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R und J?
Die Stadt ist laut und überfüllt. Alle Menschen sehen mich an. Sie lachen mich aus. Lachen mich aus in meiner Einsamkeit. Sie denken ich bin ein Verlierer, schreien: Geh weg! Was willst du hier? Ich mache mich auf den Weg nach Hause. Autos stehen auf der Straße. Überall Ecken und Kanten, Maschinen. Sie laufen mir hinterher, sie wollen mich. Plötzlich fallen sie um und sind tot oder kaputt. Ich bleib stehen. Der Himmel ist immer noch grau. Ich schließe meine Augen. Zu Hause angekommen finde ich die Wohnung leer. Bis auf eine Couch. Darauf eine weibliche Gestalt. Eine Frau, ich kenne sie. Gestern haben wir geplaudert, ein bisschen. Sie hat schwarzes Haar. Ich hab ihr meine Nummer gegeben. Sie soll sich mal bei mir melden. Sie ist schön. Ich hab sie auf ein Bier eingeladen, doch dann war sie verschwunden. Sie saß auf der Couch und sah mich an. Sie ist wie ein Engel. Sie lächelt. Ich setze mich zu ihr. Die Wände sind rot. Wir sitzen da, stundenlang. Sprich mit mir, sag ich zu ihr. Sie ist alleine, meint sie. Sie ist wie ich. Wir sprechen über alles, was uns in den Sinn kommt. Nichts wichtiges. Nichts hat Bedeutung für uns. Laute Musik dringt plötzlich in unser Zimmer. Leute strömen bei der Tür herein. Es ist ein Fest. Auf ein letztes Mal!
Wir stehen beide auf. Sie nimmt meine Hand und wir tanzen ausgelassen, als wäre alles nur ein Schein. Wie das Wasser fließt, so fließen auch wir im Tanz. Wie die Flügel der Vögel, so anmutig bewegen sich unsere Beine im Takt der Musik.
Müde sinken wir nieder, sie schmiegt sich an meine Brust, Mondlicht scheint auf ihr Antlitz und zeichnet ihre Züge edel.
Am Morgen steht sie auf, macht sich bei der Tür hinaus, winkt mir davor zu. Wir spazieren gemeinsam auf die Straße. Alles ist wieder normal. Lachende Kinder. Wir spazieren den Weg entlang. Ich schwebe. Sie nimmt meine Hand, und wir fliegen, fliegen einen langen Weg entlang bis zu einem Fluss. Mein Herz schlägt wie nie zuvor. Der Himmel ist nun blau und die Sonne brennt auf unsere Häupter. Der Fluss ist laut und die Strömung ist schnell.
Sie küsst mich, lange und heftig. Wir stehen unter einem Kirschblütenbaum.
Die Blätter fallen auf unser Haar, streifen sanft unsere Häupter. Der ganze Weg ist rosarot.
Ich sehe in ihre Augen, sie fällt in meine Arme. Wir fühlen uns geborgen.
Wir springen und das Wasser ist überall. Es kann uns nichts anhaben, wir ertrinken. Das Wasser dringt in unsere Lungen, unsere Augen bleiben geschlossen. Nur einmal, ganz kurz mach ich sie auf, sehe ihren blutroten Mund lächeln, ihr Gesicht ist bleich, denn ihre Haut ist kalt. Ich spüre eisiges Wasser und wärmende Hände, wie soll ich so sterben? Ich mach die Augen wieder auf und sie reist plötzlich ihre auf. Sie ruft mir zu und nur Blasen kommen aus ihrem Mund. Ich kann sie nicht verstehen. Ganz fest drückt sie nun meine Hand. Sie schreit entsetzlich also schreie ich auch.
Wieso sind wir hier? Wieso sterben wir jetzt? Wir haben uns, das Leben bietet uns das aufregendste der Abenteuer, den höchsten aller Zustände. Und wir wollen weg und wollen tot sein und nicht mehr beisammen sein.
Der Tod trennt die Liebenden, da bin ich mir sicher.