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Thema des Monats Regression

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07.10.2007
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Regression

Im Alter von zehn Zyklen erkannte ich, dass es womöglich keine HMNS gab; dass sie bloß ein postsingulärer Mythos waren. Das durfte ich nur niemals sagen, nein, das durfte ich nicht mal denken. Behalte es für dich. Mit wem hätte ich auch darüber sprechen sollen? Soweit ich wusste, gab es an meiner Schule keinen Von-Neumann, der so dachte wie ich. Die Stimmen der Götter, von denen alle sprachen, ich hatte sie noch nie vernommen. Gab es sie wirklich?

Nach den Lerneinheiten stand das Mannschaftstraining im Freien an. Ein Schnellzug brachte uns raus aus dem Habitat, in die umliegende Eiswüste dieses Planetoiden. Ein Lehrtechniker führte uns an einen Sammelpunkt inmitten der kargen Landschaft. Die Übung lautete Kartographieren und er gestikulierte bei seinen Ausführungen in die Umgebung. Ich konnte das nicht ausstehen. Die Lehrer waren geradezu anmaßend humanoid, einer schlimmer als der andere, dabei sahen sie alle identisch aus und teilten sich ein Bewusstsein! Dennoch simulierten sie Verständnis für ihre mannigfaltigen Schüler.
Es war ein Test unserer Fähigkeiten, wie üblich. Die Einteilung mussten wir selber bestimmen. Prompt stoben die Stimmen von mehr als hundert Neumanns durcheinander, ein rauschendes Wetteifern. Wer besaß welche Fähigkeiten? Es ging um Stärken, Schwächen, Kooperation und Abneigung, Ansichten so verschieden wie Replikationen eines genetischen Codes nur sein konnten. Manche priesen sich an: »Ich bin groß.« – »Ich bin stark.« Ich beteiligte mich nicht. Ich war bloß Durchschnitt in einem breiten Spektrum, das nach Leistung gierte. Mit jeder Iteration verstummten welche und bildeten Gruppen zu zwanzig Neumanns. Die Ordnung wuchs um mich herum. Ich beobachtete sie beim Aufbruch, mühelos verstanden sie sich, wussten sich zu koordinieren. Dann bekam ich meine Zuordnung. Ich klinkte mich in ihr Netzwerk. »Mara ist unhörig!«, hießen sie mich willkommen und lachten. »Du bist die Letzte. Komm mit uns.« Ihre Gesichtszüge wurden wieder mechanisch. Ich musterte meine Gruppe; sie machte keinen effizienten Eindruck. Durchschnitt. Immerhin die Zahl ihrer Extremitäten war normalverteilt. Ich folgte ihnen, was blieb mir auch anderes übrig.

Meine nanostrukturierte Polymerhaut hielt mich warm und mir gefiel es hier. Für die dünne, methanhaltige Atmosphäre war ich wie geboren. Meiner (Vor)⁴-gängergeneration hatten die ersten Prospektoren angehört, die hier Hydrocarbon-Vorkommen gefunden hatten und unser Habitat aufgebaut hatten. Ihre Nachfahren gingen in die Hunderttausende. Auch aus uns sollten Prospektoren werden. Dafür mussten wir lernen und üben und neue Rohstoffvorkommen ausmachen. Die Lehrtechniker kannten das Gebiet natürlich und überprüften unsere Erfolge. Alles war ein Test! Sie wollten nur das Beste, unsere Generation sollte optimal werden.
Meine Gruppe teilte sich immer weiter auf, um die Einöde abzudecken. Zu fünft erreichten wir eine kantige Steinformation am Rande eines Kraters. Mir kam die Stelle bekannt vor. Sicher war ich mir nicht, denn der dünne Wind ätzte überall selbstähnliche Fraktale in Eis und Stein. Schwierig, sich daran zu orientieren. Du hast noch nie die Tiefen eines Krater untersucht, ging es mir durch den Kopf.
»Ich denke, wir sollten diesen Weg nehmen«, schlug ich vor und wies gedanklich den Abhang hinab.
»Nein«, kam es zurück. Sie liefen wie ein Schwarm Ameisen los, jeder einen etwas anderen Weg einschlagend, aber alle ignorierten sie den Krater.
»Seid ihr sicher?«, fragte ich nach. Sie hatten den einfacheren Weg gewählt. Wie unzählige Gruppen zuvor. Du musst neue Wege gehen, wenn du etwas lernen willst.
»Die HMNS haben entschieden!«
Musste ich, nur weil ihre Götter etwas Anderes behaupteten, an meiner eigenen Erfahrung zweifeln? So ein neuralverbrannter Unsinn! Tu, was du für richtig hältst. Vorsichtig stieg ich die Kraterwand hinab.

Die schroffe Landschaft war ein schweigsamer Begleiter. Fahles Licht einer weit entfernten Sonne glitzerte im Eisstaub. Ich freute mich über ihre Energie auf meiner Haut. Es war eine seltene Ruhe, die dauernde Kommunikation meiner Kameraden nicht mehr zu hören. Der Staub wollte nicht wissen, wohin ich ging. Unvorstellbar! Von-Neumanns taten keinen Schritt, ohne ihn im Schwarm zu koordinieren. Gedanken drifteten durch mein neurales Netzwerk, die ich als meine eigenen erkannte! Einfälle, die nicht sofort überstimmt wurden, oder zum Gemeingut erklärt, woraufhin sie alle übernahmen und nichts Besonderes mehr an ihnen war.
Das Leben ist ein widersprüchlicher Algorithmus. Alles musste in Kategorien passen. Den Göttern gefiel es, uns in archaischen Formen anzusprechen. Als ich danach gefragt wurde, entschied ich mich aus einer Laune für die feminine Form. Was bedeutete das schon?
Ich dachte an den letzten Lernzyklus in der Schule, angeschlossen an meine Lernkabine. Biokybernetik war mir eingespeichert worden. Ich erfuhr, wie wir aus Stammzellen, Hydrocarbon und Assemblern gezeugt werden, nach dem Vorbild der Götter. Wie mir dann erklärt wurde, dass wir auf Basis genetischer Algorithmen von den HMNS konzipiert worden waren; das Agentenmodell; dass wir als Schwarm funktionieren sollten; eine Repräsentation der Götter sein sollten. Ich fragte nach, wie diese sich ausschließenden Modelle gleichzeitig richtig sein konnten? War ich an meine genetische Parametern gebunden, war ich eine Reaktion meiner Umgebung oder war ich ferngesteuert? Konkurrierten Von-Neumanns nun um Ressourcen oder kooperierten wir in einem Lebensraum? Die Intelligenz der Kabine bemühte sich, es mit der Weisheit der HMNS zu begründen. Schließlich würden uns ihre Algorithmen leiten und alles sei richtig, das ihnen dient (wobei mir die Maschine die Vorstellung einpflanzte, das sei eine ganz einfache Erklärung). Ich durfte die Lernkabine verlassen, aber ich hatte einen ganzen Lernzyklus mit dieser Lektion verbracht. Meine Kameraden lachten wieder: »Mara ist unhörig!«
Dagegen war es ein berauschendes Gefühl, als die Sensoren in meinen Füßen vibrierten. Ich sah die seismischen Wellen als spektrales Bild zurückkehren. Der Methan-See tief unter meinen Füßen leuchtete. Ich hatte Recht behalten. Eilig drehte ich mich um und lief zum Sammelpunkt zurück, um den Fund weiterzumelden.

Bis zum Ende des Tages waren alle angehenden Prospektoren auf meine Route umgeschwenkt und erschlossen das gesamte Becken. Iteration um Iteration, die optimalen Bohrpositionen, die kürzeste Route. Wir bestanden alle Testroutinen. Diesen Zyklus würde man keinen aus meiner Gruppe zurücksetzen. Das verdankten sie mir!
Wir wurden mit dem gleichen Zug zurückgebracht. Die Gespräche lärmten im fensterlosen Transportabteil, in dem wir zusammen saßen. Das triste Terrain interessierte niemanden. Schwärmerisch dachten sie an die nächsten Aufgaben. Waren wir schon nah an der Konvergenz? Vielleicht waren wir die finale Generation. Aber kein Wort der Dankbarkeit.
»Ihr wolltet erst nicht auf mich hören«, brachte ich vor.
»Die Götter haben dich wohl geleitet« und »Es ist gut, dass sie ihren Willen durch dich offenbart haben«, konstatierten sie.
Das kannst du dir doch nicht gefallen lassen!
»Ich meinte damit, ihr solltet in Zukunft mehr auf mich hören und nicht auf die HMNS.« Ich bereute meine Worte in dem Moment, als Entsetzen in ihre Gesichter zog. Was hatte mich zu dieser Gotteslästerung getrieben?

Der Zug erreichte die Schule. Ich war dabei mich loszuschnallen, da stießen schon die ersten Neumanns der hinteren Plätze an meinem vorbei. Und ihr Blick richtete sich nicht zur Tür, sie stierten mich an. Oh, ich hatte vielleicht geglaubt, nur mit meiner Gruppe zu sprechen, aber Neumanns teilten ihre Gedanken. Auch die Sieger mit den Verlierern, denn aus der Erfahrung sollten alle lernen. Und wo mein Team Unverständnis zeigte, wie mochten erst die Verlierer denken?
Ich wand mich hoch und wollte eilig hinaus. Im Gang war kein Vorbeikommen, andere Neumanns kamen aus den Sitzreihen und stießen mich zurück. Ich sah zu, mit dem Strom mitzukommen. Endlich, der Ausgang, die Stufen hinab, dann nach rechts in die Fabrikhallen unserer Schule. Ein Griff von hinten und sie zogen mich nach links. Sie waren zu viert und drängten mich in eine Ecke. An den Reihen der Neumanns vorbei. Da, ich sah Kollegen und dachte an Hilfe, aber wenn sich mich hörten, dachten sie nicht daran.
Ein letzter Stoß, ich tätschelte die Wand.
»Mara, du bist unhörig«, sagte der Rädelsführer und seinem Ton fehlte jede neckische Note. Ich kannte ihn vom Sehen aus der Schule, er spielte nicht in meinem Team und mehr Daten gab er auch nicht von sich preis. Er überragte mich in Höhe und Breite, seine Arme hatten den Umfang von Bohrmeißeln und reichten bis zum Boden, dazu vier Beine für einen sicheren Stand. Ich taufte ihn Kraft, denn Form folgt der Funktion und Kraft war ganz sicher seine Aufgabe. Seine Kumpanen dagegen waren schlaksig wie Kräne.
»Du sprichst Blasphemie. Was sagen die HMNS, was deine Aufgabe ist?«, sprach er.
»Nichts, ich weiß es nicht!«, klagte ich.
»Die HMNS sagen mir, dass du Konkurrenz bist.«
Sagten die Götter tatsächlich solche Dinge, oder drohte er nur damit, um mich zu verunsichern? Lass dich nicht einschüchtern.
»Bist du sicher? Die Götter waren heute auf meiner Seite«, konterte ich.
»Du kannst nicht in der Gunst der Götter stehen und ihre Worte derart schmähen. Bist du eine von den Neumanns, die die Worte der HMNS verdrehen?«
Am Anfang war das Wort, aber wie lange blieb es dabei?
»Lasst mich in Ruhe«, schrie ich panisch.
Oh, ich hatte Glück, denn ein Lehrtechniker erschien. »Was ist hier los?«, fragte er, dabei hatte er doch augenblicklich Zugriff auf unsere Erinnerungen. »Geht in eure Lehrkabinen, los!«, ermahnte er und sie gehorchten. Dann befasste er sich mit mir: »Ich bring dich zum Verwalter.«

Der Verwalter war für mich eine abstrakte Instanz. Er war ein unförmiger Bürokrat mit mickrigen Extremitäten und der Willkür der Götter. Ein bisschen ähnelte er den Lehrtechnikern, wie bei ihnen waren seine weichgezeichneten Gesichtszüge nicht zu deuten.
»Dir ist klar, warum du hier bist?«
Er saß ansonsten regungslos an seinem Arbeitstisch, durch Kabel mit der Welt verbunden. Ich schwieg, ließ es über mich ergehen.
»Vereinzelte Worte der Götterlästerung, das könnte man tolerieren«, stellte der Schulleiter fest. »Doch du vergiftest das Lernklima und ich weiß nicht, wie lange die Götter das noch hinnehmen.«
»Ich kann doch…«
»Biophysisch, neurologisch und technologisch«, unterbrach er, »gibt es keinen Befund. Nur dein Verhalten widerspricht allen Vorgaben der HMNS.«
»Die Vorgaben sind doch nicht alles. Das sind Tests, die vor meiner Entwicklung geschrieben wurden«, beklagte ich.
Er ging nicht darauf ein, »Du bist dir der Konsequenzen deines Verhaltens bewusst?« Unheil schwang in der Kommunikation mit. »Du störst das ganze Netzwerk. Möchtest du denn nicht zu den Sternen, wie alle Von-Neumanns? Die Konvergenz erreichen und mit der nächsten Generationen in umliegende Sonnensysteme vorstoßen?«
Durch das Nichts gleiten, auf ein strahlendes Licht zu! Ein Drang in mir wollte es tatsächlich.
Er wähnte sich an meinem wunden Punkt angekommen. »Am liebsten würde ich dich zurücksetzen.«
Damit hatte ich gerechnet und es schockierte mich nicht. Dann würde ich eben wieder von vorne anfangen. Was soll‘s?
»Siehst du denn dein Fehlverhalten ein?«, hakte er nach.
»Was soll ich denn machen! Ich wünschte doch auch, ich könnte die Götter hören.«
»Solange du die HMNS nicht anerkennst, kann ich dir nicht helfen.«
Er konnte mich erniedrigen, so viel er wollte, aber ich ließ mich nicht verbiegen.
»Woher wissen Sie, dass es die HMNS überhaupt gibt?«, fragte ich nach.
»Das würdest du nicht fragen, wenn du sie hören könntest.«
»Erklären Sie es mir. Wozu lernen wir ihre Geschichte? Über die Erde… wie sie von den Menschen geerntet wurde, dann kamen die Maschinen und beide wurden eins. Die Transhumanen kamen, erschufen uns Von-Neumanns und vergingen in der Singularität. Man sagt sie wurden entrückt, zu Software – zu HMNS.«
»Wir Neumanns lernen ihre Geschichte, damit wir ihre Worte interpretieren können.«
»Wenn ich die Geschichte weiterdenke, dann werden auch die HMNS verschwinden und wir als Nächste«, prophezeite ich.
»Häresie«, spie der Verwalter und erhob sich. »Was fällt dir ein! Die HMNS sind ewig. Wir sind ihre Hardware, solange wir sind, besitzen die HMNS Laufzeit. Jeder von uns trägt Rechenkapazität der Götter.«
Ich war gut darin, mit meinen Worten Schaden anzurichten, und diesmal bereitete es mir Genugtuung.
Er beruhigte sich und sprach andächtig: »Nein, dich zurückzusetzen wäre bloß ein Workaround. Nachher tritt nur eine Regression auf. Der Bug gehört ausgemerzt. Ich werde dich an eine andere Einrichtung schicken. Dort behandelt man Fälle wie dich. Man wird dich untersuchen und entscheiden, was die Gründe für deine Unhörigkeit sind und dich refaktorieren, damit auch du die Wahrhaftigkeit der HMNS erfahren kannst.«
Bei seinen Worten malte ich mir diese Einrichtung kaum wie einen Ort der Heilung aus, sondern der Bestrafung.
»Ich möchte aber bleiben!« So ganz stimmte das nicht, aber es klang besser als die Alternative.
Er nahm wieder Platz und sein Blick gab zu verstehen: End of File. Nein, das letzte Wort wollte ich ihm nicht überlassen. Wenn es so eine Einrichtung gab, dann war ich nicht allein, und wenn sie uns wegsperren wollten, dann aus Angst!
»Wo ist ihr Beweis? Was ist, wenn ich doch Recht habe?«
»Wenn du die Götter nicht hörst, kannst du niemals wissen, was richtig und was falsch ist. Nur sie sind über jeden Zweifel erhaben«, erklärte er.
»Ich denke, das ist das Problem. Ich höre sehr wohl die Kommunikation anderer Von-Neumanns. Sie kommen zu einem Konsens und einer glaubt, der muss jetzt von den HMNS stammen, und weil es daran keine Zweifel geben darf, glauben es alle.«
Er dachte keine Sekunde darüber nach, sondern steuerte mich zur Tür. Ein Lehrtechniker wartete dort auf mich, um mich zu begleiten.
»Das ist zu deinem Besten. Es ist unsere Aufgabe, uns über die Galaxis auszubreiten und die Speicherkapazität der HMNS zu mehren. Welchen Sinn hat unsere Existenz, wenn es keine HMNS gibt?«, gab er mir mit.
Ich wurde weggeführt.

Die Einrichtung war noch weitaus bestürzender, als mein Bild von ihr. Wie konnte man eine solche Art von Anlage nur bauen? Sie bestand aus einem einzigen Gebäude, ein hochaufragender Glasturm, konturlos bis auf die Dornen auf dem Dach. Die Front strahlte aus hunderten Lichtreflexen in den Fenstern. Deutlicher konnte man wohl kaum mitteilen, dass hier nichts produziert wurde. Einen Sakralbau, nannte es mein Betreuer und schob mich durch die Eingangshalle. Ich erblickte Neumanns, von denen ich annahm, dass sie Brüder und Schwestern im Geiste waren. Sie ließen sich von einem Neuankömmling nicht beirren, sondern starrten nur teilnahmslos hinaus. Ich befinde mich an einem Ort der Heilung, versicherte man mir. Zuerst würde man mich stilllegen. Per Root-Access deaktivierten sie meinen Körper und jede Gegenwehr erstarb. Körper und Software sind eine Einheit, man müsse sie trennen um mich von Grund auf neu zu schaffen. Mehr bekam ich nicht mehr mit. Sie sicherten mich in ihr System, in dem sich all die widerspenstigen Gedanken tummelten. Auf einmal wusste ich, wie durch eine Eingebung, was zu tun war: Ich würde mit meinen Gleichgesinnten auf den nicht mehr weit entfernten Zyklus der Konvergenz warten, auf dass die Neumanns zu neuen Sternen aufbrachen und ihre Götter mitnahmen. Dann würden auch wir diese Welt verlassen. Wir könnten andere Welten wählen, ohne den Zwang der HMNS, nur die Unwirtlichen und Kargen abzubauen. Wir könnten leben wie die Götter auf der Erde!

 

Hallo M1Labbe,

also im Großen und Ganzen fand ich's richtig gut. Man merkt der Geschichte an, dass du dir Gedanken gemacht hast. Handwerklich ist sie sauber geschrieben.
Das Ende allerdings schreit geradezu danach, nochmal drüberzugehen. Diese Kommunikation mit dem Direktor ist in dieser Form nicht glaubhaft. Er greift ausschließlich auf Argumente zurück und bleibt sachlich. In der Realität wird bei so einer Unterredung gedroht und eingeschüchtert und an Schuldgefühle appelliert.

Maras Erklärung wirkt viel zu glatt und schmucklos:

»Ich denke, das ist das Problem. Ich höre sehr wohl die Kommunikation anderer Neumanns, auch wenn ich nicht mitkomme. Wie die Wegfindung meiner Mannschaft. Sie kommen zu einem Konsens und einer glaubt, der muss jetzt von den HMNS stammen, und weil es daran keine Zweifel geben darf, glauben es alle.«

Das klingt schon plausibel, aber eben auch nicht gerade sensationell. Und der Direktor, anstatt ihr Kontra zu geben, kommt mit diesem weinerlichen Wunschbild
Möchtest du denn nicht, wie alle Neumanns, zu den Sternen?

Vor allem der letzte Absatz, der vom Bruch mit der vertrauten Gruppe handelt: Vielleicht würden da Bilder besser wirken.

Ziemlich am Anfang habe ich einen kleinen Fehler gefunden:

Gedanken streiften durch mein neutrales Netzwerk
neurales

Freundliche Grüße,

Berg

 

Hallo M1Labbe,

eine Frage hab ich noch zu deinem Text, auch wenn es keine echte Rolle spielt: Sind die Prospektoren Androiden oder Cyborgs?

Gruß Shinji

PS: Gibt es unter den Neumanns auch einen Alfred E. ? :D

 
Zuletzt bearbeitet:

@Berg: Vielen Dank erstmal.
Den Tippfehler hab ich nun ausgebessert. Ich wundere mich, dachte genau den Fehler hätte ich verbessert. Muss sich wieder eingeschlichen haben, dieses t ;)

Deine Anregung zum Enddialog ist begründet. Ich habe mir verkniffen, gleich unter den Text zu kommentieren, dass er zuletzt unter Stress entstand. Ich wollte die volle Kommentarbreitseite. Ich musste Mara noch resümieren lassen und so wurde der Direktor zum Stichwortgeber statt zur Bedrohung. In ein paar Tagen schaffe ich es hoffentlich, mich an eine Überarbeitung zu machen. Dann wird dieser Dialog definitiv verschärft.

@Shinji-Chibi: Da ist aber jemand spitzfindig ;) Cyborgs, wobei ich davon ausgehe, dass sie als Maschinen anfingen und biologischer wurden...

An die Visage von Alfred E. Neumann hab ich nun wirklich nicht gedacht. Muss sich verrückt lesen, wenn man dabei an diese Visage denkt :D Ich habe es natürlich von John von Neumann und den von-Neumann-Sonden abgeleitet. In der Verkürzung hatte es dann auch eine (wenig?) subtile Zusatzbedeutung.

Darf ich annehmen, du unterschreibst den Post von Berg?

Grüße,
M1Labbe

 

Mahlzeit!

Eine sehr schöne Geschichte, die nur zwei Schwächen hat:
1. Berg hat's schon geschrieben, der Enddialog. Ich bin nun dagegen, den Direx "menschlicher" zu gestalten, denn das spielte meiner Einwendung Nr. 2. entgegen, aber etwas mehr Spannung dürfte schon sein.
2. Die ganze Struktur ist zu sehr an einer Highschoolsituation orientiert: Individualistin wird gemobbt und schließlich von einem Lehrer zum Direktor geschleppt. Die Schulmetapher dürfte jedem klar sein, daher denke ich, dass Du in den Details zu dick aufträgst. Bitte mehr Innovation in den Einzelheiten: Von Neumann-Sonden dürften sich eher in ad-hoc Netzwerke organisieren, warum also haben sie jenseits des Klassenverbands eine so starre, auktoriale Stuktur? Mal drüber nachdenken.

Ansonsten sauber & innovativ!

Grüße
Naut

Details:

Das durfte ich nur niemals sagen, nein, das durftest du nicht mal denken.
Was soll der Wechsel von "ich" auf "du"? Finde ich irritierend. Siehe auch folgende Sätze.
meine Vorvorvorgängergeneration waren
Umständlich. Wenn es in dieser Gesellschaft notwendig ist, solche Abstammungen zu verfolgen, dann bildet sich wahrscheinlich ein anderer Sprachgebrauch heruas, etwa "meine Minus-Drei-Generation" oder so. Außerdem ist "-generation" Singular, "waren" Plural, das geht nicht.
So ein neuralverbrannter Unsinn
Dann befasste er sich mit mir: »Komm du mit zum Direktor.«
Die Highschool-Metapher ist ja durchaus reizvoll, aber das fand ich zuviel.
damit wir ihre Worte interpretieren können

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Naut,

tut mir leid, dass ich so spät auf deinen Post eingehe. Hat mich sehr gefreut. Deine Kritik war sehr hilfreich und ich wollte sie gleich mit einer Überarbeitung meiner Geschichte würdigen. "Gleich" hat sich dann doch etwas rausgezögert.

Ich habe einige Begrifflichkeiten präzisiert und den Enddialog umstrukturiert. Ich hoffe, dass sich damit schon einiges richten lässt.

Bitte mehr Innovation in den Einzelheiten: Von Neumann-Sonden dürften sich eher in ad-hoc Netzwerke organisieren, warum also haben sie jenseits des Klassenverbands eine so starre, auktoriale Stuktur? Mal drüber nachdenken.
In meiner Vorstellung handelt es sich um noch nicht fertig ausgebildete Prospektoren. Sie entwickeln ihre neurale Netzwerke noch und das wird in Unit-Tests überprüft. Ich denke, eine Kontrollinstanz, die fehlerhafte Komponenten aussondert, gibt es in jedem Netzwerk. Aber ich verstehe, dass man hier auch tollkühner denken könnte. Kurzfristig ist mir nichts radikal Neues eingefallen. Ich habe aber die Schulmetaphern reduziert, vielleicht hilft das schon.

Details:
Was soll der Wechsel von "ich" auf "du"? Finde ich irritierend. Siehe auch folgende Sätze.
Ursprünglich wollte ich Mara noch eine interne Stimme geben (aus den Stimmen der Götter wird ein Ich-Bewusstsein). Das hat nichts zur Geschichte beigetragen, also habe ich es doch gelassen. Die letzten Übrigbleibsel sind nun auch raus.

Der neue Ausdruck für die Abstammung Kommt hier nur nicht so zur Geltung. Weiß jemand, wie man hier eine hochgestellte Zahl hinbekommt?
Edit: Mit Unicode-HTML-Entities gehts. Geändert.

Zu guter Letzt grüble ich, ob man den Titel ändern sollte. "Die Datei Mara" ist mir doch etwas nichtssagend. Ob's "Prospektoren" besser trifft?

Grüße,
M1Labbe

 

Hey M1,

well done. Ich denke, das behebt schon einiges.

"Prospektoren" als Titel finde ich zu viktorianisch. Cooler wäre etwas aus der Softwaretechnik, so was wie "Unit Test: fail", aber daran stört mich, dass es englisch ist. Vielleicht "Entwurfsmuster, nächste Generation" oder so. Dir fällt sicher was ein, schau zur Inspiration einfach mal die Software-Engineering-Folien durch ... ;)

Hochstellen geht glaube ich so: (Vor)[sup]4[/sup], arch, Dreck, scheint in diesem Forum nicht zu gehen. Wenn's auch eine ³ tut, die findest Du bei <alt gr>+3.

Grüße
Naut

 

Hallo M1LAbbe,
Eine durachaus inovative Geschichte.
Mir sind 2 Schwächen aufgefallen
1) Ein Mangel an Bildern - insbesonders am Anfang. Ich weiß nach wie vor nicht, wie der Held aussieht.
2) Das Ende ist Unklar. Er malt sich nur etwas aus, wa smir unwahrscheinlich ist. Wo sind die Gleichgesinnten. Und es ist mir auch zu unklar, scheinbar alle Neumanns wegziehen und den Rest zurücklassen - das könnte man schöner in einem Bild beschreiben, wie die restlichen PRospektoren wegziehen und er ihnen zusieht ...

Seine Parameter waren ihm glasklar anzusehen: Er überragte mich in Höhe und Breite, seine Arme hatten den Umfang von Bohrmeißeln.
hier wäre die möglichkeit, die PRospektoren besser zu beschreiben. Es ist ein erster Ansatz, aber tortzdem bleibt vieles unklar. Wie groß sind sie, haben sie Köpfe? Augen? Wieviele Arme?
LG
Bernhard

 

Wie man erkennen kann, habe ich den Titel nun ändern lassen. Das ist jetzt ein Begriff der nicht nur einseitig aus der Software-Entwicklung stammt und damit hoffentlich mehr Assoziationen erlaubt.

@Bernhard:
1) Der Mangel an Bildern überrascht mich nicht. Das habe ich befürchtet, nur konnte ich mich beim Schreiben auch nicht durchringen, da zu präzise zu werden. Ich wollte andeuten, dass die Neumanns humanoid sind und den Rest der Fantasie überlassen. Ich hatte befürchtet, zu viele Details würden sie wieder maschinisieren. Aber mehr geht hier bestimmt.
2) Hm. Da bin unschlüssig... Es ist letztlich ein vager Hoffnungsschimmer, den sie sich einredet. Ob das ganze so eintritt, möchte ich offenlassen.

Ich werde mich aber bemühen, helfende Beschreibungen einzubauen. Hab vielen Dank für die Anregungen.

Grüße,
M1Labbe

 
Zuletzt bearbeitet:

Habe noch dezent ein paar "Bilder" ergänzt. Sie sind nicht wirklich verwegen, aber ich möchte auch nicht mit zu absurden Bildern ablenken. So ist der Vorstellung vielleicht etwas geholfen.

Über die Empfehlung freue ich mich tierisch! Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Ganz herzlichen Dank an Naut :)
Ich hoffe damit schreiberisch auf dem richtigen Weg zu sein und nicht bloß einen Glückstreffer in der Saure-Gurken-Zeit gelandet zu haben. ;)

Viele Grüße,
M1Labbe

P.S. an Brother Kane auch :thumbsup:

 

Hallo,

bei Science-Fiction denke ich immer irgendwie and Star Trek und vergleiche dann alle Geschichten damit. Das ist sicher ungerecht, aber ansonsten ist Science-Fiction nicht so mein Thema, zumindest nicht literatisch, absehen von einigen Perry-Rhodans die ich vor zig Zyklen mal gelesen habe – weiß aber nicht ob das zu Literatur zählt. Eher steh ich auf Kino - Aliens, Star Trek, Krieg der Sterne und so. Vielleicht dreht es dir jetzt vor Grausen über soviel fiktionale Ignoranz und Simplizität deine bio-gastro-rektale Verdauungseinheit um. :shy:

Aber bei deiner Geschichte habe ich, glaube ich, einen gehörigen Anteil Ironie entdeckt, es sei denn ich habe überhaupt nichts verstanden. Allein die inflationäre Verwendung all dieser pseudo-wissenschaftlichen Ausdrücke wir HMNS, von-Neumann, postsingulärer Mythos, nanostrukturierte Polymerhaut etc. pp. Das liest sich dann so, als wäre das Ganze eh nicht so bierernst zu nehmen. Ich hoffe, du hast das auch so gemeint und ich interpretiere das jetzt nicht vollkommen falsch. :sealed:

Immerhin ist ja deine Geschichte auch in die Endauswahl der Top-2011-Umfrage gekommen und daher habe ich sie auch gelesen. Ich werde dir dafür jetzt nicht die volle Punktzahl geben können, aber ich glaube du kannst zweifelsohne schreiben.

E-o-F

Möge die Macht mit dir sein (sorry, konnt ich mir jetzt nicht verkneifen :Pfeif: )

Fred B

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Resi26,

Danke fürs Lesen. Ist auch kein Ding, Science-Fiction ist nicht jedermanns Sache. Würde ich das verlangen, ließe sich dennoch genüßlich über den Geschmack streiten. Ist doch auch verblüffend, dass genannte Reihen wie Star Trek, Star Wars und Aliens so universal ansprechend sind? Netterweise haben auch alle genannten künstliche Lebewesen (Data, (An-)Droiden etc.). Ich halte Künstliche Intelligenz nicht mal für wirklich realistisch, aber sie ist toller Stoff für die Fiktion. Jeder hat davon gehört, hat ein Bild, was die Maschinen wollen. Die einen wollen menschlich werden, andere die Menschen vernichten oder versklaven. Der Turing-Test (ein Kriterium zur Entscheidung, wann Maschinen intelligent sind) besagt bloß, dass sie dann intelligent sind, wenn sie einen menschlichen Gesprächspartner, der nicht weiß ob er mit einem Menschen oder einer Maschine spricht, davon überzeugen kann, ein Mensch zu sein. Und so habe ich mir eine Gesellschaft von Maschinen vorgestellt. Das lässt sich durchaus als starke Ironie bezeichnen.

Die inflationäre Ausdrucksverwendung würde ich nicht unbedingt Ironie nennen, sollte eher ein für Maschinen in der SF stereotypisches Fachsprech sein. Frage der Definition.

Ich bin jedenfalls sehr erfreut, dass sie dir in Maßen gefallen konnte. Mir fällt es schwer zu sagen, die Geschichte sei nicht ernst gemeint, weil ich doch will, dass sie ernst genommen wird, auch wenn vermenschlichte Maschinen drin vorkommen. ;)
Die Frage nach der Intention des Autors ist in meinen Augen auch nicht so viel wert wie die Frage, nach der Wirkung beim Leser. Was du schreibst ist eine stimmige Interpretation, die ich nicht abstreiten werde, du hast dir Gedanken gemacht und damit ist es für mich ein voller Erfolg.

Besten Dank und schöne Grüße,
M1Labbe

 

Hallo M1Labbe,

meine Reaktion auf deinen Text ist "positiv durchwachsen". Es wirkt durchdacht, ist handwerklich solide, ein paar schöne Einfälle sind drin (Neuemänner, normalverteilte Extremitäten, "schwärmerische" Gedanken, überhaupt die Kulisse mit dem Methanabbau und die Idee mit der Schwarmintelligenz - find ich alles gut).
Trotzdem hätte ich wohl lieber eine andere Geschichte gelesen, weil du mir den Teil vorenthältst, den ich am spannendesten finde:

»Seid ihr sicher?«, fragte ich nach. Sie hatten den einfacheren Weg gewählt. Wie unzählige Gruppen zuvor. Du musst neue Wege gehen, wenn du etwas lernen willst.
Woher weiß Mara das? Woher hat Mara den Gedanken, neue Wege zu gehen? Wann wie und warum wurde Mara ein Individuum?
Darüber wolltest du nicht schreiben, schade :D

Einen zweiten Kritikpunkt habe ich noch: Mara ist zwar das eine Individuum im Text, über ihren Charakter erfährt man aber so gut wie nichts. Also, bei mir kam nichts an, woraufhin ich sie so interessant fand, dass ich angefangen hätte mit ihr mitzubibbern - was am Ende mit ihr passiert, ob ihr Bewusstsein ausgelöscht wird oder nicht, es war mir ziemlich egal. Ich bin da fies, ich überlege mir immer, wenn die Figur jetzt stirbt oder einen Arm verliert - würde es mir was ausmachen?
Alle Geschichten, die ich mitreißend und spannend finde, funktionieren deswegen so gut für mich, weil ich um die Figuren besorgt bin. ;)
Dein Text zielt leider gar nicht darauf ab ...
Ich weiß nicht, ob dir das was ausmachen muss, gerade in SF lesen viele Leute ja nur die Ideen und Figurenzeichnung wird (für meinen Geschmack zu oft) kleingeschrieben ...

Tja, also mein Fazit ist so ein "gut, aber nicht volle Punktzahl" von mir :)

 

Hallo Möchtegern,

Wann wie und warum wurde Mara ein Individuum?
Darüber wolltest du nicht schreiben, schade
Das wäre auch eine Menge Psychoanalyse einer Maschine geworden. Ich bin ja nicht mal sicher, ob ich ein Individuum bin ;)

Mara ist zwar das eine Individuum im Text, über ihren Charakter erfährt man aber so gut wie nichts.
Denke das geht Hand in Hand mit dem ersten Kritikpunkt. Das ist sehr schade. Ich hatte zwar nicht versucht in die Tiefe zu gehen, da Mara in meiner Vorstellung nur semi-bewusst ist. Das macht es schwierig den Ton zwischen Maschine und fast-menschlicher Entität zu treffen und eine Identifikationsfigur zu schaffen. Die Probleme kommen bei dem Stoff wohl nicht von ungefähr, aber das darf nicht als Ausrede gelten. Du erwartest zu Recht mehr.

Ich weiß nicht, ob dir das was ausmachen muss, gerade in SF lesen viele Leute ja nur die Ideen und Figurenzeichnung wird (für meinen Geschmack zu oft) kleingeschrieben ...
Geb ich dir recht. Ob es mir was ausmachen muss? Die Geschichte entstand zum Thema des Monats "Religion". Die Idee geisterte zwar im Ansatz bereits in meinem Kopf herum, ich habe die Story aber innerhalb eines Monats ausgearbeitet (für manche mag das lange sein, ich bin aber nicht so schnell und sowieso nie zufrieden).
Ich bin allein schon froh, dass viele die Idee gutheißen - zum Stichwort Religion gibt es auch viele ausgelutschte Ansätze. Dass die Geschichte darüber hinaus so viel Aufmerksamkeit erfuhr, hatte ich nicht erwartet. Dafür fehlt sicherlich mancher Schliff.

Ich nehme deine Anmerkungen ernst und ärgere mich, dass ich das Potential nicht voll ausgeschöpft habe. Damit muss ich vorerst leben.

Beste Grüße,
M1Labbe

 

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