Reserveeisenhüttenwelt drei
Und wieder ein leeres Stück Papier. Frag nicht nach Sonnenschein.
Frag überhaupt nicht. Gib es her, das Buch mit den Fragen. Gib mir fünf.
Am besten gleich fünf mal. Hintereinander oder parallel. Paranoid.
Ganz logisch, wenn man mehr Angst hat, hat man weniger Wut. Sollte das wirklich proportional zueinander stehen. Las mich noch mal für einen Moment allein. So jetzt kann´s los gehen. Wir sind auf dem besten Weg.
Lach noch mal, aber las die Zunge nicht immer so raushängen, sieht ja aus wie ein Hund. Klar, Hunde dürfen da nicht rein, aber du willst ja auch nicht rein. Mußt es probieren, ich war auch drin. Eine halbe Ewigkeit. Red ich von Ewigkeit. Nein, benutze nur das Wort. Nicht mehr und auch nicht.
Schicht.
Spuck das wieder aus. Obgleich ich nicht gesehen hab, was es war, was du gemundest. Pass mal auf, ich zeig dir ein Kunststückchen. Diese Schachtel hier, da ist ein Los drin und wenn du die Schachtel aufmachst ist es weg. Es ist nur drin, wenn die Schachtel zu ist.
Es gewinnt auch am Samstag fünf Millionen Mark. Mach dich nicht verrückt, du kommst sowieso nicht ans Los. Machst du die Schachtel auf, isses weg. Ich lass dich jetzt allein mit der Schachtel, denksde ich hab dich verarscht. Guckst du nun in die Schachtel oder nicht. Wenn du es nicht tust, wirst du dich quälen. Hast du Angst das ich über dich lach, wenn du die Schachtel von allen Seiten betrachtest. Ich glaub, dann wäre ich ein schlechter Mensch, wenn ich über etwas lach, was nicht anders funktioniert. Aber du weißt ja nicht, ob ich gut bin oder schlecht. Du kennst mich nur als den Mensch, der dich mit der Schachtel allein gelassen hat. Stell ich dich auf die Probe. Ja ich probiere dich.
Schicht.
Wer war den das mit der Suppe. Überall so kleine Kleckse in der Küche. Das ist Suppe, da kannste mir erzählen, was du willst.
Schicht.
Liebst du Operette. Dann laß uns gehen. Wir müssen uns beeilen. Ein Fuß setzt sich vor den anderen. Im Auto ist endlich Ruhe. Vom Auto aus noch Karten bestellen. Sind in ner Stunde da. Die Ampel ist rot, Fußgänger wechseln die Seiten. Werden von Straßenlaternen in Licht getaucht. Die Ampel schaltet uns frei und trotzdem sind noch Passanten auf der Straße. Uninteressant, wir müssen zur Operette. Ja, was ist den wichtiger? Entweder oder Oper?
Schicht.
Die Oper ist gefüllt bis an die Grenze, die von der Feuerwehr von wegen Fluchtmöglichkeiten bestimmt ist. Ich frage mich, wo das noch alles hinführen soll. Lieber Gott, wenn es dich gibt, sag mir wo die Sterne sind, wo sind sie geblieben. Solche und weitere Sätze aus dieser Sparte kommen aus den hungrigen Mäulern der Operettinisten. Eine verzückte Dame wirft im Taumel ihrer Gefühle ein seidenes Getuch in die tosende, nach Thymian riechende Menge. Die Massenextase, auf die es hier eindeutig hinausläuft, ist nicht mehr zu verhindern. Polizisten halten die zodelnde Menge im Zaum. Am Ende des dritten Aktes sieht man Herren in dunklen Mänteln durch die Seiteneingänge sehr, sehr unauffällig glubschen. Die sind nicht von schlechten Elter, gellt der Leibhaftige auf der Bühne, pfeiffend auf einer Backe. Er packt seine sieben Sachen und will fliehen. Die kleine Mantelarmee formiert sich und stürmt mit russischen Hurra-Schreien dem Flüchtling hinterdrein. Tumult macht sich breit. Unhöflich verabschieden sich die um den vierten Akt betrogenen in Schale geworfenen Operettengenießer. Es kann ihnen keiner verübeln.
Schicht.
Frieden ist eingekehrt, in der kleinen Schenke am Brunnen. Ein Schakal schleicht im Schutze der Nacht die Hauswände hoch und runter. Die Stadtwerke freuen sich. Die Laternen kosten viel Geld. Zwei wilde Trunkenbolde schlafen friedlich in ihrer Behausung, nahe der Schenke. Es ist ein schönes Fleckchen Erde, wenn man sich´s so betrachtet. Niemand geht einen auf den Senkel und niemand weckt mich auf. Ich bin eingeschlafen am Brunnen. Meine Beine, noch schwer vom Tragen, baumeln in das Innere der Wasserlache.