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Reflexion

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12.04.2007
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Reflexion

Reflexion -​
Present Development of the Past​

„Durch alle Wesen reicht der eine Raum:
Weltinnenraum. Die Vögel fliegen still
Durch uns hindurch. O, der ich wachsen will,
Ich seh hinaus und in mir wächst der Baum.“
Rilke​

Einst war weit westlich der großen Städte ein wundersamer Ort - umschlossen von hohen Hängen und wohlbedacht vom blauen Tuch des großen Zeltes, lag er von der Welt abgeschieden und kaum zugänglich in einem Hochtal. Da wogt’ es und rauscht’s die Hänge hinab durchs Immergrün der an Atem reichen dichten Wälder. Also wird erzählt in Puebla.

Weiter heißt es, dort säße ein jeder zu Tisch ohne Anfang und Ende, dass er zwischen zwei Gleichen und niemand höher zu sitzen käme als irgend ein anderer. Friede herrschte, auf dass Handel und Wandel blühten, und alle, die da im Hochtal wohnten, fänden und hielten gleichermaßen Anteil am Wohlstand.

Und selbst wenn eines Tages die Stimme des Erzählers verstummt, die Tinte der Niederschrift verblasst und die Schrift dem Leser fremd wird und nichts mehr wäre, wie es einmal war, hießen die Nachbarn den Ort immer noch mit schnalzender Zunge Tschoolollan, was in der Sprache des Volkes ohne jeden Schnalz „Ort des Laufens“ bedeutet, denn ohne Zweifel sind die Leute aus Tschoolollan immer schon die schnellsten und zugleich ausdauerndsten Läufer auf der Welt, dass selbst der Kaiser des fernen Morgenlandes neugierig wurde auf dieses Volk.

Also fragte der Kaiser seinen Beichtvater: „Vater Schwarzrock, was sagen uns die Heiligen Schriften über diesen Ort des Laufens? Und sage mir, was ihr Schwarzröcke und Gelehrte darüber wisst und was sich in euren Archiven über diese ferne Welt findet!“

Die Schriften aber schwiegen über den Ort wie die Archivare im Hort der Bewahrung jeder Bewegung abhold waren und sich schon allein vor dem Namen eines Ortes des Laufens ekelten.

So zuckte der Beichtvater zunächst mit den Schultern, kratzte sich verlegen am Kopf und blieb stumm, bis der Kaiser seinen Finger erhob und das Wort ergriff: „Heißt es denn nicht schon im Schöpfungsbericht, dass am sechsten Tage dem Menschengeschlecht geboten wurde, sich zu mehren und die Erde zu füllen, dem König der Könige aber aufgegeben wurde, sich alle Welt untertan zu machen und zu herrschen über alles, was da sei?“, um listig zu schließen: „Und wer wäre denn der König der Könige, wenn nicht der Kaiser?“

Da schnellte der Finger des Beichtvaters hinauf und der Schwarzrock fügte an: „Wie wahr, mein Herr, wie wahr! So lautet denn der Missionsbefehl in der frohen Botschaft, dass unserm Herrn gegeben sei alle Gewalt im Himmel und auf Erden und wir hingehen, allem Volk das Gesetz zu bringen.“

Der Kaiser fühlte sich bestätigt in dem Gedanken, der in ihm keimte.

„Ziehe hin, find uns dieses Scholloolaan und bringe deinem König der Könige den besten Läufer, kost’ er, was es wolle, auf dass wir die nächsten Olympiaden gewinnen!“, befahl darauf der Kaiser seinem Generalintendanten, „es soll dein Schade nicht sein!“, und ernannte den begnadeten Hofintriganten sogleich zum Admiral der sieben Weltmeere und Botschafter des Morgenlandes allen Völkern jenseits des westlichen Meeres.

Also rüstete der Admiral eine Flotte von Galeeren mit vielem Volk und Galeonen mit reichlich Kanonen an Bord, tänzelte mit der Armada übers Wasser der untergehenden Sonne entgegen, dass man nicht vom Kurs abkomme und das Abendland verfehle.

Für den Rückweg hieß er eine rote Spur über die Wasser des westlichen Meeres legen in Form von Leuchtfeuern auf all den Inseln, die durch die bloße Berührung mit den Stiefeln aus heimischem Leder in seinen Besitz übergingen und also dem kaiserlichen Eigentum hinzugefügt wurden.

*

“For with pomp to meet him came,
Clothed in arms like blood and flame,
The hired murderers, who did sing
»Thou art God, and Law, and King.”
Shelley​

Wie das flotte Ballett endlich das Abendland erreichte, hatten die Leute von Tschoolollan bereits von denen aus Puebla erfahren, dass da wer auch immer übers östliche Meer antanze nach einer fremden und umso außergewöhnlicheren Choreografie und Melodie.

Die Sonne zog vor, sich hinter den Bergen zu verbergen, um ihre Tränen nicht zu zeigen. Das große Zelt errötete zunächst vor Scham und wechselte hernach das himmelblaue Tuch gegen ein schwarzes. Selbst der Wald hielt seinen Atem an und erstarrte stumm.

Und dennoch: als die Leute des Hochtales erfuhren, dass das orientalische Ballett seinen Tanz in den östlichen Stätten fortsetzte, achtete man in Tschoolollan nicht so sehr des wilden Tanzes, als vielmehr der Tradition der Väter folgend, jedem Fremden gastfreundlich und allem Neuen aufgeschlossen und ohne Vorurteil zu begegnen.

Also tat man, als hätte man den Primballerino immer schon erwartet, brach das Brot mit ihm und begrüßte ihn als einen Freund. Weil er aber bleicher war als andere Reisende aus dem Morgenland, von denen man wusste, schmeichelte man ihm und nannte ihn Ketsalkoter, beherrschte doch der smaragdgrüne Trogonsketsal mit dem langen Schwanz das Immergrün. Das bleiche Gesicht des Eintänzers erinnerte die Leute von Tschoolollan an Vogelschiss.

Dem Generalintendanten kam alles im Hochtal spanisch vor und der Admiral wähnte sich in Tschoolollan in einem böhmischen Dorf. Der Botschafter des Orients erkannte dennoch recht schnell, dass die Leute im Ort des Laufens ständig am Rad drehten.

„Die haben einen Vogel“, befand er, womit er nicht unrecht hatte.

„Aber“, so ließ er seinen fernen Kaiser wissen: „Die Leute von Tschoolollan sind für Wettkämpfe und die moderne Welt ungeeignet, dass es sich nicht lohnt, sie einzugemeinden“, dass gar bald alle Orientalen fanden: „Die von Tschoolollan piepen nicht richtig!“, zumindest aber, so meinten Schlaumeier wie Scherzbolde auf ihre Art feinfühlig, eine hinterschwarzwäldlerische Kuckucksuhr, die nicht richtig ticke.

Da hatten die Orientalen nicht ganz unrecht, wenn auch nicht unbedingt recht.

Weder liefen die Leute des Hochtales vor jemand noch irgendetwas davon und schon gar nicht hetzten sie irgendwas oder sonst wem hinterher. Ihnen war der Gedanke fremd, mit dem großen Boot übers östliche Meer zu fahren und sich der Gefahr auszusetzen, durchnässt oder gar vom Wasser gefressen zu werden, um den fernen orientalischen König der Könige auf einem Thrönchen zu huldigen und zu beobachten, wie er seinen Besitz krampfhaft einbehielte und zugleich auf dessen Mehrung drängte.

Im Stillen tuschelten sie trotz aller Menschenfreundlichkeit, die Orientalen müssten verrückt sein, wenn nicht schon „rittitti!“ oder gar noch heftiger „plemmkacki!“ Statt nämlich selber zu laufen, ließen die Leute von Tschoolollan ständig Töpferscheiben laufen.

Von morgens bis abends.
Tag und Nacht.
Jahrein, jahraus.
Generation auf Generation.
Vom Anfang der Welt bis zu ihrem Niedergang,
denn immer schon fragte alle Welt nach den kunstvoll geformten Batzen Erde aus dem Ort des Laufens.

Teskatlipoka, wie der Name des Bürgermeisters von Tschoolollan heute noch lautet, bläst dort alltäglich den getöpferten Figuren seinen Odem mit dem ersten und zugleich einfachsten Ton ein. „’s ist der einfachste und darum edelste und ursprünglichste aller Laute, Euer Liebden“, übersetzen die Grimmbrüder einst das Tagewerk des Teskatlipoka übern großen Wörtersee hinweg, „der darum zu Anfang allen Alphabetes steht, wiewohl er genau die Mitte zwischen i und u bildet und doch zugleich zu e und o sich wandeln mag. Mit dem ersten Atemzug erschallt voll der Laut schon aus der kleinsten Brust und dem winzigen Kehlchen und wird in seiner Wiederholung zum ersten und einfachsten Wort fürs größte Bedürfnis eines jeden, ob beim hilflosen Säugling oder dem mächtigsten Fürsten, der Ruf nach dem Topf wie nach dem Thrönchen.“ Und Teskatlipoka weiß, dass es so weiter gehen wird, solange alle Welt sich ans und am Kacken halten kann.

Was aber ist mit dem Generalintendanten des Hoftheaters, dem Admiral der sieben Weltmeere und Botschafter des Orients und zugleich choreografisch außergewöhnliche Primaballerino geschehen, wenn doch Tschoolollan den heißen Tanz überstanden hat? Wie, zum Teufel, konnte Tschoolollan dem grausamen Ballett entkommen?

Eine Antwort gab der Botschafter des Morgenlandes, als er die Botschaft an seinen fernen Kaiser resigniert schloss: „Selbst zum Kanonenfutter sind die Leute im Ort des Laufens wenig bis überhaupt nicht geeignet“, wobei er verschwieg, dass das Hochtal sich dem schweren Geschütz als unzugänglich erwiesen hatte.

*

- Il faut quelques secondes
Pour effacer un monde -
Houellebecq​

Im Immergrün der Hänge ums Hochtal und inmitten des Ortes des Laufens auf einem pyramidalen Stein, der seit undenklicher Zeit als Altar dient, leben die Götter dieser seltsamen Vögel.

Natürlich!, –
wie könnte es anders sein? –
selbst mittelgroße, farbenprächtige Vögel mit elend langem Schwanz.
Die lieben die Freiheit über alles.
Selbst wenn sie in goldenen Käfigen und Luxus gehalten würden,
bräche ihnen das Herz und sie gingen ein.
Wie sollte es anders sein –
natürlich!,
lässt doch keine Gottheit sich gerne wegsperren, weshalb die göttlichen Vögel nicht Scheusal, sondern Ketsal gerufen werden. Der smaragdgrüne Trogonsketsal aber gilt als ihr Fürst, der weniger herrscht, als vielmehr darüber zu wachen hat, dass alle Ketsal frei bleiben.

Käme also daher der Name Vogelfrei?

Eines Morgens kam aus der Dämmerung eine Schlange, die schmückte sich mit den fremden Federn der Ketsal, dass sie nicht erkannt werde. So sehr die Ketsal die Freiheit liebten, so sehr fürchteten sie den unermesslichen Hunger des Eindringlings. Als Götter wussten sie natürlich, was heute jeder Bürotrottel weiß, und sprachen unter sich: „Lassen wir die Fremde die Treppe hinauf fallen, bevor wir alle ihr zur Beute fallen!“

Also schlängelte sich die Schlange rasch durch die Hierarchie und stieg im Götterhimmel des Hochtales auf. Letztlich wurde das Scheusal einstimmig von den Ketsal zur Majordomina bestimmt und erhielt den Ehrentitel Ketsalkota.

Die Ketsal aber fanden zunächst, dass es gut sei, eine Herrin zu haben, um damit Friede, Freude, Feierkuchen und zugleich die gute alte Vogelfreiheit zu bewahren. Aber es änderte sich viel unter dieser Regentschaft, konnte doch Ketsalkota sich nicht am eigenen Wahlvolk gütlich halten.

Die gefiederte Schlang verlangte nun regelmäßig Opfer von den Gläubigen im Hochtal –
am liebsten Innereien, frisch mit dem Obsidian einem lebendigen Leib entnommen -
Zunge, Herz, Lunge, Leber, Niere,
über Nacht in Milch der frommen Denkungsart entgiftet,
gut gewürzt verspeist am nächsten Tag mit dem Nachtisch,
vom Hirn die Sülze und gelegentlicher Blutwurst, Panhas,
Himmel und Erd’.

Ketsalkota verlangte aber Tschoolollan allzu viel ab, um den eigenen Hunger zu stillen, dass ein Murren im Hochtal aufkam. Damals schon befand der Teskatlipoka , „die Ketsal müssen verrückt sein!“, und zweifelte an seinem Glauben und fürchtete schon das Scheusal von Regentin.

Des jammerte die Frau des Trogonsketsal und sie suchte nach einem Ausweg. Den fand sie, wenn sie ihrem Mann den gepflegten Hausdrachen gab, in der Eitelkeit des eigenen Geschlechts und vor allem aber in der Selbstgefälligkeit der Macht. Also hieß die Trogonsketsa den Spiegelbauer, einen besonderen Spiegel zu schaffen und gar bald hieß es im Ort, dass der Spiegelbauer wohl von bösen Geistern heimgesucht werde und rittiti geworden sei.

Geführt von der Trogonsketsa brachten die Gesellen des Spiegelbauers das im blauen Tuch des großen Zeltes gehüllte vierflügelige Werk zum Teskatlipoka, auf dass er es der Majordomina schenke. „Achte aber darauf“, so warnte die Frau des Trogonsketsal, „dass du nur die glatte Rückseite siehst, wenn die Hülle abgenommen wird und die Spiegel mit ihren gekrümmten inneren Flächen wie eine Wand um den steinernen Altar der Ketsalkota gestellt werden!“, und schloss mit der Warnung, nicht einmal dahinter schauen zu wollen, was denn da mit Ketsalkota geschehe, wenn sie in die Glaswand sehe.

Und eben so sollte es geschehen.

Der Bürgermeister trat inmitten Tscholollans vor den pyramidalen Stein, auf dem Ketsalkota thronte – oder vielmehr: ruhte und die meiste Zeit verschlief, bis sich wieder der Hunger meldete.

Teskatlipoka und die Gesellen richteten das blaue Geschenk vorsichtig zwischen sich und der Majordomina auf, dass Altar wie Wohnstätte hinter den verhüllten Wänden verschwand, und warteten, bis ein erstes Knurren des Magens hinter den Spiegeln zu vernehmen war.

So gab denn Ketsalkota selbst das Kommando zu ihrem Untergang.

 

Ihr Lieben,

kann man an Sloterdijk vorbeigehn?
Ich nicht!

Glaubt einer, ich verbrächte die Zeit auf der Insel mit Ausschlafen?
Mitnichten und Neffen!

Das ist also eine erste Auseinandersetzung zum Weltinnenraum des Kapitals, logischweise ein globalisiertes Etwas mit einem Kern in der Mythologie eines Volkes, dass wahrscheinlich nicht einmal das Wort Globalisierung kennt. Wahrscheinlich auch gar nicht erst kennen will, mag Adam Smith ein auch noch so kluger Schwarzrock gewesen sein ...

 

Lieber Friedel

Ich kann durchaus und tue es auch, zuweilen an ihm vorbeikommen, da Sloterdijk einer von mehreren ist, die in der Gegenwart sich in Szene setzen. Ein Eigenwilliger zwar, damit steht er jedoch nicht allein. :D Doch dies ist keine Wertung, sondern mehr eine Differenzierung, danach ausgerichtet, ob Themen zu denen er sich moderiert, mich im Moment interessieren oder nicht.

Doch da du nicht er bist, und er nicht du, lass ich mich hier auf deinen philosophischen Exkurs ein, auch wenn sein steuernder Geist, beinah vertippte ich mich jetzt mit Steinbrückscher, mitschwingen mag.

Also wird erzählt in Puebla.

Ein Indiz, der wundersame Ort liegt in märchenhaft südlichen, spanischsprachigen Gefilden. Es ermöglicht mir eine bildhafte Vorstellung, sowohl der Landschaft als auch der Mentalität der Menschen.

denn ohne Zweifel sind die Leute aus Tschoolollan immer schon die schnellsten und zugleich ausdauerndsten Läufer auf der Welt,

Verwechselt hier der Erzähler dieses Volk nicht mit den Kenianern? :sealed: … als sportfern Despektierlicher ist mein Einwand aber wohl verfehlt.

Käme also daher der Name Vogelfrei?

Hier wäre mir Begriff statt Name, die treffendere Bezeichnung, steht es doch, wenn auch als Nomen grossgeschrieben, in seiner Bedeutung zum vorgehenden Absatz als Adjektiv. Selbst Billy the Kid wurde, wenn ich mich recht an meine Jugendzeit erinnere, in der solch literarische Reminiszenzen Einzug hielten, mit kindlichem Namen angesprochen.

Des jammerte die Frau des Trogonsketsal und sie suchte nach einem Ausweg.

Diese verk(n)appte Sprache. Zu „Des“ in dieser Komposition (Des-Moll) gibt auch Herr Duden keinen Rat, nicht mal designatus nennt er, dessen Abkürzung so zulässig wäre. So möge der verirrte Leser es mal mit indes versuchen, aber ohne Regress auf mich

Ohne Nachtragskommentar wäre ich der friedlichen Geschichte nicht so leicht auf die Schliche gekommen. Schon arg und sagenhaft komprimiert, aber einwandfrei Sloterdijksche Elemente, seine utopische Rede zum Steuerausgleich als auch seine verklärten Gedanken zu den drei Monotheismen, in einer kurzen Geschichte philosophisch fabuliert. In diesem Sinne war es mir recht unterhaltsam, hat mich amüsiert, auch wenn die Untergangstheorie mich nicht überzeugt, da es den Selbsterhaltungstrieb einseitig interpretiert.

Du bist dir hoffentlich im Klaren, dass S. für die Verwendung seines geistigen Eigentums reichlich Tantiemen kassiert, seine offene Hand hinter dem Spiegel vielleicht schon hervorschaut?

Friede herrschte, auf dass Handel und Wandel blühten, und alle, die da im Hochtal wohnten, fänden und hielten gleichermaßen Anteil am Wohlstand.

Das darf ich dir nicht vorenthalten, ich zögerte zwar, es soll ja nicht als Ironie aufscheinen. Hm ... Aber bei den ersten Worten las ich hier erst, mich natürlich sofort rekapitulierend berichtigend: Friedel herrschte, auf dass Handel und Wandel blühten …

Gern und vergnüglich gelesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Friedel,

die Große Erzählung, wann ging sie verloren? Nur Laufen, nur Bewegung, soll das das glückliche Leben sein? In der Wiege der Menschheit? Wo die Hominisation begann? Und gleich den Endzustand einer Gesellschaft von Glücklichgleichen erreicht?
Present development of the past? Die alte Frage der Anthropologie: Waren sie nun glücklicher als wir oder nicht. Jedenfalls haben die "Primitiven" einige Zeit für diese Projektion herhalten müssen.

Wie unwohl fühlen sich Menschen seither auf dieser Welt, in der Schwarzröcke (oder Schwarzkittel) gefrorene Bewegung in Archivkästen einsperren, über denen ein Kaiser thront.

Die Schriften aber schwiegen über den Ort wie die Archivare im Hort der Bewahrung jeder Bewegung abhold waren und sich schon allein vor dem Namen eines Ortes des Laufens ekelten.
Schön diese Gegenüberstellung von körperlicher Bewegung – Starrheit/Bürokratie geistiger Tätigkeiten.

König der Könige
Kaiser? Jesus?

Der Missionsgedanke bringt nun die starre Gesellschaft in Bewegung und hinterlässt die in der Geschichte so häufig zu findende

rote Spur
,
Blutspur.

Die armen Indianer in ihrer Naivität empfangen die Vogelschissgesichter auch noch freundlich. Diese erkennen sehr schnell, dass das Laufen für die Gewinnmaximierung für Gott, das Gesetz und den Kaiser unergiebig ist.

Überlebt haben die Bewohner den Tanz auf dem Vulkan. Ihr Glück: ihre Nichtverwendbarkeit: wu (wehrunfähig) gestellt.

Ins Utopische geht Deine Große Erzählung, wenn die Schlange aus dem Paradies sich selber verschlingt. Der Kapitalismus also frisst nicht seine Kinder wie die Revolution, sondern sich selber auf.
Jedenfalls scheinen die Hochtalbewohner gerettet.
Solches und sicher noch andere lässt sich in Deiner Geschichte entdecken. Ein schönes Beispiel narrativer Philosophie.
Sprachlich harmonisch im Stil der großen Erzählung geschrieben, mit ironischen Einsprengseln zum Schmunzeln, dient Deine Erzählung der ergötzlichen Reflexion, die hoffentlich nicht über sich selber herfällt, sondern mit den langschwänzigen Vögeln in Freiheit fliegt.
Aufforderung zum mehrmaligen Lesen mit herzlichem Dank und Grüßen
Wilhelm

 

Dank Euch beiden fürs Lesen & Kommentieren - aber zu welchen Uhrzeiten - der eine,

lieber Anakreon,

als ich zu Bett ging, der andere,

lieber Wilhelm,

als ich gerade mit der Dusche fertig war. Aber wie auch mein Statement zum Dijk (Deich) darf Ironie unterstellt werden - schließlich merkt man gar nicht einmal mitten in Sloten in einem Ort zu sein.

Verwechselt hier der Erzähler dieses Volk nicht mit den Kenianern?
Mag sein, dass die Kenianer die Preise einheimsen, indigene Amerikaner sehen einfach nicht ein, dass man ohne Sinn und Verstand seine Runden drehen soll (wie im Text angedeutet), mit Ausnahme eines Lakotas - Billy Mills, 1968, wobei ich dessen Olympiasieg als Teil des Indian Movements deute (Wounded Knee, 1973, als spektakuläre Aktion).

Zitat:
Käme also daher der Name Vogelfrei?
Hier wäre mir Begriff statt Name, die treffendere Bezeichnung, steht es doch, wenn auch als Nomen grossgeschrieben, in seiner Bedeutung zum vorgehenden Absatz als Adjektiv.
Hat was für sich. Ich denk drüber nach!, wie auch hier
Zitat:
Des jammerte die Frau des Trogonsketsal und sie suchte nach einem Ausweg.
Diese verk(n)appte Sprache. Zu „Des“ in dieser Komposition (Des-Moll) gibt auch Herr Duden keinen Rat, nicht mal designatus nennt er, dessen Abkürzung so zulässig wäre. So möge der verirrte Leser es mal mit indes versuchen,
aber ohne Regress auf mich

Zitat:
Friede herrschte, auf dass Handel und Wandel blühten, und alle, die da im Hochtal wohnten, fänden und hielten gleichermaßen Anteil am Wohlstand.
Das darf ich dir nicht vorenthalten, ich zögerte zwar, es soll ja nicht als Ironie aufscheinen. Hm ... Aber bei den ersten Worten las ich hier erst, mich natürlich sofort rekapitulierend berichtigend: Friedel herrschte, auf dass Handel und Wandel blühten …
Vriedels ziere (mhd.) hat aber auch eine andere Bedeutung als Friede, wiewohl mir Dein Wort gefällt, lieber Anakreon.

Deine Deutung, lieber Wilhelm, mit der rückwärtsgewandten Utopie nenn ich üblicherweise "Paradies oder -das" und dass Afrika - unser aller Urheimat - niemals paradiesisch war und nirgends edle Wilde lebten, wissen wir, wie wäre sonst anders zu erklären, dass in Amerika das Pferd wieder eingeführt werden musste durch die Eroberer?

Zitat:
König der Könige
Kaiser? Jesus?
Beide Sichtweisen sind korrekt.

Nochmals Dank Euch beiden vom

Friedel

 

Hallo Anakreon,

zum Satz

Käme also daher der Name Vogelfrei?
hastu folgendes vorgetragen:
Hier wäre mir Begriff statt Name, die treffendere Bezeichnung, steht es doch, wenn auch als Nomen grossgeschrieben, in seiner Bedeutung zum vorgehenden Absatz als Adjektiv. Selbst Billy the Kid wurde, wenn ich mich recht an meine Jugendzeit erinnere, in der solch literarische Reminiszenzen Einzug hielten, mit kindlichem Namen angesprochen.
Tatsächlich hätte ich bis gestern immer noch den Namen bevorzugt, ist mir doch greifen eher etwas Handfestes statt der abstrakten Freiheit. Aber:
Man soll es nicht glauben, das Verb nennen ist vom Substantiv Name abgeleitet (wieder was dazugelernt), wiewohl es auch „Benennung“ bedeutet (aber auch schon „Wort“).
Der Begriff hingegen leitet sich vom Verb greifen ab und ist – wenn man’s so sagen darf – tatsächlich handfester als der Name (unglaublich real wird das in der weiteren Ableitung „Grippe“, die einen ja nicht nur erfasst, sondern gleich umhauen kann). Begreifen hat gegenüber dem Verb benennen unermesslich viele Bedeutungen wie (in alphabetischer Reihenfolge) „anfassen, berühren, betasten, erlangen, erreichen, umfassen, umschließen, verstehen, zusammenfassen“, wobei die letzten „Begriffe“ sich zum komplexen Vorgang als ein „in Worte fassen“ ausformen.

Nun bedeutete ja vogelfrei bis ins 15. Jh. hinein tatsächlich das, was da steht: „frei wie ein Vogel“, die der frohen Botschaft nicht säen und doch ernten (heute würden wir das mit dem Müßiggang bezeichnen oder aber – als Folge der von Max Weber entdeckten protestantischen Ethik - als Faulheit oder Laumacherei stigmatisieren, muss derjenige doch nicht einmal das Schnabelwerk der Nachtigall pflegen).

Im 16. Jh. kippte die Bedeutung der Vogelfreiheit und ein erstes prominentes Opfer war der Entdecker der protestantischen Ethik, als der Kirchenbann gegen ihn ausgesprochen wurde. War ein Jahrhundert zuvor noch Jan Hus voll in die Falle der Papisten getappt, indem er dem Worte vom freien Geleit geglaubt hatte, so entkam Luther als geächteter Vogelfreier – den ein jeder hätte getrost erschlagen dürfen – dank freundlicher Unterstützung Friedrich des Weisen der Falle. Und wer hätte je ernsthaft geglaubt, dass Vögel wirklich frei wären? Beim Hühnervolk dürfte es doch jedem klar sein und man denke an die Leckermäuler in den Mittelmeerländern …
Aber geht’s den Fischen besser? Bald werden die Fischgründe frei von Fisch sein ...
Aber ich hab nun das Problem, der Satz sähe also nicht wesentlich besser aus

Käme also daher der [Begriff (der)]Vogelfrei(heit)?

Zitat:
Des jammerte die Frau des Trogonsketsal und sie suchte nach einem Ausweg.
Diese verk(n)appte Sprache. Zu „Des“ in dieser Komposition (Des-Moll) gibt auch Herr Duden keinen Rat, nicht mal designatus nennt er, dessen Abkürzung so zulässig wäre. So möge der verirrte Leser es mal mit indes versuchen, aber ohne Regress auf mich.

Eine verkappte Sprache, wie sie am Ursprung der tiutschen Einheitsschreibe bei Luther schon gepflegt wird (ein Beispiel, weil er ja schon genannt ist):
„wer menschen blut vergeusset, des blut sol auch durch menschen vergossen werden [1 Mos. 9, 6].), aber der Duden gibt da tatsächlich nicht allzu viel her - und die Grimmbrüder brachten mich auf den Bruder Martinus ...

Gruß & schönes Wochenende wünscht der

Friedel

 

Hallo Friedel

Dass ich in deine sprachhistorisch genormte Welt mal Unordnung bringen könnte, hätte ich nie für möglich gehalten.

Tatsächlich hätte ich bis gestern immer noch den Namen bevorzugt, ist mir doch greifen eher etwas Handfestes statt der abstrakten Freiheit. Aber:

Mit hätte und aber, die du einbringst, ahnte ich die Turbulenzen, welche ich mit arglos listiger Hinterfragung auslöste. Und dein eigener Text eröffnete dir dadurch eine neue Erkenntnis – welcher Art Erleben ist da noch inspirierender? In der Literaturtheorie zieht man u. a. vergleichend narrative Vorzeigetexte heran, also Äusserungen, deren Relevanz für den Zuhörer nicht in der Information liegt, die sie übermitteln, sondern in ihrer Erzählbarkeit. Doch denke ich, der Leser, der nicht in höheren Gefilden turnt, sich nicht in wissenschaftlichen Konstruktionen übt, erhebt Anspruch auf unmittelbares Verstehen. Das sah ich in diesem Punkt, in der gelesenen Fassung, eben als fraglich.

Eine verkappte Sprache, wie sie am Ursprung der tiutschen Einheitsschreibe bei Luther schon gepflegt wird

Auch hier sehe ich die Leser im Vordergrund. Kommt ein Text gewandt daher, hinterfragen sie ihn mehrheitlich nicht. Schwer verständliche Passagen schreiben sie eigener Unzulänglichkeit zu und gehen davon aus, dass sprachliche Komplikationen letztlich einen kommunikativen Zweck erfüllen. Natürlich macht dies die aufgezeigte Stelle in deinem Text auch, doch dadurch, dass ein einzelnes Wort isoliert in althochdeutscher Form steht, wirkt es mir eher zweckfremd. Der Nutzen für den Leser sehe ich da nicht im Vordergrund.

Letztlich kann nur der Autor wissen, welchen Sinn er mit gewissen Absichten verbindet. Als wohlgesinnter und dennoch kritischer Leser hinterfrage ich jedoch die Klarheit für mich, ohne der Meinung zu sein, immer alles verstehen zu müssen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Dass ich in deine sprachhistorisch genormte Welt mal Unordnung bringen könnte, hätte ich nie für möglich gehalten.
Naja, mag so wirken,

lieber Anakreon,

aber Du müsstest mal meine Schreibtische gesehen haben - privat, beruflich & ehrenamtliche - und wehe einer hätte da ...

Ganz kurz nur, denn manchmal ist man halt beschränkt (wer könnte sich davon freisprechen? ich nicht), aber der Rechtschreibduden weist hier dann doch ein Kuriosom unterm Stichwort "des" auf:

"des; auch ältere Form für dessen (vgl. d.); des (dessen) bin ich sicher; des ungeachtet". Warum ich das letzgenannte Duden-Beispiel unterstreiche? Es ist in roter Farbe eingefügt und das besagt: "des ungeachtet ist ein rechtschreibliche Änderung der aktuellen Rechtschreibreform.

Darauf stpoß ich mit der Dudenredaktion und den neuen Reformatoren an!

Tschüss & danke!, sagt der

Friedel

 

Hallo Friedel,

ich halte mich an meine Worte und lese die Geschichte noch einmal.
Schön die feindliche Gegenüberstellung von Locus amoenus und Locus Litterae. Von den alten Schriften kommt das Unglück. Geschichte macht Geschichte, die Geschichtslosen und Buchstabenlosen sind glücklich.
Das Bild der sich selbst fressenden Schlange in der Spiegelwelt ist ein Bild, mit dem sich länger zu beschäftigen lohnt. Denn wer produziert die Spiegel und wer stellt sie auf? Unser inneres Kind, das Paradiesgärtlein bzw. das Hochland mit der Seele suchend? Ein wenig erinnert mich dieses Schlangennest an den Vogel Phönix, der verbrennt, ein Ei hinterlässt, aus dem er wiederersteht. So könnte ich mir vorstellen, dass die Schlange im Spiegelbild erstickt, aber wieder ersteht. Kapitalismus forever.
Dies sind die schönen Gedanken, die in Deinem Text stecken und zu denen er anregt.
Sprachlich gibst Du in den ersten Absätzen die Ebene vor. Zum ersten Mal durchbrichst Du diese Ebene mit dem Wort "Schwarzrock" als satirisch abwertendem Begriff. Dann wieder mit "Die haben einen Vogel". Hier durchbrechen satirische Elemente die an sich mythologische Erzählweise des Anfangs. Warum setzt Du dieses satirische Stilmittel ein? Verfremdungseffekt?
Während Du am Schluss wieder zur anfänglichen Erzählweise zurückkehrst.
Insgesamt ist der Text eher sperrig und verlangt vom Leser Geduld und Überlegung. Das ist keine negative Aussage, denn Sperriges fordert auf, es zu „entsperren“. Und das ist auch ein Teil von Philosophie. Deshalb wünsche ich dem Text viele Leser.
Herzliche Grüße
Wilhelm

 

Ja, ich bin schon reichlich sperrig,

lieber Wilhelm,

und es ist gut, dass Du Karl Kraus' Maxime des mehrmals Lesens (vielleicht unwissentlich?) beherzigst und ein bissken Brecht (Verfremdung) lässt sich bei mir nicht verheimlichen, wozu sich dann eine gehörige Portion (Selbst-)Ironie gesellt, dass mancher meint, ich nähme nicht allzu viel ernst. Der Sinn des Spiegels incl. seiner Herkunft ist inspiriert durch den Mythos des Quetzalcoatl - aber auch durch Alice hinter den Spiegeln. Die mythologischen Welten liegen ja gar nicht so weit auseinander, dass sie nicht in einer Geschichte ungestört existieren könnten. So könnt man den Phoenix auch als den sich ständig erneuernden Kapitalismus sehn, dem es gelingt, seine Kritiker zu integrieren (und wär's nur in der Mode). Oder anders gesagt: Mancher Kritiker des Systems wird hernach zur Säule der Gesellschaft.

Ich danke Dir fürs nochmalige Lesen und des weiteren Versuchs der Deutung, vor allem aber hierfür

Deshalb wünsche ich dem Text viele Leser,
wobei ich weiß, dass ich gar nicht massentauglich bin (siehe "sperrig").

Gruß

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Friedel, es gibt Erfindungen, da erbleiche ich, weil die Idee genial ist. Dazu zähle ich das WC und das Backpulver. Einen Spiegel vielleicht auch, denn schließlich erkennt nur das vernunftbegabte Wesen, dass nur das Bild seines Selbst reflektiert wird und sich nicht plötzlich seines Gleichen neben sich befindet. Was mag eine Schlange im Spiegelbild erkennen? Dumm genug wird sie sein, auf einen feindlichen Artgenossen getroffen zu sein. Vielleicht verbeißt sie sich in sich selbst. Da frage ich mich, was wird übrig bleiben, wenn die Schlange sich vom Schwanz an beginnt zu verschlingen, ohne zu erkennen, dass sie sich damit zerstört.
Eigentlich ein schöner Tod. Nicht zu wissen, dass man stirbt ist eine Gnade, die dem Menschen nicht zu Teil wird. Der Mensch ist unaufhörlich auf der Suche nach Sinn und Unsinn, ist hungrig, speist unermüdlich und scheidet Unverdautes
aus, fragt nach dem Sinn der Entleerung und baut ein WC, damit in Abgeschiedenheit, nun mit Scham besetzt, eine Notdurft verrichtet werden kann.

Deine Geschichte hat sehr viele monströse Gedanken in mir angestoßen, lieber Friedel. Brauchen wir einen Spiegel, um die Monstrosität als solche wahrzunehmen? Wer die Fähigkeit hat, den Blick zu verstellen, wird auch im Spiegel nichts Monströses vor finden.

Lieben Gruß, GD

 

Hallo GD,

schön, dass Du mich einmal wieder besuchen kommst. Den Spiegel als mögliche geniale Erfindung - neben dem zivilisierten Donnerbalken und dem sprengstofffähigen Backpulver - find ich schön, da er das von Menschen geschaffene Medium der "Selbst"Reflexion ist, ohne dass man großartig denken brauchte. Aber ich bin erschüttert:

Deine Geschichte hat sehr viele monströse Gedanken in mir angestoßen, lieber Friedel.
Nein, wir brauchten keinen Spiegel, seit Narziss wissen wir doch, dass es auch eine Wasseroberfläche täte. Aber der Spiegel des Spiegelbauers ist durch die List der Trogonsketsa ein besonderer Spiegel und weil der Schöpfer selbst (ich unterstelle mal: versehentlich) hineinschaut, wird er verrückt (rittiti) und die Warnung wäre
... „dass du nur die glatte Rückseite siehst, wenn die Hülle abgenommen wird ..."
, denn es sind ja viele Reflexionen der Welt möglich im Innenraum des Glaspalastes ...

Dank Dear fürs lesen und kommentieren!

Gruß und ein schönes Wochenende aus'm Ruhrpott vom

Friedel

 

Hallo Friedel,

wir Menschen denken gern, dass die Welt um uns herum dumm sei. In Märchen lässt sich der Teufel überlisten und in deiner Geschichte wird sich die Schlangengöttin Ketsalkota selbst verschlingen, weil sie ihr Spiegelbild für das nächste Opfer und ihre nächste Mahlzeit halten wird. Das setzt Bewusstlosigkeit voraus, Abwesenheit von Schmerz und Unfähigkeit zu jeglicher Erkenntnis, vor allem zur Selbsterkenntnis. Die Schlangengöttin ist ein dummes und abstraktes Prinzip, das dennoch existiert und dem geopfert wird - wie heutzutage der Freie Markt. Sie existiert nicht. Sie ist eine Gedankenform in der Vorstellung der Einwohner von Tschoolollan. Nach dem Anschlag mit den Spiegeln wird sie nicht mehr da sein, weil sie schon vorher nicht da war. Es sei denn, sie war ein lebendes Wesen mit echtem Magen und echtem Hunger. Dann allerdings haben deine laufenden Regenwaldmenschen ein echtes Problem. ;)

Freundliche Grüße vom

Berg

 

Dank Dir,

lieber Fritz,

fürs Lesen und vor Allem für die Reflexion über diese kleine, vertauschte Welt,

sagt der

vridele Fritz aus'm sonnigen Pott.

 

Hallo!

Vielen Dank, dir erstmal, dass du uns in die Welt deiner Geschichte mitgenommen hast. DANKE! Ich schreibe jetzt einfach mal, was mir an deinem Text besonders gefallen hat. Ich fand deinen Text sehr angenehm zu lesen; besonders, weil er in viele kleinere Abschnitte unterteilt ist. Das macht das Lesen gleich viel angenehmen, als wenn man ein riesigen Block vor sich hat.
Ferner haben mir die eingeschlossenen Zitate gefallen!

Liebe Grüße
SCFuchs

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Meister Friedrichard,

ich müsste lügen, wollte ich behaupten, ich hätte auch nur die die Hälfte erfasst, was du an philosophischer und sprachwissenschaftlicher Gelehrsamkeit uns zuteilwerden lässt; wahrscheinlich ist es noch viel weniger. Immerhin ergötze ich mich ungemein an den Einsprengsel " böhmische Dörfer" oder
"hinterwäldlerische Kuckucksuhren". Da fühle ich mich zuhause, wohne ich doch in solch einem Hochtal. Allerdings habe ich von der ihm zugeschriebenen Gleichheit des runden Tisches noch nicht so viel bemerkt, dagegen sehr viel von Eingeborenen, die derzeit Tag und Nacht das Tal rauf und runter laufen und sich in ihren Bierflaschen spiegeln.
Ich habe mal gehört, Ironie, auch Selbstironie, ist ein Schutzpanzer für besonders verletzliche Seelen. Liege ich damit richtig?

Herzliche Grüße

wieselmaus (klein und klein geschrieben)

 
Zuletzt bearbeitet:

Ja, das ist mal eine Überraschung, dass ein Mäuschen in alten Unterlagen herumwieselt. Ist aber schön, weil da auch noch Sand von Ameland drin steckt.

Grüß Dich,

wieselmaus,

aber "Meister" bin ich sicherlich weniger als ein Lehrling. Übertreiben, wie etwa auch hier

ich müsste lügen, wollte ich behaupten, ich hätte auch nur die die Hälfte erfasst, was du an philosophischer und sprachwissenschaftlicher Gelehrsamkeit uns zuteilwerden lässt; wahrscheinlich ist es noch viel weniger
wollen wir dann doch nicht. Oder? Aber
mmerhin ergötze ich mich ungemein an den Einsprengsel " böhmische Dörfer" oder
"hinterwäldlerische Kuckucksuhren"
, was doch auch schon was ist.
Da fühle ich mich zuhause, wohne ich doch in solch einem Hochtal. Allerdings habe ich von der ihm zugeschriebenen Gleichheit des runden Tisches noch nicht so viel bemerkt, dagegen sehr viel von Eingeborenen, die derzeit Tag und Nacht das Tal rauf und runter laufen und sich in ihren Bierflaschen spiegeln.
Aber feiern runde Tische nicht derzeit fleißig Urständ? Der im Text genannte findet allerdings weniger in dem utopischen Mexiko, als in dem mythischen Camelot sein zuhause als Tafelrunde.

Und richtig, ich komme aus Ironien (direkt neben Homers Heimat) und bin verseucht von Swift, Jean Paul (mit dem ich heute noch gerne das eine oder andere Bierchen verzapf) und Gottfried Keller (mit dem ich nun wieder gemein hab, dass ich als junger Mensch der brotlosen Kunst des graphischen Gewerbes angehangen habe).

Ich habe mal gehört, Ironie, auch Selbstironie, ist ein Schutzpanzer für besonders verletzliche Seelen. Liege ich damit richtig?
So isset, wie man hier im Ruhrpott sagt. Aber im Grunde haben dergleichen andere zu entscheiden/beurteilen. Aber in die gleiche Richtung zielt ja eigentlich auch, dass ich Distanz halte. Denn was bekommt einer denn mit, wenn er inmitten einer Masse steht?

Es ist quasi wie in der Geschichte der hierorts vielbesungene Perspektivwechsel ...

Sagen wir es so: Ich seh alles gelassen, ohne fahrlässig zu werden,

gesteht der

Friedel,
der Dir ganz herzlich dankt!

 

Hallo Friedel,

Es ist doch immer wieder erstaunlich, welche Leckerbissen in den Tiefen des Forums schlummern, aber es kommt immer mal jemand vorbei, der sie wieder an die Oberfläche befördert. Und das ist nur gut so, denn gesucht hätte ich jetzt nicht danach, was wiederum schade gewesen wäre. Aber um auf deinem philosophischen Pfad zu bleiben, nichts geschieht ohne Grund im großen Raum- und Zeitgefüge der Ewigkeit.

Wie nicht anders zu erwarten, zeichnet auch dieser Text sich durch Wortgewandtheit und Wortwitz aus. Die Kombination aus historischer und neuzeitlicher Sprache punktgenau platziert, lässt das Lesen zu einem wirklichen Spaß und Vergnügen werden.

Da hatten die Orientalen nicht ganz unrecht, wenn auch nicht unbedingt Recht.

Sollte es hier nicht heißen: ... , wenn auch nicht unbedingt recht. ? So ergäbe es sich mir aus dem Zusammenhang.

Sehr gern gelesen!

Schönen Gruß
khnebel

 

Hallo khnebel,

schön, dass Du die nicht ungefährliche Fahrt mit den großen canoa über das Große Wasser wagst, ohne Schiffbruch zu erleiden

Zitat Muttertext:
Da hatten die Orientalen nicht ganz unrecht, wenn auch nicht unbedingt Recht.
Zitat khnebel:
Sollte es hier nicht heißen: ... , wenn auch nicht unbedingt recht. ? So ergäbe es sich mir aus dem Zusammenhang.
, womit Du nicht ganz unrecht hast. Der Duden lässt Groß- und Kleinschreibung zu, aber schon aus logischen Gründen sollten Recht und sein Gegenteil gleichrangig sein.

Dank Dir fürs "gerne" Lesen, vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedel,

nein, verstanden habe ich nicht viel, aber mich beim Lesen gefreut schon! Deine Wörter tänzelten, säuselten und sprudelten dabei eine Melodie, die mir gefiel. Und hin und wieder hatte ich auch eine Idee, was da passierte, wie hier

„Heißt es denn nicht schon im Schöpfungsbericht, dass am sechsten Tage dem Menschengeschlecht geboten wurde, sich zu mehren und die Erde zu füllen, dem König der Könige aber aufgegeben wurde, sich alle Welt untertan zu machen und zu herrschen über alles, was da sei?“, um listig zu schließen: „Und wer wäre denn der König der Könige, wenn nicht der Kaiser?“
, wo sich die Mächtigen eine passende Fortsetzung der heiligen Schriften basteln, um ihr Tun leichter legitimieren und andere begründeter eliminieren zu können. Und dazwischen setzt du so nette Bilder wie
... durchnässt oder gar vom Wasser gefressen zu werden
Wer in der schlechten alten Zeit vogelfrei war, dessen Frau wurde automatisch und sofort zur Witwe, (noch) ganz ohne Blutvergießen (das ja allerdings meist zeitnah nachgeholt wurde). Da andererseits mehr Vögel als Menschen lebenslange Ehen eingehen und sogar einhalten, macht dieser Name doch tatsächlich Sinn ...
Vielen Dank für deine Komposition, die ich gerne gelesen habe!
In diesem und auch zweitadventlichen Sinne wünsche ich dir einen schönen Sonntag,

Eva

 

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