Regennacht
Der Regen prasselt und fällt mir auf das Gesicht, er läuft über meine Wangen und vermischt sich mit den Tränen, welche schon eine ganze Zeit ungehindert fließen können, denn ich habe meine Selbstbeherrschung verloren. Ich bin nicht mehr im Stande meine Gefühle daran zu hindern, die Kontrolle über meinen Körper zu übernehmen. Deshalb zittere ich auch und mein Atem rasselt, meine Knie schlottern, mein Herz tut so weh.
Schmerz, ist der einzige Gedanke in meinem Kopf und er nimmt mich in seinem Besitz, so dass ich nur noch an ihn denken kann und alles andere völlig übersehe.
Ich sehe in den Regen hinaus, spüre ihn auf meiner Haut, in meinen Augen spüre ich ihn. Regen, und die Welt ist grau, ist nicht mehr zu unterscheiden von meinen Gedanken und den verlorenen Träumen in meinem Herzen. Nichts davon ist bunt, nichts davon ist warm.
Ich merke, wie ich so in die verregnete Welt hinausstarre, dass ich ihr ähnlich geworden bin. Denn nichts unterscheidet mich mehr von ihr, mein Wesen ist farblos. Das Leben rinnt dahin, wie die Regentropfen vor mir und irgendwann hört es ganz einfach auf, wie der Regen.
Doch mein Herz, es funkelt noch, wie ein roter Edelstein. Vielleicht wird es stark genug sein, die Schmerzen zu überwinden und die Wunden zu schließen, die mir dieses angebliche Leben zufügt. Ein Leben ohne die Lebhaftigkeit eines wahren Daseins, ein ewiges hin und her rennen auf den Straßen dieser Welt ohne einen Sinn darin zu sehen. Ein Leben, das es nicht wert ist, Leben genannt zu werden.
Einmal hörte ich in der Straßenbahn einen Mann ganz leise zu seiner weinenden Tochter sagen „Das schönste was je von Gott geschaffen wurde, ist ein neuer Morgen. Also gib nicht auf, gleich Morgen kannst du dein Leben neu gestallten.“.
Dort vorne sehe ich ihn kommen, es wird hell am Rand der Welt. Bald wird der neue Morgen, der neue Tag heran sein. Doch ich fühle keine Freude, ich fühle nur Schmerz, nur Angst.
Wahrscheinlich ist bloß eine kleine Krise, wie mein Vater immer sagt, nichts weiter als ein kurzer Augenblick, den jeder braucht, um die Schönheit der Welt, die Schönheit des Lebens von neuen zu erkennen. Doch ich weiß, es wird Morgen noch nicht vorbei sein und übermorgen wohl auch nicht.
Alles ist so unwirklich wirklich, alles wiederspricht sich. Das Leben ist so vorhersehbar. Wo ist diese hochgepriesen Unberechenbarkeit?
Ich will nicht sterben, so ist es nicht. Denn so wie unten in der Stadt nur die Straßenlaternen mit ihrem hellen Licht, dem Regen trotzen, so will ich dem Leben trotzen.
Es wird mich nicht unter seiner Last begraben, immer wieder werde ich mich frei kämpfen und wie jetzt mit neuer Zuversicht, welche noch kurz zuvor unmöglich schien, mein Gesicht in den Regen recken und ihn meine Tränen mitnehmen lassen. Denn der neue Morgen bricht heran und ich muss stark sein für die Welt, die mir oft so leblos erscheint. Ich muss stark sein, damit mein Herz nicht aufhört zu glühen und ich die Liebe in mir als meinen Lebensinhalt sehen kann.
Also, stehe ich auf von dem Felsvorsprung auf dem ich saß und von dem aus ich in die Tiefe sah. Und ich gehe den schlängeligen Weg entlang und dann beginne ich zu rennen und meine Füße verlieren den Boden dieser Welt.
Ein neuer Tag und damit neue Schmerzen, deren Heilung die Liebe ist, welche ich bringen darf, wartet auf mich.
Der Regen ist zu einem leichten Nieseln übergegangen und die Sonne erweckt die Welt aus der Tiefe der Nacht. Und meine Flügel tragen mich sicher und stetig in die Röte des Neuen Morgens hinein, eine Röte, die das Grau der Dämmerung vertreibt.