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Professionelle Soldaten

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Professionelle Soldaten

Professionelle Soldaten

«Unsere Soldaten erfüllen ihren Auftrag hervorragend und erhalten höchste Anerkennung der Verbündeten für ihre Professionalität», «Für alle Einsätze, erst recht für die der Spezialkräfte gilt: Man muss immer zwischen dem berechtigten Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit und der Sicherheit der Soldaten abwägen.»

Verteidigungsminister Scharping am 25.02.2002 anlässlich eines Interviews

1.
Wirst Du mir meinen Mann zurückgeben, wenn ihm etwas passiert? Natürlich nicht. Du kannst nur schöne Worte in dieses Mikrofon hereinreden. Weil mein Mann nicht so gut reden kann, deshalb, ja deshalb ist er da unten und Du bist da vor den Mikrofonen. Hat nicht alles so seine Ordnung? Ja? Ist nicht jeder auf seinem Platz? Da, wo er hingehört?

Was sage ich den Kindern, wenn ihm etwas passiert? Hast du Worte für Sie? Nein. Natürlich nicht. Deine Worte haben gelernt nichts zu sagen. Erkläre doch einmal einem Kind, warum ihr Vater nicht bei Ihnen ist. Aber so, daß das Kind es wirklich verstehen kann. Nur zu. Ich warte.
Nein. So etwas kann man nur Erwachsenen erklären. Und auch nur, weil wir mittlerweile abgestumpft sind. Weil wir gelernt haben, das es wohl „Notwendigkeiten“ gibt, die wir lange nicht mehr hinterdenken oder abwägen können, die aber „irgendwie sein müssen“. Weil wir uns abgefunden haben. Nicht mehr nachfragen, denn alles ist ohnehin so kompliziert und deshalb seid ihr ja da. Ihr wisst schon.

Erkläre seinem Kind, warum ihr Vater dort sterben könnte.
Du würdest mir über Deine Bediensteten Karten schicken lassen. Die Witwenrente anweisen. Du selbst würdest nichts erklären. Nur schriftlich und mit Bundesadler bedauern.

Erkläre mir, warum Krieg sein muß. Erkläre es. In einfachen, wahren Worten. Ich ahne, was Du sagen würdest, wenn Du einfach nur die Wahrheit sagen könntest. Ich ahne es. Danach lasse mich entscheiden, ob Du überzeugend warst, oder nicht. Ich werde abwägen! Aber nichts was Du sagen könntest, wird meine Entscheidung schwer werden lassen.

Letzte Woche stand Dein professioneller Kämpfer hier neben mir und hat geweint. Nein. Er hat nicht nur geweint, er war verzweifelt, hörst Du? Er hat mich angefleht bei ihm zu bleiben, diese Zeit wieder einmal durchzustehen. Er hat sich entschuldigt, daß er nicht da ist. Er hat geweint. Geweint, weil er die Kinder vermisst. Mich vermisst. Nicht fort will, in dieses öde, wüste Land. Geweint, weil er Angst hat. Er nicht mehr weiß, was er da soll. Für wen er geht. Für die Kinder nicht, für mich nicht und für Dich auch nicht. Früher einmal, ja, früher, da ging er für sich. Aber das ist lange vorbei. Es war sein Fehler. Er weiß um ihn und er bereut ihn.

Unsere Freunde sagen, Martin selbst müsse wissen, worauf er sich einließ. Er hätte sich verpflichtet bei der Bundeswehr. Da gehöre das nun dazu, fortzugehen. Im Einsatz zu stehen.
Mein Gott. Er war 17. Verstehst Du? 17. Was weiß man schon mit 17? Früher einmal, sagte er mir, war es eine Verteidigungsarmee. Das habt ihr geändert mit euren Träumen vom neuen Deutschland. Man schluckt es dann eben und denkt an die restlichen Dienstjahre. Ja und letzten Monat, war es nur noch ein Dienstjahr. Soll man da alles hinwerfen?

Und Du, Du hast die Frechheit mir einfach so und unvermittelt durch das Radio zu sagen, das Dein Recht, zu wissen wo mein Mann jetzt ist, vor meinem Recht liegt, das zu erfahren? Kennst Du ihn? Weißt Du um seine Art? Natürlich nicht. Du weißt Nichts. Und da platzt du so in meine Intimität herein? Ich ertrage es zu Warten. Aber ich ertrage nicht noch Begründungen oder stolzes Gerede. Das ist zu viel.

Jede Nacht fressen mich die Sorgen auf. Ich liege wach in meinem Bett und denke nur an ihn. Ich bete und schicke ihm Engel auf seinen Weg. Ich ertrage es. Ich liebe ihn.
Bin ich etwa Schuld? Hätte ich mir aussuchen sollen für wen mein Herz schlägt? Ist es das?

Und trotzdem. Wenn du ihn hier und jetzt zurückholen würdest, ich würde auf Knien dankend jede einzelne Stufe Deines Ministeriums heraufkriechen, um Dir die Hände zu küssen. Warum überkommt mich diese riesige Trauer? Weshalb weine ich? Martin? MARTIN?

2.
Das Radio stand auf einem Klapphocker im 3 Mann Zelt. Die Soldaten lagen noch in ihren Schlafsäcken, als Sie ihren Minister reden hörten.
„Du Martin, der findet, wir seien professionell!“
„Professionell verarscht, ja!“
„Hehehe....jetzt zersetze er mal nicht meine Moral, ja?!“
„Nein, nein, keine Angst!“
„Na also!“
„He! Der hat unsere Sicherheit abgewägt. Das ist beruhigend zu hören! Irgendwie ist mir gerade viel sicherer, wenn der sowas sagt!“

Es war der letzte Satz, der in diesem Zelt fiel. Eine Granate detonierte mitten zwischen den Soldaten. Martin sah nur noch einen grellen Lichtblitz. Er hörte nicht einmal mehr den berstenden Knall. Da war er längst tot.

3.

Das Leben spielt manchmal zynisch, ja böswillig. Vor 2 Tagen schrieb Martin folgenden Brief, den Sabine gerade in Händen hält.

„Liebe Sabine,
mein Engel,

„......Es war ein Fehler hierherzugehen. Ich trage mich mit dem Gedanken alles hinzuschmeissen. Egal, was passiert. Es gibt eine Pflicht NICHT mitzumachen. Ich weiß es nun. Wir finden ein Weg. Haben wir immer. Ein Dienstjahr hin oder her. Schreibe mir, ob es nach unseren Diskussionen noch immer Deine Zustimmung findet. Ich leite den Rest in die Wege.............“

Martin

 

schöner text! lautet manchmal etwas komisch aber vom inhalt her sehr schön!
mache mir selbst oft darüber gedanken (aus persönlichen gründen wohlbemerkt). she das genauso wie du. der text ist richtig traurig geschrieben auch das mit dem zitat finde ich klasse. was solll ich dazu noch sagen!? weiter so!

[Beitrag editiert von: ['instin(c)t] am 05.03.2002 um 19:33]

 

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