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Psycho-Franz

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11.02.2005
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Psycho-Franz

Haben sie sich schon einmal gefragt, was wäre, wenn es keine Psychopathen auf der Welt geben würde? Für Franz ist diese Vorstellung schier gruselig. Er selbst ist nämlich ein so genannter Psychopath. Wie es dazu kam? Lesen sie selbst:
Alles begann damit, dass er nie Liebe von seinen Eltern erfahren hatte. Sie waren reiche Geschäftsleute, die nicht um das Wohl ihrer Kinder bemüht waren, sondern ausschließlich damit, wie sie ihr Vermögen ausweiten konnten. Kinder waren dabei nur hinderlich. Sie kosten viel Geld und machen alles kaputt. Und Hunger haben sie zu allem Überfluss auch noch ständig.
Natürlich hatte das Fehlen der elterlichen Fürsorge auch etwas Gutes für Franz, er wurde bereits in jungen Jahren sehr selbstständig und begann schon früh mit dem eigenständigen Denken. Jedoch warf sein typischer Psychopathencharakter, der übrigens nicht durch Erbanlagen errungen wird, auch eine Schattenseite über ihn. Alle Kinder auf dem Schulhof hatten Angst vor ihm, weil er ständig so unglaublich finster, geisteskrank dreinblickte mit seinen Augen, die schienen, als seien sie aus Glas. Man mochte glauben, er glotzte ins Nichts oder wolle mit seinen Blicken Fleisch durchbohren, wenn er jemanden ansah. Er lebte in seiner eigenen, kleinen Welt fern der Realität.
Mit niemandem konnte er sich in der Schule anfreunden, alle umgingen ihn in weitem Bogen, weil sie Angst davor hatten, von ihm angefallen zu werden. Damit taten sie ihm allerdings Unrecht. Er war zwar furchteinflößend wie kein Anderer, aber noch nie war er gewalttätig geworden. Er war einfach nur sehr, sehr krank im Kopf. Viele waren über ihn und sein Verhalten erstaunt, denn er ging nie über den Schulhof, sondern er kroch darüber hinweg. Denn Franz dachte, er sei ein Käfer.
Während die übrigen die Pausen damit verbrachten, Fußball zu spielen, zu plauschen oder heimlich zu rauchen, flitzte Franz auf allen Vieren wie ein Besengter umher und schnüffelte an allen Mülltonnen, die er ausfindig machen konnte, auf der Suche nach etwas Essbarem. Er musste ums Überleben kämpfen, denn er wusste, dass es zu hause nichts gab.
Seine Eltern verstießen ihn schon früh, weil er ständig über den Boden fegte. Nie hatte er richtig laufen gelernt. Er wollte es auch nicht, denn er war ein Käfer in seiner Vorstellung. Einst wollte er es zu einem richtigen Prachtkäfer bringen. Das war auch der einzige Grund, weshalb er noch zur Schule ging. Täglich musste er sich dorthin überwinden, denn alle schlugen ihn. Die Schüler, die Lehrer, ja sogar der Direktor! Besser gesagt, sie traten ihn. Sie machten sich erst gar nicht die Mühe, sich zu bücken, um ihn mit ihren Fäusten zu bearbeiten. Es war viel bequemer ihn zu treten, da er durch seine außergewöhnliche Körperhaltung beste Voraussetzungen dafür bot.
Die einzige Person, die etwas zu ihm hielt, war seine kleine Schwester Petronella, die ihm ab und an etwas Essbares unter der Tür durchschob. Zum Beispiel einige Essensreste oder Regenwürmer oder andere kleine Käfer, die sie fand. Sie hatte irgendwie Mitleid mit ihm, auch wenn er noch so außergewöhnlich war.
Angst hatte sie natürlich trotzdem. Oft hatte er versucht, ihr beizubringen, dass sie keine Angst haben müsse, doch es gelang ihm nicht, mit ihr zu kommunizieren. Allmählich legte er sich nämlich die Käfersprache zu. So knallte seine kleine Schwester jedes Mal die Tür schnell zu, wenn er mit ihr sprechen wollte, was jedoch nur ein verzerrtes Brummen darstellte. Menschliche Laute von ihm waren kaum noch auszumachen. Nur langsam vollzog sich seine Verwandlung zu einem richtigen Käfer, doch unaufhaltsam.
Als Franz in der 10. Klasse war, schlug ihr Klassenlehrer den Schülern zu Karneval vor, eine kleine Faschingsparty im außer-schulischen Rahmen bei ihm zu Hause zu organisieren. Diese Einladung schlug ein wie eine Bombe. Tagelang bastelten alle Schüler an ihrer Verkleidung in ihrer Vorfreude. Viel Zeit hatten sie nicht bekommen, schon vier Tage später, am Freitag, sollte die große Party stattfinden.
So auch Franz. Er überlegte hin und her, als was er zu der Party gehen solle. Warum nur war er der einzige gewesen, der keine Einladungskarte bekommen hatte? War er überhaupt eingeladen? Diese Fragen beschäftigen ihn zwar ein wenig, doch sie bekümmerten ihn nicht im Geringsten. Er hatte vor, sich selbst einzuladen. Endlich wollte er alle Missverständnisse aus dem Weg räumen und seine ersten Freunde in seinem Psychopathenleben ausfindig machen.
Er entschloss sich schließlich als prächtiger Borkenkäfer zu gehen. Am Freitagabend traf er dafür die letzten Vorbereitungen. Aus zwei riesigen Ästen formte er seine beiden Greifer, die er mit Nägeln bestückte. Diese Vorrichtungen band er mit Kreppband um seinen Kopf. Wackelte er nun mit seinen Ohren, so konnte er mit den Greifern zupacken, genau wie sein natürliches Vorbild. Stolz betrachtete er sich in seinem Spiegel, um sich seine Verkleidung anzuschauen. Das hatte er schon lange nicht getan, denn er war in keinster Weise eitel. Dabei fiel ihm wahrlich ein Stein vom Herzen. Sein Benehmen und seine Vorstellung vom Käferleben trugen allmählich Früchte. An vielen Stellen seines Körpers wich die Haut zurück und machte Platz für die Sensation der Menschheitsgeschichte! Es wuchsen ihm Schuppen an mehreren Stellen seines Körpers, besonders der Bauch stach in einem erfrischenden Schwarz heraus.
Franz weinte Freudentränen. Sein sehnlichster Wunsch wurde allmählich sichtbar. Nicht nur, dass er wie ein Käfer dachte und sprach. Nein, nun nahm er sogar die Form eines waschechten Käfers an.
„Wunderbar!“, sagte er sentimental in käfisch. Allerdings verwunderte ihn ein kleiner Stummel an seinem Hinterteil ein wenig.
„Ein Schwanz für einen Käfer? Und so buschig?“, fragte er sich. Doch es war ihm egal, dann wäre er eben der Vorreiter einer neuen Käferrasse. „Das ist Evolution!“ Und seine Greifer gefielen ihm auch sehr. So sehr, dass er beschloss, sie dran zu lassen, bis sie festgewachsen seien.
Inzwischen war es sieben Uhr. Es war also höchste Eisenbahn, dass er das Haus verließ in Richtung seines Klassenlehrers, Herrn Kafka. Mit von Glück besudelten Beinen ließ es sich so schnell kriechen, wie er es sich in seinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können.
Endlich am Haus seines Lehrers angekommen, klingelte er mutig. Kurze Zeit darauf kam die ernüchternde Reaktion seines Lehrers, nachdem dieser die Tür geöffnet hatte.
„Geh weg, du Tier! Dich wollen wir hier nicht!“, schrie er den armen Franz an. Doch Franz wich nicht, heute sollte sein Tag werden. Der als Schriftsteller verkleidete Lehrer wurde langsam zornig.
„Verpiss dich endlich!“, schrie er mit tiefer Stimme. Immer noch rührte sich der dicke Käfer keinen Millimeter. Da platzte dem Pädagogen gehörig der Kragen. Er trat böswillig in Richtung des trägen Insektes. Doch dieses Mal wollte Franz nicht fliehen. Er wollte dem Tritt Stand halten und kniff verbissen die Augen zu, um das Einschlagen des Fußes zu erwarten. Doch der Lehrer erwies sich als äußerst ungeschickter Treter. Er traf mit seinem Tritt einen der Greifer und dabei blieb sein Fuß inmitten der Nägel stecken, die Franz dort angebracht hatte.
Franz wedelte wild mit seinen Greifern, um seinen Gegenüber aus seinen künstlichen Klauen zu befreien. Doch es gelang ihm nicht. Er machte dadurch alles sogar noch schlimmer. Langsam löste sich das Bein vom Rest des Körpers in Höhe des Knies ab. Blutwogen schwollen hervor und verwandelten die Türschwelle in ein Meer der Schmerzen.
Durch die Schreie alarmiert, sprangen die Nachbarn an die Fenster und betrachtete das rote Treiben. Nur ein einziger hielt es für eine gute Idee, Hilfe zu holen. Dieser todesmutige Nachbar rief den Tierfänger der Stadt an, ehe er sich dem Ungeziefer zuwandte. Er schnellte aus seinem Haus hinaus auf die Straße, und versuchte Franz dazu zu bringen, von seinem vermeidlichen Opfer abzulassen, indem er ihn mit Steinen bewarf und ihn beschimpfte. Einer der Steine traf Franz so hart am Kopf, dass er schließlich ohnmächtig wurde.
Tage später wachte Franz in der örtlichen Tierhandlung auf. „Wo? Was? …“, dachte er benommen und schlaftrunken. Langsam wurde ihm wieder klar, was geschehen war und wie sein Versuch, von den Menschen anerkannt zu werden, fehlgeschlagen hatte. Er dachte lange nach und traf schließlich eine Entscheidung, die sein Leben verändern sollte.
„Dann werde ich eben ein schöner Hund!“, schrie er laut in der Sprache der Käfer. Und schon dabei konnte man dem Gebrülle ein leichtes Bellen entnehmen. Drei Wochen später war es dann soweit. Seine erneute Verwandlung war vollbracht. Nun war er ein schöner, großer Golden Retriever. So fristete er einige Wochen seines Lebens in seinem neuen Hundekostüm.
Nach ungefähr zwei Monaten öffnete einer der Tierdepot-Wärter mit einer dreiköpfigen Familie im Schlepptau die Tür zur Anlage. Alle Tiere versuchten nun ihr Sonntagslächeln aufzusetzen, in der Hoffnung, von der Familie adoptiert zu werden. Nur Franz nicht, er schaute zur Wand und erfreute sich seines neuen Daseins. Hier wollte er für immer bleiben.
„Den will ich!“, sagte eine Mädchenstimme und zeigte dabei auf Franz.
„Diese Stimme kenne ich doch!“, dachte dieser. Er drehte sich um und sah, wie Petronellas Finger in seine Richtung zeigte. Sie strahlte über beide Ohren. Ihren Eltern musste wohl irgendwann aufgefallen sein, dass eines der beiden Kinder fehlte. Tot oder so.
Jedenfalls nahmen sie sich offenbar das letzte bisschen Gutmütigkeit aus ihren schwarzen Herzen zusammen und kauften ihrer Tochter ein Haustier, damit das kleine Mädchen nicht so alleine ist. Der schöne Hund wollte aber nicht mit, also musste man zu härtern Mitteln greifen. Man warf ihm einen großen Stein an den Kopf, so dass er abermals ohnmächtig wurde. Als Franz wieder zu sich kam, betatschte ihn Petronella überall, streichelte ihn wild und fütterte ihren neuen Hund mit Essensresten und Würmern. Genussvoll fing der von da an bis an sein Lebensende verwöhnte Köter an zu schlemmen und dachte: „Lecker, Würmer.“
Und wenn er sich nicht totgefressen hat, dann lebt der Franz noch heute als „Bello“ bei seiner kleinen Schwester Petronella.

 

Hallo Peter Pan,

Den Anfang deiner Geschichte finde ich spannend.

Allerdings lehnt sich deine Geschichte fuer meinen Geschmack zu sehr an Kafkas Verwandlung an. ich gehe einfach mal davon aus, dass das gewollt war, da der Lehrer Kafka heisst, der junge Franz und auch sonst sehr viele Paralelen bestehen...
was moechtest du damit bewirken?

ausserdem finde ich liest es sich ab und zu ein wenig holprig..
und die Verwandlug am Ende in den Hund ist mir ein bisschen zu abstrakt..
wieso kommt er darauf ein hund zu werden, nachdem er sein ganzen Leben lang versucht hatte ein Kaefer zu sein?

tut mir leid- hat mich alles nicht so uebrzeugt.

Lieben Gruss
Rona

 

Danke Rona!

Klar ist die Geschichte an Kafka angelehnt. Aber als ich sie geschrieben habe wusste ich nur noch grob den Inhalt, aber nicht mehr, worum es ging. Irgendwie hat Kafka seine Kindheit und sein gestörtes Verhältnis zu seinem Vater aufgearbeitet oder so. Irgendwas mit zwischenmenschlichen Beziehungen.

Jedenfalls wollte ich damit nur ausdrücken, dass ich gut verstehen kann, dass Kafka nicht wollte, dass man seine Werke veröffentlicht. Denn ich persönlich finde vor allem "Die Verwandlung" ziemlich beknackt, weil zu absurd. Meine Geschichte sollte das Werk einfach nur parodieren, ob es mir gelungen ist, sei mal dahingestellt...

 

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