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Quietscheentchen, du und ich

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07.10.2006
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Quietscheentchen, du und ich

Wirst du wohl, nimm deinen Schnabel da weg. Lass mein Auge in Ruhe, du pickst es noch kaputt. Du ruinierst meine schöne, weiche Gummihaut, du struppiges Vogelvieh. Wenn du so weitermachst, hält man mich für ein Stück Müll und wirft mich in die Tonne, obwohl ich für die Badewanne gemacht wurde. Ach ja, jetzt in einer Wanne voller warmen Wasser schwimmen, zusammen mit fluffigem Schaum und mindestens einem Menschen, der mich drückt und durch die Gegend wirft. Das wäre himmlisch. Stattdessen sitze ich in diesem stinkenden Nest fest. Nichts für ungut, aber deine Mutter hat einen selten schlechten Geschmack, was die Auswahl der Bauteile angeht. Der Dreck sieht aus als hätte Fischer Willy seine zerrissenen Netze durchgekaut und auf die Klippe gespuckt.
Das soll gar kein Nest sein? Na, jetzt wundert’s mich überhaupt nicht mehr, wieso ich neben dir gelandet bin. Nicht dass ich fliegen könnte, meine Spezialität ist eher das Schwimmen und Schwabbeln. Dorthin, wohin der Wind mich treibt. Wie du dir vielleicht denken kannst, nein, kannst du nicht, aber egal. Immerhin bist du endlich zur Vernunft gekommen und prökelst keine Stückchen mehr aus meinem Auge. Du verhältst dich beinahe zivil. Bis auf die Tatsache, dass du die Felswand anstarrst, als wäre die das achte Weltwunder und nicht mehr mich. Wo wir gerade bei guten Manieren sind, wir haben uns noch gar nicht gegenseitig vorgestellt. Ich bin Ente und wie darf ich dich nennen? Fiep, piep, kräh, interessant. Eine verständliche Antwort ist wohl zu viel verlangt. Ab jetzt heißt du Kassandra. Ja, ich bin ganz deiner Meinung, Kassandra ist ein hübscher Name. Viel besser als Tweety oder Bibo. Wie auch immer, darauf wollte ich gar nicht hinaus. Jetzt habe ich die schöne Überleitung vermasselt. Schwimmen, Schwabbeln, vom Wind getrieben. Ahnst du, worauf es hinausläuft? Kurz gesagt, auf meine Weltreise.
Ja, ich bin echt weit rumgekommen. Gegen das, was ich erlebte, sind Odysseus Abenteuer ein Fliegenschiss, oder eine Portion Schafsködel. Ich will nicht zu dick auftragen. Eigentlich sollten ich und so ungefähr 29.000 Kumpels von mir von Hong Kong nach Tacoma verschifft werden. Wir, gelbe Enten, teilten uns drei Container mit grünen Fröschen, blauen Schildkröten und roten Bibern. Ja, wir waren schon ein wilder Haufen, aber so richtig wild wurde es erst als das Frachtschiff, die süße Ever Laurel, in einen Sturm geriet und die Container über Bord gingen. Gründlicher wurde wohl noch nie ein Haufen Gummitiere ins kalte Wasser geschmissen.
Alles drehte sich um mich, oder ich drehte mich um alles. Im Nachhinein ist es wirklich schwer zu sagen, wer oder was sich drehte. Sicher ist, dass die Karussellfahrt endete, als mein Container ins Meer klatschte und die Türen aufplatzten. Da fing der Teil an, in dem ich und meine Weggefährten von den Wellen hin und her geworfen wurden. Ich wurde unter Wasser gedrückt, sprang durch eine Wolke sprudelnder Luftblasen zurück an die Oberfläche, flog im nächsten Augenblick durch einen Wellenkamm und bekam wieder einen Schwall Meerwasser auf‘s Haupt. Als ob die blöde See nicht verstehen wollte, dass ich, egal was kommen möge, wieder auftauchen werde. Und was meinst du, wie oft ich mit einem Kollegen zusammenstieß? Sehr, sehr oft. So viele Seitenhiebe hatte ich mein Lebtag nicht verteilt.
Nachdem das Unwetter sich verzogen hatte, hatten sich unsere Reihen deutlich gelichtet. Ungefähr die Hälfte vom Entenwurf fehlte, so grob geschätzt. Ein Teil dümpelte auf der Strömung Richtung Indonesien und ein anderer bog nach Australien und Chile ab. Das warme Klima ist so gar nicht mein Ding, deshalb schloss ich mich denjenigen an, die in Alaska landen würden. Einige hatten das Glück und wurden dort angespült. Ich natürlich nicht, wieso sollte ich auch einmal Glück haben? Nein, ich trieb ein gutes Stück ins Beringmeer ab und wurde durch die Beringstraße ins Nordpolarmeer gespült. Zwar wünschte ich mir, eine kältere Region zu erreichen, aber das war definitv zu kalt.
Ich verwandelte mich wortwörtlich in einen Eisblock. Kannst du dir das vorstellen? Gefangen im Eis, wie eine trottelige Zeichentrickfigur. Fünf Jahre verbrachten ich und ein guter Schwung Leidensgenossen tiefgefroren im Packeis, wir umrundeten Grönland und wurden dann in den Atlantik geschwemmt. In den wärmeren Gefilden taute das Eis nach und nach ab und ich hatte endlich wieder freie Sicht. Mann, was war das für eine Überraschung, als ich feststellte, dass wir es bis zur Küste Neuenglands geschafft hatten.
Ein Teil der Clique wollte unbedingt nach Maine und Massachusetts, Bäume angucken. So zur Abwechslung. Frag mich nicht, ob sie wirklich angekommen sind. Ich und der Rest vom Schützenfest schlugen nämlich einen Haken und steuerten Europa an. Den Frosch, unter uns Enten, zog es zu den Hebriden und die letzte Ente verließ mich, um Devon zu besichtigen.
Ich meine, Devon. Ernsthaft? Die Grafschaft liegt in England, ich bitte dich. Die trinken da Sahne mit Tee. Wenn ich an der Stelle meiner Begleiterin gewesen wäre, dann hätte ich niemals meine Gesellschaft mit einem Strand in Devon getauscht. Was soll’s, es kann ja nicht jeder so einen guten Geschmack wie ich besitzen. Mir macht das gar nichts aus. Ich setzte meinen Weg fort, ohne einmal zurückzublicken. Kein einziges Mal. Ganz cool schwabbelte ich an England vobei, durch den Ärmelkanal, auf die Nordsee und dann, na, wohin dann? Natürlich zu dir, nach Helgoland. Weißt du nicht mehr, wie ich von einer Welle zu dir hinauf geworfen wurde?
Apropos Wissen, was machst du da für einen Quatsch? Soll das rythmische Sportgymnastik sein, Breakdance, oder Ausdruckstanz? Möchtest du deinen Namen buchstabieren? Ah, ich verstehe. Du unternimmst deinen ersten Flugversuch. Und hopp. Flieg, Kassandra, flieg! Ja, wo ist sie denn? Sie müsste längst unten angekommen sein. Mit den kleinen Stummelflügeln kann sie doch niemals fliegen, höchstens gleiten. Ich guck mal über den Klippenrand, vielleicht ist sie nahe der Felswand gelandet. Uh, nein. Sie hängt am Müllband ab. Das sieht echt nicht gesund aus, komm lieber wieder hoch. Na, was ist denn? Sitzt du auf deinen Ohren? Äh, Kassandra? Toll, großartig, das dumme Federvieh hat sich erhängt. Wer soll mich denn jetzt in die Zivilisation zurückbringen? So ein Trottel, diese Lumme.
…Ab jetzt heißt du Kassandra. Ja, ich bin ganz deiner Meinung, Kassandra ist ein hübscher Name. Moment, sagte ich das nicht bereits? Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, ich erlebe gerade ein Déjà-vu. Ich weiß ganz genau, ich gab meinen Reisebericht zum besten und dann, dann passierte etwas Schreckliches. Oder bilde ich mir das ein? Hey, wo watschelst du hin? Der Netzhaufen ist doch so gemütlich, komm wieder zurück. Gut dann eben nicht, hau ab und langweile dich zu Tode. Diese Jugend, keine Manieren mehr.

 

Der Autor schrieb zum Text:

Das Thema Friendly Floatees ließ mich einfach nicht los. Also schrieb ich dazu eine Kurzgeschichte. Viel Spaß damit. :)

Solche Hinweise bitte immer separat im Extrapost.

Danke und beste Grüße,
GoMusic

 
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GoMusic
Huch, kaum traue ich mich zurück ins Forum, trete ich sofort ins nächstbeste Fettnäpfchen. Entschuldige, dass ich den Hinweis fälschlicherweise in den Kurzgeschichten-Post einfügte. Das wusste ich nicht, dass das nicht üblich ist.
Ich werde das nächste Mal dran denken, einen Extrapost anzulegen.
Danke für die Info. :)

Viele Grüße
A.Merg


N’Abend Maria,

erstmal vielen Dank für die Fehlersuche und dass du mich auf die Kinken aufmerksam gemacht hast. Manchmal sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht.

Beim ersten Satz

Wirst du wohl, nimm deinen Schnabel da weg.
bin ich mir nicht sicher, ob ich den ändern werde. Darüber denke ich nochmal nach. Es ist ja so, dass der Erzähler eine sehr flappsige Ausdrucksweise an den Tag legt und im Straßendeutsch kommt’s nunmal ab und zu vor, dass die Aussagen verkürzt werden und sich der Zuhörer den Rest dazu denkt. Also: Wirst du wohl aufhören, ect.


Tja, was soll ich zum Rest schreiben? Wenn das Lesen der Geschichte eine dermaßen unerträgliche Qual war, hebe ich sie gut auf. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich einen Job in Guantanamo Bay annehme. Mit der Kurzgeschichte lässt sich vielleicht prima Wasser sparen.

Nein, mal im Ernst. Ein paar Fragen: Hast du jemals eine Kindergeschichte aus der Ich-Perspektive gelesen? Ich nicht. Mit dieser Erzählform sind die meisten Kinder überfordert.
Hast du den Hinweis-Text gelesen? Nein? Dann gebe ich dir den Ratschlag den Begriff „Friendly Floatee“ bei Wikipedia zu suchen und den Artikel zu lesen.
Weißt du, was es mit dem Kassandraruf auf sich hat? Nein? Recherchier Kassandra, eine tragische Heldin der griechischen Mythologie. Denk danach genauer über den Titel und das Ende der Geschichte nach. Übrigens endete sie ursprünglich hinter dem Satz

So ein Trottel, diese Lumme.
Ich entwarf dann das erweiterte Ende, damit die Handlung weniger negativ wirkt.

Apropos Lumme, weißt du was eine Trottellumme ist?
So, das zum Verständnis. Ich denke, der Rest ist Geschmackssache.

Grüße
A.Merg

 

Hallo A.Merg!

Nach deiner Antwort an Maria muss ich feststellen, dass du vom Leser erwartest, dass er lieber erstmal dieses, jenes uns solches recherchieren solle, sonst verstünde er deine Geschichte eh nicht.
Meiner Meinung nach sollte eine Geschichte so geschrieben sein, dass der Leser sie auch ohne großes Vorwissen verstehen kann; die Aufgabe eines Autors ist es, seine Geschichte verständlich zu schreiben.
Was für Kommentare erwartest du eigentlich? Anmerkungen zum fehlenden Verständnis konterst du mit: Recherchiere gefälligst! und der Rest ist für dich Geschmackssache? Was bleibt da zum Kommentieren? Das frage ich mal lieber, bevor ich hier Zeit reinstecke.

Grüße,
Chris

 

Ein paar Fragen: Hast du jemals eine Kindergeschichte aus der Ich-Perspektive gelesen? Ich nicht. Mit dieser Erzählform sind die meisten Kinder überfordert.
Das meinst du nicht ernst, oder? Nur mal die Beispiele, die mir sofort und spontan inden Sinn kommen: "Wir Kinder vom Möwenweg", "Die Kinder aus Büllerbü", "Mio mein Mio", "Die Brüder Löwenherz", die Lola-Reihe von Isabel Abedi, die "Meine Schwester Klara und ich"-Bücher, die "der kleine Nick"-Bücher und und und....
Die Ich-Perspektive funktioniert bei Kindern sogar ganz hervorragend.
LG svg

 

Hallo Chris Stone

die Antwort auf Marias Beitrag war darauf gemünzt, dass hinter der Kurzgeschichte mehr steckt, als ihr vielleicht bewusst war. Ich hatte den Eindruck, Maria ereiferte sich sehr darüber, dass dies in die Rubrik Kindergeschichte gehört und nicht zu Sonstige.

Speziell zu dieser Kurzgeschichte erwartete ich keine langen, oder sorgfältig überlegten Kommentare. Da die Kurzgeschichte sehr kurz und simpel ist und andere besser sind, für die sich der Zeitaufwand mehr lohnt. Ich wundere mich, dass überhaupt so viel dazu geschrieben wurde.

Was ich für Kommentare erwarte? Wahrscheinlich Kommentare, die mehr auf stilistische Elemente eingehen (Flüssig zu lesen, passende Umschreibungen, evtl. Logiklöcher, ect.) und weniger auf den subjektiven Eindruck. Wenn ich selber einen Kommentar zu anderen Kurzgeschichten schreibe, dann erwähne ich nur meine persönliche Meinung, wenn sie freundlich ist. Ich weiß, es ist in diesem Forum nicht üblich, sich zurückzuhalten, wenn etwas nicht den eigenen Geschmack trifft. Vielleicht haben einige daran Spaß einen Eimer schriftlicher Scheiße über andere User auszukippen. Ich weiß es nicht, mir gefällt diese Unart nicht und früher, als ich aktiver war, kam es nicht selten vor, dass mir andere Kurzgeschichten-Schreiber sehr leid getan haben. Das ist mit ein Grund, warum ich mich sehr lange von der Website fernhielt und mit dem Gedanken spiele, genau das wieder zu tun.

Ich wünsche euch noch einen schönen Tag.
A.Merg

 
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Hallo A.Merg,

mal abgesehen davon, dass ich im zweiten Satz "ruhe" großschreiben würde, weise ich gerne daraufhin, dass das Wort "Quietscheentchen" angesichts der Diskussion in Deinem Faden eine, nunja, etwas amüsante Bedeutung bekommt, über die ich doch tatsächlich schmunzle.

Zur Geschichte: Aus meiner Sicht fehlt es Deiner Geschichte an der klaren Vorstellung, was sie sein soll. Die Idee, die Reise einer der Gummitiere der Friendly Floatees aufzuschreiben, finde ich eigentlich ganz witzig. Aber Dein Text lässt nicht erkennen, welche tiefere Aussage dahinterstecken soll. Will er einfach nur lustig und flapsig sein? Dann müsste das Ganze noch überzogener daherkommen. Oder will er kritisch sein, zum Beispiel hinsichtlich der wissenschaftlichen Forschung? Dann fehlt mir der Biss. Das Spiel kann ich mit vielen Fragen weiterspielen, ohne eine befriedigende Antwort zu bekommen.

Am Ende bleibt aber nur das, was meine Vorkommentatoren bemängelt haben, eine etwas langweilige, gefühllose und damit in keiner Weise fesselnde Geschichte, die ich dann tatsächlich auch nur überflogen habe.

Gruß
Geschichtenwerker

P.S.: Diesen Kommentar verfasste ich, bevor die beiden vorherigen Kommentare eintrudelten.

 
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Geschichtenwerker
Hurra, endlich mal jemand der schmunzelt. :D
Vielen Dank, dass du mich auf die Ruhe aufmerksam gemacht hast. Ich dachte nämlich selber darüber nach und war mir nicht sicher, ob die Erklärung für das Großschreiben „Lass mich in der Ruhe“ richtig ist.
Na ja, irgendwie ist es kein Wunder, dass es auch dir an der klaren Vorstellung, was die Geschichte sein soll, fehlt. Anfangs schrieb ich die Geschichte als Eselsbrücke, um mir die Reiseroute der Friendly Floatees merken zu können. Ich engagiere mich nämlich in einem Umweltschutzverein und wir beschäftigen uns gerade mit dem Thema Plastikmüll in den Meeren. Mit der Anekdote über die Friendly Floatees lässt sich die Verbreitung des Mülls durch die Meeres-Strömungen ganz gut erklären. Nachdem ich fertig war, dachte ich mir, die Geschichte lässt sich ja ganz angenehm lesen, es wäre schade, die im Dateien-Ordner vergammeln zu lassen. Ich rechnete überhaupt nicht damit, dass der kurze Text so ernst genommen wird.
maria.meerhaba
Das ist schön, dass du dich durch die Klugscheißerei selbst entwickeln konntest/kannst. Aber ich bin der festen Überzeugung, es wäre dir auch mithilfe sachlicher Kritik, die nicht dein Herz und die Seele brach, gelungen. Vielleicht hättest du dann sogar schneller Fortschritte gemacht, weil du nicht ständig sortieren musstest, welche Kritk berechtigt ist.


Viele Grüße
A.Merg

 

Ich hab ein wenig aufgeräumt. Bitte wieder zurück zum Text. Und bitte keine Unterstellungen, auch nicht zwischen den Zeilen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

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