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Rebecca
Er sah ihr direkt in die Augen, es war ein stechender, unangenehmer Blick. Sie hielt ihm kaum stand, wollte fliehen, sich vergraben. Doch was wollte er? Rebecca begann nervös zu kichern, dann lachen. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich innerhalb von Sekunden. Er schien ausgelaugt, die Augen müde, seine Bewegungen träge. "Da ist es wieder, dieses Lachen" murmelte er, als hätte er diese Worte schon hundertmal zu ihr gesagt "Ich hab es so satt, ich kann es nicht mehr sehen."
Sie wusste genau, warum er es hasste. Es waren die Momente, in denen er die Kontrolle über sie verlor, sie nicht mehr einschätzen konnte. Er konnte sie sowieso sehr selten einschätzen, es war als hätte sie eine Mauer um sich herum aufgebaut. Eine Mauer aus Kälte.
Doch das machte auch den Reiz an ihr aus. Sie stand für das Ungewisse. Er blickte Rebecca weiterhin in die Augen, und stellte mal wieder fest, wie attraktiv sie war. Das lange braune Haar, die grünen Augen, der große Busen. Ihm war klar warum die meisten Männer interesse an ihr hatten. Es fiel ihr nicht schwer andere Menschen in ihren Bann zu ziehen, so auch ihn.
Ihr timing war beschissen, das wusste er von Anfang an. Seine Freundin war gerade ein halbes Jahr im Ausland und er hatte nicht lange gefackelt, als er merkte er hätte bei Rebecca eine Chance. Es fehlte wohl beiden an Moral, doch das störte sie nicht, denn es fühlte sich ja "richtig" an.
Rebecca wirkte mittlerweile wie versteinert, ihre Miene verriet nichts, als sie die folgende Frage stellte: "Warum stehen wir wieder hier und streiten?"
Der Alkohol lies sie die kälte nicht so sehr spüren, doch ihr Kopf drehte sich. Ob es nun an dem Gespräch, oder den drei Kurzen, die sie vorher gekippt hatte, lag vermochte sie nicht mehr zu sagen. Eine Gruppe betrunkener Jungs ging an ihnen gröhlend vorbei und verschwanden in der dunklen Gasse, in der sie standen. Sie wusste, was sie hören wollte und wusste auch genau, dass er es niemals sagen würde.
"Manchmal hab ich das Gefühl, dass du wirklich einfach nur böse bist" begann er zu reden "du bist manipulativ, und wickelst die Menschen um deinen kleinen Finger. Ich glaube du hast mich von Anfang an nur verarscht!"
Ihr stiegen die Tränen in die Augen, ihre Lippen bebten. Mit zittriger Stimme brachte sie nur ein "Danke" hervor, ehe sie sich umdrehte und in der Nacht verschwand. Jetzt merkte auch er, dass er mit seinen Worten etwas bewirkt hatte, ihre Mauer aus kälte durchbrochen hatte.