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Provokation
Heute ist ein Tag, an dem ich lebe aber nicht liebe.
Ich sitze hier und warte. Draußen stürmt es, ein sicheres Zeichen, der Herbst ist angekommen, durch das Fenster des Wartezimmers kann ich zwei Maurer beobachten, die an der Fassade des Krankenhauses arbeiten. Das Gerüst, auf dem sie stehen, ist nur eine Armlänge entfernt, und da die Rätsel der ausliegenden Zeitschriften schon enträtselt sind, beobachte ich diese beiden Kerle. Plötzlich schaut der eine Maurer hoch, mir direkt in die Augen und lächelt. Beschämt wende ich meinen Blick nach unten, doch einen Wimpernschlag später schaue ich ihm wieder zu, mustere seinen Körper, fühle mich hingezogen. Ist doch nur ein Kerl. Er hat breite Schultern, schmale Hüften, ein kantiges und glattrasiertes Gesicht. Ich mag die neue Mode der Männer nicht, einen Vollbart zu tragen. Die Gesichtshaut des Mannes ist vom scharfen Wind rosig. Seine Bewegungen sind trotz der schwindelerregenden Höhe auf dem schmalen Gerüst sicher, man sieht, er versteht sein Handwerk. Er bückt sich nach einem Stein und ich sehe die Hose spannt um das Gesäß, ich will mir gerade ausmalen, welche Unterwäsche er wohl trägt, figurbetont knackig oder eher luftig entblößend, als die Krankenschwester kommt und mich aufruft. Seufzend folge ich ihr ins Sprechzimmer. Dort erwartet mich ein Arzt, auch nicht mehr ganz jung, sein Körper wird verhüllt von einem viel zu großen Kittel, aber seine Hände fühlen sich sehr glatt und kühl an, als er mich untersucht. Die Hände des Maurers sind schwielig gewesen, schöne große breite Männerhände, Pranken, die zupacken konnten, mich und meinen Arsch packen, die Schenkel spreizen, kräftige Finger die mich fickrig machen, schnell und schlüpfrig, der liebe Doktor bemerkt launig, mein Puls gehe doch sehr schnell, ich hüstel verlegen,als er meine Brust streift, er ist einfach nicht mein Typ. Lang und hager, Schultern hoch und nach vorne gebeugt, der Kittel unterstreicht mehr, als er verbirgt, kein Mann im Mann. Ist wie ich.
Endlich ist er fertig, ein wenig Geduld noch, meint er und ich bin erst einmal entlassen.
Ich verlasse das Krankenhaus, es hat inzwischen angefangen zu regnen, ich habe leider keinen Schirm dabei, die angefachte Hitze in meinem Schoß beflügelt meine Schritte, wo ist der Kerl, das Gerüst ist verwaist, da höre ich tiefe Männerstimmen, sie feixen, und ich werde langsamer. Ich schreite an den Kerlen vorbei, drücke meinen Rücken zum Hohlkreuz durch, sie sollen sehen, hier mein Arsch. Rund. Sie verstummen augenblicklich, ich drehe mich um, streiche mein Haar hinter das Ohr. Blickkontakt. Diese Hände, einfach gigantisch. Ich winke, die Männer gucken hinter sich, doch da ist keiner. Ja, mein Süßer, du bist gemeint, komm, er wird tatsächlich rot, süße Qual.
Ich öffne meine Handtasche und der Autoschlüssel fällt, es klappt, unter meinen Wagen.
Schmollmund. Kann ich dir helfen? Seine Stimme geht mir unter die Haut. Er hockt sich hin, die Hose spannt um seine Schenkel, sucht und findet meinen Schlüssel, seine Lippen sind rissig und spröde, meine Muschi feucht, diese Lippen brauchen Feuchtigkeit.
Danke, sage ich, halte meinen Schlüssel fest in der Faust, es könnte dein Schwanz sein, Süßer, du hast doch bestimmt gleich Mittagspause. Er lächelt mich an. Versteht.
Versteht mich nicht. Er ignoriert die weit aufgeknöpfte Bluse, denn schon hat er sich von mir abgewandt, stapft zurück. Der Regen sprüht, ich Funken, und ich höre mich fragen, wollen wir ficken? Er wird wieder rot. Blickt zu Boden. Hat ihm wohl nicht gefallen, die große Narbe rechts.
Ich lebe. Wenigstens das.