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Römische Affäre oder Happy Hour an Gleis 11

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22.01.2013
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Römische Affäre oder Happy Hour an Gleis 11

‚Ha, in meinem vorherigen Leben muss ich ein Schaf gewesen sein. Kein dummes, ein schlaues natürlich. Vielleicht zu schlau. Aber geduldig. Auf alle Fälle schwarz und auf alle Fälle Mutterschaf. Wenn ich so ein Lamm mit seinem zarten Stimmchen blöken höre, läuft mir mein Herz ja heute noch über.‘

Während Katrin über ihre vermeintliche Existenz als Schaf ein Leben zuvor sinnierte, fing ihr gegenwärtiger Rücken an, ganz schön weh zu tun. Aber schließlich saß sie auch schon seit fast einer Stunde an diesem zugigen Gleis 11 - und sie war keine 30 mehr. Um sich Erleichterung zu verschaffen, wechselte sie ihre Sitzposition, stopfte ihre Jacke geschickter zwischen sich und die Banklehne, stellte die Handtasche als Armstütze zur Seite und nahm einen Fuß nach oben.

‚Und jetzt bin ich eben Menschenfrau - mit einem Rest Schaf in meiner Seele. Gerne bei den anderen, sich aus Neugier gelegentlich einen Stromschlag am Weidezaun holen und selbst dem Schlachter eine reelle Chance geben, sein besseres Ich zu beweisen. Das passt. So würde sich auch mein Eifersuchtsmangel erklären – wahrscheinlich bin ich es einfach gewohnt, ‚ihn‘ mit einer unübersehbaren Menge anderer Mädels zu teilen. Es macht mir nichts, solange er hin und wieder vorbeischaut, seine Nase an meiner reibt und mir was Liebes ins Ohr blökt, äh, flüstert.‘

Ihre Gedanken wanderten umher, während sie auf Mann und Tochter wartete. Die Beiden hatten ursprünglich zwei Tage früher von ihrem Vater-‚Kind‘-Trip zurück sein wollen, das Geschenk für Marie zu ihrem 18. Geburtstag. Doch sie waren aufgehalten worden.

Wie gerne wäre sie mitgekommen! Aber ihr Chef hatte nur mitleidig gelächelt, als sie um ein paar freie Tage bat: „Bei der Auftragslage im Moment? Völlig unmöglich! Ich kann Sie da leider überhaupt nicht entbehren.“
Martin dagegen hatte Zeit.

Na ja, so waren die Zwei ohne sie losgefahren ins ewige Rom. Wer weiß, wozu das gut war. Vielleicht hätte sie doch ein wenig genervt mit ihrem ‚Kulturfimmel‘ (O-Ton Marie) und ihrer Liebe zur Geschichte, den Geschichten dieser Stadt. „Ne Mama, wir werden hauptsächlich shoppen, die Italienerinnen sind nämlich echt stylisch, die haben das voll drauf, weißt du? Papa hat auch schon zwei super-tolle Restaurants rausgesucht, in die er mich abends ausführen will. Das wird so cool sage ich dir! Das allerbeste Geschenk aller Zeiten!“

Nach der Ankunft im Hotel ein kurzer Anruf: „Hallo, hier ist es total schön, noch viel wunderbarer als gedacht! Ganz milde Luft, keine Spur vom Frankfurter Regenwetter. Und wir essen heute auf einer Terrasse, mit Blick über den Tiber! Ist das nicht der reine Wahnsinn? Gruß und Kuss von Papa. Du, Mama, dir auch eine schöne Zeit. Tschüss, wir müssen los!“

Viel mehr hatte sie von den Beiden in den nächsten Tagen nicht mehr gehört. Sie selbst machte in der Zwischenzeit eine Menge Überstunden, die Arbeit im Büro lief gut und überraschend erfolgreich. Es war klar, dass diesem ersten Auftrag weitere folgen würden und nicht nur ihr Chef war deshalb mehr als zufrieden. Etwas unerwartet hatte sie tatsächlich eine schöne Zeit, der Erfolg machte Spaß.

Und noch mehr Freude hatte ihr das nette Zusammensein mit dem überaus netten Kunden gemacht. So ein freundlicher, offener Blick! Warme braune Augen, ein unglaublicher Humor und charmante Komplimente … das erste Mal in ihrem Leben war sie schwach geworden, als er sie nach dem Geschäftsessen um ein Rendezvous bat. Bisher war ihr Martin, trotz der Abenteuer, die er seinerseits nebenher pflegte, immer genug gewesen. Doch bei diesem Mann war sie zunächst ins Grübeln und dann mit ihm ins Hotelzimmer gekommen. Damit hatte sie sich selbst überrascht. Sie hatte keine Ahnung, ob und in welcher Weise diese Geschichte weitergehen könnte.

Nun, die Zukunft blieb offen und spannend und sie fühlte sich gut dabei. Mit einer Spur Dankbarkeit dachte sie an ihren Mann, der ihr durch seine Art zu leben und zu lieben ein schlechtes Gewissen ersparte.

Aber jetzt wartete sie hier. Katrin musste sich eingestehen, dass sie neugierig war, seit sie vorgestern eine SMS mit mysteriösem Inhalt erhalten hatte: ‚kommen erst übermorgen, selbe zeit, ist was krasses passiert, ciao m. + m.‘ Ihre Rückrufversuche waren ins Leere gelaufen und eben hörte sie über Lautsprecher die Mitteilung: „Der verspätete ICE aus Rom, planmäßige Ankunft 19.30 Uhr, wird vermutlich erst gegen 20.55 Uhr eintreffen.“

Das machte ihr, trotz der nagenden Neugier, nicht viel aus. Sie fand es spannend, andere zu beobachten: Liebespaare beim Abschied, sich umarmende Freunde, Geschäftsleute im Maßanzug, eine farbenfroh gekleidete afrikanische Großfamilie, Penner mit sanften Hunden, bettelnde Junkies, Tauben bei waghalsigen Flugmanövern, quengelnde Kinder, einen Terroristen auf der Flucht.

Okay, Letzteres war vielleicht eine etwas gewagte Interpretation, aber er hatte in Gang und Körperhaltung so eine Mischung aus Triumph, schlechtem Gewissen und Verfolgungswahn an sich.
Andererseits: Wer nicht?

Sie schaute auf ihre Uhr: 20.35 Uhr.

Was seine Frau dazu wohl sagen würde?

Martin neigte eigentlich nicht zur Nachdenklichkeit, aber da Marie die Sache so hautnah mitbekommen hatte, machte er sich nun doch ein paar Sorgen. Wenn es um Marie ging, konnte Katrin ziemlich aufbrausend werden. Er war froh darüber, dass der Zug erst Stunden zu spät in Frankfurt eintreffen würde. Für ihn eine Galgenfrist, während der er die Geschichte gemeinsam mit seiner Tochter noch einmal ordnen konnte.

„Also Papa, womit fangen wir an, wenn wir es der Mama erzählen?“ „Am besten damit, dass uns Chiara am Fontane di Trevi über den Weg lief.“
Chiara, eines seiner ‚Verhältnisse‘, an das er sich – zumindest bis zu dieser Reise – immer gerne erinnert hatte. Ungefähr zwanzig Jahre jünger und viel temperamentvoller als er. Hübsch, intelligent, phantasievoll. Und für ihn eine besonders erfreuliche Zugabe, wenn er wieder einmal eine Geschäftsreise nach Rom machen musste.

Wäre da nicht diese letzte Woche gewesen, sie hätte zu einem wirklich schönen Kapitel in seiner Biographie werden können.

Gut, der ‚rote Faden‘ in seinem Leben war Katrin, und er machte seinen Freundinnen diesbezüglich auch nie etwas vor. Mit seiner Frau hatte er einfach Glück. Sie hatte nichts dagegen und litt nicht darunter, wenn er neben ihr andere Lieben lebte. Er musste kein Geheimnis darum machen, sie weder belügen noch etwas verschweigen und das fand er sehr entspannend. Katrin wusste, dass er immer wieder zu ihr kommen würde, egal, wer gerade sein Herz anderweitig durcheinander brachte. Er liebte sie, sie liebte ihn, alles war klar zwischen ihnen.

Wenn er da an seinen Freund Roger dachte und an den Aufwand, den der seiner heimlichen Geliebten wegen betreiben musste …

„Und dann erzählen wir einfach weiter, was passiert ist“ unterbrach Marie seine Gedanken. „Dass diese Frau erst dich, dann mich anschaute, wie erstarrt stehen blieb und plötzlich anfing zu schreien. Die ersten Worte noch auf Italienisch, dann auf Deutsch.“ Martin erinnerte sich, Wort für Wort: „Maiale, perché ….! Was hast du gesagt, du willst nicht fest mir zusammen sein, ich wäre zu jung, eine andere Generation … ? Dass du dich aber bei deiner nächsten Reise nach Rom gerne wieder mit mir treffen würdest? Du elender Lügner, hier bist du, mit einer noch viel Jüngeren! Gemeldet hast du dich auch nicht … Was bin ich eigentlich für dich, ein Nichts?“

Dann hatte die zornige junge Frau Marie eine Ohrfeige gegeben, sich gleich mit „Oh, Entschuldigung, falsche Adresse“ zu ihm umgewandt und im nächsten Moment sah er ihre Faust, mit Diamantringen bestückt, auf sich zukommen. Er konnte gerade noch daran denken, dass ihm das Wissen um ihre sportlichen Erfolge im Kickboxen seinerzeit im Bett, nun ja, eben einen besonderen Kick gegeben hatte. Und schon war es schlagartig dunkel um ihn geworden.

Als er wieder erwachte, hatte er Maries besorgtes Gesicht über sich gesehen. „Papa, alles in Ordnung mit dir?“ Die heftigen Kopfschmerzen, der Geschmack von Blut im Mund und eine Umgebung mit unscharfen Konturen – nein, es war nichts in Ordnung gewesen, vermutlich war er unglücklich auf dem Bürgersteig gelandet. Aber er hatte seine Tochter nicht beunruhigen wollen. „Sicher Schatz, alles gut!“ Anschließend war er auf ihr Drängen hin trotzdem ins Krankenhaus gekommen, die Rückreise hatten sie verschieben müssen.

„Papa, dass du die nicht angezeigt hast, müssen wir das auch erzählen?“ „Wenn Mama fragt schon.“

Katrin hatte ihm immer ans Herz gelegt, seine Affären nicht vor Marie auszubreiten. Aber sicher würde sie ihm nicht lange böse sein. Marie war inzwischen erwachsen und zu der Begenung mit Chiara konnte er schließlich nichts. Dennoch hatte er seinen Teil abbekommen.
Martin schaute seine Tochter von der Seite an, sie war eine sehr hübsche junge Frau geworden. Hinter ihr spiegelte sich sein Gesicht im Fenster des Zugabteils: Ein älterer Herr, leicht gebeugte Haltung, überwiegend graue Haare, eine Gesichtshälfte blau-grün verfärbt.

Vielleicht war er inzwischen einfach zu alt für diese Art von Abenteuern. Er fühlte sich ruhiger, ein wenig müder, aber auch zufriedener in seinem Leben, in seinem ganz normalen Alltag. Wenn er an Katrin dachte, an ihre liebevolle Fürsorge, an ihr Gesicht, das inzwischen von feinen Lach-Linien durchzogen war, dann wurde ihm so warm und wohl. Außerdem, er hatte eine Menge erreicht in seinem Leben, was eigentlich musste er sich noch beweisen?

Chiara würde seine letzte Affäre bleiben. Ihm genügte Katrin, die zuhause mitleidig und geduldig seine Wunden pflegen würde.

Beruhigt schaute er auf seine Uhr: 20.35 Uhr.

 

Kann mir jemand einen Tipp geben, ob die Kategorie 'Sonstiges' zutrifft? Eine echte Liebesgeschichte ist es doch nicht, oder?
Danke!
Eva

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Eva!

Für mich ist das eine Liebesgeschichte. Ich würde die unter Alltag oder Romantik/Erotik einordnen. Bei Letzterem bin ich mir nicht sicher, die Rubrik ist nicht so sehr meine Richtung.

Was mir bei deinem Schreibstil auffällt, sind die häufigen Füllwörter.
Zur Übersicht hier das Ergebnis einer elektronischen Textanalyse:

Zeichen gesamt: 9214
Wörter gesamt: 1441
Füllwörter: 139 (9.65%)

Deine Favoriten:
11x aber
9x auch
8x so
7x dann
6x wieder
5x etwas, schon
4x doch, eben, einfach, nun, vielleicht,

Diese Wörter können im Prinzip alle raus. Dadurch wird der Text schlanker und besser lesbar, die Aussagen klarer.
Beispiel:
‚Ha, das habe ich sicher meiner letzten Inkarnation zu verdanken. Vermutlich war ich ein Schaf. Nein, kein dummes, ein schlaues natürlich. Vielleicht zu schlau. Aber geduldig. Auf alle Fälle schwarz und auf alle Fälle Mutterschaf. Wenn ich so ein Lamm mit seinem zarten Stimmchen blöken höre, läuft mir mein Herz ja heute noch über.‘

Ha, das habe ich meiner letzten Inkarnation zu verdanken. Vermutlich war ich ein Schaf. Nein, kein dummes, ein schlaues und geduldiges. Ein Mutterschaf. Wenn ich ein Lamm mit seinem zarten Stimmchen blöken höre, läuft mir noch heute das Herz über.

Das mit der „letzten Inkarnation“ will mir nicht einleuchten. Inkarnation ist die Menschwerdung eines Gottes. Besser würde Reinkarnation passen, je nach dem, auf welche Lehre man sich bezieht.
Einfacher, kürzer und verständlicher fände ich: In meinem vorherigen Leben muss ich ein Schaf gewesen sein. Nein, kein dummes … (oder so ähnlich)

Manchmal kommst du mit den Zeiten durcheinander. Die Handlung ist in der Vergangenheitsform geschrieben. Deshalb muss alles, was vorher geschehen ist, in der Vorvergangenheitsform geschildert werden. Beispiel:
Viel mehr hörte sie von den Beiden in den nächsten Tagen nicht mehr.
Viel mehr hatte sie von den Beiden nicht gehört.

Inhaltlich find ich die Geschichte interessant. Beide Hauptfiguren stehen an einem Wendepunkt. Katrin ist zum ersten Mal einem Abenteuer (mit dem Kunden) nicht abgeneigt, während Martin sich nun keine Freundin mehr zulegen will.

Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix,

danke für die Tipps, die werde ich bei Gelegenheit (wenn ich ein bisschen Zeit habe) auch umsetzen! Wie topfe ich die Geschichte in ein anderes Themengebiet um?

Eine gute Zeit,

Eva

 

Hey Evaluisegroh,

doch, doch, dass passt ganz gut in die Rubrik.

Also, ich habe den Text gern gelesen, wenn er mich am Ende auch nicht komplett überzeugen konnte. Du scheinst die Füllwörter rausgenommen zu haben, es liest sich flüssig und angenehm, man kommt gut durch und kann dir auch folgen. Und das ist ja schon mal viel ;).

Du erzählst aus dem Leben einer Ehe aus zwei "Sichtweise". Die beiden haben jetzt nicht wirklich jeder viel Zeilen. Es ist alles arg berichtend. Dann hat er dies und ich jenes, ich geh damit so um und er so, und unter dem Strich führen wir eine gute Ehe. Szenisch wird es erst i zweiten Teil, wenn die "Geliebte" auftaucht und ausholt. Da habe ich ein bisschen an das italienische Temperament denken müssen. Also, von all deinen Figuren kam mir die Kickboxerin noch am nächsten. Die anderen reden, sie handelt, ich schau ihr dabei zu, ich erlebe sie, ich spüre sie. Die anderen drei sind Erzähler und ich kann mögen, was sie erzählen, oder nicht, mehr Wahl habe ich nicht.
Im Ganzen finde ich es sehr konstruiert. Ich verstehe nicht, warum er auf einmal aufhören will, wenn es bis dahin "Bestand" der Ehe war, wenn es seiner Persönlichkeit entspricht. Weil die Tochter dabei war? Weil er einer 18jährigen den perfekten Papa vorspielen will? Einer 18jährigen die bald aus dem Haus ist? Echt? Warum jetzt noch?
Also, ich kauf ihm diese Kehrtwendung nicht ab. Schon eher, dass seine Frau einem Kunden zu lange in die Augen geschaut hat, dass kann schon mal vorkommen.
Aber dadurch, dass er so aus dem Nichts, eine 180 Grad Wendung vollzieht, funktioniert für mich natürlich die ganze Aussage der Geschichte nicht und verliert dabei.

Das klingt jetzt vielleicht negativer als es gemeint ist. Ist vielleicht etwas für die weitere Geschichten, die Du schreibst. Mehr Szene und lass Menschen Menschen sein. Versuche nicht, sie zu moralisieren. Moral ist tödlich für Geschichten, wenn sie sich in den Vordergrund drängelt ;).

Und ich mochte sie gern als Schaf. Ich habe das mit dem Schlächter nicht verstanden, aber sich wegen seiner Gutmütigkeit in einem früheren Leben als Schaf zu sehen, fand ich großartig.

Schön das Du in dieses Forum gefunden hast! Hab viel Spaß und Freude hier.
Beste Grüße Fliege

 

Hallo Fliege,

vielen Dank für deine Bemerkungen zu der Geschichte.
Also, die Kehrtwende macht er meiner Ansicht nach nicht für die Tochter, auch nicht für seine Frau, sondern aus der Erkenntnis heraus, dass er sich alt und wohl auch etwas 'verbraucht' fühlt. Wenn seine Frau ihn auch ''lässt", so ist ihm das Ganze (vielleicht auch die Gefühlslage seiner Gespielinnen) inzwischen zu anstrengend. Sollte kein moralisches Urteil über ihn sein, denn diese Art Ehe hat ja schließlich funktioniert. Vielleicht hast du eine Idee, wie ich das noch klarer machen kann?

Schöne Grüße,

Eva

 

Hey Eva,

Also, die Kehrtwende macht er meiner Ansicht nach nicht für die Tochter, auch nicht für seine Frau, sondern aus der Erkenntnis heraus, dass er sich alt und wohl auch etwas 'verbraucht' fühlt ... Vielleicht hast du eine Idee, wie ich das noch klarer machen kann?

schreibst du in deinem Kommentar. Und er dazugehörige Text sieht wie folgt aus:
(Ich mach mal fett, wo die Rede von den anderen beiden Frauen ist und kursiv, wo die Rede von ihm ist)

Das größte Problem war, dass Katrin seine Art zu leben zwar akzeptierte, ihre Bedingung aber war, dass er Marie aus seinen Geschichten raushielt.
Er schaute seine Tochter von der Seite an, inzwischen war sie eine sehr hübsche junge Frau geworden. Hinter ihr spiegelte sich sein Gesicht im Fenster des Zugabteils: Ein älterer Herr, leicht gebeugte Haltung, überwiegend graue Haare, eine Gesichtshälfte blau-grün verfärbt.

Vielleicht war er inzwischen einfach zu alt für diese Art Leben. Wenn er an Katrin dachte, ihre liebevolle Fürsorge, an ihr Gesicht, das inzwischen von feinen Lach-Linien durchzogen war, dann wurde ihm so warm und wohl.
Er würde ihr sagen, dass Chiara seine letzte Affäre bleiben würde. Marie würde nie wieder etwas mitbekommen, weil es nichts mehr mitzubekommen gab. Katrin wäre dann sicher nicht böse auf ihn. Und würde mitleidig seine Wunden pflegen.


Ich würde mal schätzen, wenn der Schwerpunkt bei ihm liegt, weil er sich zu alt fühlt, weil er es nicht mehr erträgt, und du dann aber viel über die Mädels redest, und die Vorteile, die sie daraus ziehen, dann stimmt was mit dem Verhältnis nicht. Fokussiere den Leser auf ihn und lass die Frauen da raus ;).

Lieben Gruß, Fliege

 

Liebe Fliege,

danke für deine Anregungen, sobald ich ein bisschen Zeit habe, arbeite ich sie ein :-)!

Schöne Grüße,

Eva

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Eva,
du hast den Anfang überarbeitet, das hat ihm gut getan, das fand ich selbst klasse und sehr hilfreich, wie Asterix den Satz da entwirrt hat und dir und damit auch uns das hübsche Satzgerüst gezeigt hat, das dahintersteckt. Und Respekt für dich, dass du dieIdee hattest und seinen Vorschlag angenommen hast. Denn deine Schafsidee, die leuchtet dadurch ja überhaupt erst. Mir gefällt die schon sehr gut. Das ist eine Idee, wie eine Figur sich selbst charakterisieren kann. Und gefallen hat mir auch, dass sie kein normales Schaf ist, sondern ein schlaues, schwarzes Mutterschaf. Also Katrin sieht sich selbst ist als intelligente Frau, die ein bisschen gegen den Strich gebürstet ist und die für ihre Tochter alles tun würde. Und aber auch eben doch ein Schaf. Das gefiel mir, weil sie damit die Beziehung zu ihrem Mann immanent angreift und sich da als die abhängige Variabe sieht, als hmm selbstbewusstes Opfer? Das trifft es vielleicht nicht ganz, aber so in die Richtung geht es. Jedenfalls schön. Im weiteren Verlauf ist mir Katrin dann wieder charakterlich entwas entglitten, da erschien sie mir zu unbestimmt.
Das beginnt zwar hier:

Und jetzt bin ich eben Menschenfrau - mit einem Rest Schaf in meiner Seele. Gerne bei den anderen, sich aus Neugier gelegentlich einen Stromschlag am Weidezaun holen und selbst dem Schlachter eine reelle Chance geben, sein besseres Ich zu beweisen. Das passt. So würde sich auch mein Eifersuchtsmangel erklären – wahrscheinlich bin ich es einfach gewohnt, ‚ihn‘ mit einer unübersehbaren Menge anderer Mädels zu teilen. Es macht mir nichts, solange er hin und wieder vorbeischaut, seine Nase an meiner reibt und mir was Liebes ins Ohr blökt, äh, flüstert.‘
Aber da spielst du noch mit der Schafsidee und man kriegt eine Vorstellung davon, wie sie sich sieht und fühlt. Aber im Gegenzug hätte ich mir gewünscht, dieses Anbahnen eines Flirts mit dem Kunden ein bisschen gewichteter zu sehen, die anderen Gefühle, die sie ja offensichtlich die ganze Zeit unterdrückt hat, zuzulassen, zu spüren, nicht nur ein schwarzschlaumütterliches Schaf, sondern auch ein hübsches mit erotischem Flair, so ein lockiges Schäfchen mit Straps und Stola. Ich versteh schon, dass du das sanft lassen willst, diesen kleinen Flirtversuch, aber ein bisschen mehr Heraustreten aus dem üblichen Schafsgewand, so ein kleiner Phantasieehebruch, vielleicht nur die Anbahnung, das hätte ich mir da schon gewünscht, weil man sie dann einfach besser kennen lernt. Wenn sie z, B. in ihrer Erinnerung da ein bisschen in die Szene zurückgeht, das hätte ich nicht schlecht gefunden. Sie so ein bisschen von ihm träumt.

Weiter hat mir gefallen dein Spiel mit den zwei Perspektiven. Die Beziehung der beiden wird aus der jeweils anderen Perspektive gesehen und nun dreht sich das Abkommen, sie fängt an die Freiheit ihrer offenen Bezeihung zu genießen und er will heimkehren. Naja, wer zu spät kommt, den betsraft das Leben. Hat was Ironisches. Auf das Gespräch zwischen den beiden wär ich gespannt.

Was du aus meiner Sicht nicht klar genug gemacht hast, das ist, da kann ich Fliege nur zustimmen, der Grund, warum der Gatte an die heimischen Töpfe zurückkehrt. Der Haupt-Grund, dashast du in deiner Antwort gesagt, ist das Alter, er kann nicht mehr, braucht mehr Ruhe.

Vielleicht war er inzwischen einfach zu alt für diese Art von Abenteuern.
Dieser Grund geht aber wirklich in den Reflektionen über Ehefrau und Tochter unter. Und das wäre eine wirklich spannende Sache gewesen, ihn da ein bisscher näher zu hören. Es ist für Männer ab einem gewissen Alter, das krieg ich ja immer wieder mal mit, gar nicht mehr so einfach, im Beruf erfolgreich zu sein, da immer den dicken Max zu machen und dann auch noch immer die Energie zu haben, sich mit weiteren Freundinnen zu schmücken. Die Last der Polygamie. Also den Grund mit dem Alter, den nehme ich ihm irgendwie sogar ab, ist ja auch nicht jedermanns Sache, im Bett von einer Kickboxerin erst auf lustvolle Weise und dann nasenmäßig cholerisch traktiert zu werden. Da kann man sich schon mal leicht alt fühlen.

Hübsche Sache, deine Geschichte, habe sie gerne gelesen.
Viele liebe Grüße von der Novak

 

Hallo Eva

Der nicht alltägliche Titel, irgendwie erinnert er mich an den römischen Frühling der Mrs. Stone (Tennessee Williams), lockte mich in die Geschichte. In den ersten zwei Absätzen landete ich dann aber gleich bei einer andern literarischen Erinnerung, Garou (Leonie Swann). Das sind so meine Eintrittsturbulenzen, aber mit schwarzen Schafen hat man mich schon am Wickel, ich mag deren symbolischen Gehalt. - Doch vorab noch, die Zeit läuft, Happy Birthday!

‚Und jetzt bin ich eben Menschenfrau - mit einem Rest Schaf in meiner Seele.

Anfänglich lachte ich nur über diesen Satz, und dies keineswegs hämisch, beim Weiterlesen gewann er mir dann aber regelrecht Entfaltung. Diese Duld- und Fügsamkeit, beinah unglaublich - wüsste ich nicht was Simone de Beauvoir im realen Leben mit Sartre erduldete - … oder doch nicht nur, wie der Flirt mit dem Kunden später andeutete.

Dann hatte die zornige junge Frau Marie eine Ohrfeige gegeben, sich gleich mit „Oh, Entschuldigung, falsche Adresse“ zu ihm umgewandt und im nächsten Moment sah er ihre Faust, mit Diamantringen bestückt, auf sich zukommen.

:lol::lol: Dies ist so plastisch beschrieben, diese Situationskomik, dass ich laut auflachen musste.

Herrlich, diese Geschichte, ich habe mich köstlich amüsiert. Wenngleich, zum Ende hätte ich mir durchaus eine klitzekleine Strafe durch Kathrin für ihn vorstellen können, Schafe dürfen sich auch mal querlegen. – Aber eigentlich kann ich mir dies, es bleibt ja offen, mit welchem Blöken sie ihn empfängt.

Sehr gerne gelesen. Bei so unterhaltsamer Fantasie werde ich als Leser am Ball bleiben.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Eva,

ich hab den Text schon einige Mal begonnen, ihn aber immer wieder weggeklickt. Jetzt habe ich ihn bis zuende durchgelesen und bereut habe ich es nicht ;) So richtig was hängen bleiben, wird aber wohl auch nicht. Irgendwie plätschert das Geschehen so vor sich hin, um sich dann in Wohlgefallen aufzulösen. Also so kommt das bei mir an. Das finde ich in sich viel zu spannungsarm aufgesetzt. Beide sind sich ihres Partners sicher. Das ist zu Beginn klar, wird zwischenzeitlich nicht in Frage gestellt und am Ende in Zement gegossen :dozey:
Da braucht es einen Bruch, etwas, das diese Harmonie mal zum Zittern bringt. Ideen sind dafür drin, zB der Kollege. Da dacht ich shcon, aha, jetzt kommt der Konflikt, aber da wirfst du nur einen kurzen Blick hin und machst nichts draus. Wie wäre das, wenn ihr Mann sich ihrer völlig sicher ist, und sie sich jetzt aber auch mal das recht rausnimmt, das er die Jahgre über für sich beansprucht hat. Da ist dann nämlich plötzlich vorbei mit der Entspannung. Und das wäre spannend zu lesen.
Oder die Tochter. Wenn das dein Ziel war, über sie das Knistern reinzubringen, okay. Aber dann muss da mehr Szene rein, dann darf das nicht so berichtet werden. Dann braucht es Drama! ;)
Oder eben die Geliebte. Die taucht auf wie eine Schablone (die ich nicht abkaufe), schreit ihren Satz aus dem Drehbuch und ist wieder weg. Nee, in dieser Form zieht das nicht.
Denke, der Text braucht eine Generalüberholung mit der Überschrift: Wie spitze ich einen Konflikt zu.
Also nichts gegen Happy-End (sowas im Titel würde ich eher lassen, weil das auch den letzten Hauch der Spannung killt), aber dass man sich drüber freuen kann, dass das noch mal alles gut ausgegangen ist, zu dieser Mühe sehe ich den Autoren schon verpflichtet.

Oh und einen nachträglichen Glückwunsch für dein neues Lebensjahr :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Evaluisegroh,

du kannst schreiben und hast eine clevere Form für den Aufbau deiner KG gewählt. Du setzt gute Akzente für Spannung und der Bruch, mit dem du von einer Perspektive in die andere tauchst, ist auch geschickt gemacht.

Leider ist mir die Story etwas zu seicht, und die Figuren bleiben recht blass. Der Schluss steigert den seichten Eindruck noch.

Das ist sehr schade, weil ich denke, dass du mit der Rahmenhandlung, deinem grundsätzlichen Stil und dem guten Aufbau mehr aus dieser Geschichte hättest machen können.

So bleibt alles am Ende in viel versprechenden und nicht alles haltenden Ansätzen stecken.

Was mir auffiel: das erste Mal in ihrem Leben wäre sie beinahe schwach geworden, als er sie um eine romantische Verabredung am Abend bat.

Wie geht so etwas vor sich? Sagt der Kunde: Ich möchte mich heute Abend mit Ihnen romantisch verabreden."?

Oder ist das der Blick deiner Erzählerin. Mich stört das "romantisch". Das kann sich der Leser selbst denken, wenn er will. Und andere denken sich vielleicht eine etwas eher unromantische Entwicklung. Damit hättest du als Autorin viel mehr erreicht, oder?

Ich hätte mir für den zweiten Teil eine etwas andere Entwicklung gewünscht, absurder irgendwie, verrückter ...

Rick

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Novak,

vielen Dank für deine Gedanken! Ich werde mich bei Gelegenheit noch mal ranmachen, deinen Rat beherzigen und Katrins Flirt ein bisschen ausbauen (ihr zuliebe :-).
Ob ich Martins Innenleben ausbauen kann, weiß ich noch nicht, mal sehen.

Schöne Tage, liebe Grüße,

Eva


Lieber Anakreon,

freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat, vielen Dank für dein Feed-back!
Und Danke auch für die Gratulation zum Geburtstag, hm, jetzt bin ich mit 51 doch schon fast erwachsen ...?

Herzliche Grüße,

Eva


Hallo weltenläufer,

Dank für deine Anregungen, ich werde versuchen, ein bisschen mehr Spannung einzubauen, vermutlich über Katrins Seitensprungüberlegungen. Du, im Titel steht nichts von Happy End :-), und ob's eins gibt, kann man nicht wissen ... Vielen Dank auch für den Geburtstagsgruß!

Viele Grüße,

Eva


Hi Rick,

ja, mich stört das 'romantisch' selbst und ich werde versuchen, das irgendwie zu verbessern. Danke für den Hinweis! Ob ich aber ein anderes Ende hinkriege ...? Weiß ich noch nicht, mal sehen.

Eine gute Zeit,

Eva

 

Du, im Titel steht nichts von Happy End :-)
tatsache :eek:
und ob's eins gibt, kann man nicht wissen
mja, wenn du das offen lassen wolltest, dann muss das stärker im Text durchsickern, also die Mölichkeiten, ich denke, mit dieser Überlegung
ein bisschen mehr Spannung einzubauen, vermutlich über Katrins Seitensprungüberlegunge
bist du da auf dem richtigen Weg :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Lieber weltenläufer,

ich hoffe, Katrins jetzt doch schon gelebter Seitensprung verhilft ein wenig zu einem offeneren Ende. Danke für deine Rückmeldung,

ciao,

Eva

 

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