Rastahaarvibrationen
Rastahaarvibrationen
Er ist heute so einsam in seinem Herzen, von der zerzweifelten Einsamkeit seiner Seele will er erst gar nicht sprechen. Seine Seele hat es schon vor langer, langer Zeit in abertausende Stücke zerfetzt. Die Fetzen umschweben ihn, für Andere unsichtbar, wie abgegriffene Banknoten, unheilbar ?, aber soo fühlbar. Doch wenn er sich irgendwo in einer Räumlichkeit nieder und seine Ruhe über sich auseinander fallen lässt, dann kann er diese Fetzen auf ein Mal beobachten, wie sie gegen Decke und Wände flattern und sich dort an den Enden fest kleben, so als gehörten sie gar nicht zu ihm.
Manchmal, so wie heute, verzittern sie wie in einem Ventilatorgebläse eines guten Sounds einer Bar, verseelen sich im Rastahaar, das ein helles Weiß von Gesicht umlächelt. Zwei dünn gezopfte braune Strähnen fallen auf beiden Seiten fast metertief und teilen das weite, weiße Halbrund eines hohen Ansatzes einer so ungestützten Brüstung gegen jede Zeit der Welt.
Er flieht in Gedanken den schwarzen Saum der Brustumblusung in Gierheiten verzehrt entlang und zersehnt den Puls der Zeit, einer Zeit, die sich im Sekundentakt verliert ins Nichts. So Abertrillionen von Sekunden schon so für immer verloren an dieses Nichts einer Vergangenheit, die nie mehr wieder kommt. Diese dahineilende, niemals endende und niemals ganz verständliche Vergänglichkeit verliert sich heute an dieses in den Schultermuskel einschneidende dünne Schwarz des Trägers, an dessen immer irgendwann entblößte Rötlichkeit der Spuren sich seine Zunge in Zartheiten kitzelnd lustverfeuchten kann.
Manchmal, wenn seine Seelenfetzen die Einsamkeiten seines Herzens an der Decke und an den kahlen Wänden eines Raumes so wild verzucken, dann nagen seine Zähne in Gedanken lustverfrachtet an den drei Muttermalen über ihrer linken Brust und verträumen dort eine kurze Langeweile und stürzen sich dann tief hinein ins Spaltgedunkel, wo sie dann verzweisamen am Weich.
Ist dies nicht ein wunderwunderschönes Wort? Verzweisamen? An Decke und Wänden zerseelte Einsamkeiten, die über der immer und überall so weichen Weiche einer Haut des anderen Geschlechts verzweisamen. Manchmal, bei Manchen, ist es auch das eigene. Bei ihm aber nicht. Seine Einsamkeiten, und sie kommen oft, verzweisamen nur in einem Spaltgedunkel.
Er trinkt heute mehr, viel mehr, als ihm lieb ist. Aber er liebt es, wenn sie sich ihm gegenüber über die Bar lehnt, ihm den Drink serviert und der Lampe hinter ihm das Spaltgedunkel heller öffnet. Seine Blicke fallen dann ganz ungeniert ...... und wenn sie dann am Ende der das Glas abstellenden Bewegung doch die Augen suchen, entzücken sie jedes Mal am süßen Frieden ihres Lächelns.
Oh, er weiß, dass sie weiß. Er ist ja nur ein alter Narr von einem Bock, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Immerhin etwas. Er könnte glatt der Vater sein. Er weiß. Ist ihm auch so klar und auch so egal. Aber er lässt trotzdem seine Augen Seele verflatternd auf dem so weich anmutenden weißen Weich ihrer Haut und dann so tief im Spaltgedunkel mit einem tief gegurrten Mmmhhh verflattern, worauf in ihren Augen kurz das Tier in ihr aufleuchtet, ihm sagt, er solle sich noch ein wenig gedulden, dann ….. und dann schwirrt sie wieder emsigst beschäftigt ab.
Mmmhhh, so Mmmhhh. Er sehnt sich nach dieser enteinsamenden Haut- und Fleischzerwahnung, dieser Seelenzahnzerbusung, dieser Seelenschleckzerwarzung gegen alle Zeit, die den Gaumen zerschmeckend raut, wenn er grrrhhh mal mmmhhh die halbe Brust einsaugt. So grrrhhh, so mmmhhh. Diese Brustwarzenvergaumung erlendet ihm sein Tier und er tiert den Steif in seiner Hose.
Grrrhhh mmmhhht tief sein Tier hinter der Bar, zerfetzt die alten, langweilig gewordenen Worte und mmmht sie wieder neu zusammen auf ein weiß Papier. Seine Haut- und Fleischzermhmmung, ganz weich gesprochen, fließt sacht im Blau des Kulis, verdanaet ihm sein Ich.
Danae zerkellnert heute die Bar. Danae eraugt sich der vielen Männer Blicke. Alle trinken sie heute mehr, als ihnen lieb ist. Denn Danae ergeilt sich die einsamen Herzen. Danae verbiert die durstigen Kehlen einer Sommernacht. Danae beweint der Speiseröhren Schluck aus Gläsern Rot und Weiß. Danae tequilat das Gebäuche. Runde um Runde steht stramm auf der Bar, eine fruchtig leuchtende Orangenspalte patzt oben drauf und malt das Bild ins Bunt. Danae redbullt das Darmgeschlinge mit doppelten Whiskeys. Danae verschampanjert den nach Liebe suchend Bewesten die Nacht.
Doch er ertränkt dem so fremden Philosophen seine Einsamkeit. Er hat bloß diese ganze Nacht im Blau seines Kulis über weißes Papier hin verfließend an Spaltgedunkel, das Muttermaldreieck, die rötliche Schleckspur unter dem Träger, die BrustwarzenanGaumenZerzahnung, die Haut- und FleischtiefinMundeinVersaugung, die LendengenLendenVerstoßung, die TieranTieraneinanderZerfleischung des frühen Morgens gedacht.
Manchmal veröden die ansonst immer dahin rasenden Sekunden zu einem Zug lahmer Enten. Er komponiert und komponiert an der Geschichte herum. Worte zerfallen, Buchstaben ballen sich wieder ganz anders zusamm, so dass der Morgen dann doch noch kam. Und: ist diese Geschichte nicht Liebesbeweis? Hat er doch diese ganze lange Nacht an nichts Anderes, als an Danae gedacht!
Copyright by Lothar Krist (31. Juli 2002)
[ 01.08.2002, 22:44: Beitrag editiert von: buji ]