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Pscht, ich mach das schon.
Jim machte seine Sache als Polizist in Snowbrooks gut. Im letzten Monat hatte die Zahl der rätselhaften Mehllieferungen abgenommen, mehrere Taschendiebe mussten Konkurs anmelden und die Anzahl der riesigen Puppen in Teppichverpackung, die von Mario La Criminals Männern aus der Stadt transportiert wurden, ging um hundert Prozent zurück. Obergeneralkommandantgeneral Smitts war so zufrieden mit seiner Arbeit, dass er Jims Position in der Schreibstube dauerhaft bewilligte.
»Ich möchte nicht wissen, was für Methoden du benutzt, Darrie, aber ich kann nicht bestreiten, dass sie wirkungsvoll sind«, sagte er, als er die Haftbefehle für den heutigen Tag durchging. Smitts‘ Laune stieg im selben Verhältnis, wie die Anzahl der Verbrechen in den Keller rutschte. »Bist du heute bei einer der Verhaftungen dabei?«
Jim schüttelte mit dem Kopf. »Nein, ich ... ich habe noch eine Verabredung.«
»Verstehe.« Smitts tippte einen Eisenfinger gegen den Tränensack des linken Auges. »Du weißt, dass du demnächst aktiver im Außendienst mitwirken musst, wenn du das Ausbildungsziel für dieses Jahr erreichen möchtest?«
»Ja.« Jim schmälerte die Lippen und zog den Mund in die Länge. Er hatte mit seinem Kollegen Adam gesprochen und gehofft, diesen Teil seiner Ausbildung durch kreative Buchführung überspringen zu können, doch dagegen hatte sich der Mann gewehrt. Er sagte, dass die Erfahrungen, die er dort sammeln würde, wichtig für seinen Werdegang als Polizist seien und das er nicht darauf verzichten sollte, doch Jim wollte das nicht. Seit Smitts ihm bei einem Wutanfall an die Gurgel gegangen war, graute ihm der Gedanke, in eine fremde Wohnung zu gehen und einen Wahnsinnigen vorzufinden, der weniger Kontrolle über seine impulsiven Aktionen hatte, als der Obergeneralkommandantgeneral. Klar, Smitts hatte sich am Tag danach dafür entschuldigt, aber das machte die ganze Aktion nicht ungeschehen. Was nutzte einem eine Entschuldigung, wenn man ein Messer im Rücken oder eine Kugel im Kopf hatte?
»Begleite mich bei einigen Festnahmen und wir können den Punkt abhaken. Ich werde dafür sorgen, dass du forensische Arbeiten machst und nicht mit den Tätern in Kontakt kommst. Wie klingt das für dich?«
»Gut. Danke, Obergeneralkommandantgeneral.« Etwas anderes hätte Jim auch gewundert. Smitts liebte es, Leute festzunehmen! Es lief immer nach dem selben Schema ab: Er polterte die Treppen hinauf, ging sicher, dass er vor der richtigen Tür stand, trat sie ein und klopfte an den Türrahmen. Die meisten Tatverdächtigen waren davon so überrumpelt, dass der Hüne ihnen nur noch ins Gesicht springen und die Handschellen anlegen musste.
»Wenn das alles für heute ist, überlasse ich dich jetzt deinen Pflichten. Weggetreten, Darrie.«
Jim schob sich ungelenk aus dem Stuhl, salutierte und machte so schwungvoll auf der Hacke kehrt, dass er sich einmal um sich selbst drehte und einem verwunderten Smitts in die Augen schaute. »Könnt ... Könnt Ihr mir ... Ihr wisst schon.«
Der Riese seufzte, stand von seinem Stuhl auf und drehte ihn auf die Tür zu. Jim war in der Gegenwart von Smitts immer noch unheimlich nervös, da er immer mit einem erneuten Wutausbruch rechnete, weil er ein Kreuz an einer falschen Stelle gemacht hatte.
Wie ein Weberknecht mit gebrochenem Gliedmaßen stelzte er aus Smitts‘ Büro und versuchte, seinen Schreibtisch zu erreichen, den er umtänzelte wie ein übereifriger Ausdruckstänzer. Sein Kollege Adam beobachtete ihn und linste über seine Brille.
»Was machst du da?«, fragte er und sah von seiner Schreibmaschine auf.
»Ich bin heute Morgen nur etwas angespannt«, antwortete Jim. »Nicht nur, dass ich bei Smitts vorsprechen musste, ich habe nachher eine Verabredung.«
»Oha!« Adam grinste bübisch. »Hast du dir endlich ein Mädchen geangelt, ja? Wie sieht sie aus?«
Jim blinzelte. »So ist das nicht, Adam.« Aber ich wünschte es. »Es ist auf rein beruflicher Ebene.«
»Also ist sie einer deiner Informanten und ihr tarnt eure Treffen als Dates?«
Zumindest rede ich mir das ein. »Ja. Nein. Ja. Nein. Warte. Ja.« Nervös band sich Jim seinen Schal um den Hals.
»Du magst die kleine, nicht wahr? Sonst würdest du dich jetzt nicht so verrückt machen.«
»Ja. Nein. Ja. Nein. Warte. Ja.«
Adam lächelte ihn warm an. Irgendwie hatte er die Vaterrolle für Jim übernommen, seit sie zusammenarbeiteten. »Dann vergiss nicht, die Rechnung mitzunehmen. Das schreibe ich als Geschäftsessen ab und du kannst mit deiner kleinen Miss einen schönen Tag haben.«
Jim sagte nichts, er lächelte nur dämlich. Er wusste, dass es nicht ganz so schlimm war, wie er es sich ausmalte, aber er stellte sich vor, dass bei diesem Gesichtsausdruck seine Augen in unterschiedliche Richtungen wanderten und ein langer Speichelfaden aus seinem Mundwinkel lief und sich am Tisch festklebte, wie der seidene Faden einer Spinne.
Wenn die wüssten!, dachte er, als er die Seltsamkeitsstraße hinab wanderte und aufgeregt seine Haare zu einem Zopf zusammenband. Ach Gott, wie ich aussehe. Wie ein Lump. Die Haare sind nicht gemacht, meine Uniform sitzt nicht richtig und ich habe die ganze Nacht kaum geschlafen, weil ich mich auf das Treffen gefreut habe. Er wird mich mit einem Zombie verwechseln.
Jim legte die Hand auf die Klinke zur Gaststätte Happy Huntsman, in der sie sich verabredet hatten. Er zögerte und schämte sich dafür, dass seine schwitzende Hand den silbernen Türgriff einsaute.
»Bennett!«, rief ein Gast von drinnen. »Da draußen ist schon wieder so ein Witzbold, der die Tür zuhält!«
»Was?! Das gibt es doch nicht. Ständig kommen hier Leute vorbei und halten die Tür zu. Dem werde ich es zeigen!«
Das Spiel kannte Jim schon. Er wartete, bis Bennett die Tür aufriss, um den Übeltäter mit der Hausordnung zu verjagen und wurde dadurch gleich in die Räumlichkeiten gezogen, da sich die Pforte glücklicherweise nach innen öffnete.
»Hallo, Bennett«, flüsterte er, als der rothaarige Mann mit dem vollen Backenbart öffnete, Jim in die warme Stube zog und den riesigen Knüppel hob, in den er Hausordnung eingeschnitzt hatte.
Bennett seufzte. »Du bist das, Jim. Wann bekommst du es endlich hin, hier herein zu spazieren wie jeder andere Gast auch?«
Jim lächelte entschuldigend und hob die Schultern, während er darauf wartete, dass sich seine Finger aus der Leichenstarre lösten und die Klinke nicht länger umkrampften. »Vielleicht sollte ich dein Angebot annehmen, meinen Job bei der Wache schmeißen und Vollzeit als Gargoyle an deiner Tür arbeiten.«
»Ha! Dafür würde ich gut bezahlen, Kleiner.« Bennett hebelte Jims Finger frei. »Dein komischer Freund ist ins Geschäft geplatzt, nachdem ich die Tür aufgeschlossen habe und lässt es sich seitdem gut gehen.«
»Das geht in Ordnung. Ich hoffe, du hast alles aufgeschrieben.«
»Natürlich. Die Beträge für den Rest der Woche warten auch noch auf dich.«
Jim runzelte die Stirn. »Der Rest der Woche?«
»Ja. Er war täglich zum essen hier, hat gemeint, du wüsstest davon und das ich anschreiben sollte, dann saß er ein paar Stunden nur herum und hat geschlafen. Hat der Kerl kein Zuhause?«
Nein. »Doch, aber er arbeitet für mich - und wo lassen sich besser Informationen sammeln, als in einer Gaststätte? Gib mir die Rechnung mit; ich sorge dafür, dass dein Geld morgen bei dir ist.«
Bennetts Antwort hörte Jim nicht mehr. Er sah sich im Lokal um, dass aufgebaut war, wie der Speisewagen der ersten Klasse in einer Dampflok. Es gab mehrere im Boden verankerte Tische, an denen Hartholzbänke standen, über die rote Samtbezüge gespannt waren. Durch die darunter liegende Fütterung saß man wie im siebten Himmel. An den Wänden hingen Bilder von Bennett und seinen Jagdtrophäen, die Köpfe derselbigen prangten als ausgestopfte Monster mit dämlichen Gesichtsausdruck über einem Kamin. Ein Bär, ein Hase und ein Ding, dass nach einer Mischung aus den beiden ersten Kreaturen aussieht, dachte Jim.
»Jimmy!«, gellte es aus einer Ecke und Jims Herz machte Anstalten, gleich aus seinem Mund zu hüpfen. Er bekam weiche Knie und sackte zusammen, doch er fing sich schnell wieder und tat so, als würde er sich immer bewegen, wie ein betrunkenes Wesen aus flüssigem Wasser.
Er wackelte auf den frech grinsenden Kerl mit dem ungebürsteten Haaren zu, der sich - wie immer - in der hintersten Ecke der Gaststätte versteckt hatte und erfreute sich an den grünen Augen, die wie Smaragde glänzten.
»Johnny«, sagte Jim und grinste wieder so debil, als hätte er eine Nacht in einer brennenden Hanfplantage verbracht. Jedes mal, wenn sie sich trafen, sah der gute Jimjam aus wie ein Vampir. Er war kreidebleich und hatte ausgeprägte Augenränder, die aussahen, als hätte er die ganze Nacht damit zugebracht, sie mit einem Stück Kohle aufzutragen. Seine Uniform saß nicht richtig und mit dem Zopf sah er aus wie eine Oma.
»Du siehst echt beschissen aus.« Jonathan fasste diese ersten Eindrücke in einen knappen Satz zusammen und grinste kess, doch Jim fand das nicht besonders witzig. Er zog wieder die Lippen lang und sah dabei aus wie ein Frosch.
»Ich hatte eine lange Nacht«, antwortete er, wie immer beinahe flüsternd. Jims blaue Augen huschten unruhig durch den Raum und seine Hände malträtierten den Schal, den er sich abbinden wollte.
»Du erwürgst dich selbst, bevor du den Schal ab hast«, sagte Johnny, griff nach einem Zipfel des Kleidungsstücks und zog es mit einem Ruck von Jim.
»Mh.« Jim schmunzelte sacht und knetete seine Hosenbeine durch. »Wie ich sehe und höre, hast du fleißig gegessen?«
»Ist das schlimm?«, fragte Jonathan und widmete sich seinem Steak. Bei Bennett gab es die besten Sachen, für die man nicht bezahlen musste, wenn man die richtigen Leute kannte.
»Nein, gar nicht.« Jim schüttelte mit dem Kopf und selbst dabei stellte er sich ungeschickt an. Es sah aus, als würde ihm einer heftige Stromschübe durch den Körper jagen. »Ich hoffe, du hast unseren Deal nicht vergessen?«
Johnny grinste breit und wackelte mit den Brauen und für einen Moment sah es so aus, als würde Jim von der Bank kippen. »Nicht wieder bewusstlos werden, Jimjam. Zuhören. Es heißt, dass La Criminals Leute die Morphlingkrise benutzen, um Waffen zu verschieben.«
»Waffen?«, gellte Jim laut. Diskretion war nicht seine Stärke. Jonathan ließ seine Gabel fallen und legte ihm die Hand auf den Mund.
»Bist du wohl still, du!« Als Jimmy wieder unschuldig blinzelte wie ein Hundewelpe, der nicht wusste, was er falsch gemacht hatte, ließ Jonathan ihn frei und sank in seine sitzende Position zurück. »Am Osfield-Lagerplatz stehen Kisten mit Nachschub für High Moon und ich weiß aus zuverlässlichen Quellen, dass sie ihr Ziel nicht erreichen werden, weil sie auf halber Strecke nach Le Village plötzlich falsch abbiegen und nach Raaagh gebracht werden.«
»Wie zuverlässlich sind die Quellen?«
»Jimmy, das solltest du inzwischen wissen. Die zuverlässlichen Quellen sind die hier.« Jonathan zupfte sich an seinen Ohren. »Ich habe ein paar von La Criminals übergroßen Spielfiguren in bunten Anzügen belauscht, als sie in ihrem neuen Lokal zu viel getrunken hatten.«
»Das reicht nicht für einen Haft- oder einen Durchsuchungsbefehl! Wir brauchen Dokumente mit den genauen Aufzeichnungen dieser Pläne, damit wir das beweisen können. Solange wir nicht haben, ist es eine Lieferung für High Moon!«
»O, höre ich da raus, dass du jemanden suchst, der dir diese Beweise besorgt?« Jonathan überschlug die Beine. »Jim Darrie, du bist echt der Teufel. Wie kannst du nur jede Nacht mit dem Wissen einschlafen, dass du mich von einer gefährlichen Situation in die nächste bringst?«
»Ich habe doch gar nichts gesagt ...«
»Jim. Jim, Jim, Jim, Jim. Ji-Ji-Jimmy.« Er hob die Hand und hielt sie dem jungen Stadtwächter vor die Nase. »Ich tue es. Wenn du mir so ein unerhört hohes Angebot machst, tue ich es.«
»Was denn für ein Angebot?!«
»O, das weißt du ganz genau, du verführerischer, verruchter, kleiner Teufel, du.«
»Nein! Außerdem bin ich größer als du!«
Jimmy zu manipulieren war so einfach, wie weichen Ton formen. Für Jonathan war vom ersten Moment an klar, dass der Stadtwächter ein Auge auf ihn geworfen hatte und das nutzte er aus. Er konnte überall kostenlos essen, schlafen oder einkaufen, wenn er nur das Codewort der Stadtwache angab und es auf Jims Namen anschreiben ließ; das war wesentlich ungefährlicher und praktischer, als irgendwelche Leute zu bestehlen und wenn er die Finger still hielt, sah es auf der Gesamtstatistik der Wache besser aus. Wenn er dafür gelegentlich ein paar Infiltrationsmissionen übernehmen oder dem Kerl schöne Augen machen musste, war das wesentlich erschwinglicher, als im Kerker zu sitzen.
»Alles läuft weiter wie bisher, Jimjam«, murmelte Jonathan und grinste keck. »Sag einfach „Ja!“ und schon morgen Früh hast du einen Schwung Papiere auf dem Tisch liegen, von denen ich natürlich nicht weiß, woher sie gekommen sind.«
»J ... Ja.« Jim wirkte verunsichert und zupfte Federn aus seiner seiner dicken Wächterjacke. »Brauchst ... brauchst du Hilfe? Männer? Beistand?«
»Nein.« Jonathans Mundwinkel wanderten nach unten. »Menschen, die sich mit mir sehen lassen, haben die schlechte Angewohnheit, von Pfeilen oder Schlimmeren niedergestreckt zu werden.« Erin und diese Schneekugelzwerge sind mir ein paar Zufälle zu viel. »Tu mir also einen Gefallen und halt dich raus, ja? Ich möchte nicht, dass wegen mir noch jemandem die Lichter ausgehen.« Jonathan war böse auf Jim. Was fiel ihm ein, seine gute Laune mit diesem Vorschlag zu ruinieren?
»Und was soll ich tun?«
Jonathan seufzte gestresst. »Was weiß ich. Darrie-Kram. Sitz verunsichert in irgendeiner Ecke herum und erledige den Zahlenkram.«
Jim sah ihn gekränkt an und senkte seinen Blick auf den Tisch. Fiese Bemerkungen sind soviel einfacher, wenn man die betreffende Person nicht kennt, stellte Johnny fest.
»Gut«, sagte Jim schließlich, nachdem er einige Sekunden geschwiegen hatte. »Dann mache ich den Zahlenkram.«
»Hey, Jim, dass war nicht so gemeint.«
»Nein, nein. Du hast recht. Das ist Darrie-Kram. Verstecken und Zahlen.«
»Ach, jetzt schmoll nicht, Blondschopf. Du hast bei mir eine wunde Stelle getroffen. Das konntest du nicht wissen.«
»Woher auch? Du erzählst ja nix von dir.«
»Um ehrlich zu sein, habe ich dir schon viel zu viel erzählt.« Johnny zwinkerte aufmunternd. Es tat ihm leid, dass er Jim verletzt hatte und das war nicht gut. Als wandernder Dieb war er nicht ewig hier und wollte sich nicht zu fest an einzelne Personen binden. »Und jetzt schenkst du mir ein Darrie-grinsen und fragst mich, ob ich den Auftrag übernehme.«
Jim lächelte vorsichtig, aber ehrlich. »Übernimmst du den ...«
»Pscht«, hauchte Johnny und legte dem Wächter einen Finger auf den Mund. »Ich mach das schon.«
Die Nachtschicht war die schlimmste von allen, doch sie war Dixon lieber als der Tag. Seit seiner Rache an den Schneekugelzwergen fühlte er sich leer und empfand nicht dieselbe gedämpfte Freude wie zuvor, wenn er einen Auftrag erledigt hatte. Mario La Criminal konnte ihn zwar überreden, weiterhin für seine Organisation zu arbeiten, doch Dixon wusste, dass dieses Arrangement nicht auf Dauer sein würde. Ich mache das nur solange, bis ich etwas anderes gefunden habe, dachte er, als er über den dunklen Parkplatz wanderte und seinen Falkenblick über das Grundstück wandern ließ.
Auf dem Osfieldparkplatz wirkte selbst Snowbrooks bedrohlich. Er war dicht am Waldrand und einige, sehr hohe Tannenbäume streckten ihre Köpfe über die Mauer, um die Menschen bei ihrer Arbeit zu belauschen. Die Männer und Frauen, die die Lastwagen beluden, fühlten sich um diese Zeit unsicher, da die Morphlinge in den letzten Wochen immer dreister wurden und Menschen am Stadtrand überfielen, weswegen Mario seinen besten Mann zu ihrem Schutz abgestellt hatte.
Die Arbeiter waren gestresst und standen unter Zeitdruck; Mario war in den letzten Wochen strenger und vor allem härter geworden, da die Stadtwache ihnen immer öfter auf die Pelle rückte und ihre Unternehmungen sabotierte, bevor sie ins Rollen kamen. Hier verschwand eine Lieferung, dort wurde eine Schieberbande ausgehoben und da drüben konvertierte ein Dealer plötzlich zum Glauben. Irgendetwas stimmte nicht und Dixon sah darin eine Aufforderung, sein eigenes Leben zu überdenken. Ich habe lang für Geld getötet. Gute Menschen, böse Menschen, indifferente Menschen, es spielte keine Rolle. Das muss aufhören.
Diesen Auftrag hatte er nur angenommen, weil es um den Schutz von wehrlosen Arbeitern ging, die es mit ihrem Boss ohnehin schon schwer genug hatten und diesen zusätzlichen Stress überhaupt nicht verkrafteten. Dixons Ankunft sorgte für ein einheitliches Aufatmen und beflügelte die Arbeiterschaft, bei denen es sich hauptsächlich um erwerbslose Tagelöhner handelte.
»Dixon!«, rief ihm ein Arbeiter zu und er sah den kleinen Mann an, der mit seinen schwarzen Locken und seiner bleichen Haut aussah, wie Brokkoli, der die Pantomimenschule erfolgreich abgeschlossen hatte.
»Was?« Dixons kühle Stimme wehte so kalt wie der schneidende Nachtwind und verunsicherte den Arbeiter. Fürchte dich nicht vor mir. Alte Gewohnheiten verlernt man nicht so einfach.
»Wir haben es da drüben ein klitzekleines bisschen knistern gehört und werden erst weiterarbeiten, wenn wir sicher sind, dass es sich dabei nicht um Morphlinge handelt.« Der Mann zeigte auf einen mickrigen Busch, in dem nicht einmal ein Igel genug Platz zum verstecken hatte.
Dixon sah den Mann mit seinem neutralen Gesichtsausdruck an und setzte sich in Bewegung, um den Busch zu untersuchen. Bei näherer Betrachtung ist es vielleicht gut, dass ich alte Gewohnheiten nicht so schnell verlerne. Wenn das die ganze Nacht so geht, muss ich die Lastwagen am Ende selbst beladen.
»Nichts«, stellte Dixon fest, als er den Busch mit einem Fuß untersucht hatte. »Zurück an die Arbeit.«
Scheiße, war das knapp! Jonathan war auf einem Zweig gelandet, als er über den Zaun geklettert war. Nun hockte nun im schattigen Grenzgebiet zwischen zwei Laternen und verhüllte seine Anwesenheit, indem er seinen Schal über den Mund zog und den Blick zu Boden richtete. Am Nachmittag hatte er zusammen mit Jim Kleider gekauft, die so dunkelgrau wie Steine und der Asphaltboden waren und er war froh über das modische Geschick des Wächters, auch wenn er sich selbst anzog wie ein Lump - dabei war das Jonathans Aufgabe.
Wenn ich hier verharre, falle ich erst auf, wenn jemand direkt vor mir steht oder ich mich ungeschickt bewege, dachte er. In der Nacht und in diesem Outfit war er von einem Stein nur schwer zu unterscheiden. Als die Arbeiter wieder ihrer Arbeit nachgingen, stahl er sich Schritt für Schritt davon - er schlich, wenn ihm jemand den Rücken zukehrte und erstarrte, sobald ein anderer um die Ecke bog. Es war Millimeterarbeit, doch ein Dieb brauchte Geduld. Ich überstürze nichts. Das geht nach hinten los.
Jonathans größte Sorge war der Mann im beigen Trenchcoat, der Kurzhaarfrisur, nach der man die Uhr stellen konnte und mit dem automatischem Karabiner, der den Platz aufmerksam musterte. Sein Blick war so kühl, dass die Temperatur um ihn noch einmal um mehrere Grad sank. Das ist der, der mit den Zwergen gekämpft hat!
Der Mann sah sich um und musterte ihn für einige Augenblicke kritisch. Sein Kopf neigte sich langsam nach links und er verengte die Augen zu Schlitzen. Jonathan war sich zwar sicher, dass noch keine Gefahr bestand, doch die Beständigkeit und Kälte des Blickes machten ihn nervös. Instinktiv blieb er in der Nähe einer Steinfamilie hocken und wagte es nicht einmal zu blinzeln. Als ein Arbeiter mit ihm sprach und ihn mit sich zog, wartete Jonathan auf den nächsten Kistenlieferanten und folgte in seinem Schatten, bis sie einen Lastwagen erreichten, der durch das Laternenlicht einen langen Schatten warf. Jonathan drückte sich mit dem Rücken voran gegen das Fahrzeug und rührte sich nicht mehr. Die Schatten sind dein Freund. Niemand schaut zu tief hinein, weil sie das fürchten, was darin lauert.
Obwohl die Männer und Frauen dicht an ihm vorbei gingen, bemerkte keiner seine Anwesenheit. Jonathan wartete geduldig, bis das Gefährt beladen war und die Leute sich dem nächsten widmeten, bevor er sich unter den Lastwagen rollte und einen genauen Blick auf den Parkplatz warf. Okay, ich habe mir den Ort bereits angesehen. Mein Ziel ist das Hauptgebäude links, dazu muss ich irgendwie über diese große, freie Fläche kommen. Das gestaltet sich schwieriger, als ich dachte. Ich habe nicht damit gerechnet, dass La Criminal so viele Arbeiter beschäftigt, aber vermutlich ist er durch die Stadtwache im Zugzwang und möchte das Geschäft schnell abwiegeln.
Er sah sich um. Zwischen all den Lastwagen, die noch nicht vom Gelände gefahren waren, standen Leute, tranken Kaffee und unterhielten sich. Ein paar weitere Fahrzeuge fuhren gerade los und ließen Lücken entstehen, die von den hellen Laternen in einen grellen Kegel getaucht wurden und somit als alternativer Schleichpfad ausfielen. Es keinen sicheren Weg zum Gebäude. Fenster hatte das Haus nur zum Parkplatz hin und die Wände waren zu glatt, um an ihnen hinauf zu klettern, ansonsten hätte er von hinten einsteigen und sich diesen Umweg ersparen können, so blieb ihm nur der Haupteingang, über dem eine helle Lampe brannte. Fenster aufhebeln dauert zu lange und ist zu laut. Die Lampe ist das geringste Problem, dass hinkommen beschäftigt mich eher. Ich brauche eine wirkungsvolle Ablenkung. Ach, verdammt. Hätte ich Jim nur gesagt, dass er ein paar Leute zur Inspektion vorbei schicken soll ... Aber ich habe schon eine Idee. Dazu brauche ich noch ein paar Dinge und muss dazu bereit sein, offensiv und risikobereit zu handeln.
Jonathan schob sich unter dem Lastwagen hervor, setzte seine Kapuze ab, band sich rasch einen Zopf und entlud eine Kiste vom Fahrzeug, die er um die Ecke trug.
»Wo bringst du die denn hin?«, fragte ihn ein Arbeiter, der mit einem dampfenden Kaffeebecher an der Motorhaube lehnte.
»Rüber«, antwortete Jonathan.
»Bring den Kram zu Sullys Lastwagen, da passt noch was drauf. Die anderen sind voll, also bist du auf der Seite vollkommen falsch.«
Jonathan nickte. »Danke, ähm ...«
»Willem. Vorarbeiter Willem. Hast du bei der Einsatzbesprechung nicht aufgepasst?«
»Nein, ich habe mir einen Kaffee geholt.«
»Verdammtes Pack.« Willem schnaubte und trank einen Schluck.
Jonathan murmelte den Namen stumm vor sich hin und mischte sich mit seiner Kiste unter die Schar der anderen Arbeiter.
Seltsam. Mir ist, als wäre da vorhin ein Stein mehr gewesen. Dixon legte alarmiert seinen Karabiner an und bewegte sich zwischen die zwei Lastwagen. Vor dem Zaun lagen ein paar große Steine, die für die Bauarbeiter vermutlich zu schwierig waren, weswegen sie den Zaun einfach ein paar Meter weiter hinten aufstellten.
Spuren im Schnee. Er hockte sich hin und musterte die Fußabdrücke. Kein Profil. Die Arbeiter tragen Arbeitsschuhe, also war das keiner von ihnen. Die Rückstände hinterlassen nur eine Form, keine Zehen, also trägt er einfache Lederschuhe ohne Sohlen, um den Hall der eigenen Schritte zu dämpfen. Ein Spion. Dixon stand auf und warf einen Blick über seine Schulter. Die Tagelöhner gingen ihrer Arbeit nach und liefen durcheinander, wie ein aufgeregter Ameisenstaat. Aufmerksam blickte er sich um und musterte die einzelnen Gesichter.
Clam, Bertha, Gerald, Herbert, Susan ... Vor dem Auftrag hatte er die Liste der Arbeiter studiert und sich so viele Namen wie möglich eingeprägt. Die meisten Gesichter, die zu den Personen gehörten, kannte er auch, da er in ihren Pausen Gespräche belauschte und die Antlitze den Namen zuordnete. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich dich finde.
Jemand zupfte ihm am Ärmel. Dixon drehte sich langsam um und musterte den Übeltäter. Der junge Mann mit dem schlecht gebundenen Zopf trug fingerlose Handschuhe, einen dicken Schal und eine dunkelgraue Stoffjacke mit Kapuze. Nicht gerade unauffällig musterte Dixon die Schuhe des Kerls. Sie sind dreckig und passen ihm.
»Name«, verlangte Dixon.
»Sully.« Der Junge hauchte sich in die Hände und rieb die Hände aneinander. »Ich soll den Lastwagen da drüben fahren, aber er springt nicht an. Willem hat mich geschickt, weil er meint, dass du Ahnung von diesem Kram hast. Da wir heute Nacht los müssen und die Mechaniker erst morgen Früh kommen, sieht er keine andere Lösung.«
»Bist du nicht etwas zu jung für einen Fahrer?«, fragte Dixon, sah zum Lastwagen und ging gedanklich seine Namensliste durch, auf der sich tatsächlich ein Sully befand.
»16, Herr. Noch nicht lange dabei, aber wenn, dann richtig!«
»Ausweis.«
»Der liegt drinnen bei meinen Sachen im Besprechungsraum. Hab ihn nach der Einsatzbesprechung von Willem vergessen.«
»Ich schaue mir jetzt das Fahrzeug an und danach gehen wir rein und du zeigst mir deinen Ausweis. Warte an der Tür. Ich habe die Schlüssel bei mir.«
Der Bengel nickte und ging zur Tür. Der Auftragsmörder folgte ihm mit dem Blick und wartete, bis er im Lampenschein des Haupteingangs stand und sich mit dem Rücken an die Tür lehnte, bevor er zu dem Lastwagen ging.
Jetzt muss es schnell gehen, dachte Jonathan, als er versuchte, die Tür mit dem Schlüssel des Mannes aufzuschließen, ohne dabei hinzusehen. So aufmerksame Augen, aber keinen Blick für das wesentliche.
Die Schuhe, die er aus der Tasche in Sullys Wagen genommen hatte, hatten ihren Zweck erfüllt und wurden fein säuberlich vor der Tür abgestellt.
»Da ist Zucker im Tank«, sagte der Mann und Johnny hörte die würgenden Geräusche des Motors, der einfach nicht anspringen wollte. Bennett reichte zu jedem Kaffee viel zu viel Zucker; Jonathan hatte nie gedacht, dass ihm das Zeug eines Tages etwas nutzen würde. Als Eisäuglein seinen Kopf unter die Kühlhaube steckte und nach weiteren Schäden suchte, fuhr der Dieb herum, schloss die Tür auf und schlüpfte hindurch.. Er verschloss sie von innen und ließ den Schlüssel stecken.
Das wäre geklärt, dachte Jonathan und eilte durch die dunklen Gänge. Jetzt gibt es nur noch ein paar Probleme, um die ich mich kümmern muss. Der Mann weiß, wie ich aussehe und ich muss wieder hier raus. Die Flucht ist kein Problem, da er garantiert die Tür aufbrechen wird, meine Identität hingegen ...
Er schnappte sich aus dem Besprechungsraum einen beliebigen Rucksack, schüttete den Inhalt auf den Boden und huschte wie eine Maus auf Futtersuche durch den großen Büroraum, der mit seinen abgetrennten Bürozellen, der grauen Tapete und den steinalten Schreibmaschinen so klischeehaft nach schwer arbeitenden Angestellten aussah, dass nur noch der Kaffeegeruch in der Luft und ein glatzköpfiger, unsympathischer Chef, der die ganze Zeit in einem Glasbüro saß und dauernd „Äh“ sagte, fehlten - aber den leckeren Duft gab es bei vollem Betrieb sicherlich und auf einen abgetrennten Raum mit großen Scheiben eilte er zu.
Da Jonathan nicht lesen konnte, gestaltete sich die Suche nach dem richtigen Dokument schwieriger, als angenommen, doch glücklicherweise kannte er die Stadtwappen und packte einfach jedes Formular in den Rucksack, dass High Moons leuchtenden Halbmond zeigte. Rechnungen waren dabei, dass erkannte er an den Zahlen, dazu einige Briefe, die von Hand unterzeichnet waren, Personallisten, Lieferscheine - schließlich packte Jonathan einfach alles ein, was er für langweilig und absolut unwichtig hielt. Meist waren das die richtigen Sachen.
Unten rüttelte bereits jemand an der Tür.
»Aufmachen!«, rief Willem und Jonathan gluckste. Ja, klar.
»Platz«, sagte der stille Mann mit den kalten Augen; Jonathan hörte zwei Gewehrschüsse und das Geräusch von zu Boden fallendem Metall.
Wenn es jemals den richtigen Moment gab, um in Panik zu verfallen, war er jetzt gekommen. Jonathan hoffte, dass die richtigen Dokumente dabei waren, schulterte den Rucksack und suchte Deckung im Großraumbüro.
Dixon wanderte durch die Räumlichkeiten und verfluchte den Manager, der über Nacht den Strom im Hauptgebäude abstellte, um Kosten zu sparen. Für eine Katz- und Mausjagd war diese Situation viel zu ideal und sein Kontrahent kein Anfänger.
Willem wühlte in den Dokumenten seines Büros herum. »Hier fehlen viele langweilige und absolut unwichtige Sachen!«, rief er.
»War etwas davon von Bedeutung?«, fragte Dixon, wanderte von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz und hielt seine Waffe in die Zwischenräume.
»Fast alles!«, rief Willem. »Die ganzen Lieferscheine und der Schriftverkehr über Marios tatsächliche Pläne sind weg! Ich hoffe nur, dass jetzt gerade niemand in diesem Großraumbüro sitzt, der nicht wusste, was er da eingesammelt hat und diese verdammt wertvollen Informationen belauscht, die uns alle in Teufelsküche bringen könnte!«
»Willem, tu mir einen Gefallen und halt die Klappe«, sagte Dixon. »Wenn ich mich nicht gerade konzentrieren müsste, hätte ich dich bereits erschossen.«
Etwas schlug gegen die Wand hinter Dixon, doch so was entlockte dem Auftragsmörder nicht einmal ein erschrockenes keuchen. Ein Spitzer, der zur Ablenkung geworfen wurde. Der ungefähren Flugrichtung nach zu urteilen, kam er von da drüben. Der Auftragsmörder feuerte einen Schuss auf einen Büroplatz. Er hörte, wie jemand hektisch über den Boden glitt, seine Position verlagerte und hastig durch ein paar Dokumente blätterte.
»Hab ich dich«, rief Dixon. »Ich bin nicht so leicht abzulenken, „Sully“.«
Entschlossen eilte er auf die Geräusche zu, richtete seine Waffe in das Büro und ...
Er sah eine kleine Windmühle, die sich aufgeregt drehte und dabei ein Dokument züchtigte. Dixon war eigentlich zu abgestumpft, um sich darüber zu ärgern, doch dieses eine Mal tat er es. Als er seinen Blick hob, fiel die Tür zu den Büroräumen zu. Dixon wusste, dass er die Kontrolle über die Situation verloren hatte, als er aus dem Gang hörte, wie andere Türen lautstark geöffnet und wieder zugeworfen wurden. Er senkte sein Gewehr.
»Wir haben verloren«, rief er Willem zu. Er verschwindet zwischen den Leuten und irgendwann über den Zaun. Ich kann nicht wieder einfach ziellos um mich schießen.
»Das wird Mario gar nicht gefallen!«, antwortete der Vorarbeiter.
Ich weiß, wer Mario bestohlen hat, dachte Dixon. Und nun stehe ich auf einem sinkenden Schiff, dessen Untergang gerade noch beschleunigt wurde. Die Zeichen häufen sich. Was mache ich nun? Bleibe ich an Bord oder nehme ich ein Rettungsboot und rudere auf der Suche nach Land in eine unbestimmte Richtung?
Jim hatte keine Minute geschlafen. Ich hoffe, es geht ihm gut, dachte er, als er todmüde zum Wachhaus schlurfte. Der letzte Nachmittag war einer der schönsten, die Jim seit seiner Anreise nach Snowbrooks hatte. Er saß nicht in seinem Quartier herum, sondern zog mit Jonathan durch die Straßen, hörte sich seine offensichtlichen Lügengeschichten an, die so überspitzt wie lustig waren und besuchte diverse Geschäfte, aus denen er zwar nichts brauchte, aber die er trotzdem besuchte, weil der Straßenjunge hinein wollte. Ja, er ist manchmal grob, aber wenn man solange auf der Straße lebt, lernt man eben keine ordentlichen Umgangsformen. Langsam wird es ja auch besser mit ihm und er merkt immerhin, dass mich seine Worte verletzen.
Als Jim das Revier betrat, begrüßte ihn der einheitliche Ratlosblick der gesammelten Wachmannschaft. Er fühlte sich beobachtet und ließ seine Augen durch den Raum wandern.
»Was?«, fragte er.
»Wir haben heute Morgen einen ganzen Stapel Post bekommen«, antwortete Adam und zeigte auf den schwarzen Lederrucksack, der auf Jims Platz stand.
Ein kleines Männchen in Jims Brust ließ einen ganzen Schwarm Schmetterlinge frei und schob sein Herz seinen Rachen hinauf - ihm fiel es unglaublich schwer, nicht einfach laut und erlöst aufzulachen.
»O, wirklich?«, fragte er und spielte den Überraschten. »Lass uns doch mal sehen, was wir da haben.«
»Willys hat gut vorgearbeitet«, erklärte Adam. »Es sind viele langweilige und absolut unwichtige Sachen.«
»Also genau das, was wir brauchen?«
Sein Kollege nickte und grinste, als hätte er gerade einen wertvollen Preis gewonnen. »Smitts ist sofort zu Judys Bäckerei gefahren und holt eine Runde Kaffee und Krapfen für die Männer. Wie hast du das bewerkstelligt, Jim?«
»Ich? Gar nicht.«
»Wo kommt der ganze Kram her?«
»Den habe ich gekauft.«
»Es gibt ein Laden für Beweismaterial?«
»So was ähnliches.«
Jim öffnete seinen Rucksack und schüttete die offenen Rechnungen auf Adams Schreibtisch. Der bärtige Polizist sah ihn ungläubig an und wurde kreidebleich.
»Ach, jetzt schau nicht so, Adam. Du möchtest Buchhalter in Upper Downhaven werden? Dann streng dich mal an und zeig uns, wie so etwas geht.«
Der Blondschopf setzte sich auf seinen Platz und wollte sich den Briefen widmen, doch sein Blick glitt verträumt zum Fenster hinaus. Ach, Jonathan, dachte er. Gib mir doch eine Chance, dich zu verstehen. Warum tust du, was du tust und warum hilfst du ausgerechnet mir? Geht es dir ähnlich? Du musst nur etwas sagen.
Er seufzte und wischte sich sein Grinsen aus dem Gesicht, bevor er den ersten Brief öffnete und beiläufig in Smitts Büro sah, in dem ein kultiviert aussehender Mann mit eisblauen Augen saß und die Handschellen an seinen Händen betrachtete. Das würde ein langer Tag werden.