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Remembrance

MRG

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12.03.2020
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Remembrance

Jean Paul schrieb einst, Erinnerungen seien das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können – aber manchmal irrt sich auch ein Schriftsteller. Diese Erkenntnis kam Rémy bei einem Besuch seiner Oma Celia. Er fuhr morgens mit seinem Firmenwagen aus Rheinbach nach Auw bei Prüm. Er genoss die Fahrt auf den kurvigen Straßen. Dabei stellte Rémy sich vor, die Strecke mit dem Motorrad zu fahren: wie er leicht abbremste, durch die Kurve blickte, die Schräglage genoss, den Scheitelpunkt abpasste, um dann zu beschleunigen. Auch wenn er seine MT07 schon länger nicht mehr besaß, ließ ihn die Erinnerung an seine Touren in der Eifel lächeln. Damals war es seine Oma gewesen, die ihm den ersten Job in der Dorfbäckerei beschafft hatte, mit dem er sich seine Maschine finanzieren konnte.

In Auw angekommen fuhr er an der Kirche und der freiwilligen Feuerwehr vorbei und stellte seinen Wagen vor ihrem Haus ab. Rémy klingelte, keine Reaktion. Nach mehrmaligem Schellen öffnete Oma Celia endlich die Tür, ihre Haare zerzaust. Rémy begrüßte sie: „Hallo, Oma.“
„Rémy? Was ... was machst du denn hier?“
Er antwortete lächelnd: „Ich hab dir am Telefon gesagt, dass ich heute vorbeikomme. Hast du’s vielleicht vergessen?“
Oma Celia schüttelte den Kopf: „Ich ... ich weiß nicht. Hab ich wirklich? Oh Gott, ich hab bestimmt auch vergessen aufzuräumen.“
„Alles in Ordnung, Oma. Du musst dich deswegen nicht stressen. Ich bin ja nicht das erste Mal hier.“
„Na dann komm rein. Du musst bestimmt denken, ich werd langsam verrückt ... erst dieses Vergessen und jetzt tauchst du einfach auf, und ich bin völlig ... völlig durcheinander.“
Rémy nahm ihre Hand. „Oma, wir gehen’s ganz in Ruhe an, okay? Ich bin nur froh, dich zu sehen.“
„Du bist ein guter Junge, Rémy. Dass du dir all die Mühe machst ... ich weiß das gar nicht zu schätzen. Du verschwendest deine Zeit.“
„Das ist keine verschwendete Zeit. Ehrlich. Das hier ist das Beste, was ich machen kann.“
Oma Celia sagte leise, fast flüsternd: „Und ich hab’s wirklich vergessen ... dabei hab ich mich doch so gefreut, dass du kommst.“
„Dann freust du dich jetzt einfach nochmal. Doppelte Freude heute – passt doch.“
„Ach, komm rein, komm rein ... oder hab ich das auch schon gesagt?“
„Ganz egal, Oma. Ich komm einfach mit dir rein.“

Während Oma Celia sich auf das Sofa unter ihre Wärmedecke legte, ging Rémy in die Küche und machte Kaffee. Er öffnete den Wasserbehälter und achtete darauf, nicht zu viel einzugießen, um genau bei der Markierung zu stoppen. Als nächstes setzte er den Papierfilter ein, holte den Kaffee aus der Kaffeedose mit dem blauen Sternenmuster die in seiner Erinnerung schon immer in dieser Küche gewesen war, löffelte Pulver in den Filter, schaltete die Maschine ein und lauschte dem durchlaufenden Wasser. Während er wartete, schaute er sich um und sein Blick fiel auf die Bilder über dem Esstisch: Da waren Rémy und seine Schwester zu sehen, wie sie im Garten auf dem alten Kletterbaum saßen, seine beiden Cousins beim Schnitzen, ein Familienfoto von Omas 85. Geburtstag, ein Hochzeitsbild von Rémys Eltern und ein Portrait von seinem verstorbenen Opa mit einer Pfeife im Mund. In einem Regal daneben standen Fotoalben. Ob das Oma Celias Stimmung aufheiterte, wenn sie sich gemeinsam Bilder ansahen? Vielleicht half ihr das beim Erinnern und würde ihr ein wohliges Gefühl geben. Rémy nahm ein Fotoalbum mit der Helgolandreise von vor vierzehn Jahren in die Hand und blätterte darin, bis der Kaffee durchgelaufen war.

Nachdem er den Kaffee serviert hatte, sagte Rémy: „Oma, schau mal, was ich gefunden hab.” Er schlug die Seite des Fotoalbums mit der Wappen von Hamburg, dem Hafen und Bildern von der Düne auf. „Da gab’s noch die alten Hütten auf Helgoland. Weißt du noch, wie wir da Tiger Prawns mit Knoblauch gegessen haben?”
„Helgoland? Nein, da war ich noch nie”, sagte Oma Celia, während sie die Seiten durchblätterte. „Ich kenne die Bilder nicht.”
„Aber wir sind ja fast jedes Jahr dort gewesen.”
Auf einem Bild war sie auf dem Schiff zu erkennen.
Stille.
Dann sagte sie: „Manchmal ... manchmal glaub ich, ich verschwinde einfach. Stück für Stück. Und dann bleibt nur noch ... nichts.“ Sie legte das Fotoalbum weg.
Für einen Augenblick fragte er sich, wie lange sie wohl noch alleine klarkommen würde.
„Solange ich hier bin, bleibt alles da. Du, ich, die alten Geschichten. Alles", sagte Rémy.
Celia blickte ihn an, die Stirn noch immer in Falten. „Die alten Geschichten ... meinst du wirklich, die bleiben?“
„Natürlich. Wir könnten gleich eine alte Geschichte wiederbeleben. Wie wär’s, wenn wir eine Runde Rummikup spielen?“
„Rummikup? Was ist das denn?“
„Na, weißt du nicht mehr? Das haben wir immer gespielt. Ich hab fast nie gegen dich gewonnen.“
„Es ... es sagt mir nichts, Rémy. Wirklich nichts. Spielt man das mit Karten?“
„Mit kleinen Steinen und Zahlen drauf, weißt du? Du hast mir immer erklärt, wie die Reihen gehen. Einmal hab ich gemogelt, und du hast’s sofort gemerkt.“
„Vielleicht hab ich das ja gern gespielt, früher ...“
„Du hast es geliebt. Aber ist auch egal, Oma. Wir können einfach was anderes machen.“
Oma Celia sagte leise, als spreche sie mehr zu sich selbst: „Alles, was ich geliebt hab ... es verblasst einfach. Ein leeres Blatt, nichts bleibt … Du bist ein guter Junge, Rémy. Schade nur, dass ich ... dass ich nicht mehr dieselbe bin.“
„Für mich schon. Immer. Wollen wir spazieren gehen?“

Sie liefen die klassische Runde, vorbei an dem Kindergarten den Berg hinauf. Die frische Luft tat ihnen beiden gut. Oma Celia erzählte wieder und wieder dieselben Geschichten aus dem Dorf und Rémy hörte zu und lachte mit ihr. Tante Greta hatte noch mehr zugenommen, die Enkelin der Chorleiterin studierte in Aachen Maschinenbau und sie hatte Hubert aus ihrer alten Schulklasse getroffen.

Schließlich machten sie sich auf den Rückweg und Oma Celia führte sie vorbei an den alten Linden zum Friedhof. Dort hielt sie vor einem Grabstein an. Paul Leblanc. Ihr verstorbener Ehemann und Rémys Opa. Auf dem Grabstein war ein französischer Schriftzug eingraviert: la remembrance de quelqu'un.
„Ich hätte Blumen mitbringen sollen”, sagte Rémy.
„Wieso denn Blumen?”

 

Moin, moin @MRG ,

wie schön, dass auch Du dich an der Challenge beteiligst. Ich hoffe auch endlich wieder die Füße auf den Teer zu bekommen und eine Geschichte abzuliefern. Aber schauen wir mal bei "Deiner" Oma vorbei ...

Remembrance
Leider ist Französisch eine Sprache, die mich nie erreicht hat, Null Sprachbegabung. Ich kann aber auch keinerlei Mehrwert erkennen, denn natürlich heißt es genau das, was ich mir gedacht hatte. Aber vielleicht hast Du noch einen anderen Gedanken dabei ...

Jean Paul schrieb einst, Erinnerungen seien das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können – aber manchmal irrt sich auch ein Schriftsteller. Diese Erkenntnis kam Rémy am 21. September des Jahres 2024 bei einem Besuch seiner Oma Celia. Er fuhr morgens mit seinem Firmenwagen aus Rheinbach nach Auw: Von der Kirchheimerstraße bog er auf die B51 in Bad Münstereifel ab, wechselte in Roth bei Prüm auf die B421.
Welch schöner Einstiegssatz! Leider machst Du ihn für mein Lesegefühl danach mit viel zu vielen Fakten (relevant?) kaputt. Ich erwische mich immer wieder dabei, das ich mich warm schreiben muss, oft ist der erste Absatz bei mir überflüssig. Vielleicht schaust Du hier in ein paar Wochen noch einmal drauf und überlegst, was Du wirklich brauchst.
eine Maschine finanzieren konnte.

Rémy klingelte, doch niemand war da. Nach mehrmaligem Schellen öffnete Oma Celia endlich die Tür, ihre Haare zerzaust.
das niemand da, stimmt ja nicht. Eventuell etwas abschwächen, oder halt seine Gedanken dazu?

Oma Celia schüttelt verwirrt den Kopf: „Ich... ich weiß nicht. Hab ich wirklich? Oh Gott, ich hab bestimmt auch vergessen, aufzuräumen.“
Du bist ein sehr konsequenter Mensch! Du hast wirklich immer ein Leerzeichen vor den drei Pünktchen weggelassen. So wie jetzt, zeigen die Pünktchen an, das Du einen Teil des Wo... weglassen hast. Ich merke es nur hier an, ist ja einfach zu korrigieren.

Rémy nahm ihre Hand. „Oma, wir gehen’s ganz in Ruhe an, okay? Ich bin nur froh, dich zu sehen.“
„Du bist ein guter Junge, Rémy. Dass du dir all die Mühe machst... ich weiß das gar nicht zu schätzen. Du verschwendest deine Zeit.“
Schön, wie Du uns die ganze Zeit das innige Verhältnis der Beiden zeigst, ich bin wirklich froh, nicht schon wieder einer bärbeißigen, nicht liebenswerten Oma zu begegnen.

Er öffnete den Wasserbehälter und achtete darauf, nicht zu viel einzugießen, um genau bei der Markierung zu stoppen. Als nächstes setzte er den Papierfilter ein, holte den Kaffee aus der Kaffeedose (mit dem blauen Sternenmuster), die in seiner Erinnerung schon immer in dieser Küche gewesen war, löffelte Pulver in den Filter, schaltete die Maschine ein und lauschte dem durchlaufenden Wasser. Während er wartete schaute er sich um und sein Blick fiel auf die Bilder über dem Esstisch:
Ja, so gewohnte Abläufe mit Hingabe und für den anderen erledigen, in Erinnerungen schwelgen. Gut gezeigt, aber für meinen Lesegeschmack lässt Du hier echt Potential liegen. Wie geht es ihm mit Omas Veränderungen? Oder hat er es wirklich noch nicht erkannt, dann wäre hier Kontrast denkbar.

vor 14 Jahren in die Hand
rein für die Optik würde ich es ausschreiben, das schaffen wir Leser schon :-)

Nachdem er den Kaffee serviert hatte,
Mist! Sowas sehe ich nur in Fremdtexten, ich wette, wenn ich nachher bei mir weiterschreibe, gibt e sdas auch. Solch Aufzählungsanfänge, die etwas nach Schulaufsatz klingen (Dann, Danach, Nachdem, ...) Ich finde, das geht besser (arbeite aber selbst dran)

„Helgoland? Nein, da war ich noch nie”, sagte Oma Celia, während sie die Seiten durchblätterte. “Ich kenne die Bilder nicht.”
Hier fehlt mir jetzt wirklich Reaktion! Und zwar von beiden! Ihm müsste das Problem viel bewusster werden, kann Sie denn wirklich noch alleine Leben? Aber vor allem, wie geht es ihr damit. Erschrecken, Leugnen, Verzweifeln oder Agression, ...)

Dann sagte sie: „Manchmal... manchmal glaub ich, ich verschwinde einfach. Stück für Stück. Und dann bleibt nur noch... nichts.“ Sie legte das Fotoalbum weg.
Das ist wunderschön, aber nur eine Seite der Emotionspalette.

„Das wird nicht passieren. Solange ich hier bin, bleibt alles da. Du, ich, die alten Geschichten. Alles.“
Und hier schüttle ich den Kopf! Ist das alles? Wie soll es denn seiner Meinung nach gehen? Nur weil er anwesend ist. Bitte, bitte mache es etwas konkreter und sei es, seine Unerfahrenheit und Überforderung zu zeigen.

Wie wär’s, wenn wir eine Runde Rummicup spielen?“
„Rummicup? Was ist das denn?“
Oh, gibt es verschiedene Schreibweisen. Auf unserem steht Rummikup

„Es... es sagt mir nichts, Rémy. Wirklich nichts. Spielt man das mit Karten?“
Er macht es ja eigentlich richtig, nicht aufregen, es nehmen wie es ist und damit umgehen, aber mir fehlt die Spiegelung in seinem Inneren (von mir aus auch nur in seinem Verhalten/Körpersprache). Sorry, aber da fehlt mir Tiefe :confused:

Oma Celia sagte leise, als spreche sie mehr zu sich selbst: „Alles, was ich geliebt hab... es verblasst einfach. Ein leeres Blatt, nichts bleibt… Du bist ein guter Junge, Rémy. Schade nur, dass ich... dass ich nicht mehr dieselbe bin.“
Auch das ist eine so berührende Einsicht von Oma Celia und er wischt da so drüber. Trau Dich!

Oma Celia erzählte wieder und wieder die Geschichten aus dem Dorf und Rémy hörte zu und lachte mit ihr.

Tante Greta hatte noch mehr zugenommen, die Enkelin der Chorleiterin studierte in Aachen Maschinenbau und sie hatte Hubert aus ihrer alten Schulklasse getroffen.
Hier bin ich nun verwirrt. Wenn sie Spiele und lang her Urlaube vergessen hat, ist das schon weit fortgeschritten, denn das Langzeitgedächtnis bleibt uns ja länger. Wie kriegt sie denn den Dorfklatsch zusammen. Nun bin ich ein medizinisches Rindvieh, vielleicht sprechen wir hier gar nicht über Altersdemenz oder Alzheimer, aber dann hätte sie mit dem Kurzzeitgedächtnis seinen Besuch parat. Du siehst, ich bin verwirrt. Mal schauen, was Deine Idee war, oft ist es ja nur Kleinkram, der etwas verschoben werden kann.

Auf dem Grabstein war ein französischer Schriftzug eingraviert: la remembrance de quelqu'un.
Witzig, als ich die Übersetzung googlen wollte, erscheint als erstes Deine Kurzgeschichte auf WK. Klar, erschließt es sich so, aber wie gesagt, ich weiß nicht warum.

„Ich hätte Blumen mitbringen sollen”, sagte Rémy.
„Wieso denn Blumen?”
Hart! Ein gute gemachter, harter Schluss, der mir aber nochmal verdeutlicht, das ich gerne mehr Tiefe hätte.
Ich gestehe, nach dem schönen Einleitungssatz hatte ich eine Klammer am Ende erwartet, denn irgendwie hängt der Erzähler da wie ein guter Märchenerzähler drüber.
Nun, MRG, noch hast Du mich nicht ganz am Haken, aber ich behalte Deine Geschichte im Auge, da geht noch was. Auf alle Fälle ist eine Omageschichte, hier gehen die Erinnerungen über den symbolischen Balkon, passt also.
Liebe Grüße
witch

PS irgendwo waren Anführungszeichen nach oben gesprungen, habe ich jetzt nicht wiedergefunden, sorry

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @greenwitch,

vielen herzlichen Dank für deinen erlösenden Kommentar und will direkt darauf antworten. Da sind viele nützliche Hinweise drin.

Ganz vorab: Die Oma soll nicht im Endstadium Demenz sein, sondern sie ist in einem Stadium, wo sie selber noch mitbekommt, dass sie dement wird. Daher das Schwanken bei der Oma: Mal reflektiert sie, dass sie alles vergisst, dann erinnert sie sich unerklärlicherweise wieder an aktuelle Sachen, nur um dann am Ende ihren Ehemann vergessen zu haben. Das ist typisch für den Krankheitsverlauf und mir bricht das immer wieder das Herz.

So jetzt im Detail:

Leider ist Französisch eine Sprache, die mich nie erreicht hat, Null Sprachbegabung. Ich kann aber auch keinerlei Mehrwert erkennen, denn natürlich heißt es genau das, was ich mir gedacht hatte. Aber vielleicht hast Du noch einen anderen Gedanken dabei ...
Dazu komme ich gleich, die Idee ist nämlich genau die Schleife zum Anfangssatz wieder hinzubekommen.

Welch schöner Einstiegssatz! Leider machst Du ihn für mein Lesegefühl danach mit viel zu vielen Fakten (relevant?) kaputt. Ich erwische mich immer wieder dabei, das ich mich warm schreiben muss, oft ist der erste Absatz bei mir überflüssig.
Ja, ist ein guter Punkt, habe da jetzt etwas zusammengestrichen.

das niemand da, stimmt ja nicht. Eventuell etwas abschwächen, oder halt seine Gedanken dazu?
Habe die Stelle bearbeitet.

Du hast wirklich immer ein Leerzeichen vor den drei Pünktchen weggelassen. So wie jetzt, zeigen die Pünktchen an, das Du einen Teil des Wo... weglassen hast. Ich merke es nur hier an, ist ja einfach zu korrigieren.
Ahhh, ich wusste, dass @Friedrichard mir das mal erklärt hatte und hab es dann aber wohl falsch umgesetzt. Mist, ist korrigiert!

Schön, wie Du uns die ganze Zeit das innige Verhältnis der Beiden zeigst, ich bin wirklich froh, nicht schon wieder einer bärbeißigen, nicht liebenswerten Oma zu begegnen.
Das freut mich, dass du es so wahrnimmst, das war die Idee dahinter.

Ja, so gewohnte Abläufe mit Hingabe und für den anderen erledigen, in Erinnerungen schwelgen. Gut gezeigt, aber für meinen Lesegeschmack lässt Du hier echt Potential liegen. Wie geht es ihm mit Omas Veränderungen? Oder hat er es wirklich noch nicht erkannt, dann wäre hier Kontrast denkbar.
Bin seit meiner letzten Geschichte sehr vorsichtig geworden mit diesen Innenansicht und der erlebten Rede. Ist mir da echt um die Ohren geflogen. Daher wollte ich so wenig Tell wie möglich reinbringen. Bin mir noch nicht sicher, wie ich das für mich lösen kann. Sehe deinen Punkt aber ein.

rein für die Optik würde ich es ausschreiben, das schaffen wir Leser schon :-)
Habe ich bearbeitet.

Mist! Sowas sehe ich nur in Fremdtexten, ich wette, wenn ich nachher bei mir weiterschreibe, gibt e sdas auch. Solch Aufzählungsanfänge, die etwas nach Schulaufsatz klingen (Dann, Danach, Nachdem, ...) Ich finde, das geht besser (arbeite aber selbst dran)
In diesem Punkt widerspreche ich dir, weil das hier den zeitlichen Ablauf darstellt. Es ist also kein Füllwort, sondern hat die Funktion zwei Handlungen nacheinander zu zeigen.

Hier fehlt mir jetzt wirklich Reaktion! Und zwar von beiden! Ihm müsste das Problem viel bewusster werden, kann Sie denn wirklich noch alleine Leben? Aber vor allem, wie geht es ihr damit. Erschrecken, Leugnen, Verzweifeln oder Agression, ...)
Ah, ich dachte es schwingt genug zwischen den Zeilen mit. Die Oma, die um ihre Fassung ringt, unsicher ist, sich selbst anzweifelt und der Enkel, der sie unbedingt ablenken will, der es kaum aushält und daher die Themen wechselt und den Spaziergang vorschlägt, um die ganze Situation zu entspannen.

Das ist wunderschön, aber nur eine Seite der Emotionspalette.
Danke dir.

Und hier schüttle ich den Kopf! Ist das alles? Wie soll es denn seiner Meinung nach gehen? Nur weil er anwesend ist. Bitte, bitte mache es etwas konkreter und sei es, seine Unerfahrenheit und Überforderung zu zeigen.
Das ist eine Lüge vom Enkel, um den Schmerz der Oma zu reduzieren, ihr zumindest zu zeigen, dass für den Moment alles in Ordnung ist. Vielleicht muss ich das noch etwas umbauen, dass die Idee deutlicher wird. Möchte es hier aber auch nicht zu explizit ausformulieren.

Oh, gibt es verschiedene Schreibweisen. Auf unserem steht Rummikup
Ah ja, habe ich korrigiert.

Er macht es ja eigentlich richtig, nicht aufregen, es nehmen wie es ist und damit umgehen, aber mir fehlt die Spiegelung in seinem Inneren (von mir aus auch nur in seinem Verhalten/Körpersprache). Sorry, aber da fehlt mir Tiefe :confused:
Die Tiefe liegt meines Erachtens nach zwischen den Zeilen des Dialogs, ich wollte, dass der Subtext diese Tiefe vermittelt. Habe die Sorge, dass zu explizit formulierte Emotionen zu viel Tell sind.

Hier bin ich nun verwirrt. Wenn sie Spiele und lang her Urlaube vergessen hat, ist das schon weit fortgeschritten, denn das Langzeitgedächtnis bleibt uns ja länger. Wie kriegt sie denn den Dorfklatsch zusammen. Nun bin ich ein medizinisches Rindvieh, vielleicht sprechen wir hier gar nicht über Altersdemenz oder Alzheimer, aber dann hätte sie mit dem Kurzzeitgedächtnis seinen Besuch parat. Du siehst, ich bin verwirrt. Mal schauen, was Deine Idee war, oft ist es ja nur Kleinkram, der etwas verschoben werden kann.
Das ist dieses hin- und herschwanken, mal hat sie klare Momente und dann wieder nicht. Zudem hatte ich das so gemeint, dass sie dieselben Geschichten, also ihre Standardgeschichte, immer und immer wieder innerhalb eines kurzen Zeitraums erzählt. Auch typisch für den Krankheitsverlauf, würde ich sagen. Habe ich zumindest so beobachtet.

Habe jetzt noch das Wort "dieselben" vor Geschichten platziert.

Witzig, als ich die Übersetzung googlen wollte, erscheint als erstes Deine Kurzgeschichte auf WK. Klar, erschließt es sich so, aber wie gesagt, ich weiß nicht warum.
Hart! Ein gute gemachter, harter Schluss, der mir aber nochmal verdeutlicht, das ich gerne mehr Tiefe hätte.
Ich gestehe, nach dem schönen Einleitungssatz hatte ich eine Klammer am Ende erwartet, denn irgendwie hängt der Erzähler da wie ein guter Märchenerzähler drüber.
Die Idee ist, dass das französische Wort von Erinnerung die Brücke mit Jean Paul und dem Zitat ist. Der Schriftsteller hieß ja eigentlich Johann Paul Friedrich Richter und hat sich dann aus Bewunderung von Jean Rousseau in Jean Paul umbenannt. Ein Deutscher mit einem französischen Namen.
Und die Frage am Ende belegt den Irrtum, dass uns niemand aus unseren Erinnerungen vertreiben kann.

Freue mich, dass du den Schluss so gelesen hast. Mit der Tiefe bin ich noch nicht komplett überzeugt, werde da aber schauen, wie andere das Lesen und ggf. noch mal nachbessern.

Danke für deinen sehr guten Kommentar!

Beste Grüße
MRG

 

Hallo MRG!
Ich schreibe nicht so oft Rezessionen zu Texten wie ich es wohl sollte, also geh bitte nicht zu hart mit meiner Meinung ins Gericht.
Ich finde deine Geschichte ruhig und sachlich. Jeder der seine Großeltern kennen lernen durfte, kann sich leicht mit ihr identifizieren. Mir kommt sofort der herbe Kaffeegeruch bei Oma Zuhause in den Sinn. Die viel zu heiß gedrehte Heizung (weiß ich bis heute nicht wieso Omis das machen) und die alten Geschichten welche man sich immer wieder gerne anhört.
Das Einzige was mir persönlich ein wenig fehlt, ist das "Gefühl". Wie gesagt ist deine Geschichte sachlich, was auch nichts schlechtes ist. Meiner Meinung nach fehlt einfach ein wenig die Emotion. Aber evtl war es auch so beabsichtigt dann bitte ignoriere meinen Kommentar.

Liebe Grüße!

 

Hallo @MRG!

Geht direkt los:

Er fuhr morgens mit seinem Firmenwagen aus Rheinbach nach Auw: Von der Kirchheimerstraße bog er auf die B51 in Bad Münstereifel ab, wechselte in Roth bei Prüm auf die B421.
Fehlt da zum nach nicht ein von? So hört es sich an, als stamme der Firmenwagen aus Rheinbach. Zudem würde ich auf die Bezeichnungen der Bundesstraßen verzichten – für den Text braucht es keine derart genaue Schilderung, oder? Vielleicht: Früh morgens fuhr er mit dem Firmenwagen von Rheinbach kommend nach Auw: Auf der Kirchheimerstraße bog er auf die Bundesstraße in Richtung Roth bei Prüm ab.

Dabei stellte Rémy sich vor, die Strecke mit dem Motorrad zu fahrenDOPPELPUNKT oder GEDANKENSTRICH wie er leicht abbremste, durch die Kurve blickte, die Schräglage genoss, den Scheitelpunkt abpasste, um dann zu beschleunigen.

Damals war es seine Oma gewesen, die ihm den ersten Job in der Dorfbäckerei beschafft hatte, mit dem er sich seine Maschine finanzieren konnte.
Unschönes Konstrukt. Vielleicht: Seine Oma hatte ihm den ersten Job in der Dorfbäckerei beschafft, damit konnte er die Maschine finanzieren.

Rémy klingelte, keine Reaktion. Erst nach mehrmaligem Schellen öffnete Oma Celia endlich die Tür, ihre Haare zerzaust. Rémy begrüßte sie: „Hallo, Oma!
Die zerzausten Haare wirken etwas drangeklebt – an den Satz, nicht den Kopf :D
Vielleicht: Erst nach mehrmaligem Schellen öffnete Oma Celia mit zerzaustem Haar die Tür.

Oma Celia schüttelt verwirrt den Kopf: „Ich ... ich weiß nicht. Hab ich wirklich? Oh Gott, ich hab bestimmt auch vergessen, aufzuräumen.“
Das Kopfschütteln und ihre Antwort machen die Verwirrung schon deutlich.

„Das ist keine verschwendete Zeit. Ehrlich. Das hier ist das Beste, was ich machen kannAUSRUFEZEICHEN

Als nächstes setzte er den Papierfilter ein, holte den Kaffee aus der Kaffeedose (mit dem blauen Sternenmuster), die in seiner Erinnerung schon immer in dieser Küche gewesen war, löffelte Pulver in den Filter, schaltete die Maschine ein und lauschte dem durchlaufenden Wasser.
Warum die Klammer? Geht doch ohne – finde sie störend.

Da waren Rémy und seine Schwester zu sehenKOMMA wie sie im Garten auf dem alten Kletterbaum saßen, seine beiden Cousins beim Schnitzen, ein Familienfoto von Omas 85. Geburtstag, ein Hochzeitsbild von Rémys Eltern und ein Portrait von seinem verstorbenen Opa mit einer Pfeife im Mund.

In einem Regal daneben standen Fotoalben.

Rémy nahm ein Fotoalbum mit der Helgolandreise von vor vierzehn Jahren in die Hand und blätterte darin, bis der Kaffee durchgelaufen war.
das oder gibt es mehrere?

Er schlug die Seite des Fotoalbums mit der Wappen von Hamburg, dem Hafen und Bildern von der Düne auf.

Auf einem Bild war sie auf dem Schiff zu erkennen.
einem – für dem bräuchte es mMn irgend einen Bezug, dass es sich um ein bestimmtes Schiff handelt.

Für einen Augenblick fragte er sich, wie lange sie wohl noch alleine klarkommen würde?

„Natürlich! Wir könnten gleich eine alte Geschichte wiederbeleben. Wie wär’s, wenn wir eine Runde Rummikup spielen?“

„Mit kleinen Steinen und Zahlen drauf, weißt du?
mit

„Für mich schon. Immer! Wollen wir spazieren gehen?“

Die frische Luft tat ihnen beiden gut.

Tante Greta hat noch mehr zugenommen, die Enkelin der Chorleiterin studiert in Aachen Maschinenbau und sie hat Hubert aus ihrer alten Schulklasse getroffen.
... sind doch aktuelle Gedanken.

Das ist nicht ganz neu, aber gut umgesetzt. Besonders den Schluss gefällt mir, das bring es noch einmal auf den Punkt.

Vielleicht ist was dabei, das du gebrauchen kannst.

Gruß,
Sammis

 

Hallo @MRG

Mit deiner Geschichte thematisierst du, wie es ist, allmählich seine Erinnerungen zu verlieren und damit seine Identität. Ja, es scheint so zu sein, dass Jean Paul nicht recht hat. Andererseits – gerade durch das Erzählen des Enkels leben die Erinnerungen doch tatsächlich weiter.

Ich finde nicht, dass du noch mehr Emotionen in den Text packen solltest. Genau das unaufgeregte Erzählen macht für mich das Geschehen sehr eindringlich und ist eine Stärke des Textes. Auch das innige Verhältnis zwischen Oma und Enkel kommt gut rüber.

Mit dem Schluss hadere ich allerdings etwas. Das kommt sehr plötzlich wie eine Art Pointe, die zu diesem Thema und dem gesamten Text nicht richtig passen will. Da hätte ich mir eine weichere Landung gewünscht. Davon abgesehen leuchtet mir das rein logisch betrachtet nicht ein. Wieso hält sie denn ausgerechnet vor diesem Grab, wenn sie dann nicht weiß, wer darin liegt? Zufall? Oder hat sie schon wieder vergessen, weshalb sie vor einer Sekunde gerade dort stehengeblieben ist? So weit fortgeschritten ist doch ihre Demenz noch gar nicht.

Hier noch Kleinigkeiten:

Er fuhr morgens mit seinem Firmenwagen aus Rheinbach nach Auw: Von der Kirchheimerstraße bog er auf die B51 in Bad Münstereifel ab, wechselte in Roth bei Prüm auf die B421.
Hier frage ich mich, ob es die Einzelheiten braucht. Ist es wirklich wichtig für die Geschichte, die Straßen und Orte genau zu benennen?
Während er wartete schaute er sich um und sein Blick fiel auf die Bilder über dem Esstisch: Da waren Rémy und seine Schwester zu sehen wie sie im Garten auf dem alten Kletterbaum saßen, seine beiden Cousins beim Schnitzen, ein Familienfoto von Omas 85.
Da fehlen noch zwei Kommas, einmal hinter "wartete" und dann hinter "sehen".

Grüße
Sturek

 

„Manchmal ... manchmal glaub ich, ich verschwinde einfach. Stück für Stück. Und dann bleibt nur noch ... nichts.“
Wie wahr
und – das sei nebenbei erwähnt - Prüm wird mein Leben lang in Erinnerung bleiben,

lieber @MRG.

denn ein Symbol hat sich mir tief ins Gedächtnis eingegraben, als ich nämlich vor Jahr und Tag (da war ich noch jung und schön und der Bart noch rötlich und nicht schneeweiß) auf einem Fußmarsch durch die Eifel aus nördlicher Richtung hinunter nach Prüm „einmarschierte“, erblickte ich an einer Hauswand in Stein gesetzte Satire pur, wie Mutter Maria dem Jesus-Kind den Hintern versohlt …
und so lob ich mir das Neueste Testament, wie es zu Prüm verstanden wird!,

aber die Erinnerung kann mich nicht von abhalten, bereits hier

Oma Celia schüttelt verwirrt den Kopf: „Ich ... ich weiß nicht. Hab ich wirklich? Oh Gott, ich hab bestimmt auch vergessen, aufzuräumen.
zu empfehlen, das Komma zu streichen, zerschlägt es doch das komplexe Prädikat „aufzuräumen vergessen“ …

Gern gelesen vom

Friedel

 

Moin @Maggi,

vielen Dank für deinen Besuch:

Ich schreibe nicht so oft Rezessionen zu Texten wie ich es wohl sollte, also geh bitte nicht zu hart mit meiner Meinung ins Gericht.
Keine Sorge, ich freue mich über deinen Leseeindruck und natürlich auch über die Zeit, die du investiert hast, danke.

ch finde deine Geschichte ruhig und sachlich. Jeder der seine Großeltern kennen lernen durfte, kann sich leicht mit ihr identifizieren. Mir kommt sofort der herbe Kaffeegeruch bei Oma Zuhause in den Sinn. Die viel zu heiß gedrehte Heizung (weiß ich bis heute nicht wieso Omis das machen) und die alten Geschichten welche man sich immer wieder gerne anhört.
Das verstehe ich so, dass du dich mit der Thematik identifizieren kannst, gleichzeitig geht das bei dir in Richtung von @greenwitch: Noch etwas mehr Gefühl in den Text bringen.
Das Einzige was mir persönlich ein wenig fehlt, ist das "Gefühl". Wie gesagt ist deine Geschichte sachlich, was auch nichts schlechtes ist. Meiner Meinung nach fehlt einfach ein wenig die Emotion. Aber evtl war es auch so beabsichtigt dann bitte ignoriere meinen Kommentar.
Ich bin da noch nicht komplett überzeugt, weil ich hoffe, dass der Subtext des Dialogs das übernimmt, aber gleichzeitig bist du die Zweite, die das erwähnt, sodass ich mir hier ggf. noch etwas ausdenken werde.

Vielen Dank für deinen Leseeindruck.

Beste Grüße
MRG

Moin @Sammis,

vielen Dank für deinen Besuch und Kommentar, hat mich gefreut. Habe einige Sachen korrigiert, denke, dass das dem Text gut getan hat. Bei anderen Vorschlägen sehe ich es anders und habe diese Punkte daher dann nicht aufgenommen. Ansonsten habe ich mich über deine Einschätzung und deinen Leseeindruck gefreut:

einem – für dem bräuchte es mMn irgend einen Bezug, dass es sich um ein bestimmtes Schiff handelt.
Die Wappen von Hamburg ist der Name des Schiffes.

Das ist nicht ganz neu, aber gut umgesetzt. Besonders den Schluss gefällt mir, das bring es noch einmal auf den Punkt.
Freut mich, dass du es gut umgesetzt findest. Ich danke dir für deine Zeit.

Beste Grüße
MRG


Moin @Sturek,

vielen Dank für deine Zeit und Kommentar, ich gehe im Detail darauf ein:

Ich finde nicht, dass du noch mehr Emotionen in den Text packen solltest. Genau das unaufgeregte Erzählen macht für mich das Geschehen sehr eindringlich und ist eine Stärke des Textes. Auch das innige Verhältnis zwischen Oma und Enkel kommt gut rüber.
Ist eine hilfreiche Rückmeldung, gerade weil davor ja angemerkt worden ist, dass zu wenig Gefühl im Text ist. Ich sehe das an dieser Stelle wie du und freue mich über deinen Leseeindruck.

Mit dem Schluss hadere ich allerdings etwas. Das kommt sehr plötzlich wie eine Art Pointe, die zu diesem Thema und dem gesamten Text nicht richtig passen will. Da hätte ich mir eine weichere Landung gewünscht. Davon abgesehen leuchtet mir das rein logisch betrachtet nicht ein. Wieso hält sie denn ausgerechnet vor diesem Grab, wenn sie dann nicht weiß, wer darin liegt? Zufall? Oder hat sie schon wieder vergessen, weshalb sie vor einer Sekunde gerade dort stehengeblieben ist? So weit fortgeschritten ist doch ihre Demenz noch gar nicht.
Interessant, dass du es hier so siehst, da scheinen sich wohl auch die Leseeindrücke zu spalten.

Idee bei dem Spaziergang war, dass es ihre klassische Runde ist, die sie immer geht bzw. gegangen ist. So wie bei einem Schulweg, der sich so eingebrannt hat, dass man ihn geht, ohne dass es einem überhaupt auffällt. Und dann hat die Oma dieses Wechselspiel zwischen klaren, reflektierten Momenten und dann wiederum dieser Demenz, wo sie sogar vergisst, dass ihr Enkel anreist.

Hier frage ich mich, ob es die Einzelheiten braucht. Ist es wirklich wichtig für die Geschichte, die Straßen und Orte genau zu benennen?
Habe ich überarbeitet und etwas zusammengedampft, ist von einigen angemerkt worden.

Da fehlen noch zwei Kommas, einmal hinter "wartete" und dann hinter "sehen".
Ist korrigiert.

Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Analyse, das war hilfreich.

Beste Grüße
MRG


Moin @Friedrichard,

freue mich sehr über deinen Besuch und Kommentar. Ich gehe im Detail darauf ein:

denn ein Symbol hat sich mir tief ins Gedächtnis eingegraben, als ich nämlich vor Jahr und Tag (da war ich noch jung und schön und der Bart noch rötlich und nicht schneeweiß) auf einem Fußmarsch durch die Eifel aus nördlicher Richtung hinunter nach Prüm „einmarschierte“, erblickte ich an einer Hauswand in Stein gesetzte Satire pur, wie Mutter Maria dem Jesus-Kind den Hintern versohlt …
Das wiederum spricht ja schon dafür, den Ort in der Geschichte zu belassen. Habe das jetzt etwas zusammengedampft, aber die Eifel als Ort belassen. Ich bin immer wieder erstaunt wie schön es dort ist, auch wenn es mir als Stadtkind etwas zu ruhig dort ist.

zu empfehlen, das Komma zu streichen, zerschlägt es doch das komplexe Prädikat „aufzuräumen vergessen“ …
Ist korrigiert.

Gern gelesen vom Friedel
Freut mich sehr.

Vielen Dank für deinen Kommentar.

Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG ,
solche netten Enkel wünschen sich die Omas. Mir gefällt Deine Geschichte. Sie strahlt Wärme aus. Hoffentlich beruht sie auch ein bisschen auf Realität. Jemand, der sich für seine Großmutter so verantwortlich fühlt, ist nicht so häufig anzutreffen. Man merkt aber auch, dass der Enkel mit ihrer Demenz überfordert ist und nicht richtig weiß, was er machen soll. Er hat aber ein schlechtes Gewissen deswegen. Auf alle Fälle schilderst Du eine liebevolle Oma-Enkelbeziehung. Da kann ich nichts dagegen setzen, da meine Oma die Stiefmutter meiner Mutter war, Witwer und Witwe hatten sich "zusammenschreiben" lassen und eigentlich nur ihren Sohn und dessen Kinder liebte. So kann ich so ein herzliches Verhältnis, was Du beschreibst, gar nicht nachvollziehen.
Gruß FK

 

Hallo @MRG,

deine Geschichte über Oma Celia hat mich an einen eigenen Text erinnert, den ich hier vor etlichen Jahren mal zu diesem Thema geschrieben hatte und in dem es auch um das Altern geht und die Frage, was eigentlich noch bleibt, wenn sich alles Mögliche verabschiedet. Deine und meine Fragestellungen ähneln sich, weswegen du mich sofort im Boot hattest in Bezug auf den Plot.
Die Stimmung, die du in deiner Geschichte erzeugst, gefällt mir gut, weil sie von einem liebevollen Umgang des Enkels mit seiner Oma getragen wird, und auch sie ist ihm ja ganz lieb zugetan. Zwischendrin erinnerte sie mich an meine liebe Oma.
Und, aber das nur am Rande, es ploppten Erinnerungen an die Wappen von Hamburg, Helgoland, die Buden am Hafen, aber auch Rheinbach, wo ich mehrfach war, auf.

Und beim Stichwort Rheinbach fällt mir ein, dass mir der Klang und überhaupt das Wort Auw störend vorkam. Es passt, für mein Gefühl, so gar nicht klangmäßig in den Text. Gibt es keinen besser klingenden Ort in der Eifel? Prüm ist ja nun auch nicht sooo schön klingend. Ich hoffe, du hältst mich jetzt nicht für affig, dass ich es anspreche. Es fiel mir nur sofort auf.

Weder in deiner Geschichte, noch in meiner beantworten wir die wirklich heiße Frage, was nach dem Verlust der Erinnerungen bleibt. Was gibt es dann überhaupt noch mental Erbauliches für die Alten? Bitte verstehe mich nicht falsch, ich halte dir dieses Manko nicht vor, zum einen, weil ich darauf auch keine Antwort habe, zum anderen, weil ich glaube, die kann keiner geben.

Jean Paul schrieb einst, Erinnerungen seien das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können – aber manchmal irrt sich auch ein Schriftsteller.
Richtig. Man kann nur so lange nicht vertrieben werden, wie man überhaupt noch Erinnerungen hat. Klug erkannt.
„Du bist ein guter Junge, Rémy. Dass du dir all die Mühe machst ... ich weiß das gar nicht zu schätzen. Du verschwendest deine Zeit.“
Das kommt etwas später nochmals und beide Male frage ich mich, wie eine Oma Celia wohl redet. Für mein Gefühl würde ich Rémy weglassen, eben weil es doch etwas förmlicher klingt, wenn auch es ein gutklingender Name ist. Aber das ist jetzt nichts, was ich als Verbesserungsvorschlag unterbreite, weil es reinste Geschmackssache ist.
„Das ist keine verschwendete Zeit. Ehrlich. Das hier ist das Beste, was ich machen kann.“
Nee, so redet man eigentlich nicht, so abgehoben weise. Eher so: Oma, das mach ich doch gern, Oma, ich bin doch gern hier bei dir.

„Ganz egal, Oma. Ich komm einfach mit dir rein.“
Diesen Satz würde ich streichen. Es reicht von seiner Wirkung her, dass vorher die Oma was gesagt hat. Für mich würde es stärker wirken ohne diesen Satz.
Da waren Rémy und seine Schwester zu sehen, wie sie im Garten auf dem alten Kletterbaum saßen, seine beiden Cousins beim Schnitzen, ein Familienfoto von Omas 85. Geburtstag, ein Hochzeitsbild von Rémys Eltern und ein Portrait von seinem verstorbenen Opa mit einer Pfeife im Mund.
Auch nur so ein Gefühl: Ich hätte nicht Rémy, sondern ER geschrieben und überhaupt alles etwas anders gesetzt.
"Er mit seiner Schwester im Garten hoch oben auf dem Kletterbaum (dann kann saßen schon mal wegfallen), seine beiden Cousins beim Schnitzen, Omas 85. Geburtstag, ein Hochzeitsbild seiner Eltern und ein Portrait von Opa mit seiner Pfeife im Mund." (Dass Opa tot ist, weiß der Leser ja bereits, auch wenn du es nirgends bis zu diesem Zeitpunkt erwähnt hast).
„Ich hätte Blumen mitbringen sollen”, sagte Rémy.
„Wieso denn Blumen?”
Hm ... Der Schluss ist etwas karg und überzeugt mich nicht so richtig. Aber ich vermag dir keinen Verbesserungsvorschlag zu unterbreiten. Die Bemerkung von Rémy ist noch stimmig, aber, wenn du andeuten willst, dass Oma Celia in diesem Moment noch nicht mal erinnert, dass dort ihr Mann begraben liegt, dann ist mir das in dieser Kürze zu wenig mit Tiefgang.
Denn dass ist ja der Plot in deiner Geschichte, dass sie ihre Erinnerungen verliert. Ich glaube, ich würde am Grab etwas mehr Dialog unterbringen. Oder ein ganz andres Ende fabulieren.

Lieben Gruß

lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Salü @MRG

Was ist schlimmer als Demenz? Beginnende Demenz.

Jean Paul schrieb einst, Erinnerungen seien das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können – aber manchmal irrt sich auch ein Schriftsteller.
Ein toller Einstiegssatz, der sofort neugierig macht, warum sich Jean Paul geirrt haben sollte. Und mit zunehmendem Lesen und der Erkenntnis, dass Oma Celia schleichend aus ihrem Paradies getrieben wird, erhält der Einstiegssatz mehr und mehr Gewicht.

Auch wenn er seine MT07 schon länger nicht mehr besaß, ließ ihn die Erinnerung an seine Touren in der Eifel lächeln.
Ich als Besitzer einer FZS 1000 (1992) kenne das Gefühl, mit dem Auto eine kurvige Strecke zu befahren, die eigentlich nur für Motorräder gemacht worden zu sein scheint. Hast mich voll abgeholt!:D

Damals war es seine Oma gewesen, die ihm den ersten Job in der Dorfbäckerei beschafft hatte, mit dem er sich seine Maschine finanzieren konnte.
Vlt. kleinlich jetzt, aber gab es dann noch andere Jobs zur Finanzierung seiner MT?

In Auw angekommen fuhr er an der Kirche und der freiwilligen Feuerwehr vorbei und stellte seinen Wagen vor ihrem Haus ab.
Hier dachte ich kurz, ob die beiden 'Vereine' sich das gleiche Gebäude teilen? Vielleicht besser als Aufzählung bringen.

Rémy klingelte, keine Reaktion. Nach mehrmaligem Schellen öffnete Oma Celia endlich die Tür, ihre Haare zerzaust.
Gezwungen anderes Wort gebraucht. Schon klar, du möchtest WW mit Klingeln vermeiden. Evt.: Nach weiteren Versuchen ...

Rémy begrüßte sie: „Hallo, Oma.“
„Rémy? Was ... was machst du denn hier?“
Das ist natürlich jetzt Geschmackssache, aber hier bräuchte es meiner Meinung keine Begrüssungs-Einleitung. "Hallo, Oma." ist selbsterklärend.
„Ich hab dir am Telefon gesagt, dass ich heute vorbeikomme. Hast du’s vielleicht vergessen?“
Lesefluss
„Ich ... ich weiß nicht. Hab ich wirklich? Oh Gott, ich hab bestimmt auch vergessen aufzuräumen.“
„Alles in Ordnung, Oma. Du musst dich deswegen nicht stressen. Ich bin ja nicht das erste Mal hier.“
Lesefluss
"Alles in Ordnung, Oma. Kein Stress."

„Oma, wir gehen’s ganz in Ruhe an, okay? Ich bin nur froh, dich zu sehen.“
„Das ist keine verschwendete Zeit. Ehrlich. Das hier ist das Beste, was ich machen kann.“
„Und ich hab’s wirklich vergessen ... dabei hab ich mich doch so gefreut, dass du kommst.“
„Dann freust du dich jetzt einfach nochmal. Doppelte Freude heute – passt doch.“
Statt des geschwärzten: "Jetzt bin ich ja da." (Wäre meine spontane Reaktion.)

„Ganz egal, Oma. Ich komm einfach mit dir rein.“

@lakita hat die vier obenstehenden Zitate bereits erwähnt und es deckt sich mit meinem Empfinden, die Dialoge könnten etwas fliessender, natürlicher daherkommen.

Während Oma Celia sich auf das Sofa unter ihre Wärmedecke legte, ging Rémy in die Küche und machte Kaffee. Er öffnete den Wasserbehälter und achtete darauf, nicht zu viel einzugießen, um genau bei der Markierung zu stoppen. Als nächstes setzte er den Papierfilter ein, holte den Kaffee aus der Kaffeedose mit dem blauen Sternenmuster die in seiner Erinnerung schon immer in dieser Küche gewesen war,
Du hast dich mit der Innenansicht auf Null zurückgebunden. Dabei hast du mMn das Baby mit dem Bad ausgekippt. Ich glaube @greenwitch war's, die hier mehr Tiefe forderte und ich blase ins gleiche Horn. Diese akribische Beschreibung der Kaffeezubereitung alleine in der Küche bietet doch die ideale Plattform für "ist es schlimmer geworden?" oder "wenigstens steht die Kaffeedose nicht im Kühlschrank", wenn du weisst, was ich meine.

”[ ]Er schlug die Seite des Fotoalbums mit der Wappen von Hamburg, dem Hafen und Bildern von der Düne auf.
Ich kann mich täuschen, für mich ein der zuviel.

Dann sagte sie: „Manchmal ... manchmal glaub ich, ich verschwinde einfach. Stück für Stück. Und dann bleibt nur noch ... nichts.“ Sie legte das Fotoalbum weg.
Starke Erkenntnis, die schmerzt. Leider kommt keine angemessene Reaktion vom Enkel.

„Solange ich hier bin, bleibt alles da. Du, ich, die alten Geschichten. Alles", sagte Rémy.
Irgendwie passt das nicht. Erst verschwindet das Kurzzeitgedächtnis, dann erst geht's schleichend immer weiter zurück. Wurde aber glaube ich auch schon von anderen angemeckert.

„Für mich schon. Immer. Wollen wir spazieren gehen?“
Hier würde ich jetzt den weiter oben eingeschobeben Satz 'Wie lange sie wohl noch alleine zurecht kommt' bringen.

Oma Celia erzählte wieder und wieder dieselben Geschichten aus dem Dorf und Rémy hörte zu und lachte mit ihr.
Das letzte und durch ein Komma ersetzen.

Tante Greta hatte noch mehr zugenommen, die Enkelin der Chorleiterin studierte in Aachen Maschinenbau und sie hatte Hubert aus ihrer alten Schulklasse getroffen.
Hier frage ich mich, hat Oma Cecil einen lichten Moment hat oder handelt es sich um Geschichten aus längst vergangener Zeit.

„Ich hätte Blumen mitbringen sollen”, sagte Rémy.
„Wieso denn Blumen?”
Starker, schmerzhafter Schluss.

Trotz meinem Gemecker bin ich gerne der Geschichte mit Cecils empathischem Enkel gefolgt, auch oder gerade wegen des schweren Themas der schleichenden Vertreibung aus dem Paradies. Die Phase des eigenen Erkennens, dass das Erinnerungsvermögen abnimmt, finde ich für Patientin die schlimmste Zeit. Danach liegt Schmerz vor allem bei den Angehörigen, die zu fremden Person werden.

Danke fürs Teilnehmen.
Liebe Grüsse, dot

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo ihr beiden, @MRG und Dot,

sorry, ich bin quasi hier nur kurz reingeschneit, melde mich später noch zum Text, aber:

Ich kann mich täuschen, für mich ein der zuviel.
Du täuscht dich tatsächlich, lieber Dot, denn es soll wohl der Name eines Schiffes sein. Schiffe mit Eigennamen sind grammatikalisch weiblich, also 'die Gorch Fock' und 'die Julius Rütgers', daher ein Photo von der Wappen von Hamburg.

Es gibt Sätze, in denen man das Pronomen weglassen kann, aber dieser gehört nicht dazu.

Herzliche Grüße von einer, die mit ihrem Artikel über die Anny von Hamburg spät dran ist (kein Scherz :-)),
Katla

 

Du täuscht dich tatsächlich, denn es soll wohl der Name eines Schiffes sein. Schiffe mit Eigennamen sind grammatikalisch weiblich, also 'die Gorch Fock' und 'die Julius Rütgers', daher ein Photo von der Wappen von Hamburg.
Aaaach soooo!
Ja, wenn das Wörtchen, wie bei dir, kursiv geschrieben wär, so hätt ich Alpenländler das 'der' sofort dem (Schiff) Wappen zugeordnet.:p

 

Ja, wenn das Wörtchen, wie bei dir, kursiv geschrieben wär
Dearest Dot - war es doch, sogar in deinem Zitat. ;) Ich hab ja nur zur Verdeutlichung auch das Pronomen 'kursiviert', was man aber sonst nicht macht.

Ich vermute, "Wappen" kommt so abrupt an einem Punkt, an dem man nicht mit einem Eigennamen rechnet. Wäre das ein Name, den man sofort / schneller als Schiff erkennen würde, wäre das vllt. nicht so ein Stolperstein.

Alles Liebe,
Katla

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @MRG,

deine Geschichte hat mir gut gefallen. Ich denke aber, dass sie noch Potenzial hat, indem du sie straffst und weniger mit dem Holzhammer vorgehst. Der Plot und das Setting sind stark genug, um für sich zu sprechen. Du kannst eine Menge schlanker fassen und der Leser versteht trotzdem. Es sind wirklich nur einzelne Nuancen, die sich aber am Ende doch aufsummieren und meiner Meinung nach auszahlen.

Ohne irgendwie anmaßend zu sein, habe ich den Text einmal so gekürzt und abgefeilt, wie ich es tun würde, wenn ich sein "Herausgeber" wäre. Heißt: Ich habe mir erlaubt, ein paar Worte zu ändern, Sätze hier und da umzustellen und vor allem zu kürzen. Du kannst ja mal schauen, was du davon hältst. Ich habe das in einem Durchgang gemacht, es ist also nicht als hieb- und stichfeste Version zu betrachten. In meinen Augen funktioniert es aber schon ganz gut.

Noch kurz zur Erklärung: Ich würde die Innensicht von Rémy komplett eliminieren, denn sie ist halbherzig. Seine Gedanken und Erinnerungen lesen sich wie Info Dump, denn für "echte" Gedanken sind sie zu eindimensional. Dadurch wird die Story unterkomplex, denn eigentlich würden ihm tausend Sachen mehr auffallen und durch den Kopf gehen. Wenn du dich nicht auf so ein vielschichtiges inneres Erleben einlässt, dann lass es besser ganz raus und lass dafür die Dialoge und die Handlung selbst sprechen. Sie sagt genug, finde ich.

(Die direkte Korrektur des Jean-Paul-Zitats durch den Protagonisten finde ich nicht so glücklich, denn – vielleicht etwas klassistisch – bringe ich Rennmotorrad und Bäckereijob jetzt nicht direkt mit Reflexionen über Jean Paul in Verbindung, wenn du weiß, was ich meine. Abgesehen davon, dass das auch wieder Innerlichkeit ist, für deren Rausschmiss ich ja plädiere.

Jetzt, wo ich das noch mal so ausbuchstabiere, frage ich mich, warum Rémy überhaupt an die Motorradfahrt zurückdenken muss und nicht mit dem Motorrad kommt. Hat es für die Story eine Bedeutung, dass er nicht mehr Motorrad fährt? ... Ich lasse ihn mal Motorrad fahren, weil hier ja auch noch Innerlichkeit steckt(e).)

Jean Paul schrieb einst, Erinnerungen seien das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können – aber manchmal irrt sich auch ein Schriftsteller. Gekonnt raste Rémy morgens mit seiner MT07 über die Eifelstrecke: vor den Kurven abbremsen, in Schräglage gehen und am Scheitelpunkt beschleunigen. In Auw angekommen fuhr er an der Kirche und der freiwilligen Feuerwehr vorbei und stellte seine Maschine direkt vor dem Haus ab. Er klingelte, aber es zeigte sich keine Reaktion. Er klingelte wieder und wieder, bis Celia ihm doch noch öffnete – mit zerzausten Haaren und erstauntem Blick. „Rémy! Was machst du denn hier?“
„Ich hab dir doch gesagt, dass ich heute vorbeikomme.“
Celia zog die Brauen zusammen: „Hast du? Ich hab gar nicht aufgeräumt.“
„Alles in Ordnung, Oma.“ Rémy nahm ihre Hand. „Wir gehen’s ganz in Ruhe an, okay?“
„Na dann, komm rein!“
Oma Celia flüsterte: „Ich hab’s wirklich vergessen."
Während Celia sich auf dem Sofa unter ihre Wärmedecke legte, ging Rémy in die Küche und machte Kaffee. Aus der Kaffeedose mit dem blauen Sternenmuster, die in seiner Erinnerung schon immer in dieser Küche gewesen war, löffelte er Pulver in den Filter. Er wartete und betrachtete die Bilder über dem Esstisch. Er und seine Schwester, wie sie im Garten auf dem alten Kletterbaum saßen. Seine beiden Cousins beim Schnitzen. Ein Familienfoto von Celias 85. Geburtstag. Ein Hochzeitsbild von Rémys Eltern. Und ein Portrait von seinem verstorbenen Opa mit einer Pfeife im Mund. Rémy nahm ein Fotoalbum in die Hand und blätterte darin.
„Oma, schau mal, was ich gefunden hab!”
Er zeigte auf eine Seite. „Da gab’s noch die alten Hütten auf Helgoland, guck mal!”
„Helgoland, ja das soll schön sein."
„Aber Oma ...”
Er merkte, dass ihr Blick auf einem Bild von ihr vor den Hütten haftete.
„Manchmal glaub ich, ich verschwinde einfach", sagte sie. "Stück für Stück.“
Er legte das Fotoalbum weg. „Solange ich hier bin, bleibt alles da."
Celia blickte ihn an, die Stirn in Falten.
„Wie wär’s, wenn wir eine Runde Rummikup spielen?“, fagte er.
„Was spielen?“
„Rummicup! Das kennst du doch! Da, wo du immer gewinnst.“
„Spielt man das mit Karten?“
„Nein, mit kleinen Steinen und Zahlen drauf. Du hast das mal geliebt. Aber ist auch egal, Oma. Wir können auch was anderes machen.“
Celia legte ihre Hand auf sein Knie und sah ihn eindringlich an. "Du bist ein guter Junge, Rémy."
"Ach ..."
Er sah sich um. "Lass uns doch nach dem Kaffee einfach spazieren gehen!“

Sie liefen am Kindergarten vorbei und den Berg hinauf. Celia erzählte Geschichten aus dem Dorf und Rémy lachte mit ihr. Auf dem Rückweg liefen sie über den Friedhof. Rémy steuerte das Ende der dritten Reihe an. Paul Leblanc. Darunter war ein französischer Schriftzug eingraviert: la remembrance de quelqu'un.
„Wir hätten Blumen kaufen sollen”, sagte Rémy.
„Wieso denn Blumen?”


Freundliche Grüße

HK

 

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