Pummelchen und der Prinz
Noch drei Tage bis zum Wochenende, sie freute sich darauf. Große Lust, die freien Tage wieder ohne einen Mann zu verbringen, hatte Pia Plimpenstein allerdings nicht. Hoffentlich wird das Wochenende nicht wieder so enttäuschend wie letztes Mal, wo sie alleine ausging und mal was Neues ausprobiert hatte. Das Lokal war erst vor Kurzem eröffnet worden und trug den Namen Zur Räuberhöhle. Der Besitzer hatte sich reichlich Mühe gegeben, die Kneipe gemütlich einzurichten. Pia setzte sich an einen kleinen Tisch, direkt neben einer alten Wurlitzer-Musikbox, die jedoch nur zur Dekoration diente. Die Musik, die gespielt wurde, kam vorwiegend aus der Zeit, als ihre Mutter noch ein Teenager war. Damals besaßen sie einen alten Plattenspieler, und Pia gefiel es, sich die alten Scheiben von ihrer Ma anzuhören.
An der Theke entdeckte sie Lukas, der ging mit ihr zusammen auf die Schule. Sie waren in der gleichen Stufe, aber nicht zusammen in einer Klasse. Lukas wusste schon damals, dass ein gewisses Risiko nötig war, um Gewinne einzufahren. Während der Schulzeit klaute er Autoradios und machte ein florierendes Geschäft damit. Glück für ihn, dass er nie geschnappt wurde. Ein Eintrag im Führungszeugnis hätte seiner weiteren Karriere im Weg gestanden. Heute arbeitete er in der Stadtsparkasse und wusste genau, wie er an das Vermögen der Leute kam, ohne Angst davor zu haben dafür, hinter Gitter zu landen. Dieser Halunke machte den Namen dieser Kneipe wirklich alle Ehre.
Zwischen ihrem ersten wohlschmeckenden Cocktail und dem zweiten kräftigen Gähnen machte Lukas auf dem Weg zum Klo kurz Halt an ihrem Tisch. „Hi Pummelchen, du hier und nicht im Fitnesscenter?“ „Du hier und nicht hinter schwedischen Gardinen?“, konterte sie und war selber überrascht von ihrer gelungenen Retourkutsche. „Komm am Dienstag mal bei uns vorbei, nette Überraschungen warten auf jeden. Weltspartag.“ Und weg war er und ließ sie fortan in Ruhe. Pia war froh. Sie war einem Flirt nicht abgeneigt, deswegen war sie ja hier, ab bitte nicht mit dem. Nein, nicht mit dem.
Eine Viertelstunde später sprach ein kleiner Herr mit schütterem Haar, der ihr Vater hätte sein können, sie an, ob er ihr ein bisschen am Tisch Gesellschaft leisten dürfe. Große optische Reize für wilde Träume bot er nicht. Aber er schien nüchtern zu sein, den meisten anderen Männern war ein gewisser Alkoholgehalt bereits anzumerken. Sie sagte ja, bevor ihre aufkeimende Langeweile zu nach Hause gezwungen hätte.
Er spendierte ihr einen frischen Drink und torpedierte sie ununterbrochen mit Abenteuer aus seinem Leben als Außendienstmitarbeiter, und Pia kam überhaupt nicht zu Wort. Die Geschichten wurden nach und nach immer frivoler wurden. Ein netter Versuch, sie anzutörnen. Die Kunst des Flirtens hatte er somit nicht erfunden, eher musste er sie in zwielichtigen Nachtklubs gelernt haben. Dauernd glotzte der Zwerg ihr unverblümt in den Ausschnitt und qualmte eine Zigarette nach der anderen, und zwar diese stinkigen Sargnägel, diese französischen.
Pia hasste Rauchen und für sie wurde die Atmosphäre im Lokal mit der Zeit immer unangenehmer. Die Delegation glatzköpfiger Heinis in Bomberjacken aus der Spelunke Thekenfront, die überraschend hier antanzte und unüberhörbar kundgaben, wie besessen sie alle vom Nationalstolz waren, tat ihren Teil dazu bei.
Der Mond verbarg sein Gesicht sich hinter dicken Wolken. Das diffuse Licht der Laternen und graue Nebelschwaden, die durch den Ort krochen, tauchten den Platz in der historischen Altstadt in eine geheimnisvolle Melancholie. Pia saß allein auf einer Bank. Es war etwas kühl in dieser Dienstagnacht und eine leichte Gänsehaut machte sich bei ihr bemerkbar. Sie fühlte sich einsam. Damit etwas wie Freude aufkam, naschte sie Süßigkeiten. Eine kalorienbeladene Sünde, von der sie nicht lassen konnte und die sie nach der Trennung von Mark kultivierte, was ihr weitere fünf Kilo Übergewicht einbrachte. Ihre abendlichen Spaziergänge waren viel zu kurz, um die zugeführten Kalorien gleich wieder zu verbrennen.
Die Trennung von Mark. Es fing alles mit diesem schrecklichen Sommerurlaub an. Ihr Freund wollte unbedingt mit dem Auto nach Frankreich, aber sie wäre gerne nach Italien gereist. Nach Sizilien mit dem Flieger. „Furchtbar diese Franzosen!“, eiferte sie. „Die mögen uns Deutsche nicht, können nicht treu sein und knabbern leidenschaftlich an unteren Extremitäten von Kröten. Da willst du hin?“ Pia hatte ein redseliges Wesen, aber mochte keine langen Diskussionen, deshalb gab sie schnell nach und Mitte Juni fuhren sie los. Der Anfang vom Ende ihrer Beziehung.
Bei der Hinfahrt legten sie zunächst einen Zwischenstopp in Paris ein. Die Hauptstadt Frankreichs ist allgemein bekannt als Stadt der Liebe - aber von wegen! Eine Stadt der Diebe war das! Im Gedränge der Pariser Metro tummeln sich die Taschendiebe wie Salmonellen in eiweißreichen Lebensmitteln. Gleich am ersten Abend wäre fast ihre Geldbörse futsch gewesen, hätte sie nicht sorgsam darauf aufgepasst. Das war ihr am ersten Abend noch nicht einmal in Italien passiert. Dafür wollten die Männer ihr gleich am ersten Abend die Unschuld rauben.
In einer kleinen Pension in der Provence hatten sie ein Zimmer gebucht. Bei der Anreise dorthin verfuhren sie sich irgendwo in der Region Rhone-Alpes. Mit Kenntnissen in Englisch und Italienisch kam man hier leider nicht weit. Da sie in der Schule etwas Französisch gelernt hatte, fragte sie Einheimische nach dem Weg. „Diese Franzosen!“, regte sie sich danach auf. „Sprechen null Englisch, nur ihre heiß geliebte Sprache! Dann plappern sie noch schneller, nachdem man sie gebeten hatte, etwas zu wiederholen, das man nicht verstanden hat. Dann versteht man absolut gar nix mehr. Und dieser eine Bauer hat mich überhaupt nicht ausreden lassen. Furchtbar diese Franzosen!“
Mark konnte kaum Französisch, aber immerhin genug, um mit Monique zu flirten. Diese schwarzhaarige Hexenschlampe war die Tochter vom Pensionsbesitzer. Und der spielte den ganzen lieben Tag lang mit einer Kippe im Mundwinkel Boule und löschte seinen Durst kontinuierlich mit Rotwein. Monique kümmerte sich derweil um das Haus, um die Gäste und um Mark im Besonderen.
Rückblickend musste sie sagen, dass ihr Verhältnis nicht mehr zu kitten war, spätestens ab dem Punkt, wo Mark sie nicht mehr mit Pummelchen liebkoste, sondern sie stattdessen mit kontrollsüchtige Henne, fette Pute oder dumme Gans beschimpfte. Wortwörtlich genommen wären es wirklich spannende Mutationen, die Darwin zu denken gegeben hätte. Nach dem endgültigen Aus ihrer Freundschaft mit Mark war Pia verletzt, betäubt, verunsichert.
Der schwarze Kater huschte in eine kleine Seitengasse und ließ Pia einsam an diesem Ort zurück. Von der Ruhe der Nacht angetan, begann sie weiter über ihr Leben nachzudenken. Im Moment war sie voller Hunger nach Liebe, Leidenschaft und Romantik. Ihr Job war öde, ihre Wohnung war kein Luxus und ein neuer Freund musste schnellstens her. Ein ehrlicher, leidenschaftlicher, mutiger Kerl, der sie zum Fressen gern hatte. Die Stille wurde durch das Schlagen der Kirchenuhr gestört, es war Elfe. Warum blitzte sie bei Männern dauernd ab? Dabei war sie grad mal 25 und hatte ein hübsches Gesicht. Ohne Frage. Lag es an ihrer molligen Figur? Oder an ihrem Plappermaul?
Ein kleines Schild an der Bank wies darauf hin, dass sie von der Stadtsparkasse gesponsert wurde. Heute war ja Weltspartag, fiel ihr plötzlich ein. Pia blickte rüber zum alten Gänsebrunnen. Woher der Namen rührte, wusste niemand mehr so genau. Bereits im Mittelalter kursierten verschiedene Legenden um diesen Brunnen. Seit dieser Zeit sollen Frauen hier zuletzt gesehen worden sein, bevor sie auf unerklärliche Weise spurlos verschwunden sind. Viele dieser Geschichten wurden wohl im Laufe der Zeit dermaßen ausgeschmückt, dass man sich heute die Frage stellen musste, ob überhaupt noch ein Fünkchen Wahrheit darin zu finden ist.
Münzen in einen Brunnen zu werfen soll ja angeblich Wünsche wahr werden lassen, dachte sie und erinnerte sich voller Wehmut an schöne Tage in Rom. Vier Wochen machte sie im Sommer 2006 mit ihrer chronisch durchgeknallten Freundin Carina die Ewige Stadt unsicher. Beide waren damals neunzehn und voller Erwartungen und Hoffnungen auf das Leben. Carina meinte immer, um in dieser verrückten Welt überleben zu können, musst du den Verstand verlieren. Ein Jahr später lernte Pia Mark kennen. Im Grunde der erste Junge, mit dem sie fest zusammen war. Und bislang auch der Letzte.
Mit zwanzig den ersten Freund, das klingt in der heutigen Zeit schon etwas altmodisch. Aber so war sie nun mal, unsere Pia, wie ihre Mutter. Die unterwarf sich nicht dem Zeitgeist der damaligen Generation und erzählt auch heute noch mit Stolz erfüllt, dass sie die Einzige gewesen war, die auf den legendären Kellerfeten nicht bekifft oder betrunken war. Auf Pias 91-jähriger Großmutter traf das ebenfalls zu. Die warnte ihre Enkelin immer vor fremden Männern, wie sie es bereits bei ihren eigenen Töchtern getan hatte. Es kam somit nicht von ungefähr, dass der Name Pia auf Lateinisch die Eigenschaften fromm, pflichtbewusst, gottgefällig oder auch gerecht bezeichnete.
Logo, vorher hatte sie bereits mit anderen geknutscht und gefummelt, hauptsächlich mit temperamentvollen, abenteuerlustigen italienischen Ragazzis. In Pias Annalen hatte sich Mark als Pionier verewigt, der die Zonen unterhalb ihres Bauchnabels erforschen durfte. Ein Bereich, den sie bislang tapfer und widerspenstig gegen alle Angriffe von außen verteidigt hatte, hauptsächlich denen von temperamentvollen, abenteuerlustigen italienischen Ragazzis. Nach dem Verlust ihrer Unschuld und als später Mark auch verloren ging, hatte das Verlangen nach einem Mann im Bett ihre altbackenen Prinzipien weich gekocht. Mittlerweile war sie einem One-Night-Stand nicht abgeneigt. Mit einer Packung Kondome war Pia stets gut gerüstet gegen eine mögliche Schwangerschaft.
Pia nahm eine Münze aus ihrem Portemonnaie. Immerhin bekam sie so einen kleinen Vorgeschmack auf das Brautstraußwerfen. Dieser Brauch hat lange Tradition. In der Kirche überreicht der Bräutigam der Frau den Brautstrauß, den schmeißt sie dann nach der Trauung über die Schulter weg, allerdings nicht in einen Brunnen, sondern in ein Rudel hysterisch kreischender, unverheirateter Mädels. Diejenige, die sich den Strauß schnappt, kann sich glücklich schätzen, bei der könnten bald die Hochzeitsglocken anfangen zu läuten.
Peng! Ein Geistesblitz war da. Heute wird nicht gespart Pia! Heute wird verschwendet! Eine Frau - ein Wort! Dies war zwar nicht der Fontana di Trevi, aber egal! Sie erhob sich und stellte sich mit dem Rücken zum Brunnen. Mit der linken Hand warf sie das Geldstück über ihre rechte Schulter. Plitsch! Pia drehte sich um und schaute nach. Der Brunnen war nicht tief, jedoch war es zu dunkel und das Wasser zu trübe, um bis auf den Grund zu sehen.
„Wenn Sie ihr gesamtes Geld in den Brunnen werfen, sehe ich mich gezwungen, Sie am Samstagabend bei mir zum Essen einzuladen. Knusprige Gans steht auf der Speisekarte.“
Nanu, wer war das?
Pia drehte sich erschrocken um.
„Damit Sie mir nicht abmagern, es wäre wirklich schade um die knuddelige Figur.“
„Wer sind Sie denn?“
Der sieht ja appetitlich aus! Und der steckte in einer ausgefallenen, aber vorzüglichen Garderobe, wie ein Prinz. Alle Achtung!
Pia konnte ihr Glück kaum fassen. Grade mal fünfzig Cent investiert und gleich diese Rendite, ein unbezahlbares Exemplar von einem Prachtkerl! Das müsse sie diesem Furz von Banker Lukas mal erzählen, der würde vor Neid Platzen wie eine Seifenblase. War da Magie mit im Spiel?
„Thomás“, antwortet er und betonte dabei die letzte Silbe.
Und wie heißt unsere Brunnenfee?“
„Unsere Brunnenfee heißt ... Na, wie heißt sie wohl? Drei Mal dürfen Sie raten!“
„Und wenn ich richtig rate? Gibt´s einen Preis?“
Einen Preis? Er möchte einen Preis. Hm, er soll einen bekommen, einen Köstlichen.
Irgendwie bekam Pia das Gefühl, dass das mit ihm etwas Außergewöhnliches wird. Also ging sie gleich aufs Ganze.
„Sie dürfen mich küssen.“
„Auf die Hand?“
„Oh wie charmant. Nein, sogar auf den Mund, das darf nicht jeder.“
„Eine entzückende Idee, ich bin begeistert“, sagte er fröhlich und ging auf sie zu. Pia war ebenfalls mehr als begeistert von dieser Aktion. Nun stand er zwei Meter vor ihr.
„Eine entzückende Idee, ich bin begeistert. Okay, da sag ich mal ... Sandra?“
„Sie haben leider nicht gewonnen.“
„Dann ... Anja?“
„Wieder eine Niete.“
Das kriegt der nie raus. Pia, du hast die Aussicht auf einen Kuss und wärst auch eine Niete, wenn du ihm nicht einen heißen Tipp geben würdest.
Sie schaute ihn drollig an.
„Mein Name ist kurz, fängt mit einem P an und endet mit einem a.“ Dazwischen liegt nur noch ein i, du Trottel!
„Pia vielleicht?“
„Bravo, Herr Thómas“, freute sie sich und betonte dabei immer die erste Silbe und nie die letzte, so wie die blöden Franzosen es tun würden. „Pia, genau!“ Sie haben gewonnen!“
„Gute Freunde nennen mich Tom. Wie wär´s?“
„Verstehe, wir duzen uns. Gut geraten, Tom.“
„Geraten nicht unbedingt“, beichtete er ihr. „Heute wird nicht gespart Pia.“
„Heute wird verschwendet! Hey, Sie hab... äääh, du hast mich gerade belauscht!“
„Das würde ich nicht so direkt sagen. Ich habe lediglich mit großem Interesse dein Verhalten verfolgt. Und taub bin ich auch nicht.“
„Klar, genauso wenig wie ich stumm bin. Schluss damit! Jetzt hol dir flott den Gewinn!“
Er ging auf Körperkontakt und nahm ihre Hände in seine. Pia konnte es kaum erwarten. Küsse, Zärtlichkeit und erlesenen Sex kannte sie nur noch aus ihren Träumen. Gingen nun all ihr Wünsche in Erfüllung? Sie schloss erwartungsvoll ihre Augen. Heute wird nicht gespart Pia. Das hatte sie doch nicht wirklich gesagt, oder? Hatte sie es laut gedacht? Sie wusste es nicht mehr, es war ihr auch nicht mehr wichtig. Es fing an, heftig in ihrem Magen zu kribbeln, das war ihr wichtiger.
Nur noch einige Zentimeter trennten sich ihre Lippen voneinander, da stoppte er zu ihrem Leidwesen und machte einen Rückzieher.
„Eins muss ich dir noch gestehen, Pia.“
Sie öffnete ihre Augen und schaute das Objekt ihrer Begierde verwundert an.
„Und das wäre? Du bist schwul? Du hast ein Zölibat abgelegt?“
„Weder noch.“
„Waren ja nur Spaßfragen.“ Sie tippte mit ihrem Finger kurz an seine Nase.
„Auf mir liegt ein Zauber“, sprach er mit besorgter Stimme und ließ ihre Flossen wieder los.
„Ein Zauber? Was für ein Zauber?“ Pia war etwas überrascht.
„Lass es mich erklären. Wenn mich eine Frau küsst, dann verwandele ich mich in einen Frosch.“
„Du erzählst Märchen“, lachte Pia und war erleichtert.
„Bleib bei der Wahrheit, ich mag ehrliche Menschen. Oder war´s ein Witz?“
„Nein, ganz und gar nicht“, erwiderte er. „Auf mir liegt ein Zauber.“
Es klang keinesfalls wie ein Scherz.
„Seit wann, wenn ich fragen darf?“
„Seit gut tausend Jahren.“
„Herzlichen Glückwunsch, mein kleiner Spinner. Endlich einer, den ich persönlich kennenlerne, der älter ist als meine Großmutter und verrückter als meine Freundin Carina.“
„Du glaubst mir nicht?“
Pia holte einmal tief Luft und überlegte nicht lange.
„Dann fällt am Samstag der fette Gänsebraten aus und mickrige Froschschenkel kommen auf den Teller. Da geraten die Franzosen bei jedem Bissen in Ekstase.“
„Magst du auch die Franzosen? Ich liebe sie! Ich liebe ihre Sprache! Ich liebe ihr Essen!“, sprudelte es aus ihm heraus und die Schwermut aus seiner Stimme war auf einmal wie weggeblasen.
„Jaja ...“, stotterte Pia. „Natürlich mag ich die Franzosen. Wer mag sie nicht?“
Zuerst mal einschleimen, die bittere Wahrheit hat Zeit.
„Du magst sie? Ist ja toll.“
„Ja klar!“
„Pia“, sagte er und sah ihr in die Augen. „Ich habe dich vorhin angelogen.“
„Was hast du?“ Pia war empört.
„Ja, tut mir leid. Bei einem Kuss werde ich nicht zum Frosch.“
Ihre Oma hatte es immer gewusst, sie hatte Recht: Glaube niemals einem fremden Mann.
„Das fängt ja gut an. Wir kennen uns keine fünf Minuten und hast mich bereits angeschwindelt. Ich will gar nicht wissen, wie das weitergehen soll. Die Sache mit dem Frosch war schon äußerst merkwürdig.“
„Ich wollte ...“, doch sie ließ ihn nicht ausreden.
„Ich ...“, keifte Pia und sah ihn herablassend an. „Ich auf jeden Fall ...“ Sie musste kurz schlucken. „Ich würde dich niemals belügen“, stellte Pia klar und bereute auf der Stelle ihre arrogante Art. So kannte sie sich nicht. Es war ihr peinlich, sie steckte in einer dummen Lage. Und weil Angriff immer noch die beste Verteidigung war, tat sie es auch.
„Papperlapapp! Schluss jetzt mit dem Hokuspokus. Kleine Lügen geben jedem Geschehen die nötige Würze“, sagte sie beschwichtigend. Ihr Ton hörte sich schon besser an. „Wenn dich eine Frau küsst, dann ...“, flötete sie, „ist sie verzaubert von dir und möchte deinen kulinarischen Kochkünsten erliegen.“
Ein breites Grinsen zog sich über Pias Gesicht, denn sie wollte unbedingt auch ihm erliegen, ihr Verlangen nach einem Liebhaber war zu groß. Also setzte sie ihr Volumen in Bewegung und griff an.
„Aber Pia“, warnte er sie. „Die Frau, die mich ...“
Zu spät! Ihre Lippen pressten sich auf seine und stürmisch nahm sie seinen delikaten Geschmack in sich auf. Diese Vorspeise schmeckt so toll, wie muss erst die Haupt...
Eine hellblaue Aura umgab die beiden für einen kurzen Augenblick. Peng! Es knallte, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, und die Aura verpuffte.
Pia blickte mit ihrem langen Hals verdattert zu ihm hoch. Er hatte sie nicht angelogen, da war tatsächlich Magie mit im Spiel. Er hatte sich nicht in einen Frosch verwandelt, nein, aber sie wurde verwandelt! Unglücklicherweise war die Ärmste nun das Objekt seiner Begierde.
„Furchtbar diese Gans!“, sprach der Zauberprinz, nun unverkennbar mit einem französischen Akzent. „Lässt mich nicht ausreden und glaubt mir TROTTEL kein Wort.“ Dann zog er einen Jutesack aus seiner Jackentasche und gennt it tausendjähriger Erfahrung war das Federvieh im Nu darin verschwunden, bevor es überhaupt anfangen konnte, aufgeregt zu schnattern.
Er freute sich aufs Wochenende, der Gänsebraten war gesichert.