Hallo AnnaKiBiWo,
herzlich willkommen auf Kurzgeschichten.de!
Leider ist dein Einstand misslungen.
Zum einen, dies gleich vorweg, sind Tipp- und Rechtschreibfehler drin. Es macht den Eindruck, dass du nicht genügend oft kritisch deinen Text betrachtet und nach Fehlern durchsucht hast.
vor ihr ragte die Kirche bin hinauf in den Himmel
bis
wuchsen
Tränen begann ihr Gesicht herunter zu fliesen
begannen, fließen
Sie sah in bewegungslos da liegen
ihn
Ok, und nun zum Plot. In einer Kriegssituation werden ein Mann und eine Frau voneinander getrennt, sie läuft in den Wald, kehrt zurück zur Kirche und findet den verletzten, aber noch lebenden Mann.
Man erfährt, du hast diese Geschichte immerhin in die Historikabteilung gestellt, nichts über die historischen Umstände. Ich denke, dass darauf auch nicht dein Fokus lag, sondern auf der Schilderung der Situation der Frau, die ihren Mann, Freund, was auch immer verloren glaubt.
Bitte lies nochmals durch, welche Art von Geschichten in die Historik gehört. Deine Geschichte passt nicht so recht, weil sie sich auf die alleinige Szene zwischen Frau und Mann beschränkt.
Sehr spannend ist deine Geschichte nicht und das liegt daran, dass man nicht mit deiner Protagonistin mitfiebert. Du teilst zwar mit, dass sich da jemand Sorgen macht, Angst hat, einen Menschen zu verlieren, aber ich erfahre nicht, weshalb dieser Mensch denn der Frau so am Herzen liegt.
Es fehlen Momente, die dem Leser das Sympathische an den Figuren klar machen. Stell dir die Szene als Film vor: Die Frau irrt verängstigt, bange durch die Gegend vom Wald zurück Richtung Kirche, überall Tote und scheint etwas zu suchen. Dann stockt sie und findet, ist erst verzweifelt, dann löst sich alles auf. Punkt. Gewiss würdest du danach die Achseln zucken und sagen: Na und?
Genau diesen Effekt lässt deine Geschichte bei mir zurück.
Gebe den Figuren Leben, indem du Szenen beschreibst, in denen sie miteinander zu tun hatten und die in der Lage sind, einen Menschen zu charakterisieren, zumindestens ausschnittsweise zum Leben zu erwecken. Du könntest mit kleinen Rückblenden im schlimmsten Falle arbeiten, aber auch die dürfen den Fluss der Geschichte nicht behindern.
Zum Stil. Mich haben deine ständigen Wiederholungen von schon gesagten Dingen recht genervt. Es gibt Vertreter von Schreibschulen, die verlangen, dass jeder, wirklich jeder einzelne Satz in einer Geschichte etwas Neues mitteilen muss, um die Geschichte, also die Handlung voran zu treiben.
Darüber kann man gewiss in dieser Askese streiten, aber bei dir ist mit das Wiederholen einfach zu viel.
Ich bringe Beispiele, weil ich nicht weiß, ob du verstehst, was ich meine.
Es könnte jeder von ihnen sein, dachte sie, jeder einzelne könnte er sein.
Es hätte gereicht: " Es könnte jeder von ihnen sein."
Übrigens ist mir nicht klar, wieso du grad nur diesen einzigen Satz kursiv schreibst. Vermutlich willst du kenntlich machen, dass es sich um ihre Gedanken handelt, aber die ganze Geschichte handelt ja immer wieder von ihren Gedanken. Entweder du lässt das Kursive oder du bringst all das, was sie denkt kursiv.
Sie war fortgerannt, gerannt durch die kämpfenden Soldaten
Das zweite "gerannt" ist einfach unnötig.
Und durch den Nebel hörte sie ihren Namen. Jemand rief sie!
Auch hier ist der zweite Satz komplett unergiebig. Obendrein verärgerst du den Leser. Der hat ja schon im ersten Satz gelesen, dass sie gerufen wurde. Der ist nicht blöd.
Damit habe ich erhebliche Vorstellungsprobleme gehabt.
Wie ein riesiges Dornengewächs wuchs ihre Angst ich ihrem Bauch
Ich kann mir das einfach nicht vorstellen und zwar weil du IM BAUCH geschrieben hast.
Wenn man von Dornen eingeschlossen wird, ok, das kann gehen, aber im Bauch?
Wenn du Vergleiche wählst, hast du die Aufgabe, die manchmal gar nicht so einfach ist, dir vorzustellen, ob auch andere Menschen sich darunter etwas vorstellen können. Die Vergleiche sind ja kein Selbstzweck, weil noch etwas Papier beschrieben werden muss, sondern sollen eine Situation noch eindringlicher verdeutlichen. Mit neben der Sache liegenden Vergleichen verschiebt sich dieser Wunsch nach mehr Deutlichkeit genau in sein Gegenteil.
Vielleicht findet sich ja noch ein Kritiker und steht dir bei dieser Dornensache im Bauch bei, weil er es anders sieht, denn vieles ist ja auch Geschmackssache.
Dann arbeitest du nicht genau genug in deinen Aussagen. Vermutlich hast du dich selbst unter diesem Thema begraben und deinen Fokus auf die Dramatik gelegt. Aber da ist einiges auf der Strecke der Formulierungen geblieben. Ich gehe mal der Reihe nach vor:
Der Rauch hatte sich fast verzogen, doch der Geruch von Tod und Verwesung zog durch die Gassen wie schwere graue Rauchschwaden.
Bitte vermeide Doppelungen, hier verwendest du zweimal das Wort Rauch und Rauchschwaden. Es würde ja beim zweiten Wort "Schwaden" reichen.
Du arbeitest mit allgemeinen Angaben, wie "Geruch von Tod und Verwesung". Ich weiß zwar wie Leichen im Leichenschauhaus riechen, aber mehr weiß ich nicht über den Geruch des Todes und der Verwesung.
Ich bin mir sicher, dass Millionen Leser es auch nicht wissen. Du setzt also bei diesen Begriffen voraus, dass man sie sich die irgendwie vorstellt. Das kann auch daneben gehen, wenn du einen Leser hast, der es nicht schafft. Der empfindet dann deine Angaben als blutleer und flach.
Je näher sie der Kirche kam, desto mehr Leichnahme unschuldiger Bürger und Soldaten legten sich ihr in den Weg.
Das ist eine echte Stilblüte, denn Leichen schaffen es nicht mehr so richtig gut, sich jemandem in den Weg zu legen. Du musst in dieser Formulierung also die Aktion rausnehmen. Und es heißt: Leichname.
, wusste ihr Herz, dass es nicht sein konnte. Oder hoffte es vielmehr.
Da möchte man bei dieser Abschwächung im zweiten Satz am liebsten fragen: ja was nun? Entweder weiß ihr Herz es oder nicht.
Übrigens ist dieses Herzenswissen eine etwas arg gebeutelte romantische Sichtweise. Das passt vielleicht zu einem langen Kleid, denn nur ein langes Kleid kann sich vollsaugen. Vielleicht spielt das alles im Mittelalter, dahin verbannen wir ja gerne die Romantik. Aber du siehst, der Leser erfährt nicht, in welcher Zeit das alles spielen soll. Es gab ja so viele Kriege. Und es gibt auch schon seit Urzeiten Kirchen, ergo könnte es in irgendeiner Epoche spielen.
Doch sie hatte die Angst in seinen Augen gesehen, Angst um SIE.
Wieder gibst du hier dem dummen Leser Tipps. "Angst um SIE" braucht er aber nicht, weil er schon vorher gelesen hat, dass sie die Angst in seinen Augen gesehen hat und er sie zuvor wegschicken wollte.
Trau dem Leser vorsichtshalber etwas mehr zu als du dir, dann kommen solche Lesertipps nicht mehr vor.
Sie war fortgerannt, gerannt durch die kämpfenden Soldaten, vorbei gerannt an Bauern in Bedrängnis. Gerannt in den Schutz des Waldes.
Viermal gerannt. Dann kann ich mir nicht vorstellen, wie man durch kämpfende Soldaten rennt. Drumherum, an ihnen vorbei ginge, aber nicht durch sie durch.
Hier arbeitest du auch nur mit sehr vagen Angaben. Gegen wen kämpfen die Soldaten? Gegen die Bauern, weil die in Bedrängnis sind? Und wieso bietet der Wald Schutz? Soldaten machen nicht Halt vor einem Wald. Das wirkt alles etwas dahingestreut und wird übermäntelt mit dem Dornenbuschdrama.
Aber wirklich Interessantes spielt sich nicht mit dem Dornenbusch ab, wenn du schreibst:
Ihr Herz schlug schneller und die Dornen wuschen. Sie kamen ihrem Herzen immer näher.
Wie muss ich mir das vorstellen?
Sie lief durch die Leichen und suchte ihn.
Durch Leichen laufen kann man nur, wenn man ein Geist ist in der Fantasieabteilung. Da fehlt die Darstellung des richtigen Bildes, damit der Leser sich das vorstellen kann. Übrigens ist noch nicht einmal klar, welche Tageszeit ist und wie dementsprechend die Lichtverhältnisse.
Die Verzweiflung wuchs mit den Dornen.
Wie sieht ein Mensch aus, dessen Verzweiflung wächst? Ich denke, es dürfte schon schwierig sein, überhaupt Verzweiflung bildlich darzustellen, weil jeder Mensch solche Ausnahmesituationen anders erlebt und durchlebt, aber gerade deswegen wäre es eine Aufgabe des Autoren, so einen einzigen Menschen aus der Menge zu heben und seine Reaktionen darzustellen.
Diese Chance verschenkst du hier, indem du einfach und bieder schreibst, dass die Verzweiflung wuchs.
Sie sah in bewegungslos da liegen, wie tot.
"wie tot" würde ich streichen, weil das mal wieder Zusatztipps für den dummen Leser sind und somit überflüssig.
Die Augen waren geschlossen- Die Tränen liefen haltlos über ihr Gesicht.
Der Bindestrich, der vermutlich eher ein Punkt sein soll, führt eindeutig dazu, dass man in die Irre geführt wird. Wessen Augen waren geschlossen? Du willst doch wohl seine sagen, nicht wahr? Dann ist der sog. Kameraschwenk auf ihre Augen hier viel zu übergangslos. Das alles könntest du elegant mit dem Wörtchen "Seine" retten.
Ein eiserner Nebel hatte sich unmerklich um sie gelegt.
Jetzt verlässt du diese Dornenbuschvergleiche und es geht rüber zum eisernen Nebel. Was ist das für ein Nebel. Meinst du vielleicht eisiger Nebel?
Das Wort "unmerklich" sollte man vermutlich allen Autoren verbieten.
Es drückt immerfort Unsicherheit des Autoren aus. Entweder war sie in Nebel gehüllt oder nicht. Ich kann ja auch nicht unmerklich ein Bier austrinken oder mich unmerklich in die Sonne legen.
Plötzlich erschrak sie, es schlug! Sein Herz schlug noch!
Ausrufezeichen wirken verfehlt. Wozu hast du sie gesetzt?
Und durch den Nebel hörte sie ihren Namen.
So funktioniert das mit dem Nebel nicht. Auf kurze Distanz ist Nebel kein Hörhindernis. Nebel hat doch ganz andere Funktionen. Er kühlt ab, verschleiert die Sicht, nimmt gar ganz die Sicht und ist feucht. Du setzt hier die falschen Akzente.
Jemand rief sie! Sie sah auf. In seine Augen! Das waren die dunklen Augen in denen sie schon so oft versunken war!
Das mit dem "Jemand rief sie" hab ich ja schon weiter oben bemängelt. Auch hier wieder ein Pfund Ausrufezeichen, deren Sinn ich nicht verstehe.
Was genau passiert, wenn man versinkt? Ich glaube, alle Autoren, die ihre Figuren in irgendwelchen Augen versinken lassen, sollten einmal für nur ein paar Schrecksekunden irgendwo versinken, im Meer oder Treibsand, Moor, damit sie endlich damit aufhören, dieses Verb derartig leichtfertig für die Augen zu benutzen.
Wir bewundern Autoren, die es schaffen, weg von all diesen klischeehaften Formulierungen, uns Dinge mitzuteilen, die vor unserem Auge wie ein Film entstehen. Die auf all diese Formulierungen nicht zurückgreifen und trotzdem eindringliche Bilder malen und Atmosphären schaffen.
Ein erster Schritt für dich wäre der, eigene Worte für die Situation zu finden. Stell dir vor, es ist ab sofort verboten, in den Augen eines Menschen zu versinken. Was schreibst du dann?
Ach ja und das Wort "haltlos". Wozu ist dir wichtig dieses Wort im Zusammenhang mit den Tränen zu benennen? Was verdeutlicht es aus deiner Sicht?
Sie lächelte in all ihren Tränen.
Auch wieder so ein Tipp für den dummen Leser, dass sie in all ihren Tränen lächelte. Der hat ja aber zuvor grad gelesen, dass sie weint und wird es sich gewiss noch gemerkt haben. Bitte vergrätze nicht mit solchen Hinweisen den Leser.
Ich habe dir jede Menge unsaubere Formulierungen aufgezeigt, die du deutlich klarer umschreiben könntest.
Ich weiß, es ist ziemlich schwierig aus einem eigenen Text auszusteigen, aber vielleicht gelingt es dir ja doch. Stelle dir einfach, wenn du eine Geschichte zuende geschrieben hast vor, dass du dein eigener kritischer Leser bist. So von der Sorte, die in jeder Suppe erstmal das Haar suchen.
Alles was dieser Leser nicht so richtig gelungen findet, solltest du nochmals als Autorin überarbeiten. Vielleicht kommen dann solche Ungenauigkeiten nicht mehr vor.
Zum Titel. Wieso Rauch? Ein Titel sollte, wenn er ideal ist, mehrere Funktionen erfüllen: a) den Leser neugierig machen b) auf jeden Fall nicht über die Geschichte täuschen c) eventuell sogar noch einen Aspekt der Geschichte hervorheben oder unterstreichen.
Was hat Rauch mit deiner Geschichte zu tun?
Ich würde etwas Passenderes suchen.
Lieben Gruß
lakita