß die Masse ist, die es zu bewegen gilt und die richtige Position zu finden, an dem die KPFB gezündet werden muss. Eine Winkelabweichung von nur wenigen Bogensekunden reicht aus, um den Asteroiden statt in die Erdumlaufbahn, hinaus ins All zu befördern. Es ist eine Aufgabe die hohes Fingerspitzengefühl erfordert, denn die Asteroiden machen einem selten den Gefallen, ideale Form und homogene Zusammensetzung zu haben.

Ich konnte mich überhaupt nicht konzentrieren und warf die Unterlagen in die Ecke. Mich überfiel ein Heißhunger nach etwas Deftigem. Schnell sicherte ich die Datei, an der ich gerade arbeitete und hastete zum Kühlschrank. »In einem vernünftigen Raumschiff gehört ein Kühlschrank«, war meine Devise. Ich machte mir sogar die Mühe, den Biervorrat in eine geschmuggelte Flasche umzufüllen, um wenigstens ein Minimum an Heimatgefühl aufrecht zu erhalten – Flaschen aus Glas waren in Raumschiffen aus Sicherheitsgründen streng verboten! Shy hatte frisches Brot gebacken – toller Robot! –, ein wenig Speck und die Füße auf dem Tisch: das Abendbrot war perfekt.
»Hör auf, immer so spät zu essen!« Shy´s Stimme riss mich aus meiner Idylle. »Das macht dick und ist schlecht für die Zähne«, belehrte sie mich mit erhobenem Zeigefinger.
Hey hoppla ... hab´ ich da meine Mutter an Bord? Schoss es mir unwillkürlich durch den Kopf. Höre ich da gerade eine Moralpredigt? Ich war so überrascht, dass ich fast vom Stuhl gefallen wäre – was aber bei einer Schwerkraft von nur 0,3 g glücklicherweise nicht sonderlich schlimm ist. Sie hatte erreicht, dass ich einige Sekunden lang sprachlos war.
»Das ist mein Speck, mein Bier und mein Raumschiff«, konterte ich, »und ich mache in meinem Raumschiff, was ich will«, setzte ich noch eins oben drauf.
»Das ist nicht dein Schiff. Es gehört der Starcom«, erwiderte Shy, die Hände in die Hüften gestemmt.
»Jetzt reicht´s aber! Ich diskutiere nicht mit einem Roboter, was ich zu tun oder zu lassen habe.«
Es folgte keine Erwiderung. Ruckartig hob sie ihren Kopf ein wenig an – wie jemand, dem plötzlich etwas ins Bewusstsein springt. Als ob ihr bewusst wurde, dass sie den Bogen überspannt hatte. Sie ging ohne ein weiteres Wort.
»Wo komm´n wir denn da hin, wenn jetzt auch noch Andros anfangen, mir in mein Leben reinzuquatschen«, brummelte ich halblaut vor mich hin. Ich aß – nicht mehr ganz so entspannt – den Rest des Speckes auf. Trotz der Überzeugung als Sieger aus dieser Diskussion hervorgegangen zu sein, konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass sie mir ... imponiert hatte.

»Den können wir doch nicht nehmen, der Mann ist ... launenhaft, unbeständig«, der psychologische Berater rang nach dem richtigen Ausdruck, »er ist ... mit einem Wort: labil.«
»Wir haben aber keinen anderen. Wir müssen ihn nehmen«, sagte der Sachverständige, mit flehender Stimme. Zwischen seinen Augenbrauen hatten sich tiefe Sorgenfalten eingegraben. Er war ein GWA: ein Beamter, der für die Erstellung von ›Gutachten zur Wertbestimmung der Asteroiden‹ zuständig ist und er hatte die schwierige Aufgabe zu beurteilen, wie wertvoll ein Planetoid ist und ob es sich lohnt ihn einzufangen und zur Erde zu bringen. Die Kosten einen Asteroiden auszubeuten waren enorm und nur lukrative Objekte kamen in die engere Wahl.
»Außerdem vergessen sie nicht«, fuhr er fort, »auch wenn der Stern extrem wertvoll ist, so ist es doch nur eine Routineoperation für ihn. Wir müssen ihn ja nicht einweihen, wie wertvoll er ist.«
»Es muss doch irgendeine andere Möglichkeit geben, den Stern zu bergen«, wand der Vorstandsvorsitzende ein.
»Leider nicht«, bemerkte der Geologe. »Anfänglich wurde der Asteroid als nur von durchschnittlichem Wert erachtet und niemand hat sich weiter darum gekümmert. Erst letzte Woche ist – noch dazu einem Gastronomisch – aufgefallen, dass die Masse größer sein muss, als man es bei seiner Größe erwarten würde ...«
»Niemand konnte damit rechnen...«, rechtfertigte sich der Sachverständige entschuldigend, der die Vorwurfsvollen Blicke des Vorstandes wahrnahm.
»Zu ihnen kommen wir noch später«, unterbrach ihn der Vorstandsvorsitzende. Er drehte sich wieder zum Geologen: »Fahren sie bitte fort.«
»Unsere Astronomen haben diese Informationen geprüft. Die weitaus höhere Masse und die spektrophotometrischen Messungen lassen nur einen Schluss zu: Der Asteroid besteht aus etwas edlerem als Eisen. Vielleicht sogar aus ... Gold!«
Beim letzten Wort, das der Geologe erwähnte, setzte bei den Anwesenden ein unwillkürliches Kribbeln ein, des schon fast vergessenen Goldrausches vergangener Tage. Die Vorkommen auf der Erde waren längst ausgebeutet und die Goldvorräte in Ford Knox wurden bei einem terroristischen Anschlag radioaktiv verseucht. Die Goldpreise waren daraufhin in astronomische Höhe gestiegen und haben sich bis auf den heutigen Tag nie wieder erholt – im Gegenteil: der Goldbedarf war weiter gestiegen, die Goldmenge aber nicht.
»Verdammte Schlamperei!« Selten hörte man den Vorstandsvorsitzenden fluchen. »Wir haben wertvolle Zeit durch diese Unzulänglichkeiten verloren.« Die Schläfen massierend fuhr er fort, »nun gut ... Ruhe bewahren. Nur verraten sie mir bitte noch, warum wir gerade diesen Astronauten nehmen müssen. Wir haben doch ein Heer von bestens ausgebildeten Astronauten und wir haben die besten und schnellsten Raketen!«
»Wie soll ich das erklären...«, sagte der Geologe verlegen.
»Versuchen sie´s«, forderte ihn der Vorstandsvorsitzende mit einer generösen Handbewegung auf.
»Also, das ist so ... der Asteroid befindet sich nicht mehr sehr lange auf einer Bahn, in der es möglich ist, ihn auf die Erdumlaufbahn umzuleiten und der Astronaut West ist der einzige, der nahe genug ist ihn zu bergen.«
»Das kann doch einfach nicht wahr sein! Welchen Auftrag bearbeitet er gerade?«
»Nichts Besonderes. Er soll aus dem Asteroidengürtel einen Asteroiden mittlerer Größe in die Erdumlaufbahn befördern. Nichts Besonderes – nur circa eine Milliarde Tonnen Eisen. Der läuft uns nicht weg. Die Schürfrechte haben wir in der Tasche. Um den können wir uns zu einem späteren Zeitpunkt kümmern.«
Der Vorstandsvorsitzende der Starmining Company – der größten Asteroiden Fördergesellschaft – machte ein sehr unzufriedenes Gesicht. Es war auch kein Wunder, der Asteroid wurde bereits vor über fünfzehn Jahren gesichtet und registriert. Die Schürfrechte wurden kurz darauf beantragt und befanden sich seitdem in Besitz der Starmining Company.
Mit gesenktem Kopf sagte der Vorstandsvorsitzende leise: »Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig. Beauftragen sie den Astronauten West mit dem Einfangen.«

»Ich habe jetzt keine Zeit. Du musst die Vorbereitungen allein machen«, fuhr ich sie an, als sie mich zum dritten Mal bat, ihr zu helfen. »Wir sind nicht zum feiern hier, sonder um einen Asteroiden zu bergen.«
Eigentlich wollte ich Shy nicht so anschimpfen – auch wenn es nur ein Roboter ist –, aber ich war geladen. Alle meine Berechnungen waren für den Papierkorb und für den arbeitete ich nicht gern. Der eigentliche Grund aber, warum ich sie so anfauchte, war, dass mich die vielen E-Mails nervös machten. Normalerweise bekam ich monatelang keine einzige – nur Spam´s. Aber jetzt quoll mein Postfach von Nachrichten über und fast alle bezogen sich auf den Asteroiden: ›Wie groß er denn sei, konnte ich schon genaueres über die Zusammensetzung sagen, usw.‹
Warum interessieren sich alle Welt plötzlich für den Stern, fragte ich mich. Asteroidenbergbau war den Leuten im Allgemeinen doch völlig Wurst. Richtig stutzig wurde ich aber, als Zeitungen und Fernsehanstalten nachfragten – sogar BBC und CNN zeigten Interesse. Die verheimlichen mir etwas, ging es mir durch den Kopf. Die haben den ›Neuen‹ doch überhaupt noch nicht vermessen. Ich fing mir an Sorgen zu machen. Auch wenn die Starmining Company als skrupellos galt, glich das jetzt eher einem Himmelfahrtskommando. Ich versuchte einen klaren Kopf zu bekommen, alle Fragen und Zweifel hinter mich zu werfen und mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Zu einem gewissen Grad gelang es mir auch.
Shy´s Stimme riss mich aus meinen Gedanken: »Du hast mir doch die letzten Male auch geholfen und es hat dir doch so viel Spaß gemacht. Weißt du das denn nicht mehr?«, sagte sie schmollend.
»Lass ... mich ... bitte ... in ... Ruhe!«, fuhr ich sie unsanft an, »die müssen dir doch in deinem Transistorhirn einprogrammiert haben, dass du dich um die häuslichen Tätigkeiten und dass ich mich um meinen Kram zu kümmern habe ... klar?«
Zum ersten Mal schrie ich sie an. Mir rotierte der Kopf. Mein Stresspegel war gefährlich hoch. Sie ging beleidigt weg. Mir doch egal, ich habe jetzt keine Zelt für diesen Quatsch, dachte ich und versuchte den Gedankenfaden wieder aufzunehmen. Zuerst der Kurswechsel ... dann diese Paparazzi. Ich konnte mir keinen Reim darüber machen, was das alles zu bedeuten hatte. Sollte der Asteroid wertvoller sein, als man mir sagte? Die Starmining Company dementierte, aber das hat gar nichts zu sagen. Ich vertiefte mich in meine Arbeit. Die Berechnungen kostete mich weit mehr Zeit als bei ›vergleichbaren‹ Projekten in der Vergangenheit. Au1010, wie das neue Ziel jetzt hieß, verhielt sich anders, als ich es gewohnt war – was meinen Vermutungen über die Zusammensetzung des Asteroiden weitere Nahrung gab.
Ich wurde mit einem »kommst du, das Essen ist fertig« aus meinen tranceähnlichen Zustand herausgerissen. Tatsächlich hatte ich beträchtlichen Hunger – kein Wunder, ich hatte fast zwölf Stunden nichts gegessen. Ich konnte mich so vollständig in meine Arbeit vertiefen, dass ich um mich herum nichts mehr wahrnahm.
Das Essen duftete verführerisch. Ich stützte zu Tisch – ohne Shy auch nur eines Blickes zu würdigen. Nachdem ich den ersten Hähnchenschenkel aufgegessen hatte, schaute ich auf und traute meinen Augen nicht. Shy war wunderschön zurechtgemacht. Sie hatte ein raffiniert geschnittenes Kleid an und war dezent aber gekonnt geschminkt. Kurz, es verschlug mir die Sprache.
Ich musste sie wohl etwas verdutzt angesehen haben, denn sie fragte unsicher: »Gefalle ich dir?«
»Ja ... ja doch«, sagte ich verlegen und muss ziemlich dumm ausgesehen haben, mit meinem abgenagten Hähnchenschenkel in der Hand. Die Mühsal der letzten Tage war wie weggeblasen und sie war mir wohl auch nicht mehr böse. Ich gab mich ganz dem Zauber des Augenblicks hin. Die Zeit verging wie im Flug. Wir unterhielten uns über die verschiedensten Themen. Manchmal vergaß ich völlig, wo wir uns befanden. Es war unsere letzte Monatsparty vor dem Rendezvous mit Au1010 und Shy hatte das Raumschiff geschmückt, sodass es kaum wieder zu erkennen war. Eigentlich eine maßlose Verschwendung, da jedes Kilo zusätzliches Gewicht viel Geld kostet. Aber bei den MP´s drückt die ansonsten so knauserige Starmining Company eigenartigerweise beide Augen zu. Jedenfalls war die Atmosphäre im Schiff perfekt.
Nach dem Essen tanzten wir noch eine Weile. Allerdings nicht wie sonst – eher ruhiger. Lag es am Alkohol? Ich hatte bereits ein paar Gläser Sekt getrunken und war nicht mehr so ganz nüchtern. Aber halt ... Shy hat auch getrunken! Aber sie ist doch ein Androide und Androiden benötigen eigentlich keine Nahrung. Androiden haben die Fähigkeit zu essen, aber sie tun das nur der Menschen wegen – so sagte man mir und ich verscheuchte alle weiteren Zweifel. Die Situation gefiel mir und ich fühle mich wohl wie nie zuvor. Seid über einer Stunde hatten wir nicht mehr geredet und wir Tanzten immer noch eng umschlungen. Sie hob ihren Kopf und auch ich hob meinen Kopf – als ob wir uns abgesprochen hätten – und wir blickten uns an. Mir war plötzlich ganz anders – ich hatte Schmetterlinge im Bauch – und ohne das ich es wollte ... ganz von allein ... näherten sich unsere Lippen und ich küsste sie zärtlich. Eine unbeschreibliche Wärme durchflutete meinen Körper. Plötzlich schlug in meinem Kopf ein Blitz ein. Eine Erkenntnis durchfuhr mich mit Heftigkeit: Ich habe einen Androiden geküsst!
Ich stieß sie weg. Wegen der geringen künstlichen Gravitation flog sie in einem großen Bogen von mir fort und prallte gegen die Bordwand. Ihr Gesicht verzog sich vor Schmerz und in ihren Augen spiegelte sich einer Mischung aus Schmerz und Verwunderung wieder. Ich empfand Ekel. Die noch vor kurzem empfundenen Glücksgefühle schlugen in Abscheu über.
»Geh sofort in deinen Regenerationsraum und lass dich nicht mehr blicken!«, mahnte ich sie in einem Ton, der keine Entgegnung zuließ. Ein schriller Warnton vervollständigte die angespannte Lage – der Computer wollte mit neuen Zieldaten gefüttert werden. Auch das noch, ich drehte mich zur Monitorwand. Au1010 eiert durch den Raum, schoss es mir mit einer bösen Vorahnung durch den Kopf. Ich ging zum Terminal, beugte mich über die Lehne des Sessels hinweg und kontrollierte die Positionsdaten. Tatsächlich verhielt sie die Flugbahn des Asteroiden chaotisch. Die letzten Tage bis zum Rendezvous musste ich also hauptsächlich vor dem Computer verbringen. Nachdem ich die wichtigsten Daten eingegeben hatte, ging ich zum Reg-Raum, um nach Shy zu sehen. Irgendwie tat sie mir leid. So ein Unsinn, sie ist doch nur ein Roboter, dachte ich, aber es half nichts. Ich war immer noch ganz benommen. Durch das kleine Fenster konnte ich sie sehen. In ihrem Androschlaf sah sie aus wie immer. Sie lag – an Versorgungsschläuchen angeschlossen – auf ihrer Liege. Ich konnte nicht hinein. Es hätte auch keinen Sinn gehabt, denn für Menschen ist der Aufenthalt jenseits der Doppelschleuse tödlich. Die Messgeräte zeigten eine Temperatur von hundertundsechzig Grad Kelvin an und die reine Stickstoffatmosphäre ist auch nicht gerade gesund. Gut dass es ein Roboter ist, denn gemütlich sah es da drinnen wirklich nicht aus. Ich muss wohl eine ganze Weile davor gestanden haben, denn sie bewegte sich plötzlich. Sie nahm behutsam ihre Versorgungsschläuche ab, vervollständigte ihre Kleidung und ging zur Schleuse. Bevor sie Draußen war, ging ich schnell in den Computerraum zurück. Ich wollte ihr nicht begegnen.
Ich hörte wie sie die Dekoration der Monatsparty wegräumte und das Raumschiff wieder zu einem Raumschiff machte. Einige Stunde später rief sie mich zum Essen. Ich wusste nicht so recht was ich sagen sollte und traute mich noch nicht einmal aufzuschauen.
»Entschuldige bitte.« Ich hob meinen Kopf und blickte sie verstohlen aus dem Augenwinkel an. Ihre Wangen waren gerötet, als ob sie geweint hätte. Roboter weinen nicht. Wir aßen schweigend.
»Warum isst du eigentlich?«, sagte ich in ruppigem Tonfall, »du brauchst doch gar keine Nahrung.« Sie erhob sich und ging, ohne ein Wort zu sagen. Ich fühlte mich elend. Sollte ich mich in einen Androiden verliebt haben? Ich schob das Essen zur Seite, stand abrupt auf, um mit ihr zu reden. Sie schaute aus der Fensteröffnung und betrachtete die Sterne, den Rücken mir zugewandt.
Ich legte meine Hand auf ihre Schulter und sie zu mir umwendend sagte ich: »Shy, bitte hör mir zu.«
Sie hielt ihren Kopf gesenkt.
»Sieh mich bitte an wenn ich mit dir rede«, sagte ich mehr befehlend als bittend.
Sie hob ihren Kopf. Tränen liefen ihr über die Wange.
»Das kann doch einfach nicht wahr sein!« Meine Nerven gingen nun völlig mit mir durch. »Was ist denn das für ein Spiel. Was sollen diese Silikontropfen bedeuten.«
Sie vergrub ihr Gesicht in ihre Hände und flüchtete schluchzend in den Reg-Raum.
Das Projekt war in die kritische Phase eingetreten. Ich war übernächtigt und überarbeitet. Ständig sprangen meine Gedanken zwischen Au1010 und Shy hin und her. Sollte sie vielleicht doch ein Mensch sein? Nein, unmöglich! Außerdem was soll dann das ganze Androidengerede, dann hätte ich doch gleich eine Haushälterin bekommen können und gut so. Wegen der instabilen Flugbahn des Asteroiden, war ich gezwungen die meiste Zeit vor dem Monitor zu sitzen und wir gingen uns die folgenden Tage aus dem Weg. Jeder erledigte seine Pflichten mechanisch. Worte waren nur Informationsübertragung. Die Lage war angespannt. Endlich kam die Erlösung: Wir erreichten Asteroiden.

Ich brachte das Raumschiff in Parkposition. Wir befanden uns – für Weltraummaßstäbe – in unmittelbarer Nähe zum Asteroiden: gerade mal dreihundert Kilometer entfernt. Die Berechnungen des exakten Punktes an dem die Bombe gezündet werden musste, waren dank der Vorberechnungen schnell erledigt und so konnte ich mit den Ausstiegsvorbereitungen beginnen. Mit den Manipulatoren beförderte ich einen KPFB (kegelpolarisierter Fusionsbeschleuniger) an den kleinen Shuttle. Der Ausstieg ging problemlos vonstatten – ich brauchte bloß die Startautomatik zu aktivieren. Der Flug dauerte etwa eine Stunde.
Da ist er: ein Klumpen Eisenerz – etwa sieben Kilometer Durchmesser. Ein sagenhafter Schatz, durchfuhr es mich mit Ehrfurcht. Ich bekam Gänsehaut. Es war jedes Mal ein erhebendes Gefühl, so einen gigantischen Brocken nach Hause zu bringen. Mit dem KPFB im Schlepptau schwebte ich zu Au1010 hinüber. Mein Raumanzug war mit kleinen Steuerdüsen ausgestattet, die es mir erlaubten, sich frei im Raum zu bewegen. Nicht lange und ich setzte sanft auf Au1010 auf. Einen Hauch von Schwerkraft war zu verspüren. Aber sie reichte natürlich nicht aus, um auch nur halbwegs vernünftig auf diesem Asteroiden gehen zu können. So musste ich bei jeder Bewegung darauf achten, mich nicht in den Weltraum abzustoßen, was Treibstoff bzw. Stickstoff für die Steuerdüsen kostet.
Dann passierte es – unkonzentriert wie ich war: Ich stolperte. Eigentlich nicht der Rede Wert, denn bei dieser geringen Schwerkraft kann man sich unmöglich verletzen. Aber dennoch machte ich instinktiv einen Ausfallschritt um mich abzufangen. Das wäre immer noch nicht schlimm gewesen. Das dumme war nur, ich schleuderte bei meiner Aktion den KPEB in den Weltraum hinaus. Jetzt gab es zwei Möglichkeiten: Den KPFB aufgeben, zum Raumschiff zurückfliegen, einen neuen holen, dabei eine menge Treibstoff verschwenden, den Vorfall der Starmining Company erklären oder ihn wieder einzufangen. Kräftig abgestoßen schwebte ich dem KPFB hinterher. Es war ein Kinderspiel ihn zu erreichen. Es machte sogar Spaß, wie ein Sternen-Cowboy einer Bombe hinterher zu jagen.

»Houston ich habe ein Problem«, sagte ich ins Weltall heraus, nachdem ich einen Blick auf die Treibstoffanzeige warf. Ich hatte beim Stolpern den Tank beschädigt. Das Frage war nun: wie komme ich zum Asteroiden wieder zurück. Ich hatte keinen Treibstoff in meinen Booster um die Bombe und mich selbst in umgekehrter Richtung zu beschleunigen. Genügend Sauerstoff hatte ich schon. So trieb ich – angezogen von seiner Schwerkraft – sehr, sehr langsam zu dem Asteroiden zurück. Es war beinahe gemütlich und eine gute Gelegenheit, um über viele Dinge nachzudenken. Viel Zeit blieb mir aber nicht. Ich drehte mich langsam um meine eigene Achse, sodass ich etwa alle dreißig Sekunden in Richtung Raumschiff sehen konnte und traute meinen Augen nicht. Shy war mit dem zweiten Shuttle gestartet. Ich war so wütend, dass ich fast den KPFB losgelassen hätte – dann wäre er endgültig verloren gewesen.
»Was machst du hier, du weißt doch überhaupt nicht mit dem Shuttle umzugehen«, rief ich ins Mikrophon. »Die paar Handgriffe, die ich dir gezeigt habe, reichen doch nicht aus ein Shuttle zu fliegen.«
Keine Antwort.
»Hörst du mich! Shy melde dich.«
Keine Reaktion.
Sie kam näher und ich gestikulierte, sie solle umkehren. Aber sie reagierte nicht. Zu allen Überfluss stieg sie auch noch aus. Wenn sie ein erfahrener Astronaut gewesen wäre, so würde ich es in meiner jetzigen Situation begrüßen. So aber war ich nur wütend auf sie und meine einzige Sorge bestand darin, dass ihr etwas zustößt. Aber meine Sorge war unbegründet – sie machte sich hervorragend. Langsam schwebte sie zu mir hinüber und gab genau im richtigen Augenblick Gegenschub, um nicht mit mir zusammenzustoßen. Sie hielt mich fest, hakte die Sicherheitsleine in meinen Karabiner, beschleunigte mit dosierten Schubstößen. Wir schwebten gemeinsam in Richtung Au1010 – ich selbst konnte nichts tun. Auch auf der Planetoidenoberfläche war sie eine große Hilfe, als ich den KPFB auf dem Asteroiden positionierte. Sie hielt mich fest und gab leichten Schub in Gegenrichtung des Asteroiden, sodass ich einen gewissen Eindruck von Schwerkraft hatte. Die Arbeit war in wenigen Minuten erledigt. Ich wendete mich um und blickte zu den Shuttles. Sie waren nicht weit voneinander entfernt und ohne Mühe zu erreichen. Aber käme sie mit der Steuerung nicht zurecht, wäre sie verloren und ich hatte keinen Treibstoff ihr zu Hilfe zu kommen. So beschloss ich, ein Shuttle aufzugeben – ich wollte nichts riskieren.
In dem Shuttle angekommen, war es aus Sicherheitsgründen nicht möglich die Helme abzunehmen. So war ich gezwungen still neben ihr zu sitzen. Mein anfänglicher Ärger verflog allmählich. Ich war froh für ihre Rettungsaktion, denn hätte ich mich beim Abstoßen vom Asteroiden nur minimal in der Richtung vertan, würde ich den Shuttle verfehlen und selbst zu einer Sternschnuppe geworden.
Im Schiff angekommen stiegen wir – immer noch schweigend – aus. Ich wusste nicht so recht was ich sagen sollte. Schimpfen wäre kaum angebracht, denn sie hatte sich hervorragend gemacht. Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen und einen ›Dankeschönkuss‹ gegeben. So sagte ich nur verlegen »Danke« und ging davon.

Nun kam der Augenblick, der über Erfolg und Misserfolg der Reise entscheidet: Die Zündung des KPFB. Hätte ich die Position der Sprengladung falsch berechnet, würde das unter Umständen den totalen Verlust von Au1010 bedeuten. Shy und ich standen vor dem Bullauge und setzten die Schutzbrillen auf. Dann der große Augenblick. Zündung! Als erstes sahen wir einen gleißenden Lichtblitz. Danach wurde aus dem entstandenen Trichter Materie herausgeschleudert, die in leuchtenden Farben einen Schweif hinter den Asteroiden bildeten.
Schon wenigen Minuten nach der Zündung konnte ich die ersten Berechnungen durchführen und beurteilen ob die Explosion erfolgreich war. Ich verfolgte die äußerst langsame Bewegung von Au1010 mit meinem Bogensekunden-auflösenden Teleskop. Es war ein voller Erfolg. Der Asteroid bewegte sich genau in die richtige Richtung – lediglich langsamer als erwartet. Das wiederum bedeutete, dass er eine größere Masse hatte, als zuvor angenommen. Ich musste also noch etwa zwei oder drei KPFB´s anbringen, um Au1010 genügend Geschwindigkeit zu geben, damit er wenigstens noch in diesem Jahrhundert die Erde erreicht. Die Vorbereitungen für den nächsten KPFB waren schnell erledigt.
»Shy, dass du mir nicht auf die Idee kommst wieder auszusteigen«, sagte ich mit gespielter Strenge, »du hast mir das letzte Mal zwar gut geholfen, aber du bist kein Astronaut und du hattest großes Glück, dass nichts passiert ist.«
»Ich hatte doch nur Angst um dich«, sagte sie entschuldigend.
Was soll das alles nur bedeuten, fragte ich mich. Soll das die Neuerung bei den Prototypen sein? Es war ein bizarrer Gedanke: Ein Roboter sorgt sich um mich. In den unterschiedlichsten Angelegenheiten hätte ich sie fragen können. Auch wenn sie mir nicht weiter hätte helfen können, so war es doch ein beruhigendes Gefühl, mit jemanden reden zu können. Aber in diesem Fall war es mir nicht möglich. Ich fühlte mich allein. Was sollte ich sie denn auch fragen: ›Bist du ein Mensch?‹ Nein, ich blieb mit meinen Gedanken allein. Meine Gefühle waren widersprüchlich. Einerseits liebte ich sie – besonders wenn ich sah, wie sie und auch ich über diese Situation litt. Dann hätte ich sie am liebsten in den Arm genommen und getröstet. Andererseits verwirrte mich die Vorstellung, Gefühle dieser Art einem Androiden gegenüber zu empfinden und ich stieß ›ihn‹ weg.

Zum ersten Mal im Leben musste ich eine andere Problematik analysieren, als ich es gewohnt war. Nicht ein Computerprogramm war die Herausforderung, sondern ich selbst: Was will ich eigentlich – allein sein oder nicht? Ich denke, die absolute Wahrheit werde ich nie herausfinden. Es ist eher die Frage, für was ich mich entscheide, wem oder was ich den Vorzug gebe. Wenn sie da ist, kann ich mich nicht konzentrieren. Wenn sie weg ist, auch nicht. War ich allein, hatte ich mein Leben vollständig selbst in der Hand, konnte effektiv arbeiten, etwas hervorbringen. Jetzt da sie da ist, bin ich ... lebendig! Sie fragt plötzlich etwas – ohne Voranmeldung. Zwingt mich meine Arbeit zu unterbrechen, sich auf sie zu konzentrieren, den Gedankengang fallen zu lassen. Sie berücksichtigt nicht, ob ich in der Lage bin, ihn wieder aufzunehmen. Sie nimmt mich ein. Ich kann nicht vorher beginnen an einem Projekt zu arbeiten, bevor sie nicht eine Beschäftigung hat oder im Reg-Raum ist. Sie hat sich in mein Leben gedrängt, sich ... breit gemacht, es umgekrempelt. Sie fragt nicht, ob ich damit oder damit einverstanden bin. Sie handelt einfach. Manchmal bringt sie mich damit auf die Palme. Aber ... ich lebe.

Wie in aller Welt kann ich herausfinden, ob Shy ein Roboter ist oder ein Mensch, ging es mir immer und immer wieder durch den Kopf. Auf meine Gefühle konnte ich mich nicht verlassen – die waren dermaßen entzweit, dass ich zu keinem logischen Schluss kommen konnte. Den Reg-Raum zu knacken wäre auch nicht der richtige Weg – es würde den sicheren Tod für mich bedeuten wenn er wirklich echt wäre. Was also tun? Da kam mir der rettende Gedanke: Eine Nachfrage der Kategorie ›D‹ an die Bodenstation würde bedeuten, eine verlässliche Antwort zu erhalten.
Ich saß während der ganzen Zeit die der Funkspruch brauchte – das waren bei meiner jetzigen Entfernung von über zwei Lichtstunden – vor dem Bildschirm und wartete auf die Antwort. Die Anfrage wurde abgelehnt. Später erfuhr ich, dass bei FAQ´s von Astronauten, diese Frage an erster Stelle stand. Eigentlich hätte ich es mir denken können – so eine Anfrage wird nicht beantwortet.
Was blieb mir also übrig, ich musste eine Anfrage der Kategorie ›C‹ senden. Mir war bewusst: diese Anfrage musste von einem Gericht entschieden werden. Und da die Anfrage in meinem eigenem Interesse stand, musste ich auch selbst die vollen Kosten tragen. Das bedeutete mindestens ein halbes Monatsgehalt – aber das war die Sache Wert.
Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf: Was passiert wenn wir auf der Erde gelandet sind? Wie kann ich es erreichen mit Shy zusammenzubleiben? Man könnte Shy aus dem ›Androidendienst‹ entlassen. Sie könnte dann in eine andere Stadt ziehen und als ›normaler‹ Mensch eine neue Existenz beginnen. Ich würde dorthin ziehen und sie ganz normal kennen lernen. Die Ähnlichkeit mit einem Androiden könnte man damit erklären, dass für die Produktion von Androiden natürliche Vorlagen gebraucht werden und sie sich als Modell zur Verfügung gestellt hätte. So kamen mir einige Dutzend Varianten in den Sinn, nur die eine nicht: Sie ist ein Androide.

Das Anbringen der weiteren Sprengladungen war wegen der Radioaktivität nur noch mit Hilfe der Fernsteuerung möglich. Ich musste also in dem Shuttle bleiben. Es war um ein vielfaches schwieriger den KPFB in die richtige Position zu bringen. Dennoch bereitete mir dieses Problem weit weniger Kopfzerbrechen als die Sache mit Shy. Shy – jedes Mal wenn mir ihr Name in den Sinn kam, durchflutete eine Unruhe meinen Körper.
Nach zwei Wochen bangen Wartens, erhielt ich endlich die Antwort: Benachrichtigung des Oberlandesgerichts: Diese Nachricht ist streng vertraulich! Vertraulichkeitsklasse ›2‹. Es wird ersucht, dass Sie mit Niemanden über diesen Sachverhalt sprechen. Außerdem wird Androide ›Shy‹ Registrierungsnummer 473-5324-M-7523 in aller Stille ihren Dienst quittieren. Da sie noch als ein Prototyp eingestuft ist, wird sie untauglich erklärt. Sie unterliegt der Schweigepflicht. Zur Antwort Ihrer Frage: der Androide ›Shy‹ ist ein Mensch.

Ich fixierte das letzte Wort, konnte meine Augen nicht losreißen. Niemals zuvor hatte ein einzelnes Wort eine derartige Gefühlsregung in mir ausgelöst wie dieses: Sie ist ein Mensch ... sie ist also tatsächlich ein Mensch. Ich wusste es! Ich spürte es die ganze Zeit über. Dann waren ihre Tränen doch echt. Ihre Sorge um mich, ihre Persönlichkeit, war kein Programm. Sie ist ein Mensch. Dieses eine Wort ›Mensch‹ veränderte die gesamte Situation. Und ich habe sie so hässlich behandelt, wie ... wie einen Roboter! Wie konnte ich das nur wieder gutmachen? Ich musste sie sprechen, ihr alles erklären.
Das dumme war nur: sie befand sich im Regenerationsraum und dort konnte ich nicht hinein – Schutzmaßnahme der Starmining Company. Ich hätte warten können. Sie war laut Order dazu verpflichtet, mindestens einmal am ›Tag‹ ihre Kammer zu verlassen, was sie – angesichts der Tatsache was in letzter Zeit alles passiert ist – immer noch Pflichtbewusst tat. Aber ich wollte nicht so lange warten, zumal ich meine und ihre Gefühle jetzt verstand. Die einzelnen Teile des Puzzles passten genau ineinander. Vor meinen Augen fügte sich das Bild der einzelnen Handlungen, Worte, Gedanken, Blicke, Gesten, zu einem Ganzen zusammen und ich begriff auf einen Schlag was das alles bedeutete. Ich muss sie unbedingt sprechen, ihr mitzuteilen, dass ich – selbst in Gedanken war es mir schwierig das eine Wort auszusprechen – sie liebe. Im Augenblick war allerdings das größte Problem: Wie komme ich an Shy heran.
Ich ging zu dem Reg-Raum hinüber und schaute durch das Sichtfenster. Dort lag sie – ruhig wie immer. Plötzlich wurde mir klar: das Bild ist eine Fälschung! Es dient nur dazu, den Piloten vorzutäuschen, der Androide befindet sich in seiner Regenerationsphase. Natürlich hatte ich in der Vergangenheit oft über diese Situation nachgedacht: Sinnvoll ist es für die ›Andros‹ – so können sie sich ungestört erholen. Früher – als noch ›echte‹ Frauen mitflogen – gab es immer wieder Konflikte zwischen den Piloten und den ›Haushälterinnen‹. Nun traf mich die Erkenntnis, dass dieses Bild eine Videoaufzeichnung sein muss, wie ein Schlag. Voller Hass auf die Company schleuderte ich den erstbesten Gegenstand auf den Monitor. Dummerweise war das ein Laptop, den die Starmining Company mir mit Sicherheit vom Gehalt abziehen wird. Der Videomonitor blieb von dieser brutalen Handlung völlig unbeeindruckt. Lediglich ein Hinweis, Gewalteinwirkungen dieser Art zu unterlassen.
»Shy, bitte komm heraus!«, rief ich, aber es nützte nichts. Der Regenerationsraum war zu gut Schallisoliert. Ich suchte nach einem Gegenstand, mit dem ich die Tür aufbrechen konnte. Die Landekufe der Shuttle war die Lösung. Mit ihr konnte ich die Tür – so hoffte ich – aufhebeln. Sie brach schon beim ersten Versuch ab.
Ruhig bleiben und logisch nachdenken, dachte ich. STA, die grundlegende Regel für Taucher: STOP THINK AKT – in Sonderfällen auch im Weltraum anwendbar. Natürlich, die Schleuse wurde elektrisch geöffnet! Das war die Lösung. Zu was war ich denn Elektroingenieur. Die Aufgabe war einfacher als ich mir vorgestellt hatte. Der Schutzmechanismus ließ sich mit einem simplen Mikrochip und gerade mal 480 Byte Programm überlisten. Die Tür war endlich offen und ich kam mir vor wie James Bond.

Als ich in den Reg-Raum hinein ging, kam es mir vor, als betrat ich eine andere Welt. Im Raumschiff war alles nach praktischen Gesichtspunkten gestaltet. Alles hatte einen ›Sinn‹, seinen Platz. Im Raumschiff regierte die Vernunft, Funktionalität. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Alles was ich hier sah, war ... anders. Ich hatte immer noch das sterile Bild vor Augen, das mir der Monitor vom Regenerationsraum zeigte. Aber alles, was ich jetzt zu Gesicht bekam, erinnerte mich eher an ein verspieltes Mädchenzimmer, als an ein Raumschiff. Um mich herum war es eingerichtet, wie in einem gemütlichen Apartment auf der Erde. Die Wände waren voller Bilder und auf der Kommode stand ein – für Männeraugen unüberschaubarer – Berg Schminksachen.
Logisch, wie soll sie sich auch sonst zurechtmachen sollen.
Plötzlich wurde ich durch ein Geräusch aus dieser Fata Morgana gerissen. Shy lag in ihrer Koje und hatte sich zusammengerollt wie ein verschrecktes Kind.
»Shy, ich bin´s«, sagte ich leise. »Hab´ keine Angst.«
»Lass mich!« rief sie verwirrt, »hier darfst du nicht hinein. Ich ... ich stehe dir nicht zu Verfügung. Warte bis ich ´raus komme. Ich brauche meine Regenerationsphase ...« Sie vergrub ihr Gesicht in das Kopfkissen. Ich bemerkte, dass sie weinte.
Ich musste ihr – zu Recht angeschlagenes – Vertrauen wiedergewinnen. Sie war immer wieder aufs Neue zu mir gekommen, obwohl ich sie sehr verletzt hatte. Nie hatte sie mir Vorwürfe gemacht oder die Beleidigte gespielt – auch wenn sie allen Grund dazu gehabt hätte. Ich konnte ein Raumschiff fliegen, aber ich hatte keine Ahnung wie man mit einer Frau redet. Ich fühlte mich so unfähig.
»Ganz ruhig. Ich weiß jetzt, dass du ein Mensch bist«, sagte ich leise und strich ihr sanft über die Haare. Meine Hand kribbelte. »Weist du«, fuhr ich fort, nachdem ich einige Minuten lang schweigend neben ihr gesessen hatte, »das ist wohl der ereignisreichste Flug den ich je durchgeführt habe. Ich hab´ durch die lange Isolation nach und nach sämtliche Freunde auf der Erde verloren. Der ... der Kontakt reißt einfach ab. Man wird als Androfänger automatisch zu einem Einzelgänger und ich hätte gar nicht gedacht, dass ich überhaupt noch in der Lage bin, für jemanden etwas zu empfinden.«
Sie reagierte nicht. Aber sie stieß mich auch nicht fort.
»Es ist ein wunderbares Gefühl, für mehr als einem Computer da zu sein.« Ich fühlte mich wie ein Vierzehnjähriger – nicht wie ein Vierzigjähriger.
»Ich hab´ viele Jahre Programme für Computer geschrieben, meine ganze Kraft hineingesteckt, mir die allergrößte Mühe gegeben wirklich gute Software zu schreiben. Aber nie ist ein Rechner zu mir gekommen, hat mir auf die Schulter geklopft und gefragt: ›Was ist los Andre? Wie geht´s dir?‹ oder ›Du siehst heute gar nicht gut aus.‹ Mit einem menschlichen Wesen zu sprechen ist ... ist irgendwie anders.«
Sie hob ihren Kopf und fragte unsicher: »Ist das wirklich wahr?«
»Ich habe an die Bodenstation eine Nachfrage der Kategorie ›C‹ gesandt«, antwortete ich rechtfertigend. »Bitte entschuldige mein Verhalten. Ich hab´ mich furchtbar benommen.«
Allmählich veränderte sich der Ausdruck in ihrem Gesicht. Ich sah in ihre Augen. Sie sprachen zu mir. Es war eine lautlose Unterhaltung und doch erzählten sie Bände. Vorsichtig nahm ich sie in meine Arme. Zärtlich erwiderte sie meinen Druck.
»Ich ... ich liebe dich«, sagte ich unbeholfen.
Wir saßen lange einfach nur so da, ohne ein Wort zu reden.

 

Hallo Ivo

Da hast du uns ja einen ganz schönen Brocken hingeworfen;) . Hat eine Weile gedauert, bis ich da durch war.

Nun, was soll ich sagen, Das ganze ließt sich recht altmodisch (was jetzt kein Kritikpunkt sein soll), sowohl vom Thema als auch von der Aufmachung her. Anscheinend bist auch du auf die Schule von Altmeister Lem gegangen.
Die Lektüre war über weite Strecken durchaus angenehm, weil man diesen Stil heutzutage nicht mehr an jeder Ecke bekommt. Die tatsächliche Tiefsinnigkeit des Themas "künstliche Menschen" hast du ja dann durch die Auflösung am Ende aber doch noch umschifft, was ich ein wenig schade fand.

Einige Anmerkungen meinerseits:

  • Die Passage mit der Konzernspitze fällt ein wenig raus und erfüllt auch für die Geschichte keinen rechten Zweck (da hätte es auch gereicht, wenn West die Anweisung per Funk oder Email gekriegt hätte.)
  • Es bleibt (sofern ich da nichts überlesen hab) am Ende die Frage offen, wieso man ihm da eine Frau für einen Androiden untergejubelt hat. Ich fands schade, dass es da noch nicht mal eine kleine Andeutung gab.

Über die Länge und darüber, dass man sich an etlichen Stellen hätte kürzer fassen können lass ich mich jetzt mal nicht aus, ab und zu ist auch etwas längeres mal schön:) .

Es grüßt und hofft, dass im nicht eines Tages ein Au100001 auf den Kopf fällt

omno

 

Moin Ivo,

interessantes Thema, schön umgesetzt, kann ich dazu sagen. Besonders die Kombination aus "Android-Mensch-Drama" (keine Ahnung, ob man das so nennt) und Weltraumgeschichte hat mir zugesagt.

Nur die Szene mit der Konzernspitze, finde ich, hättest du weglassen können und stattdessen das dort vermittelte Wissen vielleicht in Grübeleien des Prots packen können. Dann wäre die Perspektive einheitlich. Sehr gelungen finde ich hingegen das Gefühlswirrwarr des Protagonisten in Bezug auf seinen vermeintlichen Androiden. Baut gut Spannung auf :thumbsup:

viele Grüße

chicken

 

Hallo Ivo,

ich fand die Geschichte gut zu lesen, hat mich auch sehr an Lem erinnert. Das Verhältnis der beiden Hauptpersonen zueinander war mir allerdings nicht ganz klar. Warum gibt sich die Frau als Roboter aus und fliegt mit dem Mann auf eine einjährige Mission? Die Demütigungen waren dann doch vorprogrammiert, oder?

Es scheint ja vor allem um die Liebesgeschichte der beiden zu gehen, aber es wird nicht klar, warum sie sich ineinander verlieben. Klar, wenn man ein Jahr lang auf engstem Raum miteinander auskommen muss, passiert das wohl schon mal. Aber davon abgesehen? Von der Frau erfahren wir praktisch nichts und von dem Mann nur, dass er offensichtlich ein unsensibler Eigenbrötler ist.

Und warum kommen sie sich bei diesen Monatspartys näher? Ich fand es schon reichlich grostesk, dass auf dem Schiff einmal im Monat eine Party veranstaltet wird, wo die zwei doch ganz alleine sind und auch sonst nix zu tun haben. Ist das Absicht?

Den Teil mit der Konzernspitze fand ich dann wiederum in Ordnung. Das hat klarer gemacht, worum es bei diesen Missionen geht.

Gruß
patosch

 

Hallo liebe Leser,

@omnocrat,
danke für deine Kritik. Was den Stil betrifft, habe ich bewusst den "klassischen" gewählt – zumindest versucht. Und versucht einige Anleihen beim Altmeister (Stanisław Lem – Die Jagd) abzuschauen. Dass ich an seine Genialität nicht heran reiche ist mir völlig bewusst – aber irgendwo muss man ja anfangen...

Was das ...unter jubeln ... betrifft, habe ich im Text einige Andeutungen gemacht. Meine Absicht war es, das Weitere der Fantasie des Lesers zu überlassen. Aber – wenn ich ein wenig Zeit finde – werde ich noch eine Ausführliche Erläuterung einfügen.

Zu der Vorstandsbesprechung kann ich nur sagen, dass ich eine Plausible Möglichkeit finden musste, um eine Erklärung zu finden, warum Andre überhaupt die Reise unternimmt. Und da Asteroidenbergbau – meines Wissens – überhaupt nicht existiert, musste ich wenigstens etwas zu diesem Thema schreiben, damit der Leser eine ungefähre Vorstellung zu dieser Thematik hat.

@chicken,
auch dir vielen Dank für deine Anregung. Was soll ich sagen: mir fiel nichts besseres ein, Andre zu Charakterisieren, Spannung aufzubauen und Asteroidenbergbau zu erklären. Und um Andre zu Charakterisieren musste es ein Außenstehender sein, denn er selbst kann sich nur Subjektiv beurteilen und Shy ist – wie es hoffentlich herauszulesen war – hoffnungslos in Andre verliebt.
Aber dennoch bin ich für jede Anregung dankbar; nur so kann ich die Wirkung auf andere ermessen.

@patosch,
wenn dich die Geschichte an Lem erinnert, fühle ich mich geehrt, denn ... (siehe Kommentar zu omnocrat).
Und was das Verhältniss zu beiden betrifft, werde ich ... (dito)


Eine kleine Anmerkung zum Schluss: ich bitte zu entschuldigen, wenn ich immer recht verspätet schreibe. Auch wenn ich gern schreibe, bin ich doch zu einem Technikmuffel mutiert und da ich noch nicht einmal einen eigenen IT-Anschluss habe, muss ich zur örtlichen Bücherei pilgern, um meine Geschichten und Kommentare in kg.de zu stellen. Ich bitte um Verständnis :)

Liebe Grüße Ivo

 

Hallo Ivo,

So ganz bin ich bei deiner Geschichte leider nicht durchgestiegen. Andre ist ein chronisch einsam und bindungsunfähiger Raumfahrer. Shy ist was? Eine Frau, die sich als Android ausgibt? Ein künstlich erschaffener Mensch, der sich für einen Androiden hält? Weder das eine noch das andere gibt meiner Meinung nach viel Sinn. Zumal du damit, wie bereits erwähnt, die interessantere Thematik außen vorläßt. Das ist aber Ansichtssache. Doch dazu kommen einige Dinge, die mich sehr gestört haben und den Gesamteindruck ziemlich nach unten ziehen.

Zum einen ist die Geschichte voller Rechtschreib- und Kommafehler, die sehr abgelenkt haben. Nimm dir doch bitte die Zeit, im Autorenforum die Themenübersicht durchzulesen. Dort findest du jede Menge Threads zu Rechtschreibung, Grammatik und Kommasetzung.

Zum anderen scheinst du recht aufwendig versucht zu haben, dir eine plausible Zukunftswelt einfallen zu lassen, doch größtenteils ist sie unnötig oder schlichtweg unlogisch.

Die Physiker in diesem Forum werden dir hoch anrechnen, daß du recherchiert hast, wieviel Hitze und Energie nötig sind, um ein Raumschiff starten zu lassen, aber für die Geschichte ist es völlig unnötig. Auch die Physik hinter dem Asteroiden einfangen muß ich nur begrenzt wissen. Details lenken hier lediglich von deinen Protagonisten ab. Die gleichen Personen werden dich aber auch auseinanderpflücken, wenn du einen Asteroiden als Stern bezeichnest, oder einen Geologen sagen läßt, daß der Asteroid entweder "aus Uran, Mangan oder sogar aus ... Gold!" besteht. Mangan hat eine Atommasse von 55u, Gold von 197u und Uran von 238u. Ich verstehe nicht, wie man dieselbe Masse so unterschiedlich schweren Elementen zuordnen kann. Außerdem ist es für die Geschichte nicht wichtig, ob sie sich sicher sind oder nicht.

Kleinere Dinge:
Die Monatsparty hat mich auch gestört. Ich glaube nicht, daß du den Vorwand brauchst, damit sich deine Charaktere näher kommen.
Genauso kannst du auf den Abschnitt im Firmenhauptquartier verzichten. Es ist eigentlich unwichtig, warum Andre plötzlich zu einem anderen Asteroiden muß, bzw. es reicht, wenn er eine entsprechende E-mail bekommt und sich dann selber den Kopf darüber zerbricht.

Fazit: Das Gerüst einer guten Geschichte, auch wenn mich persönlich eine andere Thematik mehr angesprochen hätte, aber sie sollte einigen unnötigen Ballast verlieren.

Gruß
Magranam

 

Hallo Magranam,

So ganz bin ich bei deiner Geschichte leider nicht durchgestiegen. Andre ist ein chronisch einsam und bindungsunfähiger Raumfahrer. Shy ist was? Eine Frau, die sich als Android ausgibt? Ein künstlich erschaffener Mensch, der sich für einen Androiden hält?
Was soll ich dazu sagen? Na ja, hust, räusper, dann les' dir die Geschichte doch einfach mal durch... :Pfeif:

Was die Rechtschreib- und Kommafehler betrifft, habe ich den Text noch mehrmals durchgesehen und (hoffentlich) alle Fehler berichtigt.
(leider hat mir der sehr unkonkrete Hinweis 'voller Rechtschreibfehler' nicht sehr geholfen konkrete Rechtschreibfehler zu finden)

Auch habe ich versucht die 'Physik' zu vereinfachen.


noch einmal @chicken

Nur die Szene mit der Konzernspitze, finde ich, hättest du weglassen können und stattdessen das dort vermittelte Wissen vielleicht in Grübeleien des Prots packen können.
Ich hab' die Sache mit der Konzernspitze nocheinmal etwas überarbeitet. Aber ich denke, dass ich diesen Teil nicht weglassen kann oder 'in Grübeleien des Prots packen' könnte, weil - im allgemeinen - niemand sich selbst charakerisiert.

Viele Grüße
Ivo

 

Hm...

Hab mir eben deine Story zu Gemüte geführt und muss sagen, sie gefällt mir. Aber ein paar kleine Vorschläge hab ich dann doch ;)

Zuerst Rechtschreibung und Kommasetzung, da hab ich dann doch noch noch etwas auszusetzen, denn selbst beim Lesen, ohne darauf zu achten, ist mir da einiges unangenehm ins Auge gesprungen, obwohl du ja schon korrigiert hast. Vielleicht könntest du ja selbst nochmal drübersehen oder jemand anderen bitten, das zu tun.

Außerdem stört mich, dass am Schluss so unendlich viele Fragen offen bleiben, die meiner Ansicht nach irgendwie auf eine eindeutige Klärung hoffen. Natürlich, der Leser kann selbst überlegen, aber es bleiben einfach so viele Möglichkeiten übrig, dass das irgendwie nicht besonders befriedigend ist.

Auch der Charakter der Shy wirft für mich viele Fragen auf, zumal ich mir nicht vorstellen kann, dass ein "echter" Mensch wirklich so ruhig bleiben kann, wie sie es tut - ich für meinen Teil hätte ihm an manchen Stellen am liebsten eine gescheuert...

Und ja, das mit "Stern" für Asteroid ist mir auch aufgefallen und hat mich ziemlich verwirrt...

Außerdem hab ich das Gefühl, dass man aus dieser Erzählung fast zwei Kurzgeschichten machen könnte, mit zwei verschiedenen Handlungen, bei denen ich irgendwie den Eindruck hatte, dass sie sich teilweise gegenseitig im Weg herumstehen, vor allem, da die zweite Rahmenhandlung, die mit dem wertvollen Asteroiden, zu keinem wirklichen Abschluss gebracht wird.

Ich hoffe, ich konnte dir wenigstens ein bisschen helfen :)
Edith

 

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