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Thema des Monats Quarz in Blech

Seniors
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15.04.2002
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Quarz in Blech

Der Patient mit den roten Spielzeugautos sagt, sein Vater sei eine Zapfsäule gewesen. Ich versuche, mir den Zeugungsvorgang vorzustellen: Hysterische Oktane im Clinch mit der überrumpelten Eizelle, die gerade vom Einkaufen kommt. Kein Wunder, dass das Resultat Insasse einer Nervenklinik ist.
So wie ich.
Als promovierte Prominenz genieße ich Privilegien in diesem Institut: Frau Doktor Giraffe lädt zur persönlichen Sitzung zum Zwecke der Wiederherstellung meiner geistigen Gesundheit sowie zusätzlicher Evidenz für ihre Methoden. »Herr Doktor von Garfunke, bitte in Zimmer Nummero Eins, vielen Dank!«
Die warmstimmige Durchsage klingt, als sei ich hier der Arzt. Dabei bin ich das Opfer, das nunmehr auf Kommando durch den sonnigen Gang trottet, beobachtet von freundlichen Pflegern, die sich darüber freuen, dass sie mich nicht tragen müssen.
Der Fußboden ist mit rotem Musterteppich bedeckt, in die Wände sind auf Kniescheibenhöhe in regelmäßigen Abständen Quarze eingelassen, dazwischen Ornamente aus Kometen und Kanji. Ich komme an einer Batterie Orgonakkumulatorkammern vorbei; einer der ofengroßen Holzboxen entsteigt gerade ein Patient, der, vom freundlichen Pfleger nach seinem Befinden befragt, glasigen Auges »fühle mich schon viel besser« lallt, damit er keine weitere Stunde in die Kiste muss. Ja, so heilen Orgonstrahlen, ohne sich die Mühe geben zu müssen, in irgendeiner Form physikalisch mess- oder nachweisbar zu sein.
Ich stehe schließlich vor Raum Numero Eins – genau dies verkündet das polierte Messingschild – und muss aus irgendeinem Grund an Ratten denken. Während ich klopfe, nehme ich mir vor, etwaiges Nagegetier mit bloßen Händen zu erwürgen, Frau Giraffe aber nur argumentativ zu vernichten. Gewalt wäre die deutlich einfachere Lösung, aber ich bin kein Kerl, der Herausforderungen aus dem Weg geht.
»Hereinspaziert!«
Ich stürme in den Raum, lehne mich von innen an die gepolsterte Tür und würdige das geblümte Sofa keines Blickes. Den Raum beherrscht ein rosa Schreibtisch, auf dem Sandhäufchen in der Sonne glitzern. Über ihre Halbmondgläser hinweg blitzen noch heller die Augen der Frau Doktor, und mir fällt auf, dass sie deutlich intelligenter aussieht als ich ihr zugetraut habe. Sie ist gefährlich – gefährlicher als ein Schwarm hungriger Ratten. Sie hungert nicht nach meinem Fleisch, sie wird Säure auf meine Überzeugung spucken.
»Guten Tag, Herr Doktor von Garfunke«, wärmt mich ihre Stimme. »Nehmen Sie doch Platz.«
»Ich habe bereits einige Stunden in meiner Einzelzelle gesessen und ziehe es daher vor zu stehen.«
»Natürlich, Herr Doktor von Garfunke.« Giraffe streicht eine Strähne ihres braunen Haars zur Seite, dann liest sie von dem Pad vor ihr ab: »Sie leiden an einer Verstandesaufweichung, aufgrund derer Sie von Ihrer Arbeit freigestellt wurden.« Bedächtig nimmt sie die Brille ab, hält das Gestell in der Rechten und gestikuliert damit: »Nichts, das man nicht mit ein paar Orgonstrahlern in den Griff kriegen würde.«
»Frau, äh... Giraffe...«
Sie unterbricht: »Herr Doktor von Garfunke, würde es Ihnen etwas ausmachen, mich mit meinem Titel anzureden? Das wäre wirklich überaus respektvoll.«
»Ja, es macht mir etwas aus«, entfährt es mir. »Ein großes Magazin hat letztens berichtet, Ihr Doktortitel sei gekauft!«
Giraffe verzieht schmerzvoll das Gesicht. »Unter dem Verlagshaus verläuft eine gräääßliche Wasserader. Wussten Sie, dass die Redakteure permanent unter Kopfschmerzen leiden? Übrigens ist es ein Ehrendoktortitel...«
»Ja, verliehen von der Wirtschaftsuniversität auf Haiti.«
»Als Dank für die Orgonbestrahlung Verzweifelter nach dem Großen Beben. Ich habe den Menschen wieder Mut und Zuversicht gegeben.«
»Sie verteilten Schokoriegel in der Warteschlange vor Ihrem sinnlosen Strahler!«
»Es ist wirklich eine grotesk teuflische Wasserader. Vermutlich muss das ganze Verlagsgebäude abgerissen werden.«
Ich schnaufe. »Es geht nicht um Ihren Titel, es geht um Ihre Beziehungen zu Pharmaindustrie und Politik.«
»Als unabhängige Beraterin mit einschlägiger Expertise vermittle ich nebenberuflich zwischen beiden Seiten. Das war auch mal Ihr Job, bis Ihre Verstandesaufweichung die reguläre Ausübung verbot.«
Ich mache einen Schritt vorwärts. »Welchen Teil dieses Satzes soll ich zuerst in der Luft zerreißen?«
»Es ist eine Tatsache«, sagt Giraffe unbeeindruckt, »dass Sie Ihre Stellung als Vorsitzender des Instituts zur Beurteilung der Wirksamkeit medizinischer Maßnahmen nicht weiter ausüben können, wenn Ihr Verstand...«
Grob gehe ich dazwischen: »Meinem Verstand geht es hervorragend. Im Gegensatz zu jenem der Pharmabosse, die entdeckt haben, dass man mit Orgonstrahlern und ähnlichem Zeug viel mehr Geld machen kann als mit medizinisch mehr oder weniger wirksamen Zäpfchen, Pillen und Tropfen! Die Herstellung ist viel billiger, man kann Personal abbauen... das ist ekelerregend!«
»Sehen Sie?« Giraffe zeigt mit der eingeklappten Brille auf meinen Bauchnabel. »Es geht Ihnen nur um die Diffamierung einer Industrie, welche auf das Wohlergehen der Bevölkerung bedacht ist. Im Gegensatz zu Ihnen, der in praktisch allen Prüfberichten die Alternativmedizin als wirkungslos bezeichnet hat.«
»Weil sie es ist! Orgonstrahler sind nichts anderes als ein paar Quarze in einer Blechröhre!«
»Sollen wir ein paar Patienten dieses Hauses befragen?«, lächelt Frau Giraffe breit. »Wer heilt, hat Recht.«
Ich bohre mir mit dem Finger im Ohr herum, um diesen billigen Satz rauszukratzen. Habe ihn zu oft gehört. »Können Sie mir erklären«, versuche ich einen Flankenangriff, »warum Sie gleichzeitig meine behandelnde Ärztin und meine designierte Nachfolgerin sind?«
»Weil ich die beste für den Job bin«, zuckt Giraffe die Schultern. »Was dachten Sie? Dass ich mit dem Gesundheitsminister schlafe?«
»Fassen wir zusammen...« Ich bemühe mich, nicht an nackte Tatsachen zu denken. »Ich wurde als Leiter des Instituts unter einem billigen Vorwand abgesetzt, damit die Pharmaindustrie ungestört wirkungslosen Quarz in Blech als von den Krankenkassen geförderte Medizinprodukte verticken kann.«
»Natürlich nicht!«, erschrickt Frau Giraffe. »Das wäre ja eine bösartige Intrige. Sie wurden lediglich Ihres Postens enthoben, weil Ihre unglückselige Krankheit Ihre Urteilsfähigkeit einschränkt.«
Sie windet sich wie ein Schwarm Ratten, der von einer altersschwachen Katze aufgemischt wird. Sie bietet keinen Angriffspunkt. Langsam frage ich mich, warm ich überhaupt Hoffnung in dieses Gespräch gesetzt habe. Ich benötige eine neue Strategie. Vielleicht ist Gewalt doch eine Lösung. Eine... Schrotflinte vielleicht?
Ärgerlicherweise bin ich Pazifist. »Ist die Sitzung nicht langsam beendet? Ich bin sicher, Sie haben noch wichtige Termine. Mit Politikern oder Industrievertreten. Oder Sie müssen noch ein wirkungsloses neues Präparat durchwinken. Vielleicht Liebesbalsam auf Basis von verdünntem Rattenkot?«
»Sie können jederzeit zurück in Ihr Zimmer gehen«, zeigt Frau Giraffe auf die Tür. »Nur die Station können Sie nicht verlassen. Wir haben zwar keine Gitterstäbe, aber Panzerglas.«
»Wie lange wollen Sie mich hier festhalten?«
Giraffe setzt ihre Brille auf und bedient ihr Pad. »Üblicherweise dauert eine Behandlung bis zur Heilung.«
Ich balle eine Faust. »Orgonstrahler können mich nicht von einer Krankheit heilen, die ich nichtmal habe!«
»Das werden wir ja sehen«, ruft Giraffe mir hinterher, während ich zur Tür hinausrausche.
Irgendwo auf dem Gang zwischen den Orgonakkumulatorkammern, aus deren Innerem leise Kratzgeräusche dringen, und dem Mann mit den roten Spielzeugautos bleibe ich stehen, als wäre ich gegen eine unsichtbare Wand geprallt.
Es ist die Wand der Erkenntnis. Aufgemalt die teuflische Zwickmühle: Entweder lasse ich mich von Frau Giraffes Quarz im Blech heilen – und gestehe der Orgonstrahlung damit Existenz und Wirkung zu.
Oder ich bleibe hier und spiele mit roten Autos. Mit Modellen der schwarzen und roten Nobelflitzer, in denen draußen, auf der anderen Seite der Panzerglasscheibe, Politiker und Pharmabosse vor alles versprechenden Plakatwänden spazierenfahren; betankt aus den Geldbörsen der menschlichen Zapfsäulen, die auf Glück und Heilung hoffen.
Und nur Lügen bekommen.

Thema des Monats März 2010: Was mich aufregt.
Inspiriert durch den Artikel »Operation Hippokrates« über die Absetzung des Medizinprüfers Sawicki durch die Schwarzgelbe Regierung, SPIEGEL 11/2010, Seite 82.

 

Hallo Uwe,

vor der Lektüre dieser Geschichte hatte ich von Peter Sawicki nie gehört. Nach zehn Minuten Googlen muss ich sagen: diese Angelegenheit riecht übelst - und ich finde es großartig, eine gekonnt geschriebene Geschichte zu einem Thema, das etwas hergibt, in meiner Rubrik zu finden. Ich bin also voreingenommen. ;)

Das Überzeichnen der Situation ist Dir gut gelungen: Doktor von Garfunke verliert nicht nur seinen Posten, er landet im Irrenhaus. Und hier bekommt die Satire einen weiteren Aspekt. Sie karikiert die Schönfärberei der Mächtigen durch die warme Stimme von "Dr." Giraffe, ihre Höflichkeit und die Wahlmöglichkeit, sich "heilen" zu lassen und damit den Unsinn, den sie vertritt, anzuerkennen. Auch in der realen Welt findet man das ja: Gegner werden in totalitären Staaten als verrückt diffamiert und behandelt, um sie zu "heilen". Die zynische Grundtendenz unserer Zeit bringt es mit sich, dass dies mit einem Lächeln geschieht.

In der Geschichte steckt eine Menge Empörung, und das tut ihr gut. Ich muss zugeben, ich bin kein Fan von lustiger Science Fiction und konnte daher Deine stilistischen Fähigkeiten in Deinen letzten Geschichten nicht gebührend würdigen. Diese Geschichte konnte ich mit Genuss lesen. :)

Highlights:

»Als unabhängige Beraterin mit einschlägiger Expertise vermittle ich nebenberuflich zwischen beiden Seiten. Das war auch mal Ihr Job, bis Ihre Verstandesaufweichung die reguläre Ausübung verbot.«

und das "so wie ich" im Anfang:
Der Patient mit den roten Spielzeugautos sagt, sein Vater sei eine Zapfsäule gewesen. Ich versuche, mir den Zeugungsvorgang vorzustellen: Hysterische Oktane im Clinch mit der überrumpelten Eizelle, die gerade vom Einkaufen kommt. Kein Wunder, dass das Resultat Insasse einer Nervenklinik ist.
So wie ich.

Das hier ist wirklich perfide:
»Sollen wir ein paar Patienten dieses Hauses befragen?«, lächelt Frau Giraffe breit. »Wer heilt, hat Recht.«

Hier wäre meiner Meinung nach "sagt" besser:
»Natürlich nicht!«, erschrickt Frau Giraffe.

Den letzten Satz ("Und nur Lügen bekommen.") würde ich weglassen.

Gern gelesen!

Berg

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Abend, Herr Post!

wenn Du nicht druntergeschrieben hättest, daß das eine Satire mit aktuellem Hintergrund sein soll, hätte ich es gar nicht gemerkt, denn ich hab einfach Deine neue Geschichte angeklickt und nicht gesehen, in welcher Rubrik sie stand.

Ich finde nicht, daß das satirisch klingt. Vielleicht würde es ja, wenn Du ganz viel streichen würdest? Vor allem bei diesen unsäglichen Redebegleitdingern.
"Die machen aus allem einen Bastei-Lübbe-Paperback", muß Makita die Hände ringen. :D

Ich will mal großflächig daherzitieren und alles unterstreichen, was ich für überflüssig halte. Zwischendrin sind noch andere Sachen, die mir auffielen. Du kannst es sortieren und je nach Bedarf wegwerfen.

Hysterische Oktane
Das ist ... :aua:
nunmehr auf Kommando durch den sonnigen Gang
die befreit lächeln, weil sie mich nicht tragen müssen kein Komma wie einige andere Patienten.
in die Wänden der Gänge sind auf Kniescheibenhöhe in regelmäßigen Abständen Quarze eingelassen
Orgonakkumulatorkammern
Ich will auch eine Orgonakkumulatorkammer. :D
vor Raum Numero Eins
Gewalt wäre die deutlich einfache Lösung
einfachere, nehme ich an.
Demonstrativ stürme ich den Raum, statt gemütlich zu spazieren, und lehne mich von innen an die Tür, statt das gemütliche Sofa auch nur eines zweiten Blickes zu würdigen.
Der ist schwach. Wie wär er so:

Ich stürme in den Raum, lehne mich an die Tür und würdige das Sofa keines Blickes.

dass sie deutlich intelligenter aussieht, als ich es ihr zugetraut habe
Ihr hungert nicht nach meinem Fleisch, sie wird Säure auf meine Überzeugung spucken.
Falscher Fall. Sie hungert bzw. Es hungert sie, Referenz: Die Bergpredigt. Selig, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit ...
»Guten Tag, Herr Doktor von Garfunke«, wärmt mich ihre Stimme.
Da fängt das an mit den schauerlichen Redebegleitumständen. For the love of God, mach die alle, alle weg. Dann schöne Umbrüche, und jeder weiß, wer redet. Sind ja nur zwei.
»Ich habe bereits einige Stunden in meiner Einzelzelle gesessen und ziehe es daher vor zu stehen.«
Giraffe streicht sich eine imaginäre Strähne ihres braunen Haars zur Seite
entweder imaginär oder braun weg. Woher will er wissen, welche Farbe ihre imaginären Strähnen haben?
Ich hole vorsichtig Luft, als könne sie mit imaginärer Strahlung verunreinigt sein.
Überflüssiger Satz, da es nur so ist, als ob, und er ja auch nicht plemplem sein will. Wär ja eigentlich schön: Sie könnte verseucht sein!
Aber dann ist er halt doch plemplem. Wäre es keine imaginäre Satire, dürfte er plemplem sein! Das würde viel besser zu ihm passen.
Sie unterbricht: »Herr Doktor von Garfunke, würde es Ihnen etwas ausmachen, mich mit meinem Titel anzureden? Das wäre wirklich überaus respektvoll
»Ja, es macht mir etwas aus«, entfährt es mir. »Ein Magazin hat letztens berichtet: Ihr Doktortitel wurde gekauft!«
Ist gekauft wär besser. *find*
»Unter dem Verlagshaus verläuft eine gräßliche Wasserader.
Später kommen ja noch schöne Adjektive genug zu der Ader. Die sind dann lustiger.
»Es ist wirklich eine grotesk teuflische Wasserader. Vermutlich muss das ganze Verlagsgebäude abgerissen werden.«
Da, die hab ich gemeint. Da kannst Du ja das gräßlich noch dranhängen. :D
Ich schnaufe. »Sie lenken von der Sache ab. Es geht nicht um Sie oder um Ihren Titel, es geht um Ihre Beziehungen zu Pharmaindustrie und Politik.«
Ich mache einen Schritt vorwärts. »Welchen Teil dieses Satzes soll ich zuerst in der Luft zerreißen?«
Grob gehe ich dazwischen. »Meinem Verstand geht es hervorragend. Im Gegensatz zu jenem der Pharmabosse, die entdeckt haben, dass man mit Orgonstrahlern und ähnlichem Zeug viel mehr Geld machen kann als mit Zäpfchen, Pillen und Tropfen! Die Herstellung ist viel billiger, man kann Personal abbauen... das ist ekelerregend!«
Das soll wohl ein Ausbruch sein? Schwach ist das. Pillen und Zäpfchen ... da gibt es auch welche mit Orgon drin. :)
»Sehen Sie?«, zeigt Giraffe mit der eingeklappten Brille auf meinen Bauchnabel.
Der ist wirklich ganz schauerlich! Gönn dem Detail halt einen Zweitsatz.

"Sehen Sie?" Giraffe zeigt mit der eingeklappten Brille ...

»Sollen wir ein paar Patienten dieses Hauses befragen?«, lächelt Frau Giraffe breit.
Ich bohre mir mit dem Finger im Ohr herum, um diesen billigen Satz rauszukratzen. Habe ihn zu oft gehört. »Können Sie mir erklären«, versuche ich einen Flankenangriff, »warum Sie gleichzeitig meine behandelnde Ärztin und meine designierte Nachfolgerin sind?«
»Weil ich die beste für den Job bin«, zuckt Giraffe die Schultern. »Was dachten Sie? Dass ich mit dem Gesundheitsminister schlafe?«
»Fassen wir zusammen«, stöhne ich, bemüht, nicht an nackte Tatsachen zu denken. »Ich wurde als Leiter des Instituts unter einem billigen Vorwand abgesetzt, damit die Pharmaindustrie ungestört wirkungslosen Quarz in Blech als von den Krankenkassen geförderte Medizinprodukte verticken kann.«
Aha, da kommt er mal zum Zopf. "Besser spät als nie", hat Makita bereits die halbe Tischplatte durchgetrommelt.
»Natürlich nicht!«, erschrickt Frau Giraffe. »Das wäre ja eine bösartige Intrige. Sie wurden lediglich Ihres Postens enthoben, weil Ihre unglückselige Krankheit Ihre Urteilsfähigkeit einschränkt.«
Langsam frage ich mich, warum ich überhaupt Hoffnung in dieses Gespräch gesetzt habe.
Das frag ich mich schon länger. So, wie das alles dasteht, benimmt er sich genau wie diese Helden in Psychogeschichten, die verrückt sind und behaupten, sie seien es nicht.
»Sie können jederzeit zurück in Ihr Zimmer gehen«, zeigt Frau Giraffe auf die Tür.
Ich balle eine Faust. »Orgonstrahler können mich nicht von einer Krankheit heilen, die ich nichtmal habe!«
»Das werden wir ja sehen«, ruft Giraffe mir hinterher, während ich zur Tür hinausrausche.
Da klingt er genauso, als würde er etwa sagen: "Eure Pillen haben mich erst verrückt gemacht, und das wissen Sie genau, Sie ... Sie ... Sie stecken doch mit denen unter einer Decke arghrgrgr!"
Ach, warum soll das eine Satire sein? Jetzt könntest Du ihn so schön in die Orgonkammern setzen, aber nein ... :D
zwischen den Orgonakkumulatorkammern, aus deren Innerem leise Kratzgeräusche dringen, und dem Mann mit den roten Spielzeugautos bleibe ich stehen, als wäre ich gegen eine unsichtbare Wand geprallt.
Es ist die Wand der Erkenntnis. Aufgemalt die teuflische Zwickmühle: Entweder lasse ich mich von Frau Giraffes Quarz im Blech heilen – und gestehe der Orgonstrahlung damit Existenz und Wirkung zu.
Oder ich bleibe hier und spiele mit roten Autos. Mit Modellen der schwarzen und roten Nobelflitzer, in denen draußen, auf der anderen Seite der Panzerglasscheibe, Politiker und Pharmabosse vor allesversprechenden Plakatwänden spazierenfahren; betankt aus den Geldbörsen der menschlichen Zapfsäulen, die auf Glück und Heilung hoffen.
Und nur Lügen bekommen.
Ja, und dann diese tonnenschwere, melodramatische conclusio. Wie paßt die zu dem ganzen Klamauk davor? Hier ist es doch zu spät, um die Helden noch ernstzunehmen.

Du hast Dich über was aufgeregt, und eine Geschichte hat sich daraus ergeben. Könntest Du nicht ... ich meine: Mach doch was aus den Orgonakkumulatoren! Bunte Lämpchen, verborgene Maschinen, Irrsinn vom Feinsten, laß den Helden die Frau Doktor fesseln, knebeln, da reinschleppen und imaginär totbraten, laß ihn im Erkenntnistunnel gläubig werden und sich schriftlich bei der Krankenkasse beschweren, daß sie nicht für die Glaubensbehandlung aufkommt, was weiß ich. Und dann verschieben! Aber eine Satire ... naja, vielleicht erstmal echt ganz viel streichen. Dann klänge es schonmal zackiger.

Gruß!
M'kita.

 

Frue mich, Berg, dass diese etwas schwierige Satire Deine Gnade findet.

Danke für Deine ausführliche Kritik, Makita.
Vieles davon werde ich natürlich berücksichtigen. Aber...
Was genau hast Du für ein Problem mit diesen... Redebegleitdingern? Sind die wirklich verboten? Falls ja, wo steht das? (Ich habe mal danach gesucht, aber nichts gefunden; und ich weiß, dass manche Autoren dergleichen durchaus verwenden)

Die Orgonakkumulatoren kann ich nicht mit Lämpchen versehen, denn sie haben nunmal keine. Es handelt sich ja um keine Erfindung von mir, sondern um einen feststehenden Begriff für ein recht genau definiertes Objekt. Überzeichnen wollte ich diese Dinger absichtlich nicht, da ich mich auf die Intrige konzentrieren wollte. Das Thema ist ja nicht Wunderglaube, sondern der Rauswurf des Medizinprüfers und dessen mögliche Hintergründe und Folgen.

Ich gebe zu, dass es mir schwer gefallen ist, das richtige Maß an Überzeichnung zu finden, und nach Deinem Gefühl ist es offenbar zu wenig (Streichen würde die verbliebenen Überzeichnungen ja verstärken). Berg hält die Überzeichnungen im Gegensatz zu Dir für gelungen - vielleicht gerade weil sie nicht zu schrill und abgedreht sind, er hat sich ja auch als Nicht-Fan meiner letzten (schrägen) SF-Storys geoutet.

Ich denke, ich muss da nochmal ran; zunächst werde ich aber die offensichtlichen Fehler korrigieren, um mich auf die satirischen Feinheiten konzentrieren zu können.

Danke jedenfalls schon einmal für eure Anmerkungen.

 

Huhu Uwe!

Was genau hast Du für ein Problem mit diesen... Redebegleitdingern? Sind die wirklich verboten? Falls ja, wo steht das?

Es geht ja nur um die "komischen" Inquits, glaub ich. Also Sachen wie:

"Ich bin ein BMW", fuhr das Auto an mir vorbei, "und komme aus Bayern", kam es zurück, drehte sich und schaltete dann den Motor aus.
"Du brauchst aber viel Benzin", tankte ich es auf.
"Weil ich einen großen Motor habe", fuhr es mir auf den Fuß.

Und so weiter. Und bei dir eben:

»Guten Tag, Herr Doktor von Garfunke«, wärmt mich ihre Stimme.
»Sehen Sie?«, zeigt Giraffe mit der eingeklappten Brille auf meinen Bauchnabel.
»Sollen wir ein paar Patienten dieses Hauses befragen?«, lächelt Frau Giraffe breit.
»Weil ich die beste für den Job bin«, zuckt Giraffe die Schultern.

Der ist richtig cool, weil ich mir vorstelle, wie man einen Satz zucken kann. :) Ich mein, man kann ja einen Satz sagen, aber ihn mit den Schultern zucken, das ist schräg. :)

»Natürlich nicht!«, erschrickt Frau Giraffe.
»Sie können jederzeit zurück in Ihr Zimmer gehen«, zeigt Frau Giraffe auf die Tür.

Das klingt, als würde es sie dorhin zeigen. Also schreiben. Wie mit einem Laserpointer an die Tür oder so.

Naja.

yours

 

Sind die wirklich verboten? Falls ja, wo steht das?

Wie gern würde ich Dir einen Link zum entsprechenden knallharten Gesetzestext mit konkreten Strafbestimmungen und Präzedenzfällen geben, aber leider sind die nicht verboten.
Das ist so ein Stilmittel, das mich immer an Abgeschlossene Romane, Wahre Beichten und Fledderheftchen erinnert, wo es auch massig Verwendung findet. Keine Ahnung, wer damit angefangen hat und warum.
Für mich ist das Sprachpersiflage. Meint es jemand ernst, muß ich weinen, sonst muß ich lachen und eins nachschieben.
"Das ist dann wie ein Zwang", ist Makita um die Artikulation ihrer Gefühle bemüht, "selbst, wenn es schon gar nicht mehr lustig ist", beißt sie sich entschuldigend auf die Unterlippe. :sealed:

 
Zuletzt bearbeitet:

Es ist also eine Befindlichkeit, weil Du dergleichen mit, ich sag mal: Schundliteratur, in Verbindung bringst?

Ist aber nicht der sich ewig wiederholende, banale Inhalt dieses "Schunds" ein viel stärkeres Charakteristikum als die Verwendung gewisser Verben im Zusammenhang mit wörtlicher Rede?

Ich sag Dir was: Ich stehe dazu, dass ich so schreibe (gut, in diesem Text hab ich's vielleicht übertrieben). Solange das Satzprädikat irgendwas mit der wörtlichen Rede zu tun hat, finde ich es legitim, es zu verwenden. Es sind nämlich zwei Dinge, die gleichzeitig geschehen (die Rede und die Tätigkeit). Würde nicht "Punkt, neuer Satz" diese Gleichzeitigkeit aufheben?

"Ich versteh das nicht." Sie schüttelt den Kopf.

"Ich versteh das nicht", schüttelt sie den Kopf.

Ersteres sehe ich als eine Abfolge von zwei Ereignissen, letzteres geschieht gleichzeitig.

"Prost!" Er nimmt einen tiefen Schluck.

"Prost", nimmt er einen tiefen Schluck.

Hier funktioniert Variante b nicht, weil man nicht gleichzeitig reden und schlucken kann. Da dürfte ich höchstens schreiben:

"Gluck", nimmt er einen tiefen Schluck.

Für mich ist das kreativer Umgang mit Sprache und ähnlich einzuordnen wie der Entwurf stimmiger Bilder und Metaphern (wenngleich zugegebenermaßen nicht so wichtig).

Aber ich spule nochmal zurück: Wenn Du meine Formulierungen als Charakteristikum von Unterhaltungsliteratur einsortierst, kann ich nur nicken: "Richtige" Literatur (Du weißt schon, die auf Anführungszeichen verzichtet und gern mal alles klein und über die DDR schreibt, sowie "Fatum" statt "Schicksal", dafür dann aber irgendwelche Preise gewinnt) zu schreiben, ist nicht mein Anspruch, kann es gar nicht sein, dazu habe ich das falsche Fach studiert. Ich will "anspruchsvoll unterhalten", und da greife ich auf bewährte Mittel der Trivialliteratur zurück: Cliffhanger zum Spannungsaufbau, Stereotype für Nebenfiguren, ja sogar auf... Adjektive! ;)

Selbst wenn mich das in die Nähe von Fledderheftchen rückt, gehöre ich immer noch nicht in jene hineingedruckt. Was auch noch nie geschehen ist - schlicht und einfach, weil ich nicht vom Schreiben leben muss. Viele Autoren verfassen ja (tw. unter Pseudonym) alles, vom Arztroman bis zur Alpenschnulze - bloß weil ihre "guten Romane" niemand kauft. Und wenn man den eigenen Erfolg als Autor über die Anzahl zufriedengestellter Leser definiert, dann führt Trivialliteratur vielleicht nicht in den Reich-Ranicki-Pantheon, aber zu einer gewissen Zufriedenheit.

Meine Güte, so weit wollte ich wirklich nicht abschweifen... böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass ich das bloß mache, um mich davon abzulenken, dass ich eigentlich den Text überarbeiten müsste... :p

Edit: So, hab einiges geändert...

 
Zuletzt bearbeitet:

Bitte löschen, bevor sie noch alle bei mir einbrechen und mir meine Kekse klauen. Und ich lerne: Don't mess with the gods.

Aber so lernt man Menschen kennen, hrhr. :o)

 

auf Anführungszeichen verzichtet und gern mal alles klein und über die DDR schreibt, sowie "Fatum" statt "Schicksal", dafür dann aber irgendwelche Preise
Das will ja keiner. Nein, Sir! :D

 

Die seltsamen Redebegleitverben fand ich an Stellen wie dieser erfrischend:

»Guten Tag, Herr Doktor von Garfunke«, wärmt mich ihre Stimme.

In allen Schreibratgebern steht aber, dass "sagte" das einzig Wahre ist. Vermutlich, weil die Art, wie etwas gesagt wird, aus den Worten und der Situation hervorgeht und eine zusätzliche Betonung ("sagte er besserwisserisch") redundant ist.

 

@yours:
Wieso musst Du mir gleich (implizit) Arroganz vorwerfen, wenn ich eine Stelle lassen möchte, wie sie ist, solange mir niemand beweisen kann, dass sie sachlich falsch ist, nach Duden Regel Hassenichgesehn oder Bürgerlichem Gesetzbuch §Schlagmichtot?

Ausleben von Kreativität und persönlicher Freiheit, yours, sind für Innovation unabdingbar erforderlich, Kunst muss Grenzen ausloten, bloß Gesetze darf man dabei nicht verletzen oder Leute beleidigen oder einfach alles klauen. Ich behaupte nicht, dass ich genial bin oder dieser Text, aber lass mir doch meinen exzentrischen Stil!

Und was genau ist der Unterschied, der

Sie schüttelt den Kopf: "Ich versteh das nicht!"

erlaubt und

"Ich versteh das nicht", schüttelt sie den Kopf.

nicht?

Das Verb spielt in beiden Fällen semantisch dieselbe Rolle, oder sehe ich das falsch?

@Berg:

Boah, wie lahm ich diese übersetzten Ami-Feldwaldundwiesenthriller finde, wo immer nur "sagte" und "fragte" steht!

Natürlich geht eine Betonung oder Sprechart oft direkt aus dem Inhalt der wörtlichen Rede hervor, so dass ein Adverb wie "besserwisserisch" redundant wird:

"Das weiß doch jeder", sagte er besserwisserisch.

Was aber ist mit den Fällen, in denen eine direkt mit dem Sprechakt verbundene Handlung oder Empfindung eben nicht in der wörtlichen Rede steht? Die Sprache ist doch voll von Doppeldeutigkeiten!

"Ich bin auf einer blauen Banane ausgerutscht."
"Glaub ich nicht", sagte Hermann.

"Ich bin auf einer blauen Banane ausgerutscht."
"Glaub ich nicht", sagte Hermann ironisch.

Im zweiten Fall meint der Sprecher das genaue Gegenteil.

Wenn ihr das nächste Mal ein Gespräch führt, achtet mal darauf, was abgesehen vom eigentlichen Sprechen noch so passiert. Ein Dialog besteht nicht nur aus gesprochenen Sätzen, er findet auch zwischen den Zeilen statt, und das muss ich dem Leser vermitteln, wenn es wichtig für die Geschichte ist.

Okay, ihr seht: Ein Lieblingsthema von mir... ;)

 

Was bei der bisherigen Diskussion über Redebegleitumstände leider etwas zu kurz gekommen ist:

Anscheinend trifft der Text nicht in satirischer Form den richtigen Punkt. Hat jemand eine Idee, wie ich das verbessern könnte? Meine Befürchtung ist, dass sich die Orgon-Sache in den Vordergrund spielt, obwohl es eigentlich um die Intrige geht. Habe ich vielleicht die satirische Überzeichnung an der falschen Stelle angesetzt? Hätte ich auf den Orgon-Krempel verzichten sollen?

 

Ich finde "Orgon" als Synonym für "völliger Quatsch" sehr wirkungsvoll und glaube nicht, dass Änderungen am Aufbau der Geschichte zu einer Verbesserung führen würden. Dieses Bemühen nimmt der Satire eher die Leichtigkeit. Möglichkeiten, etwas für die Geschichte zu tun, sehe ich in der Form, bei den verwendeten Bildern und den schon erwähnten Inquits. Vor yours' erstem Kommentar wusste ich übrigens nicht, dass diese Redebegleitverben so heißen. ;)

Für meinen Geschmack verwendest Du zu viele Adjektive. Das lenkt von der Handlung ab. Ebenso Wendungen, die in Richtung Spaß und Skurriles gehen:

»Sehen Sie?« Giraffe zeigt mit der eingeklappten Brille auf meinen Bauchnabel. »Es geht Ihnen nur um die Diffamierung einer Industrie, welche auf das Wohlergehen der Bevölkerung bedacht ist. Im Gegensatz zu Ihnen, der in praktisch allen Prüfberichten die Alternativmedizin als wirkungslos bezeichnet hat.«
»Weil sie es ist! Orgonstrahler sind nichts anderes als ein paar Quarze in einer Blechröhre!«

Die Gedachte Linie zwischen Brille und Bauchnabel würde man in einem Spiegel-Artikel nicht finden. An dieser Stelle fällt mir beim zweiten- und drittenmal Hinschauen auf, dass die Dialoge nicht gerade subtil sind. An der Balance zwischen Nicht-ernst-nehmen und Gegnerschaft, Drohungen und Versprechungen lässt sich noch was machen: mehr Spannung, mehr Empathie, mehr eiskalte Berechnung!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Berg,
Giraffe zeigt mit der eingeklappten Brille auf meinen Bauchnabel.
Durchaus nachvollziehbar, denn er steht vor ihr, unüblich, und sie reagiert gewohnheitsmäßig.
Zitat:
»Guten Tag, Herr Doktor von Garfunke«, wärmt mich ihre Stimme.
In allen Schreibratgebern steht aber, dass "sagte" das einzig Wahre ist. Vermutlich, weil die Art, wie etwas gesagt wird, aus den Worten und der Situation hervorgeht und eine zusätzliche Betonung ("sagte er besserwisserisch") redundant ist.

Meines Erachtens kann eine Stimme nicht sagen, denn sie ist die passive Wahrnehmung des Hörenden. Daher finde ich den subjektiven Eindruck des 'Wärmens' durchaus angebracht.

Hallo Uwe,
ich komme eher von historischen Fach und habe erst vor einigen Jahren die SF für mich wiederentdeckt. Da ich in historischen Texten aus gutem Grund gebunden bin, nahm ich die Gelegenheit, mich in der SF 'auszutoben' wahr. Ich sehe in der SF und auch bei Satire eine Möglichkeit, Inhalt, Stil und Sprache auszuprobieren. Sehr gerne bastele ich Neolinguismen, sowie eigensinnige 'Begriffswortketten', baue humankritische, humoristische und satirische Passagen ein, u. s. w.
Eine Satire kann mir daher gar nicht krass genug sein, die sprachliche Umsetzung halte ich daher ausnahmsweise für zweitrangig.
'Quarz in Blech' gefällt mir - Daumen hoch! (Und ich finde diesen Skandal so ärgerlich, dass ich meinen Gelassenheitsspruch hersagen muss …)
Frohe Ostern!
kinnison

 

Hallo Uwe Post,

die Idee, die finde ich ja Klasse. Ich hab jetzt den Artikel nicht gelesen, sondern nur Deine Geschichte und ja - sie hat was, etwas wo man schluckt und die Ordnung in Frage stellt.

Aber mir ist das alles irgendwie zu sehr mit dem Weichzeichner übermalt.
Frau Dr. Giraffe - die mit dem langen Hals - die war mir echt nicht Lady Cool genug. Als Frau von Welt ohne Gewissen, kam sie mir irgendwie zu nett, vielleicht auch naiv rüber. Aber das ist sie nicht, sie ist Berechnung in Person, ein wandelndes Sparbuch. Das sagst Du zwar, aber Du zeigst die Frau nicht so. Eigentlich sollte sie sich in dem Gespräch auch viel mehr winden (weil feige im Angesicht der Wahrheit) oder ihn eben voll abbügeln.
Und ich verstehe ihn nicht. Er wird da in der Klapper festgehalten, Einzelzelle und so, seine behandelnde Ärztin hat ihn seinen Job gekostet und er bringt da gerade mal ein wenig Wut auf? Er will sie im Gespräch stellen? Ich halte ihn ja für intelligent genug zu wissen, dass das nicht die Lösung seines Problems ist, ihr mit der Wahrheit zu kommen.
Also die beiden, die sind mir irgendwie nicht echt genug. Die plätschern da so in ihren Anschuldigungen.

Wieso stehen diese Orgonakkumulatorkammern eigentlich auf dem Gang rum? Klar sie schaden niemanden, aber ich fände es irgendwie viel bezeichnender, wenn man aus den Dingern ein riesen Tamtam machen würde. Je mehr Tamtam, je mehr Wirkung, wegen der Psyche und so ;).

Text:

... im Clinch mit der überrumpelten Eizelle, die gerade vom Einkaufen kommt

:lol:

Kein Wunder, dass das Resultat Insasse einer Nervenklinik ist.

Ach nö ... schreib das nicht :).

Als promovierte Prominenz genieße ich Privilegien in diesem Institut:

Verstehe ich nicht - gerade ihn müsste sie doch - ich meine, der Mann ist gefährlich für das bestehende Ordnungsprinzip.

Die warmstimmige Durchsage klingt, als sei ich hier der Arzt.

So ne Frau redet doch nicht mit warmer Stimme - sondern in Eiskristallen.

Ich komme an einer Batterie Orgonakkumulatorkammern vorbei; einer der ofengroßen Holzboxen entsteigt gerade ein Patient, der, vom freundlichen Pfleger nach seinem Befinden befragt, glasigen Auges »fühle mich schon viel besser« lallt, damit er keine weitere Stunde in die Kiste muss.

Das ist doch wertend. Kann er nicht zerknittert aus der Kiste kommen und nach seinen Autos fragen? Ob er jetzt weiter spielen kann?

»Sie verteilten Schokoriegel in der Warteschlange vor Ihrem sinnlosen Strahler!«

Das finde ich groß!

Ich bohre mir mit dem Finger im Ohr herum, um diesen billigen Satz rauszukratzen.

Und das finde ich schön :).

So, ich bin jetzt echt keine Fachfrau in Sachen Satire. Mal so gar nicht, aber ich hab das hier gern gelesen und deshalb meine Befindlichkeiten niedergeschrieben.

Beste Grüße Fliege

 

Salve Herr Post,

inhaltlich hat mir Deine Satire sehr gut gefallen - schon zu Beginn, als der geistig gesunde Professor durch die Gänge trabt, ahnt man, worauf es hinauslaufen wird (auch ohne den Artikel zu kennen). Dass hier eine missliebige Person abgeschoben wurde, ist sofort klar.
Mit der Gestaltung des Inhalts happert es allerdings. Zum einen finde ich, es hätte der Geschichte besser getan, wenn Du ihr vertraut hättest, die Wahrheit zwischen den Zeilen zu transportieren. Stattdessen lässt Du den Professor und die Giraffe allzu plakativ vortragen, was Du vermitteln wolltest.

Zum anderen wird durch die penetrante Erwähnung der Orgonakkumulatoren der Eindruck erweckt, es gehe tatsächlich um diese. Hätte die Giraffe noch mehr wirkunglose Quatschtherapien auf ager und in Anwendung, würde mE deutlicher, dass es um die Sach an sich geht, und nicht um das Orgon.

Dass es Dir um die Intrige geht, würde auch klarer, wenn der Professor einen identifizierten Gegenspieler hat. Klar, da ist die Giraffe, aber die ist nur verlängertes Sprachrohr eines diffus agierenden Industriezweigs. Die Orgonkisten dagegen sind plastisch, deswegen stürzt man sich leicht auf sie.
Mit einem identifizierten Wirtschaftsboss oder Politiker, der die Einweisung in die Psychiatrie veranlasst hat, gäbe es einen greifbaren Antagonisten.

Den Schluss finde ich ein bisschen so lala. Der plätzschert so vor sich hin. Wenn ich an Kischon oder Heine denke, knallt es gerade in den letzten Sätzen noch mal richtig, die Spannung löst sich in eienr Überraschung oder einer ironischen Wendung auf. Bei Dir dagegen klingt es wie "Moral von der Geschicht" - fast ein wenig getragen, bieder, ernst. Lass doch den Professor Amok laufen, und die Giraffe eine Woche in ihre Orgonmaschine sperren, oder sonst was Überdrehtes tun.
Das stünde mE einer Satire besser an, als eine traurige Erkenntnis anzuführen, zu der ich schon während der Lektüre gekommen bin.

LG, Pardus

 

"Wer heilt hat recht" ist ein Satz der bei mir (und offenbar auch bei dir) regelrechten Hass auslöst. Das Absurde wurde gut getroffen, aber das Thema ist so ärgerlich dass man nicht lachen mag. Noch mehr Schärfe wäre möglich gewesen, aber die Doppelmühle in der der Prot. steckt lässt eine Lösung nicht zu.
Sprachlich mag ich zu viele Adjektive auch nicht, aber ausprobieren und herumspielen ist immer gut, auch wenns nicht immer Treffer sind.
Fand ich gut! Man möchte Kettensägen einbauen

 

Hallo Uwe Post,

die, korrigiere mich, falls ich falsch liege, einzige Satire von dir hier auf kg und ich habe dazu noch nix zu meckern gehabt? Das geht ja mal gar nicht. :D

Ich habe mir eh vorgenommen, ein paar bisher von mir unkommentierte Geschichten hervorzuholen, da kann ich gleich mit deiner beginnen.

Grundsätzlich hat mir die Geschichte gefallen, zu den Details komme ich gleich. Es ist für mich auch eine Satire, wenn auch nicht in formvollendeter Form. Ich weiß nicht, ob ich damit langweile, wenn ich sie nochmals darlege.
Egal, ich tus einfach und du liest ne Ecke fixer, wenn es dich nicht interessiert.
Ich halte eine Satire dann für formvollendet, wenn sie einen Missstand innerhalb der Gesellschaft aufzeigt, dies in Form einer Geschichte verpackt ist, die für sich genommen alle Merkmale einer klassischen Geschichte enthält, und aus der man die eigentliche Intention des Autors nicht direkt lesen kann, sondern erst nach dem Lesen der gesamten Geschichte klar wird, was "dahinter" steckt. Platt ausgedrückt, ich will z.B. die Bildungspolitik kritisieren, aber die Geschichte handelt von etwas ganz anderem, handelt vordergründig von etwas anderem.

Daran hapert es in deiner Geschichte, denn dem Leser erschließt sich sozusagen unverblümt aus dem Text selbst, worum es geht.

Meine puristische Definition von Satire soll jedoch nur der sog. rote Faden sein, der durch die Satirelandschaft führt.
Es gibt die klassische Satire kaum noch in dieser Reinform. Es gibt die Parodie, also die quasi Spiegelung eines Missstands, der meist noch ins Lächerliche gezogen wird oder kräftig überzogen und verzerrt wird.
Es gibt die deutliche Ironie innerhalb des Geschriebenen, es gibt den Sarkasmus und natürlich auch den Zynismus.
Das möchte ich alles zur Satire dazuzählen. Aber eigentlich nur deshalb, weil sich die Erscheinungsform der Satire verschoben hat hin zur Parodie.

Vor Jahren habe ich es mir so erklärt, dass in unserer Zeit so heftig viel Ungeheuerliches geschieht, das man es kaum geistig und mental richtig zu verarbeiten schafft, dass man nicht noch der Umverpackung der Satire benötigt, um all die Missstände aufzuzeigen.

Aber mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass jede Generation mit Ungeheuerlichkeiten zu tun hatte, mit kaum auszuhaltenden Misständen leben musste und es tatsächlich einen Darstellungswandel für diese Misstände gegeben hat. Die Satire stirbt aus, obwohl es genügend Stoff für sie gäbe.

Fazit: deine Geschichte bekommt den Ritterschlag :D eine Satire zu sein und Punkt.

Ich fand die Geschichte, so wie man es von dir gewohnt ist, höchst munter geschrieben und zum Teil mit sehr pfiffigen Formulierungen versehen.


»Welchen Teil dieses Satzes soll ich zuerst in der Luft zerreißen?«
Gelungener Satz!

Ich bohre mir mit dem Finger im Ohr herum, um diesen billigen Satz rauszukratzen.
Diese Formulierung hat mir gefallen.

Wenn auch dieser Satz erfrischend neu klingt

Sie windet sich wie ein Schwarm Ratten, der von einer altersschwachen Katze aufgemischt wird.
habe ich doch meine inhaltlichen Probleme damit. Schätze 90% aller Weltkatzen gehen Ratten eher aus dem Weg, Mäuse werden gefangen, Ratten nicht.
Wie verhält sich eine altersschwache Katze? Sie bleibt liegen, weil sie mit ihrer arthritischen Langsamkeit keinem Tier imponieren würde und sei es nur einer elenden Ratte. :D Dein Bild passt also nicht so recht.

Leider kann ich dir nix Überzeugendes anbieten. Mir fiel nur ein: Sie windet sich wie ein Schwarm Ratten auf Treibsand.


Hier noch ein kleiner Tippfehler:

Langsam frage ich mich, warm ich überhaupt Hoffnung in dieses Gespräch gesetzt habe.
warm= warum


Und jetzt komme ich zu dem Absatz, der deiner Geschichte den Atem nimmt:

Irgendwo auf dem Gang zwischen den Orgonakkumulatorkammern, aus deren Innerem leise Kratzgeräusche dringen, und dem Mann mit den roten Spielzeugautos bleibe ich stehen, als wäre ich gegen eine unsichtbare Wand geprallt.
Es ist die Wand der Erkenntnis. Aufgemalt die teuflische Zwickmühle: Entweder lasse ich mich von Frau Giraffes Quarz im Blech heilen – und gestehe der Orgonstrahlung damit Existenz und Wirkung zu.
Oder ich bleibe hier und spiele mit roten Autos. Mit Modellen der schwarzen und roten Nobelflitzer, in denen draußen, auf der anderen Seite der Panzerglasscheibe, Politiker und Pharmabosse vor alles versprechenden Plakatwänden spazierenfahren; betankt aus den Geldbörsen der menschlichen Zapfsäulen, die auf Glück und Heilung hoffen.
Und nur Lügen bekommen.

Zum einen wird hier dem Leser vorgekaut, was er wirklich schon weiß. Das hat du nicht nötig, dem Leser eins mit der Erkenntniskasperklatsche um die Ohren, nein Augen zu hauen. Dein ganzer Text weist doch auf die prekäre Situation hin, in der dein Protagonist steckt. Die ganze Geschichte handelt davon.

Zum anderen ist dies natürlich der flaueste Schluss einer Geschichte, den man sich denken kann und ein unübersehbares Drücken vor einer Pointe oder wenigstens einem konstruktiven Schluss. Damit meine ich um Himmels Willen kein Happyend oder dergleichen Pilcherhaftes, sondern ich meine damit, dass NUN etwas passiert. Was auch immer das sein soll, z.B. dieser verdammte Apparat explodiert, die Panzerscheiben zerbersten und der Prota kommt frei oder irgendein pfiffiger Schluss, in welchem die Giraffe miterleben muss, wie ein enger Verwandter in diesen Sinnlosapparat eingesperrt wird.
Ich hoffe, du verstehst, wie ich es meine.
So einen neuen Schluss zu finden, ist nicht leicht, umso mehr könnte es ja für dich eine Herausforderung sein. Die Satire ist im Prinzip mit der Schilderung der Situation beendet und erschöpft sich auch darin. Nun noch ein fulminantes Ende zu finden, ist wirklich schwer. Trotzdem hoffe ich, du magst es versuchen.

Ich habe deine Geschichte trotz dieses flauen Endes sehr gern gelesen.

Lieben Gruß

lakita

 

Damit läufst du bei mir offene Türen ein! Einerseits wegen der Absetzung des äußerst kompetenten und "scharfen" Sawicki, was ein Skandal größeren Ausmasses ist, andererseits wegen der Verarschung von Esodreck (Orgonstrahler).
Der Mann wurde aufgrund brutalstem Lobbying abgesägt, eine Frechheit! Auch deine Schlussfolgerung, dass mit "Glaubuli" und anderem Esoschwachsinn ein Haufen Geld verdient wird/werden soll, finde ich schlüssig.

 

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