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Rauschen

Seniors
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02.01.2011
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Rauschen

Zwei Jahre ist es nun her, seitdem dieser Patient auf meiner Station erschien; er hatte sich nach einer Entgiftung selbst dazu entschlossen, am psychosozialen Aufbauprogramm unserer Klinik teilzunehmen.
In den folgenden Wochen führten wir viele Einzel- und Gruppengespräche: über Suchtverlauf, frühkindliche Erfahrungen, familiäre Probleme – doch mich ließ das Gefühl nicht los, er verheimliche mir etwas: Da waren diese regelmäßigen, schockartigen Angstzustände, die ihn in den Abend- und Nachtstunden heimsuchten.
Nach einigen Anläufen meinerseits entschied der Patient, mir von einem Ereignis zu berichten, von dem er bisher niemand anderem berichtet hatte.

Und natürlich hatte ich von dem Vorfall gehört, der sich in der alten Mahr-Brauerei zugetragen hatte; und natürlich hatte ich von dem schweren Autounfall in der Lüneburger-Straße gehört, bei dem drei Brüder, die auf dem Nachhauseweg von einer Hochzeit gewesen waren, starben – aber dass diese Ereignisse in irgendeiner Weise mit meinem Patienten zu tun gehabt hätten, das wäre mir nie in den Sinn gekommen ...


1
Vor ein paar Wochen haben sie die Al-Bayatis hochgenommen, die ganze Sippe, die ganzen Brüder, Cousins, Onkels und Schwager – so ein richtiger Interpol-Einsatz, in Nürnberg, Berlin, Belgien und was weiß ich noch wo, im halben Nahen Osten.
Ich stehe mit Jurij und Ahmet im Keller der alten Mahr-Brauerei, mit der Rohrzange in der Hand. Wir hören über Ahmets iPhone Radio, und als die Nachrichten kommen, schüttle ich den Kopf.
»Diese Idioten«, sage ich, und dann schüttle ich gleich noch mal den Kopf. »Diese Idioten.«
Jurij steht auf der Leiter und klopft gegen das große Kupferrohr, für das wir uns entschieden haben.
»Was laberst du, Mann?«, ruft er von oben runter.
Ich ziehe an meiner Zigarette, dann schnippe ich sie weg.
»Hör’ doch hin, was die da in den Nachrichten für ’ne Scheiße labern. Labern irgendwas von Kriminalitätsbekämpfung. Und die ganzen fetten Wichser glauben den Scheiß, die wichsen sich jetzt einen da drauf, dass die Kriminalität bekämpft ist, oder was.«
»Und?«, ruft Jurij von oben runter und begutachtet die riesigen Muttern, mit denen das Rohr befestigt ist.
»Was und?«, rufe ich zurück.
Ich fahre mir durch die Haare, beiße mir auf die Zunge. Jurij versteht es einfach nicht. Nie versteht er irgendwas. Ich kenne ihn seit der Grundschule, seitdem er im Stockwerk unter mir eingezogen ist, und er so lange mit seinem alten Lederball durchs Viertel gelatscht ist, bis ihn einer von uns Jungs angesprochen hat – so lange kenne ich Jurij schon, und nie versteht er irgendwas.
Ich schaue hoch zu ihm. Die Stirnlampe auf seinem Kopf wirft ihr weißes Licht auf das Kupferrohr, tastet es ab, Wasser tropft in unregelmäßigen Abständen von der Decke.
Da steht Ahmet plötzlich aus seiner Hocke auf, so ganz zittrig und wackelig, noch mit dem Handy in der Hand.
»Ist doch glasklar«, sagt er, und blickt erst mich an, dann Jurij. »Die haben uns die Preise kaputtgemacht. Die Araber sind weg, na herzlichen Glückwunsch: Jetzt gibt’s nur noch ’n paar von den gottverdammten Schlitzaugen, und die Wichser wissen genau, die können verlangen, was sie wollen, wir fressen denen die Scheiße doch so oder so aus der Hand.«
Ich atme tief ein, meine Beine sind weich, mir ist schwindelig, schlecht. Der letzte Schuss war gestern Abend, und keine Ahnung, mit welchem Mist die Chinesen das Zeug strecken. Einer sagte mal zu mir, Rattengift, aber das glaube ich nicht. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.
»Das Rohr is’ gut«, sagt Jurij plötzlich, klopft gegen das Kupfer und leuchtet mir ins Gesicht. »Is’ kein Druck mehr drauf, und wiegt bestimmt ’n paar Kilo.«
Ahmet zuckt mit den Schultern. »Dann machen wir’s?«, sagt er, und blickt mich an.

2
Die Sache ist die: Seitdem man für einen beschissenen Kick mindestens das zehnfache blechen muss, ist hier der Teufel los. Keine Ahnung, ob man dem Bürgermeister und dem Polizeichef ins Gehirn geschissen hat, aber als sie die Al-Bayatis hopps genommen haben, Mann, haben die da gejubelt. Haben was von einem historischen Sieg gegen das organisierte Verbrechen und von mehr Sicherheit im ganzen Bundesland geschwafelt – aber ich denke, die haben keine Ahnung, was sie angerichtet haben.
Ich meine, denken die, nur weil es kein Heroin mehr auf den Straßen gibt, sind auch wir weg? Denken die, nur weil man keinen Stoff mehr bekommen kann, hat sich auch dieses Verlangen, diese Gier in uns aufgelöst?
Die ganze Szene ist total aus dem Häuschen, jeder Fixer schiebt hier einen permanenten Affen; Einbrüche, Diebstähle, Überfälle: Jeder ist damit beschäftigt, genügend Kohle ranzuschaffen, damit er nicht vollkommen am Rad dreht. Ahmet, der Idiot, hat seiner Großmutter das goldene, osmanische Geschirr aus der Kommode geklaut, weil er dachte, er verreckt sonst – es gibt keine Moral, keine Grenzen mehr, nur noch jeder für sich. Und im Radio und Fernsehen jubeln sie weiter, schütteln sich die Hände und zeigen Victory – was für eine Scheiße.
Da hatte ich gestern diese Idee mit den Kupferrohren und den leerstehenden Fabriken im Osten. Klar, das ist keine langfristige Sache, aber ein paar schnelle Hunderter allemal.

3
»Bist du sicher, dass da kein Druck mehr drauf ist?«, rufe ich zu Jurij hoch.
Ahmet steht unten und hält die Leiter fest, trotz der Dunkelheit sehe ich den Schweiß auf seinem Gesicht glänzen.
Jurij schnauft und versucht, mit der Rohrzange die Muttern aufzuschrauben.
»Ja ja«, sagt er, »ihr Deutschen ... immer scheißt ihr euch in die Hosen, ihr Deutschen ... tschort wasmij
Ich zünde mir die nächste Zigarette an. Ich weiß nicht, ob es der Affe ist, oder die nüchterne, klare Realität, die mich plötzlich übermannt – aber irgendwie habe ich so ein Gefühl.
Ahmet klappert mit den Zähnen, wischt sich mit dem Ärmel den Schweiß aus dem Gesicht – er muss zwei, drei Tage nichts gedrückt haben, der arme Kerl. Aber was will man machen.
»Ganz langsam«, rufe ich Jurij hoch, »brech’ bloß die Mutter nicht ab!«
Da passiert es plötzlich – da knallt es plötzlich: ein metallenes, explosionsartiges Knallen, wie bei einer Kanone; dann schlägt irgendwas gegen die Wand am andere Ende des Raums, gleichzeitig wirbelt das grelle Licht der Stirnlampe durch den Keller. Erst als alles dunkel ist, und ich die Leiter umkippen höre, bemerke ich das laute, zischende Geräusch, spüre ich das Wasser auf meinen Händen, meinem Gesicht.
»Scheiße!«, schreie ich, »fuck! Jurij?«
»Was war das?«, schreit Ahmet gegen das Wasser an.
»Verdammte Scheiße!«, schreie ich zurück, »ich hab’ ihm gesagt, er soll gucken, ob da noch Druck drauf ist!«
Ahmet und ich treffen uns in der Dunkelheit, er hat sein Handy bei dem Knall verloren.
»Das scheiß Rohr hat’s weggesprengt«, sagt er, und keucht dabei.
»Ja«, sage ich, »Scheiße, ja.«
Wir rufen Jurij, laufen durch den Raum, das kalte Wasser schießt weiter von der Decke, was für ein Lärm. Ich bin klitschnass, die Brühe reicht mir schon bis zu den Knöcheln.
»Da!«, höre ich Ahmet rufen, »ich hab’ ihn!«

4
Ich schüttle ihn, gebe ihm Ohrfeigen, aber nichts tut sich.
»Lass es«, sagt Ahmet, und ich spüre seine warme Hand auf meiner Schulter.
»Fuck«, sage ich, »fuck, fuck, fuck!«
Ich taste nach Jurijs Schlagader, das vierte Mal.
»Er ist tot«, sagt Ahmet, »lass es.«
Das Wasser, das gottverdammte Wasser: Es schießt von da oben herab, es zischt und plätschert. Es steht mir jetzt schon fast in den Kniekehlen.
»Los«, sage ich, »wir müssen ihn hier rausbringen!«
»Ja«, sagt Ahmet, »sollten wir echt.«
Keiner von uns beiden rührt sich. Das Wasser plätschert weiter, es ist kalt, eiskalt.
»Wo ist das scheiß Rohr eigentlich hin?«, frage ich plötzlich.
»Ich glaube, irgendwo da vorne«, sagt Ahmet, »da hat’s auf jeden Fall geknallt. Soll ich mal gucken?«
Ich atme tief ein, versuche noch mal, die Schlagader zu finden.
»Ja«, sage ich, »mach’ mal. Aber dann müssen wir ihn hier raus schaffen.«
»Klar«, sagt Ahmet, »das müssen wir.«

5
Wir kriegen das Kupferrohr kaum die Treppe hoch, das sind mehr als ein paar Kilo, das is’ ’n halbes Einfamilienhaus.
Nach ein paar Stufen halten wir an, schnaufen durch.
»Scheiße«, sage ich, »er is’ noch da unten, in dem ganzen Wasser.«
»Ja«, sagt Ahmet, »das ganze scheiß Wasser da unten, heilige Scheiße.«
Wir schleppen das Ding weiter nach oben, ich zerre vorne daran, Ahmet schiebt von unten.
»Warte«, sage ich.
»Was denn?«, sagt Ahmet genervt, er hustet und schnauft – Mondlicht bricht von der Tür oben auf uns herab: Ich sehe Ahmets verschwitztes, zerknittertes, abgemagertes Gesicht; die dunklen Schatten unter seinen Augen, die blauen Flecken an seinen dürren Armen.
»Ist egal«, sage ich.

6
Als wir das verdammte Rohr endlich oben haben, bin ich komplett durchgeschwitzt: Meine Hände sind aufgerissen, brennen, meine Arme sind taub und durch mein Rücken blitzt bei jeder kleinsten Bewegung dieser gottverdammte Schmerz. Ahmet ist vollkommen hinüber. Er liegt auf dem Steinboden neben mir, wälzt sich hin und her, faselt irgendwas davon, dass ihm die Knochen brennen, dass er seine Beine nicht mehr spürt – er ist auf cold turkey, und wenn er nicht bald was zu drücken bekommt, wird ihm die Sache auf den Kopf schlagen, dann werden die Spinnen und weißen Ratten aus jeder Ecke gekrabbelt kommen, dann wird er zusammengekauert nach seiner Mutter schreien. Ich hab’ das schon tausendmal gesehen, und es ist immer wieder beängstigend.
Ahmet fängt das Kotzen an, ich halte ihn an der Schulter. Als er fertig ist, frage ich: »Biste jetzt wieder?«
Er sieht mich an, dann nickt er stumm.

7
Wir schleifen das Rohr durch die Fabrikhalle, über den asphaltierten Boden – Mann, machen wir einen Lärm.
»Stopp«, sagt Ahmet plötzlich, »halt mal an.«
Kurz habe ich Angst, Ahmet könnte mir zusammenklappen, aber als ich zu ihm rüberblicke, weiß ich, dass er die Zähne zusammenbeißt: Das helle Mondlicht fällt durch die langen, hohen Glasfassaden und legt sich auf sein Gesicht.
»Die Bullen«, sagt Ahmet, und blickt mich an. »Hörste das?«
Kurz halten wir inne. Ich höre das Wasser unten im Keller plätschern, das Geräusch hallt durch die Halle, überlagert sich, verändert sich, wird zu einem großen, undefinierbaren Rauschen.
»Nee«, sage ich, »du schiebst.«
»Der ganze Lärm hier«, sagt Ahmet – und als wir das Rohr weiter Richtung Ausgang schleifen, sagt Ahmet noch etwas, aber ich verstehe es nicht: Das Rauschen des Wassers, das Schleifgeräusch des Rohrs und der Klang seiner Stimme – das alles verschmilzt zu einem großen, hässlichen Ganzen; zu einem Geräusch, das an meinem tiefsten Inneren rüttelt, mir den Magen umdreht. Ich will kurz Luft holen, aber kotze mir stattdessen fast auf die Schuhe.

8
Als wir endlich mit dem Rohr auf dem Parkplatz vor meiner Karre stehen, schaue ich auf die Uhr: ein Uhr dreißig. Wir sind jetzt schon eine halbe Stunde zu spät. Ich hoffe, Sven vom Schrottplatz hält sein kleines Geschäft noch ein bisschen offen: Von Mitternacht bis eins hat er sein Tor halb angelehnt, dann kauft dieser Fettsack nämlich alles mögliche an geklautem Zeug an, was ihm die Junkies in die Bude schleppen. Und in den letzten Wochen rennen sie ihm gottverdammt noch mal die Türen ein.
Als wir das Rohr in den Kofferraum gehievt haben, schleppt sich Ahmet auf den Beifahrersitz. Diese große körperliche Anstrengung, dazu noch die ganze Sache mit dem Wasser, das kann einen Mann auf cold turkey schnell an seine Grenzen bringen.
Ich steige in den Wagen, stecke den Schlüssel rein, fahre mir durch die Haare, positioniere den Rückspiegel richtig; kurz muss ich an die Sache mit dem Wasser denken, kurz muss ich an Jurij und den Keller denken – Ahmet liegt versunken auf dem Beifahrersitz, kreidebleich, verschwitzt, und nickt mir zu.
»Los?«, fragt er.
»Los«, sage ich.

9
Ich rase durch das alte Industriegebiet, dann ein kurzes Stück auf die Autobahn und schließlich wieder rein in die Stadt: Straßenlaternen fliegen wie Feuerbälle an mir vorbei, ständig sind meine Augen links, rechts, im Rückspiegel: Wenn uns die Bullen jetzt kriegen, dann sind wir dran, dann war’s das mit uns. Ahmet röchelt auf dem Beifahrersitz, ich will mich ablenken und drehe das Radio auf: Rauschen, Rauschen, weißes Rauschen: Und dann spüre ich es plötzlich, an meinen Füßen: Wasser. Es ist kalt, nass, und wenn ich die Kupplung trete, plätschert es. Ich halte meinen Blick weiter über der Motorhaube, biege links, rechts ab, mein Herz rast, meine Hände schwitzen.
Da sagt Ahmet plötzlich: »Halt mal da vorne bei der Tanke an.«
»Wieso?«, frage ich, und blicke sofort in den Rückspiegel.
»Weil ich gleich verrecke, Alter. Ich schwör’s dir, Mann, ich verrecke gleich.«
Ich schaue zu Ahmet rüber, sehe seine zitternden Hände, seine blutunterlaufenen Augen. Immer denkt er, dass er gleich verreckt. Bis ein Mann an dieser Sache verreckt, dauert es noch.
»Ich verrecke gleich«, sagt Ahmet, und dann setze ich den Blinker nach rechts.

10
Wir schmeißen unser letztes Kleingeld für eine Flasche Cola zusammen. Jeder Junkie hat so seine eigene Methode, wie er mit cold turkey umgeht, und Ahmets ist es, kalte Cola zu trinken: Flüssigkeit, Koffein und Zucker – darauf schwört er, auf nichts anderes.
Ich überlege noch, ob ich den Schlüssel mitnehme, habe meine Finger schon dran, aber dann wirft mir Ahmet diesen Blick zu, diesen Blick, der: Bist du jetzt bescheuert? Weißt du, was wir grade zusammen durchgemacht haben? heißt.
Ahmet ist ein zitterndes, schwitzendes Wrack, das kurz davor steht, unterzugehen, denke ich mir. Dann steige ich aus.

11
Als ich mit der Flasche in der Hand an der Kasse stehe, sehe ich, wie die Rücklichter an meinem Wagen angehen. Ich sehe Ahmets Schatten, der sich auf den Fahrersitz schiebt. Der Junge vor mir sagt: »Zwei fünfzig«, und sieht mich an. Ich sehe, wie mein Wagen anspringt, wie die Karosserie zu rütteln beginnt und der Auspuff blauen Dunst ausspuckt. Ich sehe das alles, aber ich bin taub; auch meine Hände und meine Beine sind taub; »zwei fünfzig«, sagt der Junge noch mal, aber es kommt mir weit weg vor, Lichtjahre entfernt. Ich schließe meine Augen und höre das Rattern des Motors, wie es langsam leiser wird, sich die Hauptstraße abwärts bewegt. Und kaum ist das Rattern verschwunden, ist es plötzlich wieder da: Das Wasser, das undefinierbare Rauschen – die Nässe, Kälte auf meinem Gesicht, an meinen Händen. Ich sehe Jurijs Gesicht vor mir, wie er mit der Stirnlampe das Rohr begutachtet. Ich sehe Jurijs Gesicht vor mir, wie er mit seinem braunen Lederball durch das Viertel läuft, und ich mit den anderen Jungs auf dem Bolzplatz stehe und ihn durch den Zaun hindurch beobachte. Und dann ist da wieder diese Dunkelheit, das Rauschen; das alles verschmilzt mit Jurijs Gesicht, und wird zu einem großen, hässlichen Etwas – es rüttelt an meinem tiefsten Inneren, dreht mir den Magen um.

Ahmet habe ich nie wieder gesehen. Ich war nie an der Stelle, wo er in dieser Nacht die Kontrolle über meinen Wagen verloren hat, wo er mit dem anderen Auto frontal aufeinandergeprallt ist, wo die Hitze so hoch gewesen war, dass seine Leiche bis zur Unkenntlichkeit verkohlte.

Aber Jurij, Jurij sehe ich noch jeden Tag – immer, wenn ich die Augen schließe, immer, wenn das undefinierbare Rauschen in meine Ohren zurückkehrt und mich fast zum Durchdrehen bringt, dann sehe ich ihn – dann sehe ich Jurij.
Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.

 
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Hey zigga, ist ne gute Geschichte, kompakt und kraftvoll. auch die einzelnen Szenen gehen auf jeden Fall klar: unten im Keller, die Reflektion über die Gesamtsituation der Szene nachdem die Nachfrager nicht mehr versorgt werden und am Rad drehen, Industrielandschaft, Autofahrt, Tanke.
die Figurenbeziehungen sind knapp gezeichnet, aber für das, was hier erzählt wird ausreichend also genau richtig. ist halt handlungsorientiert mit dem Nebenfokus auf die Durchwirkung des Textgewebes mit dem psychischen Knacks, der (mglw) den Protagonist in die Klapse bringt. handwerklich top.
allerdings ist diese kulturelle Kombi in der Szene echt selten. da jeder jeden abzieht, traut sich eigentlich niemand über den Weg und arbeitet eigentlich auch nicht transnational miteinander. Araber bleiben fast immer für sich, Russen (die ja meistens Spätaussiedler sind), Osteuropäer und Kurden auch - die kommen meistens ja schon aus Parallelgesellschaften und geraten durch die Unterschiede in ihren teils extremen Ansichten oft heftig aneinander. Deutsche bleiben sowieso unter sich. gemeinsame raids sind selten. klar gibts Ausnahmen und es sind meistens die krassesten Typen, die zusammen finden. aber so richtige Pros sind die Jungs hier ja nicht. sonst würden die was klauen, das sich lohnt und weniger Aufwand macht. ganz zu schweigen von der tödlichen Aktion mit dem Rohr. wenn man so was macht, müsste es doch Mittel geben, rauszukriegen, ob so was Wasser führt oder nicht. wenn die in Smartphonezeiten leben, können die das googeln. wenn es da so einen Schrottverkäufer gibt, könnten die den fragen. (und hätte ein sabotiertes Wasserrohr echt so eine massive Kraft? ich weiß es nicht.) Nebenkriegsschauplatz, nicht so wichtig, fiel mir nur auf. du hast durch die gemeinsame Herkunft und den Rückblick ja einen Weg zum Team geöffnet.
aus dem Smartphone ergibt sich das eigentliche inhaltliche Problem mit dem Text. der Straßenpreis des Gifts ist in Hamburg und Frankfurt 15 - 20 € für zwei Zehntel, in Berlin 10 € für drei Zehntel, außerdem gibt es überall noch billigere Ersatzstoffe zu kaufen: auch die jeweilgen Orte lassen sich mttlw googeln, außerdem können Menschen mit Opiaten im Blut auch zu Substitutionsärzten gehen. das alles machen Menschen, die richtig drauf sind, IV konsumieren, höchstens dann nicht, weil sie unter dem Radar bleiben möchten. was bei den Delinquenten hier möglich wäre, dann könnte man vllt noch so Rückblicke auf andere Einbruch-/Raub-Erfahrungen einschieben, um einen Grund zu plausibilieren, eben diese Möglichkeiten nicht in Anspruch zu nehmen. denn sie würden diese Möglichkeiten ja trotz des Entzugs, des kalten alten Affen, nicht nutzen. der ist schon ein Anreiz, alles mögliche zu tun dafür, wie da ja oben schreibst. es gibt zwar auch welche, die verraten nie ihre Prinzipien, übertreten auch im derbsten Schmerz ihre roten Linien nicht, aber das ist einer von hundert.
wenn die Geschichte allerdings in die Achtziger verlegt würde, wäre das beschriebene Setting glaubhaft und es müsste auch kaum was geändert werden, scheint mir beim groben Nachdenken. damals waren die Preise enorm hoch, es gab noch keine Ersatzstoffindustrie und auch die Organisation der Clans und mafiaähnlichen Strukturen war damals noch nicht soweit, immer für Nachschub und also Geschäftsgewinne sorgen zu können. mttlw können die hochnehmen, wen sie wollen, die Angebote weiten sich immer weiter aus, alles wird billiger und dabei oft auch noch stärker, ständig kommen neue Käuferschichten dazu. selbst wenn so ein Clan komplett hochgenommen würde, was die deutsche Polizei selten genug hinkriegt, wäre sofort ein nächster zur Stelle. das Angebot ist seit bestimmt 15 / 20 Jahren in den Großstädten stabil und die Preise fallen, weil aus verschiedenen Gründen immer mehr Anbieter auf den Markt drängen.
zur Rahmenhandlung: für einen Patienten in psychiatrischer Behandlung ist das ein Text auf ungewöhnlich hohem literarischen Niveau. könnte der Rahmen kein anderer sein?

also mir ist inhaltlich halt so einiges aufgefallen, weil das aus den verschiedensten Gründen eines der Gebiete ist, mit denen ich mich in allen möglichen Kontexten immer wieder beschäftigte. da entwickeln sich über die Jahre eben auch sehr konkrete Vorstellungen. weißt ja, wie's ist: wenn du was mitnehmen kannst, ist cool, wenn nicht, alright.
hab's sehr gern gelesen, das ist ne gute Geschichte. auch wie du das Rauschen da einbaust und durch das Mobiliar und die Zeilen der Geschichte rauschen lässt: mal das Wasser, dann das Radio, und immer rauschts in seinem Schädel ... fein gearbeitet, spannendes Teil.

Kubus

 

Hey zigga,

ich fand deinen Text von Anfang bis Ende total spannend. Er hatte total Geschwindigkeit, fand ich, weiß nicht, wie ichs anders ausdrücken soll.
Ich hab erst nur den ANfang gelesen, dann musste ich kurz weg, aber ich wusste gleich, dass ich den Text später noch unbedingt weiterlesen muss ;) Mir hat der Einstieg mit dem therapeutischen Gutachten gut gefallen.

Ich kenne ihn seit der Grundschule, seitdem er im Stockwerk unter mir eingezogen ist, und er so lange mit seinem alten Lederball durchs Viertel gelatscht ist, bis ihn einer von uns Jungs angesprochen hat – so lange kenne ich Jurij schon, und nie versteht er irgendwas.
Das ist eine total schöne Beschreibung.

ch schüttle ihn, gebe ihm Ohrfeigen, aber nichts tut sich.
»Lass es«, sagt Ahmet, und ich spüre seine warme Hand auf meiner Schulter.
»Fuck«, sage ich, »fuck, fuck, fuck!«
Ich taste nach Jurijs Schlagader, das vierte Mal.
»Er ist tot«, sagt Ahmet, »lass es.«
Das hat mich richtig mitgenommen und berührt.

Ich sehe Jurijs Gesicht vor mir, wie er mit seinem braunen Lederball durch das Viertel läuft, und ich mit den anderen Jungs auf dem Bolzplatz stehe und ihn durch den Zaun hindurch beobachte. Und dann ist da wieder diese Dunkelheit, das Rauschen; das alles verschmilzt mit Jurijs Gesicht, und wird zu einem großen, häßlichen Etwas – es rüttelt an meinem tiefsten Inneren, dreht mir den Magen um.
Ganz tolle Stelle, der ganze Text, die ganzen Motive, alles nochmal auf einmal.

Dein Text ist nicht sehr lang, aber er hat mich echt berührt.
Wirklich was Konstruktives kann ich nicht beitragen.

Nur hier:

Nach einigen Anläufen meinerseits, erklärte sich der Patient dazu bereit, mir von einem Ereignis zu berichten, von dem er bisher niemand anderen berichtet hatte.
müsste das nicht "anderem" heißen? Bin mir aber selbst unsicher.

Und:
Ich habe die Nummerierungen nicht verstanden, weil es ja an sich ein "Fließtext" ist. Wolltest du damit darstellen, dass der Proagonist die Aufzeichnungen alle nacheinander erstellt hat?

Also, wie gesagt: habs sehr gern gelesen!

Liebe Grüße,

Tintenfisch

 

He zigga,

hat mich gepackt, deine Geschichte. Ein ungewöhnliches Setting, gespickt mit einer Truppe von Antihelden. Da ist tempo drin und die Story ist auch nicht vorhersehbar. Gut, das mit dem Rohr, das war irgendwie klar, aber das hätte auch in alle anderen Richtungen im Anschluss laufen können. Trotz aller Zwilichtigkeit bangt man mit deiner Truppe und vor mit allem deinem Erzähler mit.
Der Ausstieg ist weise gewählt. Das gibt dann auch einen ansprechenden Bogen zur kursiven Einleitung. Hier auch ein Lob, weil die Sprache der zwei Ebenen sich gekonnt voneinander abheben. Erst dachte ich, man könne den Einstieg auch rauslassen, aber das gibt dem Ganzen doch noch mal eine andere Dimension. Ein Hoffnungsschimmer für deinen Prot und eine Legitimation, die kg so enden zu lassen wie du es getan hast. Und, ja, ich gebe es zu, auch die Erklärung, was mit Ahmet passiert in Folge des Diebstahls, hat mir gefallen.

Nur zwei Dinge, die ich bemosern will:

bei dem drei Brüder, die auf dem Nachhauseweg von einer Hochzeit gewesen waren, starben – aber dass diese Ereignisse in irgendeiner Weise mit dem besagten Patienten zu tun gehabt hätten, das wäre mir nie in den Sinn gekommen ...
das mit den drei Brüdern finde ich so ungewöhnlich, dass es mich beschäftigt hat. Letztlich hat es aber keine Relevanz und es hat mich also nur aus dem Text getrieben. Hochzeitsgesellschaft, Brautjungfern ... was auch immer. Nimm etwas, das ganz normal zu einem Hochzeit-Ensemble passt.
Dann: Der Satz ist doch sehr lang. Würde ihn kürzen
»Scheiße!«, schreie ich, »fuck! Jurij?«
Nach dem ! muss es im zweiten Zeil deiner WR groß weitergehen. Hinter ich dann folglich ein Punkt.

Also, wirklich sehr gerne gelesen

gründlichst
weltenläufer

edit: Ach ja: und dass sie ein Auto fahren, obwohl sie sich kaum eine Cola leisten können :Pfeif:

 

Hallo Zigga,

Gratulation zu dieser großartigen Geschichte.

Bereits nach diesem Satz hattest du mich gepackt :

"Da es dem Patienten sehr schwer fiel, über das besagte Ereignis zu sprechen, willigte ich seinem Vorschlag ein, er möge mir über das, was ihn so sehr belaste, in geschriebener Form berichten."

Ich finde es immer gut, wenn jemand schreibt. Egal was es auch ist oder wie es geschrieben wird. Hauptsache es befreit die Seele.
Klar, die Geschichte ist sehr gut geschrieben, wahrscheinlich zu gut für deinen Prot der sie ja für seinen Psychiater aufschreibt. Doch gerade die Tatsache, dass er sich zum schreiben bereit erklärt, zeigt mir, dass er eine gewisse Bildung besitzt. Er hätte das Ganze ja auch auf ein Tonband sprechen bzw. eine Tonaufnahme machen können. Aber er hat sich fürs Schreiben entschieden. Wenn man will, dann könnte man den Gedanken weiterspinnen und ihm das Schreiben, als eine Art der Therapie, verordnen. Man könnte ihn sein Schreibtalent entdecken lassen, das ihm beim Entzug förderlich sein könnte. Wer weiß, vielleicht wird er am Ende ja auch noch ein "Krieger". Zu weit hergeholt? Vielleicht. Doch ich habe mir diesen außerordentlich gut gelungenen "Bericht" eben so erklärt.

Deine Dialoge mit all ihrer Dramatik haben mich gefesselt. Ich bewundere dich für deine Schreibkunst, dafür dass es dir gelingt, mit dem gesprochenen Wort so viele Gefühle zu erzeugen. Ich habe mit den Kerlen gelitten, habe das Wasser rauschen hören, bin noch ganz außer Atem von der Anstrengung, das Kupferrohr nach oben zum Auto zu zerren …

Irritierend fand ich die Durchnummerierung. Hier würde mich interessieren, weshalb du deinen Text so gegliedert hast.

Deine Geschichte hat mich sehr gut unterhalten und ich habe sie mit Freude gelesen.

Liebe Grüße
Tintenfass

 

Hallo zigga,

ich habe deine Geschichte auch gerne gelesen. So richtig übel fand ich die Szene / das Gespräch, als die beiden das Rohr raustragen und immer davon reden, dass sie Jurij noch rausbringen sollten, es aber dann doch nicht tun.

Hängengeblieben bin ich am letzten Satz:

Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.
Irgendwie macht der Satz für mich unter Berücksichtigung des Anfangs nicht mehr so richtig Sinn: Der Patient ist ja in Behandlung; der Satz ist für mich eine Aussage, die er eher vor seiner Behandlung sagen würde und nicht währenddessen - aber vielleicht denke ich auch zu optimistisch :)

Aber so wirklich was zu meckern habe ich nicht, ein Tippfehler ist mir allerdings noch aufgefallen:

Ahmet ist ein zitterndes, schwitzendes Frack
Da hast du wahrscheinlich Wrack gemeint?

Danke für die Unterhaltung :)

Liebe Grüsse
Raki

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Kubus,

ist ne gute Geschichte, kompakt und kraftvoll. auch die einzelnen Szenen gehen auf jeden Fall klar: unten im Keller, die Reflektion über die Gesamtsituation der Szene nachdem die Nachfrager nicht mehr versorgt werden und am Rad drehen, Industrielandschaft, Autofahrt, Tanke.
das freut mich sehr.

die Figurenbeziehungen sind knapp gezeichnet, aber für das, was hier erzählt wird ausreichend also genau richtig. ist halt handlungsorientiert mit dem Nebenfokus auf die Durchwirkung des Textgewebes mit dem psychischen Knacks, der (mglw) den Protagonist in die Klapse bringt.
ja, allgemein muss ich bei manchen Texten wirklich darauf achten, dass die Beziehungen unter den Figuren nicht völlig ins Abseits gerät. Hier dürfte ich nicht weiter runterfahren, vllt würde ein bisschen mehr auch gut sein

allerdings ist diese kulturelle Kombi in der Szene echt selten.
Ja, stimmt schon. Aber ich denke trotzdem, dass es nicht ganz unrealistisch ist, dass es das gibt. Dass, wenn man im gleichen Viertel/ Haus aufgewachsen ist und sich vom Bolzplatz oder was kennt, dass das dann schon passieren kann, dass diese unterschiedlichen "Nationalitäten" in den selben Kreisen verkehren bzw. eine kumpelhafte Verbindung untereinander haben.

ganz zu schweigen von der tödlichen Aktion mit dem Rohr. wenn man so was macht, müsste es doch Mittel geben, rauszukriegen, ob so was Wasser führt oder nicht. wenn die in Smartphonezeiten leben, können die das googeln. wenn es da so einen Schrottverkäufer gibt, könnten die den fragen.
ja und nein. Also ich denke, klar, man könnte sich intensiv mit Rohren auseinandersetzen, und sich hier und da erkundigen, wie man erkennt, ob ein Rohr Wasser führt - aber ich denke, in der genannten Situation wäre das gar nicht so unauthentisch und untypisch, dass man sich einfach denkt: Da sind ein paar schnelle Hunderter drin, und dann hält man vllt mal das Ohr hin, aber eigentlich will man die Sache bloß schnell hinter sich bringen.

aus dem Smartphone ergibt sich das eigentliche inhaltliche Problem mit dem Text.
außerdem gibt es überall noch billigere Ersatzstoffe zu kaufen:
das alles machen Menschen, die richtig drauf sind, IV konsumieren, höchstens dann nicht, weil sie unter dem Radar bleiben möchten.
Hey, Kubus, ich bin dir echt sehr dankbar für deinen Kommentar. Du scheinst dich richtig auszukennen in der heutigen Szene - klar, da gibt es Substitutionsstoffe, aber ich bin mir auch nicht sicher, ob das mittlerweile überall in der BRD so erhältlich ist. Du kneifst da richtig in die - in meinen Augen - Plotschwäche meines Textes: evtl. sind da zu viel 80er Jahre drin. Also ich interessier mich auch brennend für das Thema, und hab ne Menge dazu gelesen und auch mit paar Leuten gequatscht, aber was mir nie aufgefallen ist: Die meisten meiner Infos, wie die "Szene" tickt, sind durch die Brille der 80er Jahre. Ich will nicht ausschließen, dass das, wie es hier passiert, heutzutage nicht möglich ist, aber evtl muss ich noch mal den Plot mit ein paar Feinheiten an die heutige Zeit anpassen. Das Problem mit den Ersatzstoffen war halt lange Zeit, dass sie bei vielen nicht hundertprozentig "wirkten", also, dass es sie nicht vollkommen befriedigt hat - und das ist z.B. hier in Bayern eh eine heikle und andere Sache als in Hamburg oder wo. Und Junkie-Diebesbanden gibt es hier tatsächlich vereinzelt auch. Aber ich werde da noch mal gründlich nachrecherchieren und nachbessern, falls ich auf Ungereimtheiten stoße, viele Dank dir dafür. Ansonsten wäre es tatsächlich eine Option, das ganze in den 80ern spielen zu lassen.

hab's sehr gern gelesen, das ist ne gute Geschichte. auch wie du das Rauschen da einbaust und durch das Mobiliar und die Zeilen der Geschichte rauschen lässt: mal das Wasser, dann das Radio, und immer rauschts in seinem Schädel ... fein gearbeitet, spannendes Teil.
Das freut mich sehr, Kubus, vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren, ich habe mich sehr gefreut.


Hi Tintenfisch,

ich fand deinen Text von Anfang bis Ende total spannend. Er hatte total Geschwindigkeit, fand ich, weiß nicht, wie ichs anders ausdrücken soll.
Ich hab erst nur den ANfang gelesen, dann musste ich kurz weg, aber ich wusste gleich, dass ich den Text später noch unbedingt weiterlesen muss Mir hat der Einstieg mit dem therapeutischen Gutachten gut gefallen.
Dein Text ist nicht sehr lang, aber er hat mich echt berührt.
Ach, super, das freut mich sehr

müsste das nicht "anderem" heißen? Bin mir aber selbst unsicher.
Da bin ich mir ehrlich gesagt auch unsicher. Ich werd mal nachschlagen.


Ich habe die Nummerierungen nicht verstanden, weil es ja an sich ein "Fließtext" ist. Wolltest du damit darstellen, dass der Proagonist die Aufzeichnungen alle nacheinander erstellt hat?
Also im Endeffekt sind das einfach Kapitelüberschriften. Ich finde, so liest sich's einfach einfacher, und ich denke, das trägt auch dazu bei, dass man diese "Geschwindigkeit", wie du sagst, als Leser spürst. Aber evtl. baue ich das noch ein wenig um, dass es einen beim Lesen nicht unnötig verwirrt.

Also, wie gesagt: habs sehr gern gelesen!
super!

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren, ich hab mich sehr gefreut!


Hi weltenläufer,

hat mich gepackt, deine Geschichte. in ungewöhnliches Setting, gespickt mit einer Truppe von Antihelden. Da ist tempo drin und die Story ist auch nicht vorhersehbar. Gut, das mit dem Rohr, das war irgendwie klar, aber das hätte auch in alle anderen Richtungen im Anschluss laufen können. Trotz aller Zwilichtigkeit bangt man mit deiner Truppe und vor mit allem deinem Erzähler mit.
super!

Der Ausstieg ist weise gewählt. Das gibt dann auch einen ansprechenden Bogen zur kursiven Einleitung. Hier auch ein Lob, weil die Sprache der zwei Ebenen sich gekonnt voneinander abheben. Erst dachte ich, man könne den Einstieg auch rauslassen, aber das gibt dem Ganzen doch noch mal eine andere Dimension. Ein Hoffnungsschimmer für deinen Prot und eine Legitimation, die kg so enden zu lassen wie du es getan hast. Und, ja, ich gebe es zu, auch die Erklärung, was mit Ahmet passiert in Folge des Diebstahls, hat mir gefallen.
;-) Ja ... das Kursive am Anfang kam mir erst, als die Geschichte eigentlich schon gestanden war, aber ich wollte das unbedingt einfach mal ausprobieren. Ich war mir auch nicht sicher, ob das die Qualität der Geschichte evtl. ein wenig nach unten lenkt, aber mittlerweile denke ich schon, dass die Story dadurch noch einmal etwas "Tiefe" bekommt

das mit den drei Brüdern finde ich so ungewöhnlich, dass es mich beschäftigt hat. Letztlich hat es aber keine Relevanz und es hat mich also nur aus dem Text getrieben. Hochzeitsgesellschaft, Brautjungfern ... was auch immer. Nimm etwas, das ganz normal zu einem Hochzeit-Ensemble passt.
Also das mit den Brüdern ist nicht zufällig passiert oder unbeabsichtigt. Lass es mich mal so erklären: Ich versuche oft, "Dingen" in einer Story eine Bedeutung zu geben - das Wasser, das Rauschen, das soll mehr oder weniger für etwas stehen, was in dem Protagonisten vorgeht. Also ich versuche die äußere Welt so mit Symbolik zu besetzen, dass es wie ein "Abbild" des Innenleben des jeweiligen Prots aussieht. Ist das verständlich? Ich weiß nicht mal, ob das wirklich Sinn ergibt, aber jedenfalls schreibe ich irgendwie immer nach dem Muster, oder es kommt jedenfalls so raus. Zu den drei Brüdern. Ich dachte mir, dieser Tag im Keller und mit dem Rohr, das ist das Ende der drei "Freunde", bzw. das Ende ihrer gemeinsamen Ära. Und für den Prot sicherlich ein großer Einschnitt - die drei Brüder sollen somit für die drei Freunde bzw. für die Freundschaft der drei Freunde stehen, die an diesem Tag draufgeht. Und woanders fand gerade diese Hochzeit statt - da beginnt ein neues Leben, da ist etwas Neues am entstehen. Das geht dem Prot ja an diesm Tag praktisch genauso, das war die Initialzündung, damit etwas Neues entstehen konnte.
Also soweit zu den Brüdern. Keine Ahnung, ob das aufgeht, oder ob das tatsächlich nur stört, aber so war es gedacht. Ich denke, ich werde das erst mal drin lassen, es gefällt mir einfach sehr gut, wenn mich das in 1, 2 Monaten nervt, dann werde ich an dich denken und es kicken.

»Scheiße!«, schreie ich, »fuck! Jurij?« Nach dem ! muss es im zweiten Zeil deiner WR groß weitergehen. Hinter ich dann folglich ein Punkt.
Krass! Wusste ich echt noch nicht! (kein Scherz!)

edit: Ach ja: und dass sie ein Auto fahren, obwohl sie sich kaum eine Cola leisten können
Och, so eng würde ich das nicht sehen ... ich kenn ne Menge Leute, die öfters mal hart pleite sind, die aber trotzdem irgendeinen alten Kleinwagen haben

Also, wirklich sehr gerne gelesen
super, ich freu mich!

Vielen Dank dir fürs Lesen und Kommentieren, weltenläufer!


Hi Tintenfass,

Gratulation zu dieser großartigen Geschichte.
danke!

Klar, die Geschichte ist sehr gut geschrieben, wahrscheinlich zu gut für deinen Prot der sie ja für seinen Psychiater aufschreibt.
Ja, da ist was dran. Evtl. bessere ich da gleich mal nach, ich hab da schon so eine kleine Idee, die das Ganze glaubhafter macht

Deine Dialoge mit all ihrer Dramatik haben mich gefesselt. Ich bewundere dich für deine Schreibkunst, dafür dass es dir gelingt, mit dem gesprochenen Wort so viele Gefühle zu erzeugen. Ich habe mit den Kerlen gelitten, habe das Wasser rauschen hören, bin noch ganz außer Atem von der Anstrengung, das Kupferrohr nach oben zum Auto zu zerren …
Ach, super, das freut mich!

Irritierend fand ich die Durchnummerierung. Hier würde mich interessieren, weshalb du deinen Text so gegliedert hast.
Sollten im Endeffekt ganz normale Kapitelnummern sein. ich finde, das liest sich immer schöner, wenn das so gegliedert ist - man kann da nach jedem Kapitel mal kurz durchatmen, pausieren, und später weiterlesen - viel besser, als wenn das ein großer, klotziger Text ist. Evtl. bessere ich auch hier nach

Deine Geschichte hat mich sehr gut unterhalten und ich habe sie mit Freude gelesen.
Das hört man doch gerne!

Viele Dank fürs Vorbeischauen und Kommentieren, Tintenfass, ich hab mich gefreut!


Hi Raki,

ich habe deine Geschichte auch gerne gelesen. So richtig übel fand ich die Szene / das Gespräch, als die beiden das Rohr raustragen und immer davon reden, dass sie Jurij noch rausbringen sollten, es aber dann doch nicht tun.
super!

Hängengeblieben bin ich am letzten Satz:
Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.
Irgendwie macht der Satz für mich unter Berücksichtigung des Anfangs nicht mehr so richtig Sinn: Der Patient ist ja in Behandlung; der Satz ist für mich eine Aussage, die er eher vor seiner Behandlung sagen würde und nicht währenddessen - aber vielleicht denke ich auch zu optimistisch
Naja, er leidet ja nach diesem Vorfall unter ständig wiederkehrenden, schockartigen Angstzuständen (steht im Anfang) - und er weiß nicht, wie lange er das noch aushält, die Angstzustände, ständig Jurij zu sehen und sich (mit seinem schlechten Gewissen) zu quälen. So war das jedenfalls von mir gedacht.

Da hast du wahrscheinlich Wrack gemeint?
Das habe ich!
Danke für die Unterhaltung :)
sehr gerne geschehen! Danke dir fürs Vorbeischauen und Kommentieren, ich habe mich über deinen Kommentar gefreut.

Viele Grüße,
zigga

 

Hallo zigga,

sehr gerne gelesen und als Film bunt und schrecklich vor mir gesehen.

Den Titel finde ich nicht so toll. "undefinierbar" ergibt kein Bild für mich. Auf so etwas wie Krankenakte oder Patient, also aus der Rahmengeschichte, Bezug nehmen?

Kleine Details, die sich bei mir meldeten:

Das Kupferrohr war für mich erst meterlang und dann war ich überrascht, dass es in den Kofferraum passt. Wenn ich jetzt so nachdenke, könnte es wirklich mehr als zwei Meter lang sein und sie schieben es quer ins Auto rein und es passt gerade so. Oder die Kofferraumtür geht nicht mehr zu und sie binden die Tür mit dem Abschleppseil fest. Das Rohr steht also noch raus ...

ruft er mir von oben runter.
Finde ich verquer, ich würde so etwas wie "ruft er." oder "ruft er mir von oben zu." nehmen.

»Und?«, ruft mir Jurij von oben runter und begutachtet die riesigen Muttern
Hier noch einmal. Außerdem klingt bei mir das "und" doppelt. Vielleicht Folgendes?
»Und?«, schreit Jurij. Er begutachtet die riesigen Muttern.

Ahmet fängt das Kotzen an, ich halte ihn an der Schulter.
Finde ich verquer und zweimal „an“, klingt bei mir. Vielleicht so etwas wie:
Ahmet fängt an zu kotzen und ich halte seine Schulter.

Herzliche Grüße
oheim

 

Hi oheim,

sehr gerne gelesen und als Film bunt und schrecklich vor mir gesehen.
das freut mich sehr!

Den Titel finde ich nicht so toll. "undefinierbar" ergibt kein Bild für mich. Auf so etwas wie Krankenakte oder Patient, also aus der Rahmengeschichte, Bezug nehmen?
Muss ich mal drüber nachdenken, aber ich schätze, der bleibt vorerst erst mal so

Das Kupferrohr war für mich erst meterlang und dann war ich überrascht, dass es in den Kofferraum passt. Wenn ich jetzt so nachdenke, könnte es wirklich mehr als zwei Meter lang sein und sie schieben es quer ins Auto rein und es passt gerade so. Oder die Kofferraumtür geht nicht mehr zu und sie binden die Tür mit dem Abschleppseil fest. Das Rohr steht also noch raus ...
Ja, das Kupferteil, ich hatte gehofft, man hat da ein griffiges Bild vor Augen, wegen dieser Stelle:

»Und?«, ruft mir Jurij von oben runter und begutachtet die riesigen Muttern, an denen das Rohr befestigt ist.

Also das soll schon ein großes Stück rohr sein, bloß eben nicht lang, sondern kurz, dafür aber schwer und kompakt

ruft er mir von oben runter.
Finde ich verquer, ich würde so etwas wie "ruft er." oder "ruft er mir von oben zu." nehmen.
da muss ich mal drüber nachdenken, ist aber ein legitimer Einwand, vielen Dank dafür. Ich werde die Story in 1, 2 Monat mal Korrektur lesen und deinen Einwand im Hinterkopf behalten - gerade ist sie noch zu nah, als dass ich da sehr objektiv sein könnte

»Und?«, ruft mir Jurij von oben runter und begutachtet die riesigen Muttern
Hier noch einmal. Außerdem klingt bei mir das "und" doppelt. Vielleicht Folgendes?
»Und?«, schreit Jurij. Er begutachtet die riesigen Muttern.
Och, ich finde den Wortdoppler nicht allzu schlimm. Ich denke, das passt hier in den Duktus hinein, ist ja mehr oder weniger "gesprochene" Sprache, wie das erzählt wird

oheim, vielen Dank fürs Vorbeischauen und Kommentieren!

Viele Grüße,
zigga

 

Hallo zigga,

vorweg: Deine Geschichte hat mir gut gefallen. :thumbsup:

Habe nur ein paar sehr pingelige Bemerkungen:

Das undefinierbare Rauschen
Wieso undefinierbar? Es ist doch klar, dass er noch immer das Rauschen des Wassers in den Ohren hat …:hmm:

Der kursiv geschriebene Einstieg ist gut und macht Lust auf die Geschichte.

Vor ein paar Wochen haben sie die Al-Bayatis hochgenommen,
Hm, der Patient ist schon mindestens zwei Jahre in der Klinik, da würde ich beim Schreiben anders anfangen, etwa so:
„Ein paar Wochen zuvor …“
Oder: „Es war im Sommer 1999, als sie …“

Ich stehe mit Jurij und Ahmet im Keller der alten Mahr-Brauerei, mit der Rohrzange in der Hand. Wir hören über Ahmets iPhone Radio,
Da drehen die Typen gerade ein krummes Ding und hören dabei (konzentriert) Radio? Komisch …
Haben die keine Angst, dass sie sich mit dem Radio bemerkbar machen, auffallen?

Jurij steht auf der Leiter und klopft gegen das große Kupferrohr, für das wir uns entschieden haben.
Wo ist die Leiter her? Hatten sie sie mitgebracht?

Da steht Ahmet plötzlich aus seiner Hocke auf, so ganz zittrig und wackelig, noch mit dem Handy in der Hand.
Aus welchem Grund hatte er sich den hingehockt? Die Leiter scheint er nicht festzuhalten, das wird ja erst später erwähnt …

Die Sache ist die: Seitdem man für einen beschissenen Kick mindestens das zehnfache blechen muss, ist hier der Teufel los.
Die Einleitung dieses Zwischenabsatzes gefällt mir.

Da hatte ich gestern diese Idee mit den Kupferrohren und den leerstehenden Fabriken im Osten.
Hier bin ich über “Osten” gestolpert. Sind sie heute von X in den Osten Deutschlands gefahren oder in den Osten ihrer Stadt?

Das Rauschen des Wassers, das Schleifgeräusch des Rohrs und der Klang seiner Stimme – das alles verschmilzt zu einem großen, häßlichen Ganzen
Sehr schön!

Als wir das Rohr in den Kofferraum gehievt haben, schleppt sich Ahmet auf den Beifahrersitz.
Ich hatte mir das Rohr größer vorgestellt, da es ja so schwer war … Dass sie mindestens einen Transporter bräuchten … Und wie haben sie die Leiter transportiert?

Ich steige in den Wagen, stecke den Schlüssel rein, fahre mir durch die Haare, positioniere den Rückspiegel richtig;
Das klingt, als wäre auf dem Hinweg ein anderer gefahren. Wenn es Jiri war, hätte er womöglich noch den Schlüssel in seiner Tasche …

Da sagt Ahmet plötzlich: »Halt mal da vorne bei der Tanke an.«
Ich glaube, du verwendest mind. 3x „plötzlich“. Das ist zu inflationär, die erhoffte Wirkung verpufft …

»Weil ich gleich verrecke, Alter. Ich schwör’s dir, Mann, ich verrecke gleich.«
Ich schaue zu Ahmet rüber, sehe seine zitternden Hände, seine blutunterlaufenen Augen. Immer denkt er, dass er gleich verreckt. Bis ein Mann an dieser Sache verreckt, dauert es noch.
»Ich verrecke gleich«, sagt Ahmet, und dann setze ich den Blinker nach rechts.
Ich persönlich finde 5x „verrecken“ zu viel …

Du hast die Figuren zwar nicht so sehr beschrieben, aber es ist völlig ausreichend bzw. genau richtig, um sich ein Bild von ihnen zu machen.
Meine Anmerkungen sind nur Nitpicking, weil ich es wahrscheinlich wieder mal zu genau nehme ... :hmm:

Hat mir Spaß gemacht.

Liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Jetzt hab ich echt lange nichts mehr von dir kommentiert*), zigga, eine Schande eigentlich. Und zu deiner neuen Geschichte werde ich dir vermutlich auch nicht viel sagen, einfach, weil sie mir rundum gefallen hat: Tolle Erzählsprache, tolle Dramaturgie, spannend, berührend, sehr glaubhafte Figuren, ein quasi versöhnliches Ende … na ja, einfach rundum toll.

Einzig das Diebsgut machte mir ein wenig Kopfzerbrechen. Nicht sehr viel, aber genug, dass es halt ein Fragezeichen bei mir hinterlassen hat.
Klar, du brauchst eine Wasserleitung mit sehr hohem Druck, um den Unfall inszenieren zu können, gleichzeitig ein so richtig fettes Rohr, damit sich die zwei dann auch ordentlich plagen müssen beim Abtransport ...

Wir kriegen das Kupferrohr kaum die Treppe hoch, das sind mehr als ein paar Kilo, das is’ ’n halbes Einfamilienhaus.
... und klar, gerade Kupfer ist eine begehrte Diebsbeute.
Aber was zum Henker muss denn das für Wahnsinnsrohr sein, wenn z.B. der Meter eines handelsüblichen
4⅛ Zoll Kupferrohrs, das immerhin mehr als 10 Zentimeter Durchmesser hat, gerade mal 8 kg wiegt? Und viel länger als zwei Meter kann das Stück ja wohl nicht gewesen sein, sonst hätten sie es ja kaum in den Wagen bekommen. Und 16 oder meinetwegen 20 kg wirft man sich ja mal locker über die Schulter. Überhaupt sind meines Wissens Wasserhauptzuleitungen - um eine solche handelt es sich hier offenbar, ansonsten nicht binnen weniger Minuten der Keller halb überfutet sein könnte - gar nicht aus Kupfer, sondern aus Gusseisen, oder sonst was. (Allerdings hab ich das jetzt nicht recherchiert.)
Das war für mich aber wirklich die einzige Unstimmigkeit in der Story. Aber vielleicht hast du dazu ja auch eine plausible Erklärung.

Ein wirklich toller Text, zigga.


offshore

Halt, eine Kleinigkeit noch:

Ich weiß schon, das ist aus dem Bericht des Psychiaters:

Trotz wochenlanger, intensiver Gespräche über Suchtverlauf, frühkindlicher [frühkindliche] Erfahrungen und familiärer [familiäre] Probleme, ließ mich das Gefühl nicht los, der Patient verheimliche mir etwas.
Trotzdem, der Autor bist du, also musst du dich auch um die Fallfehler kümmern.
Ebenso um das:

willigte ich seinem Vorschlag ein,
entweder: … willigte ich in seinen Vorschlag ein,
oder: … stimmte ich seinem Vorschlag zu,


*) Allerdings lese ich alle deine Geschichten, und ich finde, du wirst immer besser. Das muss auch einmal gesagt sein.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Zigga,

Deine Geschichte hat mir gut gefallen. Ein paar kritische Details werde ich gleich ansprechen, aber mein Fazit hier ist auf jeden Fall, dass sich das Lesen dieser Story lohnt. Wie auch schon andere Kommentatoren erwähnt haben, ist dieses Zögern der Beiden, wo sie eigentlich Jurij nach oben bringen sollten und müssten, besonders eindrucksvoll. So scheint schwere Sucht grundsätzlich zu funktionieren, Ignorieren und Verleugnen. Auch wenn man das alles schon hundert Mal gehört, gelesen oder gesehen hat, macht es betroffen, zu erleben, was aus Menschen wird, die in einer so zerstörerischen Abhängigkeit gefangen sind.

Ich möchte auch Kubus danken, dessen Kommentar mir wieder einige neue Einsichten geliefert hat. Insbesondere seine Gedanken zur "kulturellen Kombi" fand ich in Bezug zur Geschichte wichtig, obwohl es mir ohne seinen Einwand nicht aufgefallen wäre. Ich denke nicht, dass Du deshalb was ändern musst, aber es ist eine kleine Ungereimtheit, wieso da ein Russe, ein Türke und ein Deutscher gemeinsam auf einen Raid gehen.

Damit bin ich schon beim Plot und möglichen Logikschwächen angekommen. Das Detail, das Ernst anspricht, gibt mir auch zu denken.

Wir kriegen das Kupferrohr kaum die Treppe hoch, das sind mehr als ein paar Kilo, das is’ ’n halbes Einfamilienhaus.

Da kann irgend etwas nicht stimmen. Ein Rohr, das zwei Männer kaum heben können, wird wohl 80 Kilogramm oder mehr wiegen. Das passt dann nicht mit den restlichen Beschreibungen zusammen. Ich würde das einfach rausnehmen, denn das die das Rohr kaum schleppen können, hat für die Geschichte eigentlichen keinen Mehrwert. Ein Mann kann gut und gern von einem 10- oder 20 Kilo-Rohr erschlagen werden, das muss keinen Zentner wiegen.

Ein Stirnrunzeln hat die Einführung bei mir ausgelöst. Ich finde sie unnötig, sie nimmt Tempo raus, denn sie erklärt, und das ist ein wenig schwerfällig. Außerdem setzt sie so einen altmodischen Rahmen, der begründen soll, weshalb der Ich-Erzähler anschließend seine Erlebnisse beschreibt, aber das ist ein Stilmittel aus früheren Zeiten. Heute nimmt der Leser einfach in Kauf, dass ein Ich-Erzähler seine Story erzählt. Der einzige Zugewinn, den ich sehen kann, besteht in der Erwähnung, dass es da einen schweren Autounfall gab, den der Ich-Erzähler ja nicht erlebt. Okay. Das ist ein Punkt, aber ich finde trotzdem, dass die Nachteile der Einführung überwiegen.

Denn neben den Konstruktionsproblemen, die so eine Einführung mit sich bringt (doppelter Erzählrahmen, doppelte Erzählsprache, Langatmigkeit etc.) gibt es noch eine andere Auffälligkeit. Wenn Du als Autor versuchst, Fachsprache zu kopieren, hast Du Dir einiges vorgenommen: Militärjargon, Pilotensprache, Polizeimeldungen, Beamtenkauderwelsch und eben auch der Ton, in dem ein psychiatrisches Gutachten verfasst wird – da muss man gründlich recherchieren, bevor das authentisch klingt.

Ich habe einige solcher Gutachten berufsbedingt gelesen, und die klingen deutlich anders. Ein Psychiater würde wahrscheinlich nicht von "schockartigen Angstzuständen" sprechen, sondern genau beschreiben, was da passiert ist, einerseits durch Fachbegriffe, anderseits durch präzise Beschreibung der Symptome. Überhaupt klingt die gesamte Einführung zu laienhaft und – was noch wichtiger ist - zu wenig selbstbewusst. Ich habe vielleicht ein Dutzend Gutachten gelesen, vielleicht auch mehr, die klingen grundsätzlich nüchterner und arroganter.

Rein sprachlich – jetzt wieder aus der Literaturperspektive – ist der Einführungstext darüber hinaus ein wenig unschön: Wortdopplungen, Füllwörter, ein Mangel an Prägnanz, das ist schade, denn der Text danach ist so gut.

Ich lernte den besagten Patienten vor ungefähr zwei Jahren kennen; er hatte sich nach einer Entgiftung selbst dazu entschlossen, am psychosozialen Aufbauprogramm unserer Klinik teilzunehmen.
Trotz wochenlanger, intensiver Gespräche über Suchtverlauf, frühkindliche Erfahrungen und familiäre Probleme, ließ mich das Gefühl nicht los, der Patient verheimliche mir etwas: Da waren diese regelmäßigen, schockartigen Angstzustände, die den Patienten in den Abend- und Nachtstunden heimsuchten.
Nach einigen Anläufen meinerseits, erklärte sich der Patient dazu bereit, mir von einem Ereignis zu berichten, von dem er bisher niemand anderen berichtet hatte.
Da es dem Patienten sehr schwer fiel, über das besagte Ereignis zu sprechen, willigte ich in seinen Vorschlag ein, er möge mir über das, was ihn so sehr belaste, in geschriebener Form berichten.
Natürlich hatte ich von dem Vorfall, der sich in der alten Mahr-Brauerei zugetragen hatte, gehört; und natürlich hatte ich auch von dem schweren Autounfall in der Lüneburger-Straße gehört, bei dem drei Brüder, die auf dem Nachhauseweg von einer Hochzeit gewesen waren, starben – aber dass diese Ereignisse in irgendeiner Weise mit dem besagten Patienten zu tun gehabt hätten, das wäre mir nie in den Sinn gekommen ...

Also wenn Dir die Einführung wichtig ist, solltest Du sie verbessern. Oder aber Du killst sie komplett. Das wäre mein Vorschlag.

Ein letzter Punkt: Der Titel ist nicht gut, finde ich auch. Undefinierbar ist eben genau das: undefinierbar. Ein Titel sollte aber eingängig sein, markant, ein Bild entstehen lassen. Aus diesem Grunde wäre bereits Das Rauschen schlichter und besser, finde ich.

Okay, trotz Gemecker, eine Story nach meinem Geschmack. Vielen Dank dafür, Zigga.

Gruß Achillus

 
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Hi ernst!

Jetzt hab ich echt lange nichts mehr von dir kommentiert*), zigga, eine Schande eigentlich.
:D Toll, mal wieder von dir zu hören, ich freue mich! (Auch, dass du all mein Zeug liest und da einen Fortschritt erkennst, freut mich natürlich.)

Und zu deiner neuen Geschichte werde ich dir vermutlich auch nicht viel sagen, einfach, weil sie mir rundum gefallen hat: Tolle Erzählsprache, tolle Dramaturgie, spannend, berührend, sehr glaubhafte Figuren, ein quasi versöhnliches Ende … na ja, einfach rundum toll.
Ja super!

Einzig das Diebsgut machte mir ein wenig Kopfzerbrechen. Nicht sehr viel, aber genug, dass es halt ein Fragezeichen bei mir hinterlassen hat.
Klar, du brauchst eine Wasserleitung mit sehr hohem Druck, um den Unfall inszenieren zu können, gleichzeitig ein so richtig fettes Rohr, damit sich die zwei dann auch ordentlich plagen müssen beim Abtransport ...

Überhaupt sind meines Wissens Wasserhauptzuleitungen - um eine solche handelt es sich hier offenbar, ansonsten nicht binnen weniger Minuten der Keller halb überfutet sein könnte - gar nicht aus Kupfer, sondern aus Gusseisen, oder sonst was. (Allerdings hab ich das jetzt nicht recherchiert.)
Hm. Das ist natürlich ein Punkt - ich bin mir auch nicht zu 100% sicher, ob Wasserhauptzuleitungen generell aus Gusseisen sind. Das ist so: Das ganze spielt ja im Keller einer leerstehenden Brauerei. Und dort stehen riesige Sudkessel aus Kupfer rum (ich finde gerade kein besseres Bild, aber so in etwa schaut das aus, hier ist das Konstrukt ein bisschen kleiner, aber das gibt's auch in größer), die ja auch an die Wasserleitung angeschlossen sind - die Idee war, dass die Prots hier ein ähnliches Rohrstück wie das auf dem Bild klauen wollen (bloß eben in XXL), und dann leider die Wasserzufuhr erwischt haben ... also auf so einem besagten Rohr könnte schon noch Wasser drauf seien, man sieht das auf dem Bild, da gibt es auch Räder, mit denen man Rohre öffnen und schließen kann. Wenn man dann einfach besagtes Rohr ab- bzw. anschraubt (das Bild hatte ich allerdings nicht für meine Geschichte vor Augen, in meiner Vorstellung sieht das etwas anders konstruiert aus), kann man eben das Pech haben, dass das Wasser durchströmt ... ich gebe zu, ich habe jetzt mit keinem Bierbrauer darüber geredet, ob das technisch möglich sei, ich hatte einfach diese Idee, dass man das tun könnte, und sich dann das Problem mit dem Wasser bilden könnte, und das gefiel mir so gut, dass ich diese Story draus gemacht habe. Also falls jetzt irgendjemand hier das liest und mehr darüber weiß, kann er gerne antworten :D Wie gesagt, ist nicht zu 100% gesichert, evtl. habe ich das in der Story (dass das ein Anschlussrohr zu einem Kessel ist) auch falsch rübergebracht bzw. hätte ich es erwähnen sollen (dachte aber, es sei überflüssig für den Leser), aber so war es gedacht!

Soviel dazu! Ich hoffe, ich konnte ein bisschen Licht ins Dunkel des Bierbrauertums bringen!
Jedenfalls danke ich dir vielmals fürs Lesen und Kommentieren, ernst, ich habe mich sehr gefreut, von dir zu hören!

Achillus und GoMusic, ich antworte euch morgen!

 
Zuletzt bearbeitet:

Das ganze spielt ja im Keller einer leerstehenden Brauerei. Und dort stehen riesige Sudkessel aus Kupfer rum
Dass Bierbrauanlagen großteils aus Kupfer gefertig sind, wusste ich, zigga, und deshalb war mir beim Lesen auch klar, warum du als Einbruchsziel eine Brauerei gewählt hast. Sagen wir mal so, auch wenn es mir in höchstem Maße unlogisch erscheint, dass es dort eine Rohrleitung aus Kupfer gibt, die nicht nur nach wie vor unter Druck steht, sondern überdies derart dimensioniert ist, dass sie binnen weniger Augenblicken den Keller kniehoch unter Wasser setzen kann, nehm ich das jetzt einfach mal so hin.

Aber was gar nicht geht, ist das:
(Ich hab vergessen, es in meinem gestrigen Kommentar zu erwähnen.)

»Und?«, ruft mir Jurij von oben runter und begutachtet die riesigen Muttern, an denen das Rohr befestigt ist.
Also technisch gesehen ist das natürlich vollkommener Quatsch.
An Muttern kann das Rohr wohl kaum befestigt sein. allerhöchstens mit Muttern. (Ich stellte mir das so vor, dass an den Rohrstückenden Flansche sitzen, die miteinander verschraubt sind.)
Um da nicht allzu viel technische Details bemühen zu müssen, solltest du ganz einfach schreiben:

»Und?«, ruft mir Jurij zu und begutachtet die riesigen Muttern. (bzw. Schrauben)
(Dass die Muttern in irgendeiner Weise was mit der Demontage des Rohrstücks zu tun haben, checkt der Leser sowieso.)

btw:

... ruft mir Jurij von oben runter

ein paar Zeilen weiter oben steht das überdies auch schon mal:

»Was laberst du, Mann?«, ruft er mir von oben runter.
Das klingt nicht gut.
entweder: ... ruft Jurij von oben runter
oder: ... ruft mir Jurij von oben runter zu
oder überhaupt nur: ... ruft Jurij
(Dass Jurij auf der Leiter steht, wissen wir ja längst.)

 

Hi GoMusic,

sorry, ich hatte deinen Kommentar gestern übersehen.

vorweg: Deine Geschichte hat mir gut gefallen. :thumbsup:
das freut mich!

Wieso undefinierbar? Es ist doch klar, dass er noch immer das Rauschen des Wassers in den Ohren hat …
Mhm, ja, das Geräusch "verändert" sich ja für ihn im Laufe der Story. Aber evlt. könnte man das Adjektiv auch kicken

Der kursiv geschriebene Einstieg ist gut und macht Lust auf die Geschichte.
Das ist gut. Gibt auch Stimmen, die den nicht mögen, ich bin mir auch noch nicht sicher

Hm, der Patient ist schon mindestens zwei Jahre in der Klinik, da würde ich beim Schreiben anders anfangen, etwa so:
Ich sah das eher so: Der Psychiater berichtet von einem Vorfall von vor zwei Jahren, bei dem ein Patient ihm ein "Tatsachenbericht" über ein Ereignis einige Zeit zuvor geschrieben hat. Die eigentliche Story ist ja dann im Präsens erzählt, also beziehen sich die "paar Wochen" auf den Tag des Rohrklaus

Da drehen die Typen gerade ein krummes Ding und hören dabei (konzentriert) Radio? Komisch …
Haben die keine Angst, dass sie sich mit dem Radio bemerkbar machen, auffallen?
Ah, ich weiß nicht, es gibt viele riesige brachliegende Industrieanlagen, wenn das dann noch ein Keller in einem Gebäude ist ...

Wo ist die Leiter her? Hatten sie sie mitgebracht?
Ich denke, das ist für die Geschichte unrelevant. Würde ich davon erzählen, wer wie die Leiter mitgebracht hat, würde sich der Leser schnell denken: Wieso wird mir das erzählt?

Aus welchem Grund hatte er sich den hingehockt? Die Leiter scheint er nicht festzuhalten, das wird ja erst später erwähnt …
Er ist ja auf cold turkey, auf Entzug, ihm ist schlecht und sowas. In meiner Auffassung war das der Grund

Hier bin ich über “Osten” gestolpert. Sind sie heute von X in den Osten Deutschlands gefahren oder in den Osten ihrer Stadt?
Ich meinte den Osten der Stadt

Das klingt, als wäre auf dem Hinweg ein anderer gefahren. Wenn es Jiri war, hätte er womöglich noch den Schlüssel in seiner Tasche …
In erster Linie sehe ich darin ein Ritual, Spiegel usw. einzustellen, bevor man losfährt - man macht ja gerade sowas, wenn man aufgeregt ist. Desweiteren liegt im Kofferraum ja ein großes Etwas - gut möglich, dass man deswegen den Spiegel noch mal neu positionieren muss. Ist übrigens Erzählers' Wagen:
Als wir endlich mit dem Rohr auf dem Parkplatz vor meiner Karre stehen, schaue ich auf die Uhr:

Ich glaube, du verwendest mind. 3x „plötzlich“. Das ist zu inflationär, die erhoffte Wirkung verpufft …
danke, ich habe eins gekickt! sowas fällt einem dann doch erst nach ein paar Tagen auf ...

»Weil ich gleich verrecke, Alter. Ich schwör’s dir, Mann, ich verrecke gleich.«
Ich schaue zu Ahmet rüber, sehe seine zitternden Hände, seine blutunterlaufenen Augen. Immer denkt er, dass er gleich verreckt. Bis ein Mann an dieser Sache verreckt, dauert es noch.
»Ich verrecke gleich«, sagt Ahmet, und dann setze ich den Blinker nach rechts.
Ich persönlich finde 5x „verrecken“ zu viel …
Ja ... ich persönlich mag Wiederholungen auch nicht besonders, aber wörtliche Rede zähle ich nie mit dazu - also wenn da ein Wort gesagt wird, und der "Erzähler" dass dann danach noch mal verwendet, sehe ich das irgendwie nie als Wortwiederholung. Aber evtl. werde ich auch hier was streichen

Du hast die Figuren zwar nicht so sehr beschrieben, aber es ist völlig ausreichend bzw. genau richtig, um sich ein Bild von ihnen zu machen.
merci!

Meine Anmerkungen sind nur Nitpicking, weil ich es wahrscheinlich wieder mal zu genau nehme ...
bitte keine Entschuldigungen! Das ist die richtige Rangehensweise, immer kritisch bleiben, dadurch kann ein Text doch nur gewinnen.


Hat mir Spaß gemacht.
super!

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren, GoMusic, ich hab mich gefreut!


Hi Achillus,

Deine Geschichte hat mir gut gefallen.
mein Fazit hier ist auf jeden Fall, dass sich das Lesen dieser Story lohnt. Wie auch schon andere Kommentatoren erwähnt haben, ist dieses Zögern der Beiden, wo sie eigentlich Jurij nach oben bringen sollten und müssten, besonders eindrucksvoll. So scheint schwere Sucht grundsätzlich zu funktionieren, Ignorieren und Verleugnen. Auch wenn man das alles schon hundert Mal gehört, gelesen oder gesehen hat, macht es betroffen, zu erleben, was aus Menschen wird, die in einer so zerstörerischen Abhängigkeit gefangen sind.
das freut mich.

Da kann irgend etwas nicht stimmen. Ein Rohr, das zwei Männer kaum heben können, wird wohl 80 Kilogramm oder mehr wiegen. Das passt dann nicht mit den restlichen Beschreibungen zusammen. Ich würde das einfach rausnehmen, denn das die das Rohr kaum schleppen können, hat für die Geschichte eigentlichen keinen Mehrwert. Ein Mann kann gut und gern von einem 10- oder 20 Kilo-Rohr erschlagen werden, das muss keinen Zentner wiegen.
Ja ... das Rohr. :D Ich hatte offshore folgendes geschrieben:

Hm. Das ist natürlich ein Punkt - ich bin mir auch nicht zu 100% sicher, ob Wasserhauptzuleitungen generell aus Gusseisen sind. Das ist so: Das ganze spielt ja im Keller einer leerstehenden Brauerei. Und dort stehen riesige Sudkessel aus Kupfer rum (ich finde gerade kein besseres Bild, aber so in etwa schaut das aus, hier ist das Konstrukt ein bisschen kleiner, aber das gibt's auch in größer), die ja auch an die Wasserleitung angeschlossen sind - die Idee war, dass die Prots hier ein ähnliches Rohrstück wie das auf dem Bild klauen wollen (bloß eben in XXL), und dann leider die Wasserzufuhr erwischt haben ... also auf so einem besagten Rohr könnte schon noch Wasser drauf seien, man sieht das auf dem Bild, da gibt es auch Räder, mit denen man Rohre öffnen und schließen kann. Wenn man dann einfach besagtes Rohr ab- bzw. anschraubt (das Bild hatte ich allerdings nicht für meine Geschichte vor Augen, in meiner Vorstellung sieht das etwas anders konstruiert aus), kann man eben das Pech haben, dass das Wasser durchströmt ... ich gebe zu, ich habe jetzt mit keinem Bierbrauer darüber geredet, ob das technisch möglich sei, ich hatte einfach diese Idee, dass man das tun könnte, und sich dann das Problem mit dem Wasser bilden könnte, und das gefiel mir so gut, dass ich diese Story draus gemacht habe. Also falls jetzt irgendjemand hier das liest und mehr darüber weiß, kann er gerne antworten Wie gesagt, ist nicht zu 100% gesichert, evtl. habe ich das in der Story (dass das ein Anschlussrohr zu einem Kessel ist) auch falsch rübergebracht bzw. hätte ich es erwähnen sollen (dachte aber, es sei überflüssig für den Leser), aber so war es gedacht!

Ein Stirnrunzeln hat die Einführung bei mir ausgelöst. Ich finde sie unnötig, sie nimmt Tempo raus, denn sie erklärt, und das ist ein wenig schwerfällig. Außerdem setzt sie so einen altmodischen Rahmen, der begründen soll, weshalb der Ich-Erzähler anschließend seine Erlebnisse beschreibt, aber das ist ein Stilmittel aus früheren Zeiten. Heute nimmt der Leser einfach in Kauf, dass ein Ich-Erzähler seine Story erzählt. Der einzige Zugewinn, den ich sehen kann, besteht in der Erwähnung, dass es da einen schweren Autounfall gab, den der Ich-Erzähler ja nicht erlebt. Okay. Das ist ein Punkt, aber ich finde trotzdem, dass die Nachteile der Einführung überwiegen.
Ja, ich gebe dir teilweise recht. Ich weiß gerade selbst noch nicht, ob ich die Einleitung mag oder nicht - schon vor dem Einstellen hier war ich zwiegespalten, hatte aber gehofft, durch Feedback hier eine Antwort darauf zu bekommen. Ich werde auf jeden Fall darüber nachdenken. Ja, sie hat auch etwas altmodisches an sich, liegt wahrscheinlich daran, weil ich z.Z. eher ältere als neuere Prosa lese - aber ich würde nicht sagen, dass mir das nicht gefällt, so ein rahmenbezogener Einstieg hat schon was, finde ich.

Wenn Du als Autor versuchst, Fachsprache zu kopieren, hast Du Dir einiges vorgenommen: Militärjargon, Pilotensprache, Polizeimeldungen, Beamtenkauderwelsch und eben auch der Ton, in dem ein psychiatrisches Gutachten verfasst wird – da muss man gründlich recherchieren, bevor das authentisch klingt.
Da sprichst du auf jeden Fall etwas Wahres an. Ich persönlich habe noch nie ein echtes psychiatrisches Gutachten gelesen - ich habe mich hier an den Duktus eines meiner Lieblingsbücher orientiert, es heißt "Der Mann der seine Frau mit einem Hut verwechselte". Das sind praktisch "die spannendsten Fälle" eines (echten) Psychiaters, er erzählt praktisch von Symptomatik etc., ist aber prosaisch geschrieben. Daran habe ich mich orientiert und das mehr oder weniger kopiert, weil ich mir vorgestellt habe, dass das eben auch ein Auszug aus so einem Buch sein könnte.

Rein sprachlich – jetzt wieder aus der Literaturperspektive – ist der Einführungstext darüber hinaus ein wenig unschön: Wortdopplungen, Füllwörter, ein Mangel an Prägnanz, das ist schade, denn der Text danach ist so gut.
Also wenn Dir die Einführung wichtig ist, solltest Du sie verbessern. Oder aber Du killst sie komplett. Das wäre mein Vorschlag.
Ja. Ich denke mal darüber nach, was ich damit mache, vielen Dank für den Hinweis.

Ein letzter Punkt: Der Titel ist nicht gut, finde ich auch. Undefinierbar ist eben genau das: undefinierbar. Ein Titel sollte aber eingängig sein, markant, ein Bild entstehen lassen. Aus diesem Grunde wäre bereits Das Rauschen schlichter und besser, finde ich.
Bin ich auch am überlegen, ob ich das umändere, vielen Dank für deine Meinung.

Okay, trotz Gemecker, eine Story nach meinem Geschmack. Vielen Dank dafür, Zigga.
super!

Achillus, ich danke dir vielmals für deinen konstruktiven Kommentar, ich denke, er hat mich weitergebracht!

ernst,

Dass Bierbrauanlagen großteils aus Kupfer gefertig sind, wusste ich, zigga, und deshalb war mir beim Lesen auch klar, warum du als Einbruchsziel eine Brauerei gewählt hast. Sagen wir mal so, auch wenn es mir in höchstem Maße unlogisch erscheint, dass es dort eine Rohrleitung aus Kupfer gibt, die nicht nur nach wie vor unter Druck steht, sondern überdies derart dimensioniert ist, dass sie binnen weniger Augenblicken den Keller kniehoch unter Wasser setzen kann, nehm ich das jetzt einfach mal so hin.
... :D Ja. Da sind einige technische Ungereimtheiten, ich werde mich da bei Zeit mal genauer erkundigen und dann schauen, ob ich die Geschichte anpassen kann, oder ob ich das einfach so lasse und in Kauf nehme, dass das ein oder andere Detail auf tönernen Füßen steht.

Deine weiteren Verbesserungsvorschläge werde ich gleich umsetzen, vielen Dank dir dafür und fürs erneute Rückmelden!


Viele Grüße,
zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Jetzt geh ich dir vermutlich schön langsam auf die Nerven, zigga. Aber du sagst ja selber, dass du an der Rohrszene eventuell noch ein wenig arbeiten willst, deshalb gebe ich dir noch ein paar Sachen zum drüber Nachdenken. (Unstimmigkeiten, die mir eigentlich alle beim ersten Lesen schon aufgefallen sind, die ich dann in meinem Erstkommentar allerdings nicht erwähnt hab, weil ich mir dachte, scheiß drauf, die Geschichte ist ja trotzdem klasse.)

Ich stehe mit Jurij und Ahmet im Keller der alten Mahr-Brauerei,
Das steht gleich zu Beginn der Geschichte. (Nicht in einem Kellerraum, sondern im Keller) Und ein paar Zeilen später heißt es:

Da hatte ich gestern diese Idee mit den Kupferrohren und den leerstehenden Fabriken
Und als Leser stellte ich mir jetzt natürlich nicht eine kleine, mickrige Hinterhofbrauerei vor, sondern automatisch eine richtig große, industrielle Brauerei.
Und dementsprechend groß stellte ich mir deren Keller vor, und dass dort an der Decke eben ein Gewimmel von Rohrleitungen kreuz und quer läuft, tja, meinetwegen auch Kupferrohre. Also das Bild dieses Untergeschoßes konnte ich mir noch sehr gut vorstellen.

Aber dann kommt eben das:

das kalte Wasser schießt weiter von der Decke, was für ein Lärm. Ich bin klitschnass, die Brühe reicht mir schon bis zu den Knöcheln.
[...]
Das Wasser, das gottverdammte Wasser: Es schießt von da oben herab, es zischt und plätschert. Es steht mir jetzt schon fast in den Kniekehlen.
Also spätestens hier musste ich das Bild in meinem Kopf revidieren. Weil da brauch ich keinen Taschenrechner dazu, zigga, um mir ausrechnen zu können, dass das ein relativ kleiner Kellerraum sein muss, der nur einen einzigen Zugang - obendrein über eine Treppe - hat. (Das Wasser kann ja offenbar nicht abfließen.) Und wenn ein, sagen wir mal, z.B. 30 m² großen Raum knietiet unter Wasser steht, heißt das nichts anderes, als dass (binnen ganz weniger Augenblicke!) 15 000 Liter Wasser aus der Leitung gekommen sind, dass diese Blödmänner also tatsächlich die Wasserhauptzuleitung demolierten. (Und die wäre definitiv nicht aus Kupfer.)
Und ein Sudkessel, wie du ihn beim Schreiben offenbar vor Augen hattest und dessen Bild du gestern verlinkt hast, passt einfach nicht in dieses Ambiente. Der stünde ja wohl kaum in einem kleinen, separierten Kellerabteil.

Hm, was kann ich dir raten, zigga?
Lass es meinetwegen ein Kupferrohr sein, lass das Rohr meinetwegen unter Druck stehen, lass es meinetwegen gehörig spritzen und plätschern, auf dass die Typen pitschnass werden, aber lass nicht gleich die Sintflut ausbrechen.

(Natürlich könntest du die Junkies auch irgendwo kupferne Erdungskabel klauen lassen und dabei fetzt ein blöder Stromschlag Jurij von der Leiter und aus dem Leben. Überdies wäre das Verhältnis von Volumen zu Gewicht bei Kabeln für Diebe um einiges attraktiver als bei Rohren)

So, und jetzt lass ich dich eh in Ruhe. :D

 

Hi offshore!

Jetzt geh ich dir vermutlich schön langsam auf die Nerven, zigga.
Überhaupt nicht. Ernsthaft. Ich bin dir für dein scharfes Auge und deine Verbesserungsvorschläge sehr dankbar, wirklich - ich stehe ja selbst vor dem Problem, wie ich das alles hinbiege, dass es gut und spannend bleibt, aber eben auch zu 100% realistisch sein kann.

Ja, das mit der Raumgröße stellt tatsächlich ein kleines Problem dar. Ich dachte aber tatsächlich an einen relativ kleinen Kellerraum mit einem großen Sudkessel, der dann relativ schnell überflutet werden kann. Ich weiß nicht, ob das hilft, aber hier gibt es 'ne Menge Brauereien, und viele von denen stehen mittlerweile auch leer. Letzten Sommer stand ich dann mal im Keller von so einer leerstehenden Brauerei vor so einem Sudkessel, und das hatte ich beim Schreiben eben vor Augen.

Ich werde da auf jeden Fall noch mal drüberarbeiten: Das steigende, sinnflutartige Wasser möchte ich aber allerdings drin lassen, ich versuch das mit der Raumgröße so hinzubiegen, dass das nicht unrealistisch scheint. Das (ansteigende) Wasser, das dann auch Jurij quasi "verschluckt", war eben als Symbol für etwas Tieferliegendes gedacht, gleichzeitig ist es natürlich auch eine wichtige Motivation für den Prot und Ahmet, sich entscheiden zu müssen: Retten sie ihren Freund vor dem Untergehen, oder entscheiden sie sich für das Kupfer? Würde ich das ansteigende Wasser kicken, würde ich glaube ich mehr verlieren, als ich gewinnen würde, schätze ich. Deswegen lasse ich's drinnen und versuchs logisch hinzubiegen. Auf jeden Fall dir herzlichen Dank fürs erneute Melden, ich werde das Ausbessern, du hast natürlich recht.

Viele Grüße,
zigga

 

Hallo zigga

Ich konnte flüssig durch den Text rauschen, hast mich gut unterhalten, das angemeckerte Kupfer-Rohr an und für sich, auch das Fluten des Raumes, das passt schon und störte mich weniger, aber ...
(ich reite damit zwar auf ernsts Anmerkung rum,)
... es ist genau das, was mir die Geschichte vermiest hat:
Ein Rohr unter Druck sprengt es nicht als Ganzes ab. Wird die Verbindung gelockert, schiesst Wasser aus dem entstandenen (undichten) Schlitz. Dadurch könnte Jurij durchaus von der Leiter fallen, möglicherweise sich das Genick brechen. Danach nimmt dein Prot die Sache in die Hand, entfernt unter strömendem Wassererguss die restlichen Muttern, während unten Ahmed entzugsbedingt um Jurij herumtigert und furchtbar jammert, da Jurij nichts mehr sagt, sich auch nicht mehr bewegt und jetzt auch nicht mehr atmet, dann knallt das Rohr auf Jurij drauf und lässt keinen Zweifel über sein Ende offen und jetzt gehen die Pferde mit mir durch ... :D

Dann dieser kiloschwere Zaunpfahl:

Ich überlege noch, ob ich den Schlüssel mitnehme, habe meine Finger schon dran, aber dann wirft mir Ahmet diesen Blick zu, diesen Blick, der: Bist du jetzt bescheuert? Weißt du, was wir grade zusammen durchgemacht haben? heißt.
Nee, ist wohl klar, dass Ahmed mit dem Wagen stiften geht. Würde ich weglassen, für mich ein verschenkter Twist.

Ansonsten hat der Text die nötige Dichte um mich als Leser zu fesseln. Die Charaktere sind greifbar, ihre Sucht treibt sie an, alle für eine Sache, doch jeder ist sich selbst der Nächste. Kleine, runde Sache, hat mir gefallen.

Liebe Grüsse
dot

 

Hey dot,

vielen Dank für dein Feedback.

Ja, da sind bei der Rohr-wegspreng-Raumfluten-Szene ein paar Unstimmigkeiten, danke für den Hinweis mit dem Wegsprengen, den hat noch keiner gebracht. Ach ja, ich hatte den Text so richtig lieb, aber mittlerweile ... :D Nee, passt schon. Also ich weiß jetzt, dass ich da auf jeden Fall noch mal drübergehen muss und ne gehörige Portion Realität in den Text kleben muss. Dein Vorschlag wird da auf jeden Fall auch berücksichtigt.

Freut mich, dass dir der Text im Großen und Ganzen gefallen hat, dot!

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren,

Viele Grüße,
zigga

 

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