Regen
Das rollende Donnern eines kommenden Gewitters dringt mir ins Ohr. Mein Blick sucht erschrocken und sogleich auch hoffend den Himmel ab. Am Horizont sehe ich schon die ersten schwarzen Wolken kommen. Ich muss lächeln. Endlich.
Ich lasse mein Werkzeug fallen, lasse alles stehen und liegen und laufe in den Talkessel. Immer wieder murmle ich dieses eine Wort. Regen. Während ich laufe höre ich wieder dieses dumpfe grollen das ich mir seit Monaten so sehr ersehnt habe. Endlich sehe ich mein Haus. Ich laufe schneller. Fünf Schritte noch bis zu meiner Tür. Noch vier, dann drei, nur noch zwei, einer. Nach meiner Familie rufend reiße ich die Tür auf und rufe völlig außer Atem dieses Wort das mir und meiner Sippe so viel bedeutet. "Regen!" Meine kleine Tochter kommt die Stiege herunter gepoltert und sieht lachend an mir vorbei durch die Tür. Ich kann schon meine beiden Söhne einen Stock über mir trampeln hören. Aus der Küche höre ich meine geliebte Frau lachend rufen:" Endlich."
Meine Tochter und ich stürmen zuerst in den Hof, dann rennen wir so schnell wir können hinaus auf die ausgetrockneten Felder. Die dunklen Wolken sind fast über uns und ich spüre förmlich wie geladen die Luft um uns herum ist. Bald.
Wieder dieses dumpfe Grollen bei dem mein Herz schneller schlägt. Am Horizont sehe ich es schon Wetterleuchten. Sehr bald.
Ich höre meinen ältesten nach mir rufen. Wie ein kleiner Junge grinsend sehe ich nach oben. Über mir hat sich eine fette schwarze Wolke platziert. Ich schließe meine Augen, meine Arme strecke ich, mit den Handflächen nach oben, weit zur Seite aus. Ich lächle breit. Jeden Moment.
Ich kann hören wie meine Familie mich erreicht und still neben mir verharrt. Ich höre keinen Laut. Der Wind setzt aus. Stille. Ich denke nur eins. Jetzt
Ein einzelner Regentropfen fällt mir in die rechte Hand. Dann ein zweiter in mein Gesicht. Dann noch einer und noch einer, bis ich völlig durchnässt bin. Ich beginne laut zu Lachen und fange an zu Tanzen. Ein Freudentanz. Meine beiden Söhne beginnen laut zu jubeln. Meine Frau umarmt mich und wir küssen uns. Unter dem Regenmantel kann niemand erkennen das ich weine. Freudentränen. Jetzt kann ich sie mir endlich wieder leisten. Ich freue mich so.
Endlich ist er da.
Der Regen der die Trockenperiode beendet, meine verbrannten Felder wieder ergrünen lässt, Futter für mein ausgehungertes Vieh wachsen lässt und das Leben meiner Familie ein weiteres Jahr ermöglicht.
Dieses Wort....
...Regen...
...Wasser...
...Leben!
[Beitrag editiert von: azrael am 12.03.2002 um 21:21]