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Rauchen gefährdet die Gesundheit

dia

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11.05.2005
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Rauchen gefährdet die Gesundheit

Rauchen gefährdet die Gesundheit

Seit 48 Stunden 33 Minuten und 45 Sekunden geht es mir richtig gut! Ich habe es endlich geschafft! Ich habe mit dem Rauchen aufgehört. Schluss mit dem ewig stinkenden Qualm, der Kopfschmerz am Morgen und das schlechte Gewissen, weil man am Vorabend wieder einmal zuviel geraucht und getrunken hat. Ja und dann die Gesundheit! Endlich kann ich beruhigt aufatmen -oder besser regelmäßig ein- und ausatmen, wenn ich Sport treibe.
Das habe ich in letzter Zeit sowieso viel zu selten getan. Aber damit fange ich jetzt wieder an. Ich meine, gerade jetzt ist es doch ein optimaler Zeitpunkt: aufhören mit dem Rauchen und anfangen mit dem Sport. Ich habe es echt vermisst. Dieses ganze Auspowern, die Kraftreserven bis zum Letzten ausschöpfen und am nächsten Tag der fiese Muskelkater!
Mein Leben wird ganz von vorne beginnen. Oh Gott, ich habe Schmacht! Ich will jetzt unbedingt eine rauchen. Scheiße und ich trinke auch noch Milchkaffee!
Oh nein- das Telefon klingelt. Was, wenn es jemand ist, der gern am Telefon quatscht? Na ja, wenn es jemand wäre, der nicht gern quatscht, dann wäre das eigentlich auch egal, denn heute, ausgerechnet heute, ist mir danach, total viel am Telefon zu quatschen und dabei eine Zigarette zu rauchen. Shit.
Ich gehe nicht dran. Aber wenn es was Wichtiges ist? Dann ruft er noch mal an. Und wenn es der tolle Typ von letzter Woche ist, der sich gerade aufgerafft, all seinen Mut zusammen genommen hat, um sich endlich mit mir zu verabreden? Der spricht doch bestimmt nicht auf den AB. Ich stürze zum Telefon: „Halllllloooo?“ Mist, aufgelegt. Wusste ich es doch. Er war es. Er war es ganz bestimmt. Vielleicht sollte ich ihn anrufen und ihm erzählen, dass ich nicht mehr rauche. Er hasst nämlich Raucher. Anfangs habe ich gedacht, so schlimm kann er das ja nicht finden, denn schließlich wollte er die Telefonnummer einer Raucherin haben. Aber dann fiel mir ein, dass wir uns ja in einem Nichtrauchercafe getroffen haben. Was mich dahin verschlagen hatte, weiß ich bis heute nicht. Ich glaube, ich wollte mich selbst testen. Ausprobieren, wie lange ich es durchhalte ohne Zigarette. Gut, ich hatte etwas gefudelt. Die Party am Abend zuvor war etwas zu lange und zu gut gewesen, so dass mir überhaupt nicht nach Rauchen zumute war. Aber wenigstens habe ich meinen Milchkaffeetest erfolgreich bestanden. 36 Minuten und 22 Sekunden lang habe ich nicht einmal an eine Zigarette gedacht. Und ein gut aussehender Mann stand mir sogar beiseite.
Es braucht ja keinen zu interessieren, dass ich danach die doppelte Menge an Zigaretten geraucht habe. Das ist doch normal, wenn man aufgeregt ist. Ein toller Typ, wir tauschen Telefonnummern aus und er hält sich an die Ich-mach-mich-interessant-Regel, indem er sich erstmal nicht meldet. Jedenfalls habe ich in der einen Stunde, nachdem wir uns getrennt hatten, ein halbe Schachtel geraucht. Und in den zwei Tagen danach 3 ½ Schachteln. Ja und – hat irgendjemand etwas einzuwenden? Aber das ist ja jetzt Vergangenheit. Ich habe ja aufgehört zu rauchen.
Wahnsinn, wie gut hier alles riecht! So frisch! Irgendwie habe ich es mir schlimmer vorgestellt. Aber ich war ja auch noch nicht einmal aus. Überhaupt habe ich, seitdem ich aufgehört habe, keinen meiner Freunde getroffen. Klar haben sie angerufen. Einige machen sich sogar schon Sorgen, weil ich mich nicht bei ihnen melde. Ja, aber ist es denn ein Wunder? Die rauchen alle wie Sau, da kann ich mich doch nicht dazwischen setzen. Da kriege ich ja einen Hustenanfall nach dem anderen! Vor allem werden sie irgendwann fragen, was los ist und dann reden wir über das Rauchen. Nee, so weit ist meine Psyche noch nicht.
Am besten, ich suche mir andere Freunde. Nichtraucherfreunde. Die gehen wenigstens nicht soviel aus und vor allem nicht so lang, weil sie irgendwann keine Luft mehr bekommen. So ein verqualmter Laden ist ja auch schrecklich.
Ich fasse es nicht! Das Telefon klingelt schon wieder! Nein, nein, nein, ich bin nicht da. Ich gehe jetzt joggen. Obwohl - joggen habe ich schon immer gehasst. Dumm durch die Gegend laufen und auf die Glückshormone warten, die erst dann kommen, wenn man keine Puste mehr hat. Nach zweihundert Metern habe ich bei bereits keine Puste mehr. Ja ehrlich, ich denke dann, ich krepiere. Von wegen Glückshormone!
Es ist wirklich gemein! Ich habe so einen Schmacht! Z i g a r e t t e. Ich lenke mich mit dem Buchstabieren von Worten ab. Zigarette. G l i m m s t ä n g e l. Verdammt noch mal, wo sind denn jetzt die Joggingschuhe?
Rauchen ist schlecht für die Gesundheit, aber Sport ist Mord. Eigentlich gemein: Ich finde es schlimmer, wenn ich jemanden ermorde, als wenn ich etwas Schlechtes für meine Gesundheit tue. Papperlapapp, Ausreden. Ich gehe jetzt laufen.
Cool. Eine ganze halbe Stunde habe ich mich bewegt. Bestimmt aber bin ich über fünf Minuten gejoggt. Am Anfang sollte man es ja nicht übertreiben. Also bin ich auch gewalkt. Meint, ich bin etwas schneller und zielstrebiger als sonst gegangen. Als der erste Jogger an mir vorbei gefetzt ist, habe ich mir nur gedacht, der joggt bestimmt schon seit zehn Jahren. Und bin tapfer weiter gewalkt. Aber als dann der Zweijährige an mir wie ein ICE vorbei gepest ist, hatte ich echt einen Hals. Was soll das denn? Nur weil er gerade die ersten Schritte stolperfrei gelaufen ist, muss er unbedingt damit angeben? Und besitzt dann auch noch die Frechheit mich beim schnellen Walking zu überholen? Das habe ich mir natürlich nicht bieten lassen. Das letzte Stück bin ich an ihm regelrecht vorbeigeschossen! Im Nachhinein tat es mir ein bisschen leid, dass ich ihn dabei über den Haufen gerannt habe. Aber ich finde, die Mutter hätte nicht so ausrasten müssen. Mütter können ja wie Furien sein. Der arme Junge wird bestimmt mal ganz hysterisch.
Wenigstens bin ich jetzt von meinem Schmacht nach einer Zigarette geheilt. Ja, ich bin total entspannt und so glücklich. Mann, was bin ich glücklich…Ja, es geht mir gut. Vor allem spare ich jetzt soviel Geld, dass ich im Sommer bestimmt einen tollen Urlaub machen kann. Das muss man sich mal überlegen: 4 € für eine Schachtel, das sind 8 DM! Das ist echt zuviel.
Am besten, ich gehe jetzt schlafen. Es ist zwar erst acht Uhr, aber ein bisschen Schlaf tut mir ganz gut.
7.15 Uhr. Der Wecker klingelt. Ich bin völlig gerädert. Schlaftrunken und überhaupt nicht fit kämpfe ich mich aus dem Haus. Seit 72 Stunden rauche ich nicht mehr. Ich warte auf die Bahn und neben mir zündet sich jemand eine Zigarette an. Das konnte ich ja noch nie leiden. Morgens, wenn die Luft noch total frisch ist, verpestet sie jemand, indem er sich ein Kippchen anzündet. „Hey du Arsch, pass doch auf! Hast du Tomaten auf den Augen? Kannst du deine Kippe nicht woanders hinhalten?“ höre ich mich schreien, während ich in die Bahn einsteige. Heute ist er da: der Flashback. Aber morgens rauchen finde ich ganz schrecklich. Da könnte ich jeden umhauen. Und dann kommen diese Typen noch nicht einmal auf die Idee, ein Fisherman`s zu nehmen, bevor sie in die Bahn steigen. Klar, die riechen sich ja nicht.
Ja, es geht mir gut. Herrgott noch mal, ich bin wirklich wirklich bestens gelaunt. Eigentlich bin ich ganz entspannt und völlig friedlich. Ist doch nicht mein Problem, dass ich dem Rauchertypen mit meinen Pfennigabsätzen auf die Füße getreten bin. Musste der auch so nah bei mir stehen?
Ich glaube, der dritte Tag der Entwöhnung ist der kritischste. Ich checke mein Kleingeld: 5 €. Mist. Ich werde es sofort in Papiergeld wechseln gehen. Blöde Bäcker-Tuse, kann angeblich die Kasse nicht öffnen. Na dann eben nicht, Madame.
Am nächsten Kiosk kaufe ich mir Süßes für fünf Euro. „Drei von den kleinen sauren Zitronen, vier von den Gurken, zwei Colaflaschen, drei Kirschen…Was denn? Ich bin erst bei fünfzig Cent? Na dann nehme ich noch von den Brauseplättchen zwei.“ Der Typ schaut mich entnervt an. Ja was denn? Will der nicht das Geschäft seines Lebens machen? Ist es etwa mein Problem, wenn der nicht mehr zur Auswahl hat? Auf keinen Fall will ich Schokolade haben. Auf gar keinen Fall. Schokolade ist nämlich heimtückisch. Hat man ein Stückchen gegessen, will man gleich die ganze Tafel haben. Und das kann ich mir erst leisten, wenn ich viermal die Woche Sport mache. Außerdem muss ich ja noch bedenken, dass man automatisch zunimmt, wenn man aufgehört hat zu rauchen. Ich habe wirklich keine Lust, wie eine Kugel herumzukullern oder auf kleinen Pölsterchen herumzuschwabbeln.
Mittlerweile stehen der Kioskverkäufer und ich auf Kriegsfuss. Denn zuerst musste er die kleine Tüte in eine größere umpacken, um dann die größere in eine noch größere umzuwechseln und jetzt ist er bei einer Plastiktüte angelangt. Ganz klarer Verkäuferfehler. Hätte er mich gefragt, für wie viel ich süße Kleinteile will, dann hätte ich fünf Euro gesagt. Hat er aber nicht.
Endlich habe ich die fünf Euro ausgegeben und kann diesen blöden Laden mit zwei Plastiktüten voller Gummibärchen verlassen. Ich bin ziemlich stolz auf mich. Ich habe das Tabakregal vollkommen ignoriert. Und demnächst werde ich das Geld so ausgeben, dass ich nur noch Scheine habe und mich jeglichem Kleingeld verweigern. Als Nichtraucher macht man eben Kompromisse.
Oh Shit. Da drüben läuft mein Stammkioskverkäufer. Hoffentlich hat er mich nicht gesehen. Er fand es bestimmt nicht so lustig, dass ich in seinem Laden randaliert habe, sämtliche Flaschen aus den Regalen zu Boden geworfen und die Schokolade durcheinander gewirbelt hatte, nur weil er die Unverschämtheit besaß, mich zu fragen, ob ich diesmal keine Zigaretten haben wollte. Ts! Da gehe ich auch nicht mehr hin.
Oh Gott, soeben rast er mit fuchtelnden Armen auf mich zu. Mit meinen zwei schweren Tüten sprinte ich in den nächsten Supermarkt und verstecke mich hinter den Kassen. Ausgerechnet bei den Zigaretten! So, jetzt reicht es. Mit einem Messer schnitze ich die Drückflächen des Automaten auf. Jetzt bekommt keiner mehr Zigaretten.
Ja was denn? Das System hat doch noch nie funktioniert! Entweder die Schächte waren leer oder die Verkäuferinnen konnten sie nicht frei schalten. Was habe ich mich immer geärgert! Auf einmal kommt mir eine großartige Idee. Was wäre wenn ich die ganze Welt vor dem Zigarettenkonsum abhalten würde? Dann wäre die ganze Welt mit einem Schlag gesund, keiner würde mehr rauchen wollen und alle wären mir bis in alle Ewigkeit dankbar. Weil ich die einzige war, die sie konsequent davon abgehalten hat, sich die Lunge zuzudröhnen und die Welt der armen Nichtraucher zu verpesten.
Ich sehe mich schon als Denkmal in Bronze gegossen. Vor mir eine riesige Zigarette und mit einer Heckenschere schneide ich sie hemmungslos und mutig durch. Ich kann bereits das Jubeln der ehemaligen Raucher hören. Sie knien vor mir nieder, weil ich sie vor dem sicheren Tod bewahrt habe. Wahnsinn!
Das einzige Problem wird sein, dass ich mich von diesem Zeitpunkt an verstecken muss. Denn mit der Zigarettenlobby ist nicht zu spaßen. Das wissen wir ja seit „Insider“ in den Kinos lief. Und die Mafia erst! Aber jetzt mal unter uns: das ist es mir wert!
Außerdem habe ich schon einen Plan. Ich steuere den nächsten Baumarkt an und kaufe ein Sortiment Vorhängeschlösser. Damit gehe ich zu den Supermärkten in meiner Umgebung. Unauffällig stehe ich vor dem Zigarettenregal. Wenn sie aus den typischen Metallgittern bestehen, ziehe ich sie unauffällig zu und verschließe sie. Dann verlasse ich den Laden. Nach zehn Minuten kehre ich zurück, postiere mich im Kassenbereich und beobachte, wie der nächste Zigarettenkäufer versucht, das Schloss beiseite zu heben. Die Verkäuferinnen sind ratlos, rufen den Chef herbei, der ebenfalls mit den Schultern zuckt. Ein bisschen tun mir die Verkäuferinnen leid, denn sowohl der erfolglose Einkäufer wie auch ihr Chef machen sie für die Misere verantwortlich. Aber das passiert nun mal. Shit happens.
Trotzdem finde ich, dass mir die Raucher ein wenig dankbarer sein könnten. Ich rette sie doch vor dem täglichen Zigarettentod. In den nächsten Tagen weite ich das Gebiet der Supermärkte aus. Kein einziger Einkaufsmarkt wird jemals wieder Zigaretten verkaufen können. Ich fühle mich großartig.
Beschwingt renne ich durch die Straßen und sehe an jeder Straßenecke einen Zigarettenautomaten hängen. Das kann doch nicht wahr sein! Ich habe sie völlig vergessen. Aber ich weiß schon, wie ich diese Gefahr bannen kann. Ich ziehe schwarze Tarnkleidung an und schleiche mich nachts aus dem Haus. Natürlich erst nach zwölf und an einem Montag. Auf gar keinen Fall an einem Wochenende, wo Hinz und Kunz auf der Straße ist. Mit Sekundenkleber verstopfe ich die Münzeinwürfe und klebe die Kartenfächer mit Gaffa zu. Ich laufe sämtliche Straßen, in denen mir Automaten aufgefallen sind, nach einem Plan ab und erfülle meine Mission. Ganz Köln soll rauchfrei werden!
Ziemlich lange hatte es gedauert, bis ich sämtliche Automaten in den Restaurants, Kneipen, Biergärten und Cafes unauffällig zerstört hatte. Mein einziges Problem waren noch die zahlreichen Büdchen, vor denen sich mittlerweile lange Schlangen bildeten und sich Leute prügelten, weil die Person vor ihnen die letzte Schachtel Zigaretten ergattert hatte.
Ich wurde sogar zu einer Art Lokalberühmtheit. Nicht direkt ich, aber mein mutiger Versuch, alle Menschen zum Nichtrauchen zu bekehren. Vielleicht lag es an der Antiraucherdemo, die ich vor einigen Supermärkten organisiert hatte. Marketingtechnisch war sie genial. Denn zahlreiche Nichtraucher hatten sich eingefunden, die auch völlig begeistert das kleine Give away einsteckten, welches sie ihren lästigen Raucherfreunden einsetzen sollten: eine Maulsperre für jene, die sich noch immer weigerten, mit dem Rauchen aufzuhören. Diese war so konstruiert, dass die Rauchermünder unablässig ein großes „A“ formten, so dass es unmöglich war, einen kleinen Glimmstängel anzuzünden. Allerdings gab es auch resistente Raucher, die sich trotz Maulsperre zehn Zigaretten auf einmal anzündeten. Vorausgesetzt, sie hatten sie auf dem Schwarzmarkt, der bedauerlicherweise aufblühte, ergattern können.
Doch für diese dreiste Spezis, die partout nicht aufhören wollte zu rauchen, hatte ich mir etwas ganz besonderes überlegt: Ich und meine Nichtraucherfreunde würden sie betäuben und Ihnen ein paar Dosen Botox in die Lippen spritzen. Nicht zuviel, aber auch nicht zu wenig. Auf jeden Fall so, dass sie die Lippen schlecht bewegen konnten und eine Zigarette keine Chance bei ihnen hatte.
Unsere Bewegung wurde größer und größer. Zeitungen, Fernsehen und Talkshows fragten an, ob sie Interviews mit mir machen dürften. Einerseits ehrte es mich, andererseits wurde mir die Sache etwas zu heiß. Denn mit den Antiraucherdemos hatte ich mich noch nicht strafbar gemacht, aber ich war mir nicht ganz sicher, was die Supermärkte und Zigarettenautomatenhersteller sagen würden, wenn sie erfuhren, dass ich es gewesen war, der ihren reibungslosen Zigarettenverkauf unterbrochen hatte. Andererseits: was hatte ich zu befürchten? Ganz Köln im Nichtraucherwahn stand doch hinter mir!
Letzten Endes gab ich mir einen Ruck. In Köln hatte meine Antiraucher-Bewegung fantastisch funktioniert. Aber was nützte es, wenn Köln endlich rauchfrei war und das restliche Deutschland noch immer der gefährlichen Kippe verfallen war? Ich malte mir aus, wie sich meine Mission über die Medien so genial verbreitete, dass sich alle rauchenden Bürger dem Drang nach einer Zigarette verschlossen. Ganz Deutschland als Nichtraucherland. Und wer weiß? Vielleicht würden die anderen Staaten in Europa nachziehen und später die ganze Welt? Vielleicht würde mich Mr President auf seiner Ranch in Texas empfangen und mir die Ehrennadel für mein resolutes Engagement überreichen. Es war doch möglich, dass wir mit unserer Bewegung weltweit erfolgreich sein würden.
Daher beschloss ich, ein Interview zu geben. Aber nur eins! Den Sender suchte ich nach Kriterien der Glaubwürdigkeit und der weitesten Marktstreuung aus. Außerdem legte ich vertraglich fest, dass sie meiner Bewegung eine saftige Spende zukommen lassen sollten.
Das Interview lief nicht ganz so, wie ich es erwartet hatte. Der Moderator rauchte und bot mir unverschämterweise eine Zigarette an. Er fragte nach meinen Rauchergewohnheiten, wie viel Zigaretten am Tag, welche Marke und in welchen Situationen ich am liebsten rauchen würde. Kein Wort von meiner Bewegung, meinen Demos und meinen heroischen Bekehrversuchen.
Es kam sogar noch schlimmer: als Gegenpart hatten sie einen aus der Zigarettenlobby eingeladen, der noch mal so viel rauchte wie der Moderator. Unwohl rutschte ich auf dem Sessel hin und her. Die beiden quatschten und rauchten sich fast zu Tode. Plötzlich bekam ich Schmacht und wurde wütend. Die beiden Idioten machten sich über mich lustig und stellten mich als hirnverbrannte und hysterische Tuse dar. Das konnte ich mir doch nicht gefallen lassen! Ich holte weit aus und pfefferte den Tisch mit den vollen Gläsern beiseite, sprang auf den Moderator zu und begann ihn zu würgen. Klar hustete der, aber das lag bestimmt nicht an meinem Würgegriff, sondern eher an seinem Zigarettenkonsum. Selbst Schuld sage ich da nur. Irgendwann schnappte mich die Security und zerrte mich beiseite. Sofort stürmten zwei Typen in weiß auf mich zu und zwängten mich in eine unbequeme Jacke. Ich bekam Beklemmungen und konnte überhaupt nicht mehr atmen! Sie pressten mich in einen Bus und fuhren los. Entführung! Es waren Mafiosi, angestellt von der Zigarettenlobby, um mich aus dem Weg zu räumen. Im Geiste sah ich mich schon mit einem Zementblock am Fuß den Rhein hinab sinken und elendig ertrinken. Niemals hätte ich gedacht, dass sie mich in so eine Irrenklinik bringen würden. Niemals, ich war doch ganz normal. Ich hatte doch gegen eine stinknormale Sache demonstriert. Was konnte ich denn dafür, wenn mich plötzlich so viele Leute hypten und meine Bewegung unterstützten?
Seit drei Wochen warte ich in dieser kleinen 2x2 Meter Zelle auf eine Anhörung. Der Moderator, dem sein Job zu gefährlich geworden war, hat mittlerweile gekündigt und verlangt nun eine saftige Entschädigungssumme von mir. Die Ärzte hier qualmen sich die Lunge aus dem Leib und die Wärter grinsen mich die ganze Zeit blöd an.
Es ist so langweilig hier. Ich kann nichts machen. Meine Bewegung geht den Bach runter und bald werde ich den Posten der ersten Vorsitzenden verlieren. Denn ich weiß nicht, wie lange ich es noch durchhalten werde, nicht zu rauchen. Ein Kippchen aus Langeweile.
Neulich kam ein Zivi an und steckte mir eine selbst gedrehte zu. Es sei keine Zigarette. Der Tabak hieße Knaster und sei völlig unschädlich. Es schmecke zwar furchtbar, würde dafür aber auch nicht süchtig machen. Er legte sie auf den Boden und verließ den Raum.
Na toll. Das Monster liegt vor mir, gleich neben den Streichhölzern. Die ganze Zeit starre ich sie an. Kein Wunder, denn der Raum hier hat nichts Besonderes zu bieten.
Und wenn ich sie doch mal probiere? Ich meine, damals beim ersten Zug hat die Zigarette auch fürchterlich geschmeckt…

 

Hallo dia,

wenn ich Deine Geschichte schon mal gelesen habe, will ich auch meinen Senf dazugeben: Die Idee ist nett.

Was wäre wenn ich die ganze Welt vor dem Zigarettenkonsum abhalten würde? Dann wäre die ganze Welt mit einem Schlag gesund, keiner würde mehr rauchen wollen und alle wären mir bis in alle Ewigkeit dankbar. Weil ich die einzige war, die sie konsequent davon abgehalten hat, sich die Lunge zuzudröhnen und die Welt der armen Nichtraucher zu verpesten.

Für meinen Geschmack hast Du zu sehr übertrieben. Auch in der Darstellung (z.B. das zweijährige Kind, das die Joggerin überholt) Obwohl: Weil die Protagonistin in der Gummizelle landet, wird die Sache wieder stimmig ;) Es hat einen gewissen Reiz, das alles von einer Erzählerin erklärt zu bekommen, die sie nicht mehr alle hat. Selbstverständlich weiß ich, dass diese Erzählerin nicht identisch mit der Schreiberin ist *g*

Formal hätten dem Text mehr Absätze gutgetan. Deinen Stil finde ich im großen und ganzen sehr gut. Er wäre noch besser mit weniger Kalauern. Der Tonfall ist aber sympathisch. Klingt teilweise wie das, was manche Frauen von sich geben, die eben gerne reden.

:)

Fritz

P.S.: Willkommen auf dieser Site!

 

Hallo dia,

eine Satire muss übertreiben, muss in diesem Falle die Nichtraucherhysterie* auf die Spitze treiben. Allerdings walzt du das in meinen Augen viel zu weit aus, der Kuchenteig ist quasi schon löchrig und ausgezerrt. Ich meinerseits habe diese Geschichte viel zu schnell gelesen, viel zu gehetzt, nämlich - denke ich - aufgrund des Stils, der in seiner Oberflächlichkeit irgendwie auf dem letzten Loch pfeift.
Vorschlag, wie du die Sache noch etwas wirkungsvoller gestalten könntest: Lass deine Protagonistin ihre Lage und ihre Erlebnisse lässiger erzählen, versteck die Gags unter einer dicken Schicht Coolness.

Fazit: Übertreibung ja, aber nicht gerade in Form von Zaunpfählen.


FLoH.


PS: Bin selbst, von Geburt an, Nichtraucher, stehe dieser allumgreifenden Diskriminierung des Rauchers (wohl war, ich ertappe mich sogar dabei, wie ich es manchmal mit der Judenhetze vor 70 Jahren vergleiche) aber sehr skeptisch gegenüber.

 

Wer sagt, dass ich gerne rede? Eigentlich bin ich ein schweigsames Wesen, dem, wenn ich denn noch mit der Feder schreiben würde, manchmal die Feder durchgeht.
Naja, reden ist Launensache. Schweigen erst recht.
Also hi erstmal. Vielen Dank für Deine Tipps und deine Kritik...

 

Ein schweigsames Wesen?

dazu sage ich jetzt bewusst nix; kommen wir zum Text...

Ich fand den Stil durchaus angemessen - dieses Innere-Monolog-Gequatsche, welches eigentlich keine Zuhörer braucht - klingt ganz authentisch, mann (ich) kann es 'hören' - man könnte es nett auf die Bühne bringen. Also - Stil, Idee etc. sind völlig okay, nicht okay ist die Länge des Textes.

Ein Tipp: Lies es mal jemandem laut vor und streiche alles raus, was du nicht so gern gelesen hast. Dann hat es die richtige 'Size'.


Ein ehemaliger Raucher
(sieben Jahre, drei Monate, drei Wochen)

 

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