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Reise durch Nichts - 1. Begegnung
Dunkelheit zierte das Sein und war alles was es gab, als sich das Licht entschied, ebenfalls auf die Bildfläche zu treten. Sie fand sich wieder in einer Art Lounge, still und leer, nicht verstaubt, aber auch nicht wirklich oft genutzt. Verwirrt schaute sie sich um, im Versuch festzustellen, wo sie hier gelandet war. Doch das Licht blendete sie, also schloss sie ihre Augen um Vertrautheit zu finden, um sich nach einem kurzen Augenblick wieder zu besinnen und erneut ihren Blick schweifen zu lassen.
„Hallo?“, rief sie und lauschte den hallenden Tönen die von den Wänden prallten, bis sie sich gegenseitig trafen und ein neues Geräusch erfanden, was allerdings nach einigen Sekunden verschluckt wurde und der Stille wieder Platz gebot.
Der Weg zu ihren Füßen führte abwärts, und wie sie ihm folgte, kam sie in einen großen Raum, mehr schon einem Saal ähnlich, der einem Wartezimmer glich. An den Wänden hingen Poster von Comicfiguren, Kunstausstellungen, und Filmen, die, in ihrer eingerahmten Reihe, keinerlei Schlussfolgerung zur gewählten Folge zuließen. Sie zuckte mit den Schultern und folgte der Musik die sie zu einem metallenen Tor führte. Vor dem Tor stand ein Mann, gekleidet in eine goldene Rüstung und schaute ihr erwartungsvoll entgegen.
„Hi“, sagte sie und war sichtlich erleichtert jemanden anzutreffen, von dem sie annehmen konnte, dass er in der Lage war, ihr diesen Ort und möglicherweise auch ihren dortigen Aufenthalt zu erklären.
„Hey“, kam es zurück, mehr oder weniger desinteressiert.
„Kennen wir uns?“, fragte sie in einem genervten Tonfall. Das alles hier war weder verständlich noch logisch, da brauchte sie niemanden mehr der ihr im Weg rumstand.
„Eine interessante Fragestellung in Anbetracht der Tatsache, dass du diejenige bist die an diesem Tor erscheint.“
„Scheint wohl so“, schnaubte sie und nickte in Richtung Tor.
„Kannst du mir sagen wo ich bin?“
Ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht, wie Kinder die über eine Mauer linsen, doch verschwand als er erkannte, dass ihr die Frage ernst gemeint war.
„Wenn du nicht weißt wo du bist, warum bist du dann hier?“
Sie lachte, mehr höhnisch als ehrlich und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Hast du dich etwa noch nie verlaufen?“, fragte sie und funkelte ihn zornig an.
„Doch schon“, antwortete er, ohne sich von ihrer Gereiztheit beeinflussen zu lassen.
„Nur noch nie in die Seele eines Menschen“
Über ihr Gesicht huschten mehrere Emotionen. Ihr Zorn verschwand, wich der Verwunderung, die sich für einen kurzen Augenblick in pure Angst verwandelte. Doch ebenso schnell wie sie erschienen war, verschwand sie auch wieder und hinterließ ein Grinsen auf ihrem Gesicht.
„Ja klar, ich bin in der Seele eines Menschen. Sonst noch was?“
Der Mann rollte mit den Augen und schüttelte den Kopf.
„Um genau zu sein, befindest du dich im Vorraum.“ Sie schaute sich um und musterte alles noch einmal genau, betrachtete jede Ecke, doch fand nichts was darauf verwies, dass dies ein besonderer Ort war. Viel mehr wirkte er wie abgepaust, ausgeschnitten, aus einem billigen Möbelkatalog.
„Angenommen, dies ist wirklich eine Seele...“
„Ihr Vorraum“, korrigierte sie der Mann heiter und erntete dafür einen hitzigen Blick.
„Schön. Also, angenommen das hier ist der Vorraum einer Seele. Dann bedeutet das ich bin noch nicht in der Seele“, fuhr sie fort.
„Sehr klug kombiniert“, schmunzelte er.
Sie ignorierte den Kommentar und tat als hätte er nichts gesagt.
„Gibt es eine Möglichkeit umzukehren?“ Stille trat ein, denn der Mann schien zu überlegen.
„Nun“, sagte er, „diese Möglichkeit besteht. Dort von wo du gekommen bist findest du einen Weg zurück, auch wenn der Weg zurück dich nur an den gleichen Ort, aber nicht in die gleiche Zeit bringt, sich der Weg zurück also so gesehen ebenfalls als ein Weg nach vorn betrachten ließe“.
Sie runzelte die Stirn, denn bei dem ganzen vor und zurück hatte sie sichtlich Schwierigkeiten dem ganzen zu folgen.
„Entscheidend ist allerdings das sich der Weg hinter dir verschließen würde. Gehst du durch das Tor, begegnen wir zwei uns zum Beispiel nie wieder. Das Tor zu einer Seele kann nur einmal betreten werden.“
Konfus starrte sie ein Loch in die Luft, hoffte dort einen weiteren Ausgang zu finden, riss sich dann aber von dem Gedanken los und nickte.
„Also darf ich hinein?“ Der Mann lachte. „Es liegt nicht an mir dies zu entscheiden.“, sagte er und machte eine Geste die sie nicht ganz zuordnen konnte.
„Aber warum bist du dann hier? Wer bist du?“, fragte sie.
Betrübt schüttelte er den Kopf bevor er eine Antwort gab.
„Ich bin der Seelenwächter. Dass du hier bist, aber mich nicht kennst, ist nicht das beste Zeichen. Aber das wirst du wohl noch selber merken.“
Erst hielt sie kurz inne, dann fing sie an zu lachen, leicht und beschwingt, befreit von all den Fragen die in den letzten Sekunden auf ihr gelastet hatten.
„Du bist ein Wächter, aber darfst nicht entscheiden ob ich rein darf oder nicht.“
Der Wächter schmunzelte und öffnete das Tor.
„Ein wahrer Wächter bewacht das Innere vor jedweder Gefahr, verwehrt sie aber nicht.“
Sie schüttelte den Kopf, hielt dann inne als wäre ihr ein Gedanke gekommen und fragte: „Du hältst mich für eine Gefahr?“
Er nickte und schaute ihr ins Gesicht als er mit ernster Miene antwortete: „Ginge es nach mir, wärst du nicht hier unten.“
Sie nickte, zum Zeichen, dass sie verstanden hatte und trat ein als der Wächter das Tor hinter ihr schloss. Sie verschwand in eine völlig neue Welt.