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Productplacement in Büchern

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29.09.2004
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Productplacement in Büchern

Hi!

Neulich nötigte ich meinen Bruder, in die ersten Seiten von Murakamis "Kafka am Strand" reinzulesen, um ihn mal wieder für ein gutes Buch anzufixen. Er legte es umgehend weg, mit der Begründung, es würde ihn nerven, wenn in Büchern zu auffällige Schleichwerbung praktiziert würde, weil er dann ständig den hämisch grinsenden Autor vor Augen hätte, der sich während seiner Schreiberei über die zusätzlichen fetten Einnahmen aus den Marketingabteilungen der einzelnen Unternehmen freut. Unsere folgende, nicht gerade geschwisterliche Diskussion über die edlen Motive der schreibenden Zunft erspare ich euch in diesem Zusammenhang. :Pfeif:

Allerdings frage ich mich seitdem, ob es nicht doch vielleicht Absprachen zwischen Autoren/Verlagen und Konsumgüterherstellern in beiderseitigem Interesse geben könnte. Oder lacht sich der Hersteller einer bestimmten Ware bei deren positiver Erwähnung ins Fäustchen und freut sich über die kostenlose Werbung in womöglich gar nicht so geringer Auflage?

Ein paar Beispiele: Gerade bei Murakami fällt auf, dass er fleißig Markennamen benutzt. Bisher erschien mir das immer nur als Stilmittel, um Beschreibungen plastisch zu machen. Da trägt jemand eine Armani-Krawatte, eine Casio-Uhr, hat einen Sony-CD-Player bei sich. Bei "Tanz mit dem Schafsmann" fühlen sich gleich mehrere Leute in einem Subaru (oder wars ein Nissan?) ungeheuer wohl und ein ebenfalls markennamentlich genannter Sportwagen schneidet im Vergleich viel schlechter ab. Natürlich wird das alles fein mit der Handlung verknüpft, aber ein brillianter Autor kann ja solche Dinge auch besonders elegant einbauen.

Anderes Beispiel wäre "Mustererkennung" von William Gibson: Hier trägt die Protagonistin wärend des ganzen Buches eine Buzz Rickson-Jacke, die dauernd an- und ausgezogen, benutzt, verschmort, repariert, ersetzt und wieder zerrissen wird. Hätte man alles durchaus auch mit einer No-Name-Jacke machen können. Tatsache ist aber, dass ich nach dem Lesen des Buches so neugierig auf diese besondere Jacke war, dass ich sie erst mal im Internet recherchiert habe - und siehe da, der Verkäufer schreibt sogar unter die Artikelnummer "Pattern Recognition" drunter. Er macht sich also die Erwähnung durchaus zunutze.

Ich will jetzt hier keine schicke neue Verschwörungstheorie kreieren, sondern nur mal eure Meinung hören: Werden wir Bücherleser ebenfalls einer subtilen Form der Werbung ausgesetzt und fließt da durchaus das eine oder andre Zubrot in die Tasche eines etablierten Autors? Oder begründen sich markennamentliche Erwähnungen rein im Bedürfnis, eine Sache möglichst griffig zu beschreiben? Wo sind euch solche "Methoden" bereits aufgefallen und wie empfindet ihr sie? :dozey:

 

Ich würde mal sagen: Nichts ist realer als die Realität! :teach:

 

Danke für deinen wortgewaltigen Beitrag.

Und wieviel hast du denn so für den Qula-Slogan abkassiert? :D

 

:Pfeif: Oh, äh, ich muss weg! :D


Nein, ernsthaft:

"Mein Benz steht vor der Tür, als Kanzerlin Merkel aus dem Gebäude tritt. Ich stelle mir vor, wie sie das Ticken der Bombe im Kofferraum hört - und irritiert auf die Uhr schaut, auf ihre fette goldene Rolex, ja so was würde ich tragen, wenn ich die wichtigste Person Deutschlands wäre ..."

 

Hi Kira,

also am schlimmsten empfand ich es in Sakrileg.
Da wird mit dem Smart herumgefahren, samt imaginärer Sightseeing-Tour, die sich sicher nicht schlecht auf den Tourismus der Städte ausgewirkt hat. Auf den Schluß mit dem Judenstern resp. der symbolistischen Erklärung des Christentums möchte ich nicht näher eingehen, um nicht dem Anruch des Antisemitismus anheim zu fallen.
Ich glaube aber, dass sich das finanziell auch nicht schlecht für Herrn Brown ausgewirkt hat, weil das Buch ja ehrlich gesagt ziemlich schlecht geschrieben ist, von der Verfilmung gar nicht zu sprechen.

Wie dem auch sei, sollte ich für einen Roman den Auftrag kriegen meinen Helden um gutes Geld Coca Cola trinken zu lassen, würd ich mir schwer tun es abzulehnen. :D

Grundsätzlich finde ich es aber falsch, weil damit über kurz oder lang nur mehr Geschichten auf den Markt kommen würden, die auf die jeweiligen Produkte zugeschnitten sind.
Damit würde richtige Literatur natürlich untergehen. Im Endeffekt das gleiche was mit Hollywood und der Independent Szene passiert ist und passiert.

 

Als ich die Werbe-Schlachten zwischen James Bond (BMW) und Jurassic Parc (Mercedes) bei der Verfilmung mitgekriegt habe, hat mich das komisch berührt. Und beim neuen Buch von Michael Crichton, wo er gegen die Umweltprotagonisten anschreibt, habe ich mich gefragt, ob er da gekauft wurde.

 

kira schrieb:
Tatsache ist aber, dass ich nach dem Lesen des Buches so neugierig auf diese besondere Jacke war, dass ich sie erst mal im Internet recherchiert habe
Das bringt nur eine Frau fertig. :D

Im Ernst, ich halte das fürn Schmarrn, und zwar vor allem dann, wenn in einem Buch viele Produkte namentlich erwähnt werden – ein Autor hätte viel zu tun, um mit den verschiedenen Firmen entsprechende Verträge zu schließen, und die Firmen wären dämlich, dafür zu bezahlen, daß sich unter vielen auch ihr Name findet.

Es geht schlicht um Authentizität und damit um Glaubwürdigkeit, einer der das sehr gut kann, ist Dan Brown: Er ist so erfolgreich, weil seine Schauplätze genauso jedermann zugänglich wie seine Utensilien bekannt sind. Diese Wiedererkennung schafft ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit – mein Gott, das gibt’ ja alles wirklich! -, und hat er dann es leichter, auch baren Unsinn als eine mögliche Wirklichkeit zu verkaufen.

Bei den Filmen ist das anders, weil sich die Filmszenen denen in der Werbung zum verwechseln ähnlich sehen (oder umgekehrt) – um die gleiche Wirkung zu erzielen, also ein Millionenpublikum zu erreichen, müßten sie sonst wesentlich mehr Geld aufwenden.

 

Sagen wir es mal so. Wenn zum Beispiel ein bekannter Limonadenhersteller mir etwas dafür bezahlen würde, dass die Protagonisten eines Romans dessen Produkte trinken, würde ich keine Skrupel kennen. Denn noch ist der Roman nicht geschrieben, einen Verlag hat er auch nicht gefunden und von irgendwas muss ich doch leben, während ich mir den Luxus erlaube, Künstler zu sein.
Wenn der Limonadenherstellers mir dann kraft seiner Verbindungen auch noch einen Verlag bescheren, da es ja in seinem Interesse liegt, dass jeder weiß, was meine coolen und hippen Protagonisten trinken, hilft es mir doppelt.

Und natürlich mache ich mich damit zur Hure. Stolz kann sich leisten, wer davon auch leben kann.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo zusammen,

ich glaube nicht, dass Autoren im Normalfall für "Schleichwerbung" bezahlt werden. Meist werden Marken aus anderen Gründen verwendet, ob nun Nachvollziehbarkeit, Markenimage (als Ergänzung zur Charaktieriserung), für den Hintergrund und ähnliches. Zudem wäre Schleichwerbung sehr uneffektiv und somit die Summen extrem gering >10 €.

Bei Bestsellerautoren wäre es theoretisch werbetechnisch interessant, besonders bei Reihen mit ähnlichen Protagonisten oder Handlungen. Weil man hier Werbung direkt an die Zielgruppe bringen könnte.
Letztlich wird das nicht gemacht, weil bei diesen Reihen sowieso bestimmte Werbung gemacht wird, um warum dann bezahlen? Und es dürfte schwer sein eine Verbindung Buch- Verkauf zu belegen.

Gruss

Bluomo

 

Produkte zu benennen hat eher den Grund, eine bestimmte Charakterisierung vorzunehmen. In American Psycho wird das sogar als Stilmittel benutzt und es füllt ganze Kapitel.
Es ist aber auch bei einfachen Beispielen ersichtlich, warum das manchmal sein muss.

Langsam ließ er sich in einen Sessel sinken und trank genüßlich einen Schluck (hier einsetzen).

* Wein
* Tischwein aus dem Tetrapak
* Sangria aus der 2.5-Liter Pennerbombe
* 1959er Glorioso Gran Reserva Rioja

 
Zuletzt bearbeitet:

An American Psycho musste ich beim Threadtitel auch sofort denken. Ist allerdings ein Buch, bei dem ich mir vorstellen könnte, dass Firmen sehr viel Geld bezahlen, um nicht genannt zu werden. Natürlich auch ein sehr lukratives Geschäftsmodell für einen Autor: Gebt mir Geld und ich schreib euch nicht in mein Buch. :)

 

Ja, viel Kluges wurde schon gesagt, ich wollte nur noch ein paar Details beitragen:
Die Rickson-Jacke in Gibsons Buch ist seine Erfindung, es gab eine solche Jacke von jener Firma bei Drucklegung nicht. Als das Buch dann erschien, wurde die Herstellerfirma (die es gab) mit Anfragen überhäuft, schlau wie sie waren, begannen sie also mit der Produktion (diese Geschichte ist u.a. im Cyberpunk-Community.de-Forum nachzulesen).

Gibson ist überhaupt jemand, der schon immer viele Markennamen verwendet hat, die Handlungstragenden Elemente bei ihm sind aber meist erfundene Marken: Ono Sendai, zB. Als ich seine Bücher das erste Mal las, war ich davon begeistert, weil es eine Art von Authenzität erzeugte, die ich bis dahin noch nie so gesehen hatte. Inzwischen wurde das oft kopiert.

Jemand, der dieses Mittel ins Gegenteil verkehrt hat, ist Max Barry: In "Logoland" (Jennifer Gouvernment) geht der Markenfetisch so weit, dass die Angestellten sogar den Markennamen ihrer Firma als Nachnamen tragen (müssen): Hack Nike, usw.

 

Wow, Naut!
Was du alles weißt! Interessant wäre eben jetzt noch zu erfahren, ob Gibson am Verkauf der von ihm erfundenen Jacke beteiligt ist. Wär ja irgendwie nachvollziehbar. ;)

@Webby: Seh ich auch so. Aber notwendig ist es eben nicht überall. Manche Autoren scheinen wohl ein Faible für dieses Stilmittel zu haben. :Pfeif:

 

Klugscheißenderweise darf ich hinzufügen, dass U.S. Robotics sich zwar nach dem Konzern aus Asimovs Geschichten benannt hat, allerdings hieß der bei Asimov US Robots (bzw. US Robots and Mechanical Men). Ich hab noch ein 56k-USR-Modem mit integriertem AB in meiner Hardware-Grabbel-Kiste :D.

 

Webmaster schrieb:
Klugscheißenderweise darf ich hinzufügen, dass U.S. Robotics sich zwar nach dem Konzern aus Asimovs Geschichten benannt hat, allerdings hieß der bei Asimov US Robots (bzw. US Robots and Mechanical Men). Ich hab noch ein 56k-USR-Modem mit integriertem AB in meiner Hardware-Grabbel-Kiste :D.
Brav, dafür bekommst Du einen Marienkäfer-Stempel ins Betragen-Buch! :D Ich allerdings benutze noch ein 56k-U.S.-Robotics-Modem (außerdem telefoniere ich mit einem W48 und einem schwarzen Telenorma aus den 70ern), daher erkenne ich mir den Titel "Retro-Geek der Woche zu". :lol:

Mit der Firmenbezeichnung hast Du natürlich Recht. Hab ich wohl verwechselt.

 

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