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Resignation

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08.08.2002
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Resignation

Ein Junge von vielleicht fünfzehn Jahren geht durch den U-Bahn-Waggon. „Haben sie bitte ein paar cent für Essen?“ Zwei Mädchen kichern und spötteln über ihn. Eine Frau schimpft, wo denn seine Eltern seien und überhaupt, was ist das für eine Welt in der wir leben, voll Schmarotzertum und kaputten Existenzen. „Nun, der Junge hat sie sich nicht ausgesucht, diese Welt, liebe Frau“, sagt ein Mann ihr gegenüber mit hochgezogener Augenbraue, herausgefordert von ihrem Groll, ohne den Jungen selbst aber eines Blickes zu würdigen. Die Frau macht nun, mit einem nicht enden wollenden Wortschwall, die ganze Menschheit für ihren Zorn über diese Zurechtweisung verantwortlich. Der Mann blättert weiter in seiner Zeitung und die paar Fahrgäste blicken peinlich berührt in das Finstere des Tunnels hinaus.

An der Haltestelle steigt der Junge aus und macht sich auf dem Weg zum Klo. Ein paar Cent und ein paar Euro klimpern in seiner Hosentasche. Sein älterer Bruder wird ihm eins überziehen. Gestern hat er für mindest fünfmal soviel Geld einen Tritt in seine Eingeweide abgekriegt. „Wer nicht ranschafft muss leiden, so lautet das Gesetz, mein Gesetz.“ sagte er grinsend in einem harten Flüsterton, voll Entzücken seinen Hass auf Gott und die Welt auf jemanden auslassen zu können. Er trat ihn zur Tür hinaus und schickte ihn zum Wirt an der Ecke, Wein zu holen. Nach den langen Stunden des Rumlaufens, des Bettelns und des Zeit Herumstehens, schlief er danach den spärlichen Rest der Nacht in dem stinkenden Bett seines chaotischen Zimmers. Zu essen gab es nichts. Längst wurde Geld nur für flüssige Nahrung ausgegeben. Morgens schlich er aus der Wohnung um dem Katzenjammers, seines Bruders tägliches Ritual von Selbstmitleid, zu entgehen.

Er wäscht sich im U-Bahn-Waschraum die Hände und schaut in den Spiegel. In seinem Bubengesicht versteckt, liegen die Augen eines Erwachsenen der schon viel zuviel gesehen hat von der Realität seiner Welt. Er kickt das Papierhandtuch zusammengeknäuelt zu einem kleinen Ball in die Ecke des Raumes. Dann zündet er sich fröstelnd eine Zigarette an, als könnte die Glut ihm die Wärme und Geborgenheit schenken, die es in seinem Leben nie gegeben hat. Er inhaliert tief in seine Lungen hinab und bläst den Rauch seinem Spiegelbild entgegen. Wie ein Nebel legt der Rauch sich über seine Züge, macht sie weicher.

Draußen trifft er auf Knopf, ein Mädchen in seinem Alter, mit großen braunen Knopfaugen, denen sie ihren Namen verdankt. Heute ist eines dieser Augen dick zugeschwollen und blutunterlaufen. Ein Mann in der fast leeren U-Bahn hat sich erlaubt, ihr an die ohnehin noch kaum vorhandenen Brüste zu greifen und sie trat ihm gegen das Schienbein. Die Quittung dafür ziert nun ihr linkes Auge.

„Hi“ sagt sie etwas peinlich berührt. Das Sprechen fällt ihr schwer, als wäre ihre Gesichtshälfte lahm gelegt. Es ist ihr unangenehem, dass der Junge sie so sieht. Er ist ihr Freund und sie möchte nicht, dass es ihm vor ihrem Anblick ekelt. „Es ist schon ok, irgendwie.“ Sie tritt von einem Fuß auf den anderen.

Er steht nur da und sieht sie an. In ihm brennt soviel Zorn, ungebremst nach innen seine Spuren ziehend. In ihre Augen wollen sich Tränen einschleichen, aber sie hat gelernt sie hinunterzuschlucken. Nur ein ganz kleines, fast unscheinbare Tränchen im Augenwinkel lässt sich nicht bezwingen, die anderen sind schon Erinnerung, nicht mehr existent.

Er nimmt sacht ihren Arm und sieht die Verletzungen die sie bei dem Gerangel auch dort erlitten hat. Nun weint sie doch. "Scheisse! Nichts ist ok, ich pack das alles nicht mehr, mein Freund. Ich hau ab, irgendwann. Hier ist es doch nur dunkel in all dem Neon. Schau sie dir doch an, all die selbstgefälligen, schleimigen Arschlöcher. Die nehmen Abschaum wie uns doch gar nicht zur Kenntnis. Was kann mich noch Dunkleres erwarten dort drüben? Nichts, das ich nicht schon kenne. Nein ich zieh es durch, was solls, ich möchte endlich friedlich schlafen, verdammt nochmal.“

Der Junge sieht sie eine ganze Weile still an, dann nimmt er sie an der Hand und sagt: „Komm!“ Er läuft durch den gesamten U-Bahn-Bereich, stößt an Passanten und wird mit sämtlichen Schimpfwörtern bedacht, welche die Menschen aus sich herauspressen wie giftigen Schleim.

„Wo willst du denn hin, ich kann doch nicht so schnell laufen, he ...... was ist denn mit dir? Wo laufen wir denn hin? Bleib stehen du blöder Junkie“ Aber der Junge ist nicht aufzuhalten, weder durch ihre Zurufe, noch durch die fast schon verzweifelten Befreiungsversuche aus seinem festen Handgriff. Er läuft mit dem Mädchen hinaus auf die Donauinsel und lässt sich atemlos auf die Wiese fallen.

„Knopf! Sieh hin, sieh da hinauf in diesen Himmel" presst er heraus. "Siehst du, dort oben in dieser Tiefe der Wolken, dort wo alles so endlos ist, in diesem ewigen Dunkel dort willst du zu Hause sein?“

Er nimmt einen Stein auf und wirft ihn, mit all der Energie seiner Wut, weit hinaus ins Wasser. Er keucht und schreit ihr seine Angst entgegen. „Wieso? Wieso willst du dorthin? Diese Sterne dort, die kleinen, die so intensiv glitzern, kannst du sie sehen?“ Knopf,die ebenfalls auf den Knien zusammengekauert auf der Wiese sitzt und friert,wendet nur ganz kurz den Kopf hin, dann schaut sie wieder auf ihre Finger die in der Erde nach etwas nicht Vorhandenem graben.

Er nimmt sie unsanft zur Seite, dreht ihr mit einem Klammergriff seiner schmutzigen Hände den Kopf hinauf zum Nachthimmel.„Du musst hinschauen. Begreifst du es nicht? Dort oben sind alle, die drauf geschissen haben, so wie du. Siehst du, wie sie verzweifelt ihr Licht einsetzen, zu glitzern versuchen, damit sie in der Finsternis noch erkennbar sind?" Seine Hoffnungslosigkeit quält ihn. Seine Angst alleine zurückzubleiben, niemand mehr zu haben, schnürt ihm sein Herz ab. Dann sagt er ganz leise "Sie leuchten, nur, dass wir sie wahrnehmen als ohnmächtige Vergänglichkeit, nachdem sie einfach drauf geschissen haben, verstehst du? Nein Knopf, noch sind wir nicht so weit. Du bist noch nicht soweit. Vielleicht, irgendwann einmal. Aber jetzt, jetzt ist noch nicht der Zeitpunkt. Nicht jetzt.“

Er lässt ihren Kopf immer noch schwer atmend los und streicht ihr sanft, ein wenig verlegen über ihr Haar. Seine Hand findet die Wunde in ihrem Gesicht, streichelt darüber und wischt über ein paar nicht zu verhindern gewesene Tränen. „Nicht jetzt Mädchen, nicht solange es so etwas wie diese Liebe zwischen uns gibt. Du darfst deiner Liebe nicht nur die dunklen Wolken der vermeintlichen Rettung da oben zeigen. Dort ist keine Finsternis wo du dich verstecken kannst. Dort ist das blendende Licht der Hoffnungslosen. Dieses verführerische Licht derer die aufgegeben haben, musst du deiner Liebe zeigen, damit sie sich nicht verleiten lässt zu sterben."

Er legt seinen kraftvollen Arm zärtlich um ihre Resignation und verspürt dabei selbst Geborgenheit und Trost, ein gegenseitiges Fließen von Wärme entsteht in einer Welt die ziemlich kalt geworden ist um diese Jahreszeit. Langsam schlendern sie zurück in die grelle Atmosphäre der U-Bahn-Station.

 

Hallo schnee.eule!

Uhf. Der Text ist wirklich unangenehm zu lesen. Du zeichnest ein ziemlich düsteres Bild. Man wird mit Dingen konfrontiert, über die man lieber nicht so gerne nachdenkt. Auch der Schluss ist für mich kein Lichtblick. In diesem Sinn ein sinnvoller Text.

Ich hab aber mit so einer Art Text immer ein bißchen ein Problem. Die Sozialkritik ist grundsätzlich gelungen. Gegen den erhobenen Zeigefinger wehrt sich in mir aber so einiges ..

lg
klara

 

Liebe schnee.eule - ein neuer text von schnee.eule??? >>> sofort lesen und geniessen!

im ernst: auch wenn das thema tieftraurig (aber leider allzu wahr) ist: du hast es herrlich geschafft, die liebe zwischen zwei menschen ganz unten darzustellen. und du hast wunderbar mit dem üblen klischee gebrochen, dass "einfache menschen" - oder "abschaum", wie du es in der geschichte nennst - auch eine sehr philosophische art haben können, ihr leben, ihre (kaum vorhandene) zukunft und ihre liebe zu sehen und zu beschreiben.

Er inhaliert tief in seine Lungen hinab
--ähm..wohin soll er sonst inhalieren??

Nur ein ganz kleines, fast unscheinbare Tränchen im Augenwinkel lässt sich nicht bezwingen, die anderen sind schon Erinnerung, nicht mehr existent.
- eine sehr schöne art, die resignation zu umschreiben. gefällt mir!

Sie leuchten, nur, dass wir sie wahrnehmen als ohnmächtige Vergänglichkeit, nachdem sie einfach drauf geschissen haben, verstehst du?
- ein einprägsamer vergleich!

Welt die ziemlich kalt geworden ist um diese Jahreszeit
- ich würde "um diese jahreszeit" weglassen. dadurch bekommt der satz noch mehr gewicht. die welt ist allgemein kalt geworden - auch im sommer!

wann kommt deine nächste, einfühlsame, geschichte? ich freue mich schon darauf! liebe grüße. ernst

 

Servus Klara!

Das Bild dieser beiden Menschengestalten vermittelt natürlich kein Hineintauchen in eine "heile Welt Atmosphäre". Trotzdem existieren diese Menschen zwischen uns, wir begegnen ihnen.
Was mich verwundert ist, dass du einen erhobenen Zeigefinger siehst. Meinen aber doch nicht, hoffe ich. Worin macht er sich denn bemerkbar für dich? Worauf zeigt dein Zeigefinger für mich unerkannt?

Danke für deine Auseinandersetzung mit dem Text und einen schönen Tag für dich - schnee.eule

 

Hallo schnee.eule!

Deshalb kann ich dem Text ja auch was abgewinnen. Nichts schlimmer als ununterbrochen "heile Welt Atmosphäre". Aber er kommt eben für mich ein bißchen so rüber: "Sieh her! Ich zeige dir jetzt wie schlecht es manchen von uns geht." Hmm .. Ist aber eben Geschmacksache.

Schönen Gruß nach Wien übrigens :-)
klara

 

Lieber Ernst Clemens !

Diesmal warst du fast zeitgleich unterwegs, wodurch ich dich kurz verpasst habe. Vorweg lieben Dank für deine Vorfreude auf eine Geschichte von mir, das hat mich ehrlich gefreut.

Zur Geschichte selbst:

Du hast einen Punkt erfühlt der mir wichtig ist und sich beim Schreiben aufdrängte. Die Welt derer die man manchmal herablassend als Großstadtmüll betrachtet, muss nicht zwingend ausschließlich eine Welt der Gemeinheit sein. Gerade in jungen Menschen in verrückten, bedauernswerten Situationen können Gefühle von tiefsinniger Melancholie entstehen. Dies kann zum Resignieren führen, zur Aufgabe - oder ein Ventil finden im Philosophieren, im Malen, der Musik oder auch im Schreiben. Es öffnen sich neue Perspektiven, Gefühle die heilen können, entstehen.

Das tiefe Hinabinhalieren in die Lunge? Mir sind solche Zigarettenzüge noch sehr gut erinnerlich und der fragliche Genuss war, das Antreffen in der Lunge zu spüren.


Herzlichste Grüße an dich und alles Gute - Eva

 

Hallo schnee.eule,

ich will schnell einige Anmerkungen zu Deinem schönen Text machen, später melde ich mich noch einmal.
Ich denke es sollte heißen „ an jemanden auslassen zu können“
„und des Zeit Herumstehens“ ?
Vielleicht besser „... Katzenjammer und dem täglichen Selbstmitleid – Ritual seines Bruders zu entgehen.“
Ebenso „... er kickt das zu einem kleinen Ball zusammengeknäulte Papierhandtuch...“
„ ... das er sich vor ihrem Anblick ekelt ...“
„Tränen ... gelernt sie zu unterdrücken ...“
„... wischt über einige Tränen, die sie nicht hatte verhindern können ...“
Er legt den Arm um ihre Resignation? Ist das figürlich gemeint oder meinst Du `die resignierte Freundin´?

Liebe Grüße,
tschüß... Siegbert

 

Lieber Woltochinon!

Du beeindruckst mich. Die Frage ob die Resignation figürlich gemeint ist, trifft es sehr gut. Ich sehe sie in einem Bild vor mir. Ein Mädchen, tatsächlich in Resignation erstarrt. Der Impuls des Jungen in seinem eigenen Liebesbedürfnis Geborgenheit zu geben, ermöglicht es ihr, sich aus der Erstarrung zu lösen.

Danke für deine weiteren Hinweise, überhaupt für dein Auseinandersetzen mit meiner Geschichte. Vielleicht lese ich später ja noch von dir?!

Viele liebe Grüße an dich - eva

 

Gerade in jungen Menschen in verrückten, bedauernswerten Situationen können Gefühle von tiefsinniger Melancholie entstehen. Dies kann zum Resignieren führen, zur Aufgabe - oder ein Ventil finden im Philosophieren, im Malen, der Musik oder auch im Schreiben. Es öffnen sich neue Perspektiven, Gefühle die heilen können, entstehen.

Liebe Schnee.Eule, das tut mir jetzt leid, aber bei deinen Worten schüttelt es mich buchstäblich ab - deine obige Aussage ist keine neue Erkenntnis und doch wohl logisch und muss nicht extra hervorgehoben werden. :susp:

Durch diese Aussage entsteht folgender Eindruck, den du sicher nicht vermitteln wolltest:
"Ja, auch Leute, denen es schlechter geht als uns, denken und fühlen!" Das ist bedenklich.
Ich kann das jetzt nicht besser ausdrücken, aber ich glaube, du weißt, was ich meine.

Mir kommt überhaupt vor als würdest du deine Protagonisten ein bisserl mitleidig betrachten -
so nach dem Motto "Ach, wie traurig!". Das ist zu einfach gestrickt, du könntest wesentlich mehr aus dieser Story machen.

Mir hätte es zB gut gefallen, wenn deine agierenden Personen sich nicht nur in ihrer Hoffnungslosigkeit suhlen würden - sich gegenseitig auch noch ansülzend - sondern wirklich nach neuen Perspektiven Ausschau halten würden. Auch wenn diese Versuche eventuell zum Scheitern verurteilt sind. Dann wäre der Titel "Resignation" durchaus passend.

Nix für ungut,
und liebe Grüße an dich,
Liz

 

Hallo Eva,

wieder eine gute Geschichte von dir. Ein trauriges Stimmungsbild, dass du da zeichnest, aber auch einen starken, von Hoffnung bzw. Trotz getragenen Jungen. Der Satz

Er legt seinen kraftvollen Arm zärtlich um ihre Resignation
ist ein schönes Bild, der auch beide Personen gut charakterisiert.
Viellicht hätte ich mir noch mehr Gegenwehr von dem Mädchen gewünscht, dass du Resignation noch mehr zum Ausdruck kommt.

An manchen Stellen ist es ein bisschen pathetisch

nicht solange es so etwas wie diese Liebe zwischen uns gibt. Du darfst deiner Liebe nicht nur die dunklen Wolken der vermeintlichen Rettung da oben zeigen
Obgleich die Metapher mit den Sternen und der Hoffnungslosigkeit wirklich ein Geniestreich war. Aber wie gesagt, für einen Geschmack hast du diese Stelle etwas zu pathetisch umgesetzt. Aber das ist natürlich Geschmackssache.

Kann es sein, dass du dich diesmal vollkommen vom Autobiografischen getrennt hast? Ist dir gut gelungen!

LG

Jan

 

Servus Liz !

Meine Geschichte nach deinem Feeling zu kritisieren ist ja völlig legitim. Wenngleich du eigentlich einen Dialog danach kritisierst, dass es dich dabei gleich abschüttelt tut mir leid, ich kann es dir aber nicht ersparen. Denn auch wenn es keine neue Erkenntnis birgt und logisch scheint, muss es nicht zwingend unerwähnt bleiben.

Was du meinst, weiß ich schon, und es liegt mir tatsächlich wohl kaum etwas ferner als diese Interpretation von "denen es schlechter geht, die können auch fühlen". Worum es mir ging, war auch sicher nicht, Mitleid zu erwecken.

Was mir wichtig war? Zum einen das Zusammenspiel von Ängsten, Gefühlen von Geborgenheit, die Gefahr des Resignierens, das Flüchten in die schutzbringende Dunkelheit. Wobei zum anderen aber mein Hauptanliegen war, dass man in hellen Farben, im Leuchten von Sternen, im Glanz von irgendwas nicht blindlings Schönes vermuten muss, dass sich gerade dort, im vermeintlichen Licht, todbringende oder vergängliche Momente verbergen können.

Dass die Sprache dabei sülzern genannt werden kann, na schön, so reden meine Figuren halt. Ein realistischer Perspektivenwechsel, und dementsprechend gesetzte wirklichkeitsnahe Schritte, wären eine interessante Möglichkeit - aber es ist nicht meine Ambition sowas zu schreiben.

Liebe Grüße an dich und Dank für deine ausführliche Kritik - Schnee.eule

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Lieber Jan !

Du hast diese Metapher aufgespürt und sie trotz all der für dich mitschwingenden pathetischen Worte hervorgehoben was mich sehr, sehr freut. Wie oben erwähnt ist diese Stelle mein eigentliches Anliegen gewesen. Diese Sprache, die scheinbar für dich störend wirkt, ich weiß nicht, die ist einfach in mir und ich möchte sie nicht verleugnen, ja nicht mal missen.

Mit der Geschichte an sich habe ich mich schon sehr von meinem eigenen Leben losgelöst. Besser gesagt, von meiner persönlichen Geschichte. Fein, du hast es bemerkt. Trotzdem fließt natürlich auch dieses, mein Leben mit ein. Wie z.B. die Resignation die Inspiration einer Skulptur war, hervorgerufen bei einer Ausstellung und das Spiel zwischen Hell und Dunkel, welches mich beim Malen von Gefühlen derzeit sehr beschäftigt. Aber auch die bettelnden Kids in der U-Bahn und die Reaktionen der Menschen sind ein Teil des umgebenden Alltages.

Ich sende dir ganz liebe Grüße - Eva

 

Liebe Schnee.eule,

wer soll die Geschichte auch sonst geschrieben haben!
Sie gefiel mir sehr gut, vor allen dingen deswegen, weil du mit dem satz "Dort ist das blendende Licht der Hoffnungslosen" darauf hinweist, das der freiwillige Tod keine Rettung, bzw. Lösung ist. Das ist stark.
Leider wird kein Junkie diese Story als Trost, Hoffnung nehmen können, zu groß ihr Leid, ...vielleicht ja doch mal einer, wer weiss?
Jedenfalls hatte ich wieder sehr viele Bilder im Kopf. Tolle Beschreibungen von Dir und eine vernünftige, tja, doch Hoffnung gebende Handlung, bzw. ganz allgemein "Hoffnung" für jeden, der glaubt seine Seele ist verloren

Danke, Archetyp

 

Hallo Schneeeule!

Eine, die Hoffnung in der Hoffnungslosigkeit gut beschreibende Geschichte! Erst, als sie durch die U-Bahn-Station liefen, dachte ich doch tatsächlich, er wolle mit ihr gemeinsam auf den Schienen in eine U-Bahn laufen... Aber dann hat sich alles zum Positiven entwickelt - wäre schön, wenns immer so wäre!

Der Satz hat mir besonders gut gefallen:

Hier ist es doch nur dunkel in all dem Neon.

Ein paar Anmerkungen...;):
macht sich auf dem Weg zum Klo.
- auf den Weg

voll Entzücken seinen Hass auf Gott und die Welt auf jemanden auslassen zu können.
Dieser Satz klingt umständlich mit zweimal "auf", nach "Entzücken" gehört ein Beistrich. Vorschlag: "..., voll Entzücken darüber, seinen Hass auf Gott und die Welt an jemandem auslassen zu können."

Nach den langen Stunden des Rumlaufens
Herumlaufens

um dem Katzenjammers, seines Bruders tägliches Ritual von Selbstmitleid, zu entgehen.
Katzengejammer

liegen die Augen eines Erwachsenen der schon viel zuviel gesehen hat von der Realität seiner Welt.
nach "Erwachsenen" besser einen Beistrich, "gesehen hat" würde ich nach "Welt" schreiben: ...liegen die Augen eines Erwachsenen, der schon viel zuviel von der Realität seiner Welt gesehen hat.

„Hi“ sagt sie
Beistrich nach der direkten Rede: "Hi", sagte sie...

ein ganz kleines, fast unscheinbare Tränchen
unscheinbares

ich pack das alles nicht mehr, mein Freund.
Das klingt seltsam, daß sie "mein Freund" zu ihm sagt - warum gibst Du ihm keinen Namen?

"...Bleib stehen du blöder Junkie“
Am Ende fehlt ein Satzzeichen - würde ein "!" machen.

in diesen Himmel" presst er heraus.
...Himmel", presst er...

in diesem ewigen Dunkel dort willst du
...Dunkel, dort

Knopf,die ebenfalls auf den Knien zusammengekauert auf der Wiese sitzt und friert,wendet
Leerzeichen nach den Beistrichen

mit einem Klammergriff seiner schmutzigen Hände
Warum hat er jetzt schmutzige Hände? Er hat sie doch vorhin gerade gewaschen.

Nachthimmel.„Du
Leertaste nach Punkt

Seine Angst alleine zurückzubleiben
Angst, alleine

sagt er ganz leise "Sie leuchten
...leise: "Sie...

damit sie sich nicht verleiten lässt zu sterben.
lässt, zu sterben.

in einer Welt die ziemlich kalt
Welt, die

Alles liebe
Susi

 

Genau das ist es - lieber Archetyp,

die Hoffnungslosen lassen sich manchmal zu sehr, durch das Rettung verheißende Licht BLENDEN, welches sie über den Umweg der Dunkelheit zu erreichen suchen. Wie gut dieses Wort passt, das du hier verwendet hast.

Weißt du, ich glaube, es muss nicht unbedingt gleich ein echter Junkie sein, der über den Sinn dieser Aussage nachzudenken beginnt, wenngleich es wunderbar wäre. Es gibt die unterschiedlichsten Lebenssituationen, wo man vermeintlich Zuflucht in einer Atmosphäre von Sternenglanz sucht, weil sie Wärme und Geborgenheit verspricht.

Das Licht ist manchmal aber wie eine Fatamorgana. Der Durstende erhofft sich dort endlich die Erlösung und erliegt doch nur einer neuerlichen Illusion.
Aber es gibt Wasser, wir wissen es und müssen uns nur aufmachen um an den Quell zu kommen. Wenn rumlaufen nichts nützt und hoffen nicht, dann vielleicht graben. Wir werden trinken.

Da sind sie schon wieder diese Worte, sülzend, pathetisch – ich mag sie, sie sind meine Freunde.

Danke dir, Eva


_________________________________________________


Servus Häferl !


Es freut mich, wenn dir meine Geschichte gefallen hat. Ich weiß, dass das nicht immer so ist. Es ist schön, dass dir der Satz, in dem die Dunkelheit in all dem Neon angesprochen ist, besonders auffiel.

Zu deinen Anmerkungen kann ich nur sagen, dass ich scheinbar doch auch eine oberflächliche Seite habe. Nochmal und nochmal lese ich bevor ich die Story rauslasse und dann übersehe ich erst noch Fallfehler und Wortwiederholungen.
Beistriche, wie schon früher gesagt, die unterliegen einem System, das ich wahrlich nie durchblicken werde. Danke vor allem für den Hinweis auf die gewaschenen schmutzigen Hände. Das hätte nun doch wirklich nicht passieren sollen.
Dass das Mädchen den Jungen mit „mein Freund“ tituliert, statt ihn mit seinem Namen anzusprechen ist unbewusst geschehen, doch mein Bewusstsein sagt mir, dass ich es so darstellen möchte. Dass er ihr Freund ist, das zählt in diesem Moment, und das soll hervorgehoben bleiben.

Auch dir alles Liebe, Eva

 

Hallo,

ich finde es ist wirklich mal etwas anderes, wenn der Junge und das Mädchen nicht den Freitod wählen. Denn das ist noch viel wahrscheinlicher in unserem Leben. Es bringen sich nicht alle gleich um. Das finde ich gut, dass du daran erinnerst!

Lukasch

 

Servus Lukasch!

Eigentlich hast du mich jetzt aufmerksam darauf gemacht. Es sind wahrlich mehr von uns die andere Lösungen finden, neue Wege suchen, immer wieder neue Türen öffnen. Danke für deine Gedanken dazu -

lieben Gruß an dich, schnee.eule

 

Hallo schnee.eule,

Deine Geschichte hebt sich durch die Schlußszene von anderen Geschichten mit ähnlicher Thematik ab. Du machst es Dir halt nicht so einfach und stellst etwa den Tod als gnädigen Erlöser dar. Besonders gelungen ist der Aspekt des Sternenlichts als „verführerisches Licht“. Das assoziiere ich mit Lucifer, als den großen Verführer (`ihr werdet keineswegs des Todes sterben´). Das hättest du auch in Philo posten können.
Aber auch der Anfangsteil mit der Gesellschaftskritik und das Aufzeigen von (Ohn-) macht- Strukturen ist beeindruckend.

Alles Gute,

tschüß... Siegbert

 

Servus Siegbert !

Es ist schön, dass du nochmals vorbeigekommen bist. Dieses verführerische Licht, ja darauf kam es an. Die Geschichte entwickelte sich im Schreibfluss dorthin, nachdem ich vor ein paar Tagen mit leuchtend gelben Farben malte und dann feststellte, dieser Bildausschnitt stellt eigentlich die Szenerie einer Lebensflucht dar. Durch die Helligkeit ist mir das erst gar nicht bewusst gewesen, sie hat mich getäuscht.

Alles Liebe - Eva

 

Hallo,

Ich kann mich den grundsätzlich positiven Kritiken hier leider nicht so recht anschließen. Die Dialoge im letzten Abschnitt passen einfach nicht zu den gewählten Figuren. Ich wäre mehr als erstaunt, hätte ich das Gespräch der beiden im wirklichen Leben mit angehört.

Natürlich wirst du die Dialoge als ein von dir gewähltes Stilmittel verteidigen (hast du ja auch schon in einigen Antworten getan), doch ich möchte hier mal versuchen zu erklären, warum die Geschichte meiner Meinung nach nicht ganz "funktioniert":

Sie beginnt mit kraftvollen Bildern und eine hervorragenden Einführung der Protagonisten. Ich war begierig darauf zu erfahren, wie es wohl weiter gehen würde. Doch dann begann der Junge mit dem Mädchen zu sprechen, und ich verlor – wie soll ich es sagen ? – den Kontakt zu den Beiden. Sie verloren jede Glaubwürdigkeit und ich war nicht mehr interessiert am Schicksal dieser nunmehr auf Kunstfiguren reduzierten Jugendlichen, die nur noch Statisten waren, um die Botschaft der Geschichte zu transportieren.

Besonders gestört hatte mich, dass Du nicht auf einer Sprachebene geblieben bist. Wärst Du hier konsequenter gewesen, hätte ich die gewählte Sprache als Stilmittel vielleicht akzeptieren können, doch die eingeflochtenen Wörter aus der Umgangssprache ("Scheiße", "Hi", "ok", "Junkie") machten das für mich unmöglich.

Hoffentlich klingt diese Kritik jetzt nicht zu hart. Es ist ja nur so, dass ich vom Ende etwas enttäuscht war, nachdem ich eine bis dahin hervorragend geschriebene Geschichte gelesen hatte.

Nichts für ungut und liebe Grüße,
Gerald

 

Hallo schnee.eule,

ich finde deine Geschichte schön geschrieben. Aber es kam mir darin zu vieles bekannt vor, schon gelesen in Geschichten mit ähnlichem Inhalt. Die Methaper mit den glitzernden Sternen erinnert mich ganz stark an das Ende des Buches "Gangsta Bone".
Ich empfinde die Geschichte vom Inhalt nicht als deine beste, zu sehr aus Einzelfragmenten, die irgendwo schon da waren, zusammen gesetzt. Zu sehr komponiert, oder auch nur mit weniger Bauch geschrieben. Eine Wortwahl wie ,Scheisse' bei dir zu finden, noch dazu in Wortwiederholung, verblüfft doch ziemlich.
Vielleicht liegt es auch am Thema selbst, das ja schon auf zu viele Arten beschrieben wurde. Vielleicht glaube ich auch nur, dass dir das Junkie- Thema keine Höhlen lässt. Vielleicht brauchen deine Geschichten jedoch gerade diese Höhlen, in denen bestimmte Worte und Sätze von dir überleben können.

Liebe Grüße - Aqualung

 

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