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Realität?

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30.08.2003
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Realität?

Ein menschenleerer, einsamer Kirchplatz. Bis auf fernes Grollen eines Gewitters und das ewige Plitsch-platsch der Regentropfen, die von der Dachrinne abperlen, ist es totenstill.
Düster und bedrohlich ragt die Kathedrale hinauf in den wolkenverhangenen, grauen Himmel. Es scheint, als werde der Glockenturm vom Himmel festgehalten und fiele nur deshalb, aus diesem einzigen Grunde, nicht in sich zusammen.
Konnten Steine zu den Wolken klettern?

Dies sind die ersten Eindrücke, die die Frau hat, als sie sich unversehens in dieser tristen Realität wiederfindet.

Die Gestalt ist vollständig in Schwarz gekleidet und trägt dem Mantelkragen zum Schutz vor dem Regen hochgeschlagen. Er steht plötzlich vor ihr und mustert sie von oben bis unten, ohne ein Wort zu sagen.
Sie fühlt sich, als sähe dieser Fremde geradewegs in ihre so sorgsam versteckte Gedankenwelt. Unruhe ergreift sie, steigert sich fast bis hin zur Panik. Sie wird gewahr, wie ihr an den Händen der kalte Schweiß ausbricht; das Blut weicht aus ihrem Kopf und Schwindel ergreift sie.
Plötzlich fängt der Mann an, unverständliche Sätze zu sprechen, immer schneller und schneller, ohne dass die Frau auch nur ein Wort versteht. Er verschwindet mit einem Mal von der Stelle, nur um an einer anderen blitzschnell wieder aufzutauchen. Und immer schneller, mal lauter, mal leiser...
Sie versinkt in einem Strudel aus auf sie einstürzenden Bildern, Gedanken...
Ein dunkelhaariger Mann, der ihren Arm streichelt. Ein hellblaues Auto, deformiert in einem Straßengraben. Das unbeschwerte Lachen eines Kindes. Laute Rufe in eisiger Kälte. Ein Schmetterling in seinem Kokon, sich nach der Freiheit sehnend und doch zu schwach, die Hülle zu durchbrechen...
Auf einmal hält der Fremde mit in seinem sinnlosen Geplapper inne und kommt Schritt für Schritt näher. Seinen Spazierstock jedesmal so fest aufstoßend, dass ein rhythmisches Tocken jede seiner Bewegungen wirkungsvoll untrstreicht.
Plitsch-tock-plitsch-tock-plitsch-tock-plitsch-
Er bleibt stehen. Hebt die Hand.
Aus seinem leicht geöffneten Mund schlüpfen Wörter, um hinaufzusteigen an den dunklen Steinen der Kathedrale und die Wolkendecke zu durchbrechen.
Plötzlich lodern flammendrote Schriftzeichen über dem wuchtigen Portal auf:
Es ist alles vergänglich
Sagt die Ewigkeit.
Damit zerplatzt Realität und die Frau findet sich endlich in ihrer Traumwelt wieder.

 

Hi Wölfin!

Ich finde, dass Du erfolgreich eine triste Stimmung beschreibst. Die Bilder funktionieren, wenngleich ich direkt am Anfang stockte: Der erste Satz hat kein Verb, daher ist die Zeitform der Geschichte dort noch nicht definiert, das geschieht erst im zweiten Satz. Ich stockte, weil mich der erste Satz direkt in die *Gegenwart* des Ortes beförderte, der zweite Satz aber in *Vergangenheit* steht (wie der Rest der Geschichte). Ich könnte mir vorstellen, dass die Geschichte komplett in Präsens noch realer wirkt.

Nun zur Schattenseite: Der zweite Teil, mit dem Fremden, wirkt auf mich surreal, spätestens als er plötzlich den Ort wechselt. Am Ende hängst Du mich total ab: Es ist alles vergänglich (sagt das der Mann? Ist er dann ein Symbol für die Ewigkeit?) Die Realität zerplatzt? Aber die Realität hatte gerade irreale Eigenschaften, wie kann es da die Realität sein? Eine Scheinwelt? Und ganz am Schluss gelingt die Flucht (wegen "endlich") in die Traumwelt ... eine Scheinwelt wird durch eine andere ersetzt? Na und? Passiert uns allen doch täglich beim zappen ;)

Natürlich ist alles vergänglich, spätestens in 100 Mrd Jahren ist das Universum nur noch glimmender Staub (oder so). Das ist doch eine Binse. Klar, und die Ewigkeit weiß darüber Bescheid, obwohl das Vergängliche in der Zukunft liegt. Na und?

Sorry, mir fehlt der Schlüssel. Am Ende schichtest Du mir zu viele geheimnisvolle Unerklärlichkeiten vor der Nase auf, die für mich keinen Sinn ergeben. Vielleicht gelingt ja einem anderen Leser die Entschlüsselung.

Möglicherweise wäre es verständlicher gewesen, wenn Du Dir am Ende mehr Zeit gelassen hättest. Die Geschichte ist wirklich sehr kurz, von Spannungsbogen und interessanter Handlung rede ich mal gar nicht - und am Schluss gerät dadurch das Verhältnis "Seltsames pro Satz" deutlich über Eins, und das ist mir zuviel.

Fazit: Sprachlich gute Ansätze, inhaltlich dünn weil kurz, für mich nicht verständlich.

Uwe

 

@ Uwe:

Danke, dass du eine so ausführliche Kritik geschrieben hast, je mehr, desto besser, dann lernt man auch was!
Ich denke, ich werde den Text in den nächsten Tagen noch einmal überarbeiten; ich hatte die Handlung mehr oder weniger geträumt und dann mitten in der Nacht aufgeschrieben, ohne großartig über den Sinn nachzudenken, wollte einfach die Stimmung einfangen.
Also wie gesagt, werd dran arbeiten!

 

hi wölfin, hi uwe,


ich muss gestehen, dass mir besonders das ende gefallen hat. zwar könnte auch ich nicht von mir behaupten, dass ich es verstanden hätte, aber die letzten sätze sind die wichtigsten, sie haben nicht meinen verstand angesprochen - aber mein gefühl... es ist "eingefahren".
dennoch finde auch ich die sequenz mit dem fremden unlogisch. zuerst sprichst du von realität, dann wechselt der typ die orte und erst dann kommt die traumwelt. ist dieser fremde die verbindung von realität und traum?
lg, eva

 

@uwe
der inhalt muss nicht dünn sein, nur weil der text kurz ist.

 

Hi Wölfin...

du beschreibst die Bilder deiner Geschichte sehr schön und auch die Atmo schlägt sich auf den Lesenden nieder. Leider ist mir der Prot ein wenig dünn geraten. Vielleicht hättest du durch einen speziellen Charakter auch der Story einen verständlicheren Sinn geben können.
Denk noch einmal drüber nach, denn Potenzial ist auf alle Fälle im Überfluss vorhanden...

Grüße...
morti :)

 
Zuletzt bearbeitet:

@ alle

So!!!! Hier ist sie nun, die überarbeitete Fassung; ein Danke! an alle, die mit konstruktiver Kritik zu der (hoffentlich!*g*) verbesserten Form beigetragen haben!

@ kardia:

Richtig, der Mann soll so etwas wie einen Vermittler bzw. Überleiter darstellen; erst von der surrealen Realität (Kirchplatz) zur Erinnerung der Frau (Gedankenfetzen), dann wieder zur surrealen Realität und schließlich in die Traumwelt der Frau.
Hoffe, ich hab jetzt niemanden total ins Chaos gestürzt!

LG, wölfin

 

Hoffe, ich hab jetzt niemanden total ins Chaos gestürzt!
Hilfe! Ich bin völlig verwirrt! :silly:

Also, ich hab's jetzt einmal gelesen, aber ich glaube, das reicht hier noch nicht. Braucht man wohl erst mehrere Anläufe für.. ;)

Kritik wird also nachgereicht, wenn ich's verstanden hab. :D

 

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