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14.09.2016
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Reset

Bitte renne nicht wieder weg, ich kann das nicht noch einmal durchstehen!
Mein Griff um ihre Schultern schien zu fest zu sein, ihr Gesicht war vor Schmerz zu einer Grimasse verzogen, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Dennoch war es mir nicht möglich, sie loszulassen, fürchtete ich mich doch davor, dass ich wieder einmal ihren Rücken sehen würde. Ihren Rücken, während sie schweigend wegrennt.
Sie sah mir nicht direkt in die Augen, ihre Lippen schienen versiegelt. Frustriert wie ich war, hätte ich sie am liebsten kräftig geschüttelt und angeschrien, in der Hoffnung sie würde wieder zur Vernunft kommen. Doch ich konnte es nicht.
Langsam löste ich meinen Griff, mein Hals fühlte sich trocken an, meine Augen hingegen feucht. Diesmal bekam sie meinen Rücken zu sehen, doch ich rannte nicht weg. Angespannt lauschte ich darauf, ob sie die Chance ergriff, doch ich konnte keine Schritte hören.
Meine Erleichterung darüber machte mich gleichzeitig wütend. Ihr Handeln verletzte mich nur und war einfach irritierend. Doch ich fragte mich auch nach dem Grund für ihre Veränderung und wann es überhaupt begonnen hatte. Ich wusste nicht einmal, wovor sie überhaupt weglief.
War es am Ende gar meine Schuld?
Ich schüttelte den Kopf und seufzte :“ Du...du nimmst mich mal wieder nicht ernst.“
Meine Stimme brach, ich wollte weiter reden, doch als ich ihre Wärme spürte, waren alle Worte in meinem Kopf wie weggeblasen. Überall in meinem Körper breitete sich die lang ersehnte Wärme aus, brachte mich beinahe um den Verstand.
Ich hätte mich am liebsten aus dieser Umarmung entrissen, doch ich konnte mich auch nicht mehr bewegen, mein Körper hatte diese Nähe so vermisst, nach ihr geschrien und nun wurde das Verlangen endlich gestillt.
Wie eine warme Klinge bohrte sich das Gefühl durch mein Herz, mir liefen heiße Tränen die Wangen herunter und ich wünschte mir jetzt inständig, dass sie mich loslassen würde.
Meine Welt bröckelte dennoch ein wenig, als sie tatsächlich von mir abließ und die Umarmung löste.
Wenn du jetzt wieder wegrennst“, flüsterte ich mit belegter Stimme, „dann folge ich dir nicht mehr. Ich bin es Leid, es zerstört mich dir immer bloß zu folgen. Mein Herz erträgt es nicht mehr. Ich bin mir wohl bewusst, dass ich damit unser heiliges Versprechen breche, es tut mir wirklich Leid.“, immer leiser und leiser sprach ich, verstand sie meine Worte überhaupt noch? „Jedoch werde ich dir nie wieder folgen. Du wirst dann ebenso einsam sein, wie ich mich jedes mal fühlte, als ich dir gefolgt bin. Immer bist du wortlos verschwunden...“
Schnelle Schritte. Dann ein Türknallen und das Geräusch eines Bilderrahmens, welcher herunterfällt und zerbricht. Das Geräusch, welches vermutlich mein Herz auch gemacht hat.
Sie war endgültig weg.
Ich aber würde bleiben.
Sie hat mich wieder verlassen und im Chaos ertrinken lassen. Wellen aus Selbsthass, Zweifel, Schuldgefühlen und unerbittlichen Fragen schnürten mir die Luft ab.Ich konnte deutlich das Blut in meinen Ohren rauschen hören. Es war fast schon ein tröstender Lärm.
Nun blieb mir nichts anderes übrig, als meine erschöpften Glieder ins Wohnzimmer zu schleppen.
Die Couch fing mich hart auf, die Kissen liebkosten mich aber weich.
Mir tat alles weh.
Mein Körper.
Meine Seele.
Beides geschunden durch diese Frau.
Und meine eigene Naivität, ihr weiterhin vertraut zu haben.
Die Wellen schlugen weiterhin hart gegen mein Bewusstsein, doch schon bald wurde ich in eine schwarze Tiefe hinab gesogen.
Ich verspreche an deiner Seite zu bleiben, was auch immer geschehen mag. In guten Zeiten lachen wir gemeinsam, in schlechten Zeiten stützen wir den jeweils anderen. Gemeinsam gehen wir bis an den Rand der Welt. Ich will dich niemals verlassen und wenn wir mal getrennt sein sollten, so werde ich dir folgen, wohin der Wind dich auch tragen mag.
Lügen. Alles bloß Lügen.
Damals hatte sie gelächelt, Freudentränen in den Augen. Ihre Augen, oh, ihre wunderschönen Augen. Sie glitzerten wie die einer Göttin.
Doch letztendlich war auch das eine Lüge gewesen. Eine Lüge, die ein ganzes Leben angehalten hat und zerstört. Das Vertrauen, die Zuneigung, es war alles geheuchelt gewesen. Nicht echt war es gewesen, niemals.
Es gab keine Chance, dass es jemals echt werden würde.
Ihr Lächeln, ihre Augen. Es verschwand langsam. Alles wurde zu einem dichten Nebel.
Und vor mir schien ein Schalter zu schweben.
„Reset“
Neustart.
Einfach von vorne beginnen, vergessen, Frieden schließen und daraus lernen.
Es besser machen.
Irgendwann Gewinnen.
Der Nebel lichtete sich jedoch, als jemand heftig gegen die Tür hämmerte und immer wieder klingelte. Meine Ohren schrillten.
Ich wurde aus diesem Traum gerissen, stand aber auf und ging zur Tür.
Vor ihr stand eine Frau, welche sofort anfing aufgeregt zu weinen :“Bitte hör nicht auf mir zu folgen! Ohne die Gewissheit, dass du mir folgst, dass du bei mir bist, kann ich nicht weiter leben.
Doch ich habe keine Erinnerung mehr an ihr Gesicht, ihre Stimme oder ihren Namen.
Ich musterte sie aus stumpfen, glanzlosen Augen und bemerkte, dass sie keinen Ring am Finger trug.
Verzeihen sie, aber das muss eine Verwechslung sein.“, erwiderte ich kühl und schloss die Tür wieder.
Dann befreite ich mich auch von der letzten großen Lüge. Ich griff den Ring an meiner rechten Hand und striff ihn ab. Er war voll mit hässlichen Erinnerungen, voll mit schmerzhaften Gefühlen.
„Reset“, flüsterte ich und sah zu, wie der Ring im Ausguss verschwand.

 

Hi Amalia Cosma,

darf ich endlich auch mal diese Rolle einnehmen, yes! :D Du hast schon zwei Kurzgeschichten hochgeladen, die erste hat nicht unbedingt positives Feedback bekommen, also nimm dir ruhig mal Zeit, ein paar Kurzgeschichten der anderen zu lesen und unbedingt auch zu kommentieren. Ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage, dass man eine Menge lernt.

Darüber hinaus gilt meiner Meinung nach für diesen Text dasselbe wie für den anderen: es passiert nicht genug. Mir gibt es zu wenig Handlung. Es klingt wie aus einem Tagebuch, nicht wie eine Kurzgeschichte. Das ist wahrscheinlich nicht, was die meisten hier lesen wollen.

Ich habe nicht einmal mitbekommen, ob es sich beim Erzähler um einen Er oder eine Sie handelt. Vielleicht habe ich etwas überlesen; vielleicht gibt es Fälle, in denen es egal ist, aber hier hat es mich gestört.

Ein paar Abätze, d.h. Leerzeilen wären auch keine schlechte Sache.

Der letzte Satz hat mir übrigens gut gefallen, möchte ich erwähnen!

Lass dich nicht von mir entmutigen

imperfektionist

 

Hallo :)
Ich verstehe schon das Anliegen, das die Handlung zu platt scheint, aber persönlich muss ich auch sagen, das solche Sachen eher meinem Stil entsprechen.
Hier geht es kaum um eine lange, ausgeschriebene Handlung, sondern um Den Prota und sein Innenleben, seine Gefühle und die Art, wie er mit der Situation am Ende umgeht.
Ich finde, dass so etwas wichtiger in einer klassischen Kurzgeschichte ist.
Jedoch werde ich versuchen, die Handlung meiner nächsten Texte noch etwas besser zu machen. Allerdings kann ich nicht zu viel Versprechen, da ich mich nicht verbiegen möchte und keinen komplett anderen Schreibstil aneignen mag.

Das mit den Zeilen lassen werde ich mir merken! Es hilft wirklich, wenn man in solch einem Text quasi Denkpausen einlegen kann :).

Danke für die Kritik, ich versuche es in der nächsten Geschichte besser zu lösen das ich als Autorin und auch die Leser gleichermaßen Spaß an der Geschichte finden.
lg AC~

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Amalia Cosma

Hier geht es kaum um eine lange, ausgeschriebene Handlung, sondern um Den Prota und sein Innenleben, seine Gefühle und die Art, wie er mit der Situation am Ende umgeht.
Ich finde, dass so etwas wichtiger in einer klassischen Kurzgeschichte ist.

Ja, man kann den Akzent bei einer Kurzgeschichte sehr gut auf diese Aspekte legen. Das Problem liegt aber darin, dass du es dem Leser nicht einfach machst, die Situation zu verstehen und damit die Gefühle nachzuvollziehen. Als Beispiel zitiere ich folgenden Satz:

Ihr Handeln verletzte mich nur und war einfach irritierend. Doch ich fragte mich auch nach dem Grund für ihre Veränderung und wann es überhaupt begonnen hatte. Ich wusste nicht einmal, wovor sie überhaupt weglief.

Als Leser weiss ich zu diesem Zeitpunkt weder, a) was genau sie getan hat ("ihre Handeln", ist das bloss das Weggehen?), b) worin ihre Veränderung besteht, c) wer genau "sie" ist (Freundin, Ehefrau, Mutter, Tochter?), d) weshalb die Handlung den Protagonisten verletzt und irritiert und e) wer der Protagonist überhaupt ist.

Klar, irgendwann denke ich, dass es sich um eine Liebesbeziehung und um eine(n) Trennung(versuch) handelt und ich kann die Fragen, die ich oben gestellt habe, in einem allgemeinen Sinn beantworten. Aber bis dahin habe ich zuwenig Anhaltspunkte, um in die Geschichte eintauchen zu können. Ich finde keinen Bezug zu den Gefühlen, die du beschreibst. Das bleibt zu abstrakt. Ich denke, das ist der Grund, weshalb man sich dann mehr Handlung, ein Setting wünscht.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hej Amalia Cosma,

wenn Du für Deinen nächsten Text etwas anders machen möchtest, würde ich empfehlen, Dir weniger Sorgen um Deinen Stil zu machen. Ich denke, dass der sich ohnehin über einen längeren Zeitraum entwickelt und von dem beeinflusst wird, was Du liest und schreibst und natürlich wie und in welchem Umfang Du Dich mit Deinen eigenen Texten auseinander setzt.

Wenn Du etwas an Deinen Geschichten ausprobierst oder veränderst, bedeutet das sicher nicht, dass Dein Stil sofort futsch ist.

Wenn Du möchtest, dass Deine Leser in irgend einer Form Spaß beim Lesen Deiner Geschichten haben, dann könntest Du versuchen, den Hinweisen, die Dir Leser hier geben mal wirklich in Deinen Texten nachzugehen und dabei zu überprüfen, ob da etwas dran ist.

Zum Beispiel:
Das Geschlecht Deines Protagonisten ist nicht eindeutig erkennbar.
Wenn diese fehlende Information eine bewusst getroffene Entscheidung war, dann gibt es einen Grund dafür, Du setzt ja damit auf eine bestimmte Wirkung (mit fällt in diesem Kontext keine sinnvolle ein, aber ist ja auch nicht mein Text).
Den Grund solltest Du zumindest für Dich selbst benennen können und bis zu einem gewissen Grad sollten Deine Leser auch ohne explizite Erklärung Deine Entscheidungen für oder gegen bestimmte Informationen begreifen können.

Wenn Du selber keine guten Gründe für solche Lücken hast und Deine Leser Dir versichern, dass da etwas fehlt, wäre das ein möglicher Hinweis dafür, dass es sich dabei keineswegs um Stilmittel handelt oder der Text dadurch scheinbar spannender oder geheimnisvoller wird, sondern dass da wirklich etwas fehlt und Du an dem Punkt keine Entscheidung getroffen hast.

Vielleicht würde es Dir auch helfen, Dir Kritiken zu anderen Texten durchzulesen.
Oft ist man, was die eigenen Texte angeht, etwas betriebsblind und versteht das besser, wenn man weniger involviert ist.

Ich wünsche Dir jedenfalls noch viel Spaß hier.

Gruß
Ane

 

Hallo Amalia Cosma

Ich glaube Dir schwebt Literatur nach dem Konzept des "stream of consciousness" vor. Eine legitime Herangehensweise, bei der Gedanken und Wahrnehmungen der Figur die Handlung überlagern. Ich möchte Dir vorschlagen, Dich mit der Technik gründlich zu befassen. Es handelt sich um sehr anspruchsvolles Schreiben und geht bei der Konstruktion weit über die Tagebuchform hinaus.
Ich finde es ehrenwert, dass Dir ein eigener Stil wichtig ist. Und man sollte sich auch nicht nach jeder Kritik und jeder Mode richten, wenn man Literatur als Kunst betrachtet. Aber wenn kein Leser versteht, was Du zu sagen hast, bleibst Du Dein eigenes Publikum. Und das wäre schade, da ich denke, dass sich vieles unter der Oberfläche Deiner Texte verbirgt, dass ich bislang nur verschwommen wahrnehme.

Grüße, Kellerkind

 

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