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Provokation

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19.03.2003
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Provokation

Heute ist ein Tag, an dem ich lebe aber nicht liebe.

Ich sitze hier und warte. Draußen stürmt es, ein sicheres Zeichen, der Herbst ist angekommen, durch das Fenster des Wartezimmers kann ich zwei Maurer beobachten, die an der Fassade des Krankenhauses arbeiten. Das Gerüst, auf dem sie stehen, ist nur eine Armlänge entfernt, und da die Rätsel der ausliegenden Zeitschriften schon enträtselt sind, beobachte ich diese beiden Kerle. Plötzlich schaut der eine Maurer hoch, mir direkt in die Augen und lächelt. Beschämt wende ich meinen Blick nach unten, doch einen Wimpernschlag später schaue ich ihm wieder zu, mustere seinen Körper, fühle mich hingezogen. Ist doch nur ein Kerl. Er hat breite Schultern, schmale Hüften, ein kantiges und glattrasiertes Gesicht. Ich mag die neue Mode der Männer nicht, einen Vollbart zu tragen. Die Gesichtshaut des Mannes ist vom scharfen Wind rosig. Seine Bewegungen sind trotz der schwindelerregenden Höhe auf dem schmalen Gerüst sicher, man sieht, er versteht sein Handwerk. Er bückt sich nach einem Stein und ich sehe die Hose spannt um das Gesäß, ich will mir gerade ausmalen, welche Unterwäsche er wohl trägt, figurbetont knackig oder eher luftig entblößend, als die Krankenschwester kommt und mich aufruft. Seufzend folge ich ihr ins Sprechzimmer. Dort erwartet mich ein Arzt, auch nicht mehr ganz jung, sein Körper wird verhüllt von einem viel zu großen Kittel, aber seine Hände fühlen sich sehr glatt und kühl an, als er mich untersucht. Die Hände des Maurers sind schwielig gewesen, schöne große breite Männerhände, Pranken, die zupacken konnten, mich und meinen Arsch packen, die Schenkel spreizen, kräftige Finger die mich fickrig machen, schnell und schlüpfrig, der liebe Doktor bemerkt launig, mein Puls gehe doch sehr schnell, ich hüstel verlegen,als er meine Brust streift, er ist einfach nicht mein Typ. Lang und hager, Schultern hoch und nach vorne gebeugt, der Kittel unterstreicht mehr, als er verbirgt, kein Mann im Mann. Ist wie ich.

Endlich ist er fertig, ein wenig Geduld noch, meint er und ich bin erst einmal entlassen.

Ich verlasse das Krankenhaus, es hat inzwischen angefangen zu regnen, ich habe leider keinen Schirm dabei, die angefachte Hitze in meinem Schoß beflügelt meine Schritte, wo ist der Kerl, das Gerüst ist verwaist, da höre ich tiefe Männerstimmen, sie feixen, und ich werde langsamer. Ich schreite an den Kerlen vorbei, drücke meinen Rücken zum Hohlkreuz durch, sie sollen sehen, hier mein Arsch. Rund. Sie verstummen augenblicklich, ich drehe mich um, streiche mein Haar hinter das Ohr. Blickkontakt. Diese Hände, einfach gigantisch. Ich winke, die Männer gucken hinter sich, doch da ist keiner. Ja, mein Süßer, du bist gemeint, komm, er wird tatsächlich rot, süße Qual.

Ich öffne meine Handtasche und der Autoschlüssel fällt, es klappt, unter meinen Wagen.
Schmollmund. Kann ich dir helfen? Seine Stimme geht mir unter die Haut. Er hockt sich hin, die Hose spannt um seine Schenkel, sucht und findet meinen Schlüssel, seine Lippen sind rissig und spröde, meine Muschi feucht, diese Lippen brauchen Feuchtigkeit.
Danke, sage ich, halte meinen Schlüssel fest in der Faust, es könnte dein Schwanz sein, Süßer, du hast doch bestimmt gleich Mittagspause. Er lächelt mich an. Versteht.

Versteht mich nicht. Er ignoriert die weit aufgeknöpfte Bluse, denn schon hat er sich von mir abgewandt, stapft zurück. Der Regen sprüht, ich Funken, und ich höre mich fragen, wollen wir ficken? Er wird wieder rot. Blickt zu Boden. Hat ihm wohl nicht gefallen, die große Narbe rechts.

Ich lebe. Wenigstens das.

 
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Ha, die Spuren hastu doch für mich gelegt, gelle?, aber Du weißt, das ist Vollbart (schneeweiß inzwischen, nicht mehr von blond über rot und schwarz) mit dem Kerl hintendran, kurz vor Nikolaus wird der erst wieder gestutzt (auf Dreitagebart, wenn ich mich beschneiden lass, seh ich immer so unrasiert aus, furchtbar!), piekst wieder alles, nicht nur den/die/das andere, knutscht mich auch kein Balg und Blag ab und der prekäre Vorschlag, den heiligen Mann zu spielen und die lieben Kleinen in Angst und Schrecken zu versetzen, kommt den andern gar nicht erst in den Sinn,

liebe GD,

furchtbar mit mir.

Traut sich wohl keiner ran, an das gespiegelte Rollenbild.

Naja, für gestandene und verfestigte Rollenbilder mag diese kleine Skizze provozierend sein. Aber wer hätte je gedacht, dass nur Kerle ihre Phantasie ausleben? Obwohl, wenn ich mir Silvester vorstelle und eine Frauenkombo hätte da mal Antanzen geübt oder Shumona Sinha hätte da eine Weinflasche über einen männlichen Schädel … Ach, wie immer weich ich ab.

Trivialeres

Draußen stürmt es, ein sicheres Zeichen, der Herbst ist wirklich angekommen, …
Ein paar Adjektive – eigentlich, wirklich, echt, wahr etc. - rufen bei mir den Verdacht auf, dass es eben nicht eigentlich wirklich echt und wahr sei, weckt bei mir Zweifel. Der Herbst ist hier im Pott tatsächlich erst gestern so "richtig" (auch so'n Adjektiv) mit einem kühlen, schneidenden Ostwind angekommen … Also ich glaub‘s der Icherzählerin … Hab aber dennoch nicht nur ein Fell, sondern zwei...

Plötzlich schaut der eine Maurer hoch, mir direkt in die Augen und lächelt. … Er bückt sich nach einem Stein und ich sehe seine Gesäßmuskeln durch den Stoff durch anspannen, ich will mir gerade ausmalen, welche Unterwäsche er wohl trägt, figurbetont knackig oder eher luftig entblößend, als die Krankenschwester kommt und mich aufruft.
Scharfe Augen hat die Erzählerin! Die Phase der „flüssigen Bewegung“ könnte glatt eine Redewendung manchen Kommentars hierorts stammen …

..., sein Körper wird verhüllt von einem viel zu großen[,] weißen Kittel, …
(groß und weiß seh ich als gleichrangig an, es gibt auch – bevorzugt bei Chirurgen - grüne und blaue, die zu groß und zu klein sein können, manche passen sogar, im MPI für Kohlenforschung bin ich gern im weißen Zelt herumgelaufen ...

Die Hände des Maurers sind beschwielt gewesen, …
Man, was sind die Augen gut … ich Blindgänger platz gleich - aber sind die Hände jetzt nicht mehr „schwielig“?

Aber was geschieht

Der liebe Doktor bemerkt launig, mein Puls gänge doch sehr schnell, ich hüstel
Gängsta

Dus hast es gewusst!

Kannze mich nochma vazeihn?

Friedel

 

Traut sich wohl keiner ran, an das gespiegelte Rollenbild.
Lieber Friedel, ganz wie du meinst, es ist so, du hast mich her gelockt, du hast den langen Aufstieg zum Gipfel ausgekramt, die mail hat mich hierher geführt. Was muss ich entdecken, die Rubrik Erotik ist vertrocknet. Kein Wunder, nach den Feuchtgebieten, mag ja keiner mehr, ...
Rubrik hin oder her, ich mag ja auch knisternde Geschichten, doch wo sind se hin?


Plötzlich schaut der eine Maurer hoch, mir direkt in die Augen und lächelt. … Er bückt sich nach einem Stein und ich sehe seine Gesäßmuskeln durch den Stoff durch anspannen, ich will mir gerade ausmalen, welche Unterwäsche er wohl trägt, figurbetont knackig oder eher luftig entblößend, als die Krankenschwester kommt und mich aufruft.
Scharfe Augen hat die Erzählerin! Die Phase der „flüssigen Bewegung“ könnte glatt eine Redewendung manchen Kommentars hierorts stammen …
der stand doch aufm Gerüst ganz nah, nur durch Fensterglas getrennt ...

flüssig oder geschmeidig , auf das Bild kommt es an, so wollte ich es fließen lassen :D


Die Hände des Maurers sind beschwielt gewesen, …
Man, was sind die Augen gut … ich Blindgänger platz gleich - aber sind die Hände jetzt nicht mehr „schwielig“?

Ich lach mich gleich schlapp ... ich habe tatsächlich einen Ausdruck benutzt, den ärztliche Sachverständige im Gutachten verwenden. ;)
Aber was geschieht
Der liebe Doktor bemerkt launig, mein Puls gänge doch sehr schnell, ich hüstel
Gängsta

Dus hast es gewusst!

Kannze mich nochma vazeihn?


Alles was du willst, danke fürs Lesen; das gespiegelt Rollenbild, ist eigentlich :D mir nicht so sehr in den Sinn gekommen. Aber so als Frau, wollte ich nicht des Mannes Erzählstimme werden. Es war mir das Dings da oben, der Rubrik wegen, was zu schreiben, damit sich vielleicht ein paar neue Schreiberlinge weniger zieren.

Liebe Grüße, GD

 

Als in deiner Geschichte, Goldene Dame, vom Baugerüst und den Bauarbeitern die Rede war, musste ich schmunzeln, denn zusammen mit dem Erotik-tag sah ich schon die Parallele zu meiner ersten Geschichte bei den Wortkriegern „Jagdfieber“. Wie ich dort, hast auch du eine Frau gezeichnet, die sich von den Bauarbeitern einen Fick erhofft, allerdings wird sie dabei, anders als bei mir, nicht erfolgreich sein. Dass sie vom Arzt nichts hält, und dass es regnet, sind weitere Parallelen, so dass ich schon dachte, du hast dir von meiner Geschichte die Inspiration geholt. Aber an dieser Vermutung wird wohl nichts dran sein, dafür sind die beiden Geschichten sonst zu verschieden.

Ich finde es gut, wie du die Gedanken deiner Prot einfängst, und weil du neulich davon berichtet hast, dass du im Krankenhaus warst, könnte ich mir gut vorstellen, dass da auch Autobiografisches mit eingeflossen ist. :D

Ja, die Wartezeit beim Arzt oder auch bei Fahrten mit den Öffentlichen lädt geradezu ein, sich im Gedanken die verrücktesten Dinge auszumalen – wie gut, dass das Gedankenlesen noch nicht erfunden worden ist, weil wir sonst sicher schon die Gedankenpolizei hätten, die wie in dem Film „Minority Report“ Verbrechen verhinderte, noch bevor sie ausgeführt werden könnten.

Allerdings geht deine Protagonisten verhältnismäßig plump vor, zumal die heutigen Bauarbeiter keine Haudrauf mehr zu sein scheinen, die sich vor nichts fürchten, am allerwenigsten vor einer Frau. Selbst getrunken wird auf den Baustellen weit weniger als früher, vielleicht weil viele das aus religiösen Gründen ablehnen, und die wenigen Deutschen, die es auf den Baustellen noch gibt, dann auch nicht über die Stränge schlagen wollen. Allein zu trinken, macht keinen Spaß, es sei denn, man ist Alkoholiker, aber dann ist man auf einer Baustelle ohnehin nicht erwünscht.

Was ich sagen wollte: Das ist eine nette kleine erotische Geschichte, geschrieben von einer Frau, die es wissen muss und auch weiß, wie das so ist mit Frauenfantasien. Zum Glück wagten sich nach der 68er sexuellen Revolution viele Frauen, darüber zu schreiben, aber in letzter Zeit scheint das Interesse daran wieder abzuflauen.

Frau will wohl wieder anständig sein oder zumindest so erscheinen, daher die harte Kritik an Charlotte Roche, die vor allem von Frauen kam, so nach dem Motto: Wie kann man nur über so eklige Dinge reden wie Körperflüssigkeiten! Andererseits lesen aber vor allem Frauen mit Begeisterung Romane wie „Fifty Shades of Grey“, vornehmlich heimlich auf den elektronischen Lesegeräten, versteht sich. Aber wie konnte es anders sein, hat doch Alice Schwarzer diesen Roman über eine masochistisch veranlagte Frau gelobt, obwohl sie noch in den 90er Jahren über solche Frauen gesagt hat, das sei Kollaboration mit dem Feind. :confused:

Nun, die Zeiten ändern sich, die quasi verwaiste Rubrik Erotik in diesem Forum legt Zeugnis davon ab – es wird Zeit, dass ich wieder was Handfestes schreibe. ;)

 

Hallo Dion,
Ich habe deine Geschichte noch in Erinnerung:D. Meine sollte auch kein Plagiat werden. Ja, im Grunde genommen, verbringe ich zu viel Zeit mit Warten. Die Zeit verrinnt, ohne dass ich sie aufhalten kann.
Auch ein Satz einer früheren Kg, auch im Krankenhaus geboren. :D. Gute Güte, ist das lange her.
Es gab in dieser Rubrik einige gute Schreiber, du Dion hast mir mit deinen Geschichten die Augen geöffnet, dass es ruhig deftig werden kann.
Danke für deine Gedanken

 

Hallo Goldene Dame,

meine Muschi feucht, diese Lippen brauchen Feuchtigkeit.
Ich liebe diesen Halbsatz. Das hört sich so spritzig an :D

Also so wie ich die Kurzgeschichte verstanden habe, geht es um eine Frau, die in einem Zwiespalt zwischen ihren animalischen Instinkten und ihrer rationalen, "ordentlichen" Seite steht.

Diese beiden Seiten werden durch die beiden Männer verkörpert:
Der hagere Arzt behandelt den Prot und hilft ihr so, gesund zu leben.
Auf der anderen sind da die Maurer, deren Attraktivität den prot darüber träumen lässt, sich auszuleben.

In deiner Geschichte gehst du also auch auf die Frage ein, was "leben" bedeutet. Bedeutet "leben", dass ich gesund bin und auf meine rationale Seite (den Arzt) höre, oder dass ich mich auslebe und auch Risiken (beispielsweise mit dem Sexangebot an den einen Maurer)eingehe?

Dein prot scheint erkannt zu haben, welche Art des Lebens die Richtige ist:

Ich lebe. Wenigstens das.
Unbekannt bleibt dem Leser aber, ob der prot lebt, weil sie den Maurer ein Sexangebot gemacht hat, oder weil sie den Arzt besucht hat.

Schöne Kurzgeschichte,
alexei

 

Hallo Goldene Dame!

Die doppelte Herbststimmung in deiner Erzählung - Herbst im Jahreslauf und im Leben der Frau - stimmt mich mit doppelter Wucht melancholisch. Die große Narbe verrät, dass die Ich-Erzählerin eine schwere Operation hinter sich hat, also nicht mehr in Saft und Blüte körperlicher Jugenkraft und Attraktivität steht. Und das wohl mit dem Verstand registriert hat, aber noch nicht mit dem Herzen. Sie hat es sich noch nicht zu Herzen genommen, die Trauerarbeit steht ihr noch bevor - schöne Aussichten!

Den scharfen Herbstwind habe ich als Symbol für den Zahn der Zeit aufgefasst. An der Frau hat er schon genagt, aber der Handwerker macht ihm zum Trotz seine körperliche Arbeit, er verkörpert also die physische Jugendkraft und Robustheit, die der Frau verloren geht, aber an der sie in einer Liebesvereinigung mit ihm Anteil zu bekommen hofft, so dass sie ihre Hinfälligkeit für einen Moment vergessen kann.

Ich muss an Coetzees Roman "Disgrace" denken, wo ein alternder Professor eine seiner jungen Studentinnen verführt, um die Liebesvereiniogung mit ihr als Jungbrunnen zu empfinden und in ihren Armen sein Altern zu vergessen - deine Erzählung schildert dieses alte Lied prägnant aus der Sicht einer Frau.

Viele Grüße aus dem herbstlich kühlen Köln
gerthans

 

Guten Morgen Goldene Dame,

offensichtlich lässt deine Geschichte mehrere Interpretationen zu.

Ohne hier die Vertreterin der düsteren Sichtweise sein zu wollen, für mich ganz klar: Deine Prota hat eine Mamma-OP hinter sich und muss mit dieser Tatsache klarkommen.
(Ich mag mir gar nicht vorstellen, mit welchen Gefühlen sie konfrontiert wird.)

Ihren Wunsch nach Sex mit einem Wildfremden kann ich leider gar nicht nachvollziehen. Da stört mich das Setting des sterilen Krankenhauses. Weißkittel, grelles Licht, unangenehme Gerüche. Das ist der für mich ehe unglaubwürdige Part deiner KG. Aber Menschen sollen ja verschieden sein, so auch ihre Libido.

Je länger ich allerdings über ihre ehe ungewöhnliche Frage „wollen wir ficken?“ nachdenke, umso wahrscheinlicher erscheint sie mir. Die Prota präsentiert unübersehbar ihre Narbe und rechnet nicht mit einer Zusage des attraktiven Mannes. Es ist wie ein Aufschrei, ein Aufbäumen und keine primitive Anmache. Sie will als vollwertige Frau wahrgenommen werden. Die Reaktionen ihres Unterleibes beweisen ihr, dass sie funktioniert und das ist in dieser Situation doppelt bitter für sie. Ihre Lösung: Provokation.

Bei der Aussage:

… kein Mann im Mann. Ist wie ich.
hab ich etwas gebraucht, bis mir klar wurde, dass sie sich als „keine Frau in der Frau“ wahrnimmt.

Die zwei Themenstränge Sexualität und körperliches Versehrtsein hast du gut miteinander verwoben. Für mich steht nicht der erotische Aspekt im Zentrum, sondern die Geschichte, die hinter der Geschichte brodelt. Das macht den Text lesenswert.

Liebe Grüße,
peregrina

 

Hallo gerthans, peregrina und Bea Milena,
Ich habe eure Kommentare gelesen und möchte auch ausführlich antworten, aber ich komme im Moment nicht dazu. Ich melde mich.

 

Hallo alexei

In deiner Geschichte gehst du also auch auf die Frage ein, was "leben" bedeutet. Bedeutet "leben", dass ich gesund bin und auf meine rationale Seite (den Arzt) höre, oder dass ich mich auslebe und auch Risiken (beispielsweise mit dem Sexangebot an den einen Maurer)eingehe?

Was bedeutet es zu leben? Ich glaube, die Antwort findet sich nicht so schnell, außer es bedeutet nicht tot zu sein.
Meine Protagonistin lebt, hat überlebt.

Ich liebe diesen Halbsatz. Das hört sich so spritzig an

So soll es sein! :D

Danke für deinen Kommentar und das spritzige Lob ;) .
Hallo gerthans

Die doppelte Herbststimmung in deiner Erzählung - Herbst im Jahreslauf und im Leben der Frau - stimmt mich mit doppelter Wucht melancholisch. Die große Narbe verrät, dass die Ich-Erzählerin eine schwere Operation hinter sich hat

Melancholie ist zwar eine Traurigkeit, aber eine positive. Sie hilft, die eigene Mitte wiederzufinden.
... aber an der sie in einer Liebesvereinigung mit ihm Anteil zu bekommen hofft, so dass sie ihre Hinfälligkeit für einen Moment vergessen kann.
das ist ein interessanter Gedanke und passt zur positiven Traurigkeit.
Ich muss an Coetzees Roman "Disgrace" denken, wo ein alternder Professor eine seiner jungen Studentinnen verführt, um die Liebesvereiniogung mit ihr als Jungbrunnen zu empfinden und in ihren Armen sein Altern zu vergessen

Ich dachte immer, dass sei die "Midlifecrisis" alternder Männer ;), aber das Pendant wollte ich mit meiner Geschichte in keinem Fall erzählen. Hier geht es nicht um die Feststellung, "huch, ich bin nicht mehr 20 sondern 50!" sondern um die Endlichkeit des Lebens. Da ich den Roman nicht kenne, weiss ich nicht, ob es um das Klischee der Midlifecrisis geht, oder auch tatsächlich um die Furcht vor der Endlichkeit des Lebens.

Vielleicht sollte ich den Roman mal lesen. Danke für deinen tiefsinnigen Kommentar und deine Anregung .

Hallo peregrina

offensichtlich lässt deine Geschichte mehrere Interpretationen zu.

Ich bin total erleichtert, dass du auf den Weg gekommen bist. :)

Ihren Wunsch nach Sex mit einem Wildfremden kann ich leider gar nicht nachvollziehen. Da stört mich das Setting des sterilen Krankenhauses. Weißkittel, grelles Licht, unangenehme Gerüche. Das ist der für mich ehe unglaubwürdige Part deiner KG. Aber Menschen sollen ja verschieden sein, so auch ihre Libido.
Je länger ich allerdings über ihre ehe ungewöhnliche Frage „wollen wir ficken?“ nachdenke, umso wahrscheinlicher erscheint sie mir. Die Prota präsentiert unübersehbar ihre Narbe und rechnet nicht mit einer Zusage des attraktiven Mannes. Es ist wie ein Aufschrei, ein Aufbäumen und keine primitive Anmache. Sie will als vollwertige Frau wahrgenommen werden.
Das Setting war ja die Nachuntersuchung, das Fehlen der Brust, der (Irr)Glaube an Verlust der Sexualität
sollte deutlich werden. Daher habe ich auch immer den runden Po fokussiert. Die weibliche Brust soll wie der runde Hintern gleich in der Wahrnehmung sexuell stimulieren. Der Satz wollen wir ficken, ist tatsächlich der Aufschrei, der Po alleine macht es nicht ...
hab ich etwas gebraucht, bis mir klar wurde, dass sie sich als „keine Frau in der Frau“ wahrnimmt.

Genau so habe ich es aussagen wollen.
Die zwei Themenstränge Sexualität und körperliches Versehrtsein hast du gut miteinander verwoben. Für mich steht nicht der erotische Aspekt im Zentrum, sondern die Geschichte, die hinter der Geschichte brodelt. Das macht den Text lesenswert.

Danke, das zu lesen, hat mich sehr, sehr gefreut. :)

Hallo Bea Milana

ich mag deine Geschichte. Sie handelt von einer Frau, die Lust auf Sex hat.
Präziser gesagt handelt sie von einer Frau, deren Brust wahrscheinlich amputiert wurde, und die vor, während und nach dem Kontrollbesuch beim Arzt ihren Körper, bzw. ihre Sexualität beim Beobachten eines Maurers wiederentdeckt.

Die Brust ist weg, und mit ihr nicht nur die Sexualität. Es geht auch um Überwindung, sich dem Leben zuwenden, das Wissen, den Tod im Nacken (gehabt) zu haben.
Einer der vielen Sätze über die ich mich freute. So fein, so nebenbei formuliert, ohne großes Aufsehen erfahren wir, dass die Frau schon älter ist, andererseits aber neugierig und lebenshungrig.

und ich freue mich, dass dieser Satz, neben vielen, dir Freude bereiten konnte. :)
An dieser Stelle bin ich ein wenig ratlos, um wen es sich denn nun handelt.

In meinem Kopf war es der gleiche Kerl, aber es stimmt, deutlich wird es nicht. Ich habe überlegt, ob ich es herausstellen soll, dass da ein Wiedererkennen ist. Aber eigentlich ist es nicht wichtig, ob es derselbe Mann ist. Es geht ja nicht um den einen Mann, von dem sie glaubt, der nicht mehr mit ihr schlafen mag, sondern es geht allgemein um das Gefühl, ihren Verlust der Brust nicht mehr verbergen zu wollen. Es ist der Wunsch zeigen zu können: Schaut her, ich bin nicht vollkommen, habe aber Bedürfnisse.
Daher würde ich event. das Fettgedruckte streichen oder anders formulieren.

Ja, ich diesen Satz auch nicht so als perfekt erfunden, er wirkte auch auf mich, wie angeklebt. Aber ich wollte ihn so stehen lassen, um mal zu hören, wie er auf andere wirkt.

Ich mag deinen souveränen Erzählstil, die Innenansicht dieser Frau, schlicht, genau, angemessen. Und das Thema (Frau, Körper, Sexualität, Verletztsein).
Die Provokation (Titel) steckt in der unverblümten Direktheit einer intimen Frage, die eine verletzte Frau auf dem Parkplatz eines Krankenhauses (also einem unangemessenen Ort) einem Mann stellt.
Auch gefällt mir, dass im letzten Satz keine Bitternis über die Ablehnung durch die große Narbe
aufkommt, sondern der Dank, dass sie lebt. Das stellt alle Wünsche in den Hintergrund und relativiert sie auf das Wesentliche.Eine lesenswerte Kurzgeschichte!

Danke für dein Lob!Das hat mich sehr, sehr gefreut :)

Hallo fxdysprosium

Der Zusammenhang zwischen Herbst und den Maurern wird mir nicht ganz klar. Ich würde die beiden Dinge nicht in einem Satz unterbringen.
Hier wieder dieses Problem. Solche langen Sätze ohne einen direkten Zusammenhang lesen sich wirklich sehr schwer... Es verwirrt den Leser und raubt der Geschichte die Spannung.
Ich sehe gerade, dass das wohl dein Stil zu sein scheint - interessant. In diesem Falle ist es natürlich blöd, es dir ausreden zu wollen. Achte bei diesem Stil aber trotzdem darauf, dass die Sätze nicht zu lang werden und dass du nicht zu viele verschiedene Dinge aneinanderreihst. Ich finde so etwas immer einen Spannungskiller, weil man solche Wuchersätze teilweise mehrmals lesen muss, um alles mitzunehmen.
Ich freue mich, dass du trotzdem die Geschichte gelesen hast. Ja meine Sätze fordern vielleicht den einen Leser mehr als den anderen. Und es ist in der Tat, ein Stil, den ich zur Zeit pflege. In meinen älteren Geschichten habe ich andere Stile ausprobiert. Die Erzählstimme des lyrischen Ichs transportiert auch zwischen den Zeilen. Daher ist dieser Stil in dieser Geschichte von mir auch so gewollt.
Die plötzliche Wendung zum Schluss ist genial. Sehr gut gedacht und super umgesetzt!

Danke auch dir fürs Lesen und deine lobenden wie kritischen Worte.


Ich wünsche Euch einen schönen Abend!

 

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