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Thema des Monats Probegang ins Jenseits

Seniors
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29.01.2010
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Probegang ins Jenseits

Jonathan Seidelbast trat ein, eine Reisetasche in der Hand. Die Atmosphäre in der Eingangshalle des Instituts migratio, ein Lichtraum in Weiss, Gelb und Hellblau gehalten, wirkte auf ihn angenehm. Seine auf dem Weg hierher aufgekommene Unsicherheit verflog.
Ein Herr, ganz in Schwarz gekleidet, wurde eben von der Empfangsdame verabschiedet. In der Hand eine Ledertasche mit erhabenen Insignien auf weissem Grund, ein schwarzer Hut mit zwölf violetten Quasten und Kordeln.
«Monsignore, ich hoffe, der Aufenthalt erfüllte Ihre Erwartungen entsprechend.»
«Ja doch, auch wenn ich erst dachte, ein diabolischer Widersacher hätte seine Hand im Spiel. Doch klärte es sich. Himmlisch, was sich mir offenbarte.» Ein strahlendes Lächeln streifte über sein Gesicht, ehe dies wieder würdevolle Distanziertheit ausdrückte.

Lange Zeit hatte er über das Inserat gegrübelt. Bis dahin war die Sache für ihn kein Thema gewesen. Keinen Gedanken hatte er je daran verschwendet, doch dieser Text brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Ein Probegang ins Jenseits mit Rückkehrgarantie. Die Anzeige kündigte an, Menschen zu helfen, ihnen die Angst vor des Lebens Ende zu nehmen. Der Probegang wurde massgeschneidert angeboten. Individuell die Lebenshaltung, die religiöse Einbindung oder die philosophische Einstellung berücksichtigend. Im angeforderten Prospekt wurde es dann vertieft erläutert. Auch der Institutsname migratio wurde erklärt. Sinnigerweise bedeutete er im Lateinischen unter anderem Übertritt ins Jenseits, obwohl dies keine Kernaufgabe des Instituts sei. Diese wurde ohne weitere Präzisierung mit Forschung angeführt.
Angst, nein das wollte sich Seidelbast nicht eingestehen. Aber die Ungewissheit, was er erwarten durfte, nagte an ihm. Ihm war bewusst, dass in seinem Bekanntenkreis bereits einige Gleichaltrige verstorben waren. Einer durch Unfall und drei durch Krankheit. Einer beinahe, er war fünf Tage im Koma, ehe er wieder erwachte.
Seidelbast hatte zum Thema nichttheologische Auslegungen gesucht und fand eine wissenschaftliche Abhandlung, die erklärte was die Hirnströme bewirken, wenn ein Mensch in den Grenzbereich von Leben und Tod kam. Die populären Nahtod-Erfahrungsbücher einer Krankenschwester, die mit ihren Werken viel Geld verdiente, wurden dabei sehr relativiert und die Sinneseindrücke als neuronale Phänomene der Wahrnehmung entlarvt. Am Institut migratio praktizierte man Wissenschaft und keinen Aberglauben. Ansonsten hätte er sich nicht dafür entschieden, diesen Gang auf sich zu nehmen. Er wollte Klarheit.

Die Empfangsdame in weissem Kittel mit gelben Bordüren begrüsste ihn herzlich und gab ihm erste Informationen über das weitere Vorgehen. «Man wird Sie gleich in Ihr Zimmer begleiten. Herr Doktor Krähemann wird in einer Stunde zu Ihnen kommen, um das Einleitungsgespräch zu führen. Vorab müssen Sie den Fragebogen wahrheitsgetreu ausfüllen. Ich wünsche Ihnen noch einen wunderbaren Aufenthalt hier und im Jenseits.»

Der Fragebogen umfasste zwölf Seiten. Gezielt fragte man nach Krankheiten und Medikamenten, die er einnahm. Ängste, die ihn aktuell oder früher beherrschten sowie allfälliges Suchtverhalten. Dies beschränkte sich nicht auf Stimulanzien. Man forderte eine Selbsteinschätzung seines Charakters und seine Präferenzen musste er offenlegen. Ein weiterer Frageblock galt seiner sozialen Konditionierung, der beruflichen Position und weiteren Bereichen seiner Lebensstruktur. Er schaffte es knapp, dies alles zu beantworten, bis Krähemann erschien.

Der Doktor wirkte sehr souverän und nicht weniger herzlich, als Seidelbast es beim übrigen Personal bereits erfahren hatte. Anstelle eines gewöhnlichen Arztkittels trug er einen weissen Anzug. Unter dem eingestickten Namen drei Balken in Weiss, Gelb und Hellblau. Er nahm im zweiten Fauteuil, Seidelbast gegenüber, Platz. Den Fragebogen schien er gezielt nach bestimmten Antworten durchzusehen, ehe er das Einleitungsgespräch aufnahm.

«Es freut mich sehr, dass Sie Ihre Ängste überwinden, ihre Ungewissheit vor dem Unabänderlichen durch konkretes Wissen ersetzen wollen.»
«Also Angst habe ich keine, es ist mehr Neugierde.»
Krähemann lachte, nicht überheblich, mehr mitfühlend. «Das sagen sie alle. Doch ich habe noch nie jemanden erlebt, der nachträglich nicht doch eingestand, sich vor dem Jenseits gefürchtet zu haben. Dabei machte es keinen Unterschied ob es Fromme oder Ungläubige waren.»
«Ja gut, ein gewisses Unbehagen ist da schon», gestand Seidelbast nun ein. «Aber wieso fürchtet sich ein Frommer, wenn er doch überzeugt ist, dass ihm nur Gutes widerfahren kann?»
Krähemanns Lächeln schien Seidelbast verklärt, über den Dingen stehend.
«Der Übertritt ist nicht einfach eine Ebene, die sich für alle gleich erschliesst. Die Frommen erwarten für sich eine Pforte ins Paradies und für die Bösen strafende Qualen des Fegefeuers. Doch sind die Frommen so gütig, wie sie sich geben? Die Bösen so gemein, wie ihnen angelastet wird?»
«Ich weiss nicht. Man sagt aber, die Wirkung seines Verhaltens falle immer auf einen selbst zurück. Das erscheint mir plausibel, aber eher in diesem Leben.»
Krähemann lächelte milde. «Das Jenseits lässt sich nicht täuschen. In seinem Zugang reflektiert es die Prägung des wirklichen Selbst eines Menschen. Auch das edelste Gemüt wird in seinem Leben schon in Situationen gekommen sein, die brandschwarze Flecken auf seiner vermeintlich blütenweissen Weste hinterliessen. Diese unterdrückten Schuldgefühle werden ihm in der entscheidenden Stunde bewusst. Die Läuterung bietet sich ihm dann während des individuellen Übertritts ins Jenseits. Alle Nuancen seines schlechten Gewissens werden manifest. Erst wenn er seine Fehlleistungen erkennen, als solche akzeptieren und innerlich Abbitte leisten kann, besteht er diesen Prozess. So kann er dann friedvoll befreit die Endlichkeit des letzten Seins annehmen.»
«Dann ist der Ungläubige hier im Vorteil, da er nicht an Himmel oder Hölle glaubt?»
Krähemann schmunzelte. «Glauben Sie, ein Ungläubiger habe keine Vorstellungen, keine Ängste, die ihn in der letzten Stunde albtraumartig heimsuchen? Wenn es nicht Himmel und Hölle sind, dann vielleicht ein schwarzes Loch. Die Beschaffenheit des Universums weist solche schwarzen Löcher auf, und sie wirken nicht weniger unheimlich auf die Menschen. Oder bei einigen philosophisch Denkenden ist es das Nichts. Doch auch ein solches kann belastend wirken, da es nicht greifbar ist.»
Seidelbast dachte angestrengt darüber nach, was er in seinem Leben für andere Nachteiliges begangen hatte. Er war kein schlechter Mensch, nein, davon war er absolut überzeugt. Natürlich war er ebenso wie andere mit diesen oder jenen Schwächen ausgestattet. Ein ungutes Gefühl kam ihm hoch, Erinnerungen an Situationen, in denen er sich zu Handlungen hatte hinreissen lassen, die er bedacht nie getan hätte.
«Sie müssen sich nicht fürchten, dies ist nur ein Probegang. Doch es hilft Ihnen die Wirklichkeit zu erkennen, die Projektionen zu deuten und als Hirngespinste Ihrer Ängste abzutun. So steht Ihnen dann definitiv irgendwann ein befriedetes Jenseits bevor.»
«Wie wird es denn letztlich sein, dieses Jenseits?»
Der Gesichtsausdruck von Krähemann war gütig und beruhigend. «Es wird so, wie Sie es sich zutiefst wünschen. Die Erfahrung dieser Realität gibt Ihnen dann die Gewissheit.»
Seidelbast verfiel nun in ein Nachdenken, welche Form eines Jenseits er sich eigentlich wünschte. Damit hatte er sich gar nicht auseinandergesetzt. Ein besseres Leben in einem Jenseits oder gar eine Wiedergeburt hatte er immer als Aberglauben angesehen. Damit verdienten diejenigen ihr Geld, die das Geschäft mit der Angst betrieben. Nein es musste schon Schluss sein, aber wie?
«Ist es denn nicht gefährlich, der Übertritt ins Jenseits?»
«Natürlich birgt es, wie das Leben selbst auch, gewisse Risiken. Aufgrund des Fragebogens, den Sie hoffentlich wahrheitsgetreu ausfüllten, werden wir die Medikation Ihrer körperlichen und seelischen Konstitution anpassen. Wir hatten noch nie einen Fall, in dem die Dosierung nicht exakt stimmte.»
«Und wenn doch etwas schiefgehen sollte? Etwa jemand nicht mehr zurückkehrt?»
Krähemann lachte. «Sie meinen gleich im Paradies bleiben wollte? Das gab es trotz der dort herrschenden Seligkeit noch nie. Selbst die Frommen kehrten zurück, sich am Leben klammernd, um es ordentlich abzuschliessen, wie sie meinten. Auch nahmen wir dieses Angebot erst nach jahrlanger Forschung und gesicherten Testreihen in unser ordentliches Programm auf. Aber selbst wenn das Unwahrscheinliche eintritt, es zu Komplikationen infolge höherer Gewalt kommt, wäre es lediglich eine versicherungstechnische Frage. Wir nehmen den Schutz und die Unversehrtheit der uns sich anvertrauenden Menschen sehr, sehr ernst.»
Seidelbast wurde bei den letzten Worten von Krähemann etwas mulmig. Wenn er der Erste wäre …
«Aber ..»
«Sie können es etwa mit einer Blindarmoperation vergleichen. Ein kleiner Eingriff, der völlig harmlos ist. Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung.»
«Sie denken also, ich kann es wagen?»
«Ja sicher. Ich werde nun das Medikament holen, das Ihnen diesen Probegang ermöglicht. Ziehen Sie sich inzwischen um und legen Sie sich ins Bett.»

Die Flüssigkeit im Glas hatte die Farbe von Orangensaft. Nur leicht nahm er einen Bittergeschmack wahr. Er musste es in einem Zug leeren und sich wieder hinlegen. Seine Gedanken verflüchtigten sich bald und die Augenlider fielen ihm zu.
Es wurde ein Fall in eine dunkle, unendliche Tiefe. Das schwarze Loch. Hatte er sich das gewünscht? Schlagartig krampfte er sich zusammen, suchte mit den Händen nach einem Halt, um den Absturz aufzuhalten. Doch da war nichts, nur schwarze, nicht greifbare Leere. Er schrie und schrie, während er weiter fiel. Wie weit war er schon abgestürzt? Vom Zeitraum und der Fallgeschwindigkeit her schien es ihm unendlich. Der Druck wurde immer intensiver, seine Körperhülle müsste demnächst platzen.
Mit grellen Farben entfalteten sich übergangslos riesige Blütenbilder, nicht statisch, sondern sich ständig verändernd. Seine Sinne drohten, über diese wilde und erdrückende Fülle der Wahrnehmung zu zerbersten. Die Augen liessen sich nicht schliessen, um dies zu unterbinden. Die Panik, welche ihn schon während des Fallens an den Rand des Erträglichen brachte, vermochte sich unglaublicherweise noch zu verstärken. Es musste Wahnsinn sein, der ihn vereinnahmte. Lianen schlangen sich erdrückend um ihn. Kaum befreit wurde er von andern wieder vereinnahmt.
Die Blüten wandelten sich in dämonische Fratzen. Nicht weniger bunt, aber die Sinne noch durchdringender in ihrer Schrecklichkeit. Aufgerissene Mäuler geiferten nach ihm, Klauen mit messerscharfen Krallen streckten sich ihm entgegen. Meist gelang es ihm, haarscharf auszuweichen. Doch tiefe blutige Kratzer an seinem Körper, die brennende Schmerzen verursachten, zeugten von ihrer lebensbedrohlichen Gefährlichkeit. Er musste in ein Pantheon archaischer Dämonen gefallen sein, die sich ihm in den Weg stellten und ihn verfolgten.
Laserstrahlen in verschiedensten Farbkonzentrationen versuchten, ihn zu treffen. Einer glühender Feuerstrahl streifte seinen Oberarm und liess ihn aufstöhnen. Geruch von verbranntem Fleisch breitete sich aus. Erschöpft und schwer verletzt sank er zu Boden. Nur schwerlich gelang es ihm noch, den Farbstrahlen auszuweichen. Schneidend durchdrang ihn ein Regenbogenfarbener, beim Körpereintritt Funken sprühend. Schlagartig endete die Szene.
Nebelschwaden wie das Innere einer Wolke umgaben ihn. Die Luftfeuchtigkeit musste gegen hundert Prozent tendieren. Die Temperatur begann anzusteigen, ein tropisches Klima machten ihm zu schaffen. Sein Atem ging schwer, sein Herz klopfte heftig, er fühlte, wie Schweiss ihm aus allen Poren trieb. Unerträglich, als sei er in einer Sauna mit defektem Heizsystem eingeschlossen. Er versuchte wegzukriechen, dieser bestialischen Hitze zu entrinnen, doch mit jeder seiner langsamen Bewegungen steigerte es sich noch.
Der Nebel lichtete sich, die Temperatur fiel ab, ein Frösteln erfasste seinen Körper. Alsbald zitterte er vor Kälte, um ihn wurde alles Weiss. Er merkte, dass die Fläche unter ihm vereiste. An seinem Körper bildete sich Raureif.

Nur kurz, dass völlige Dunkelheit ihn vereinnahmte, dann stand er in der Strasse zwischen den alten Fabrikgebäuden. Er erinnerte sich an jene Nacht, dessen Weg er seither. Es herrschte eine spärliche Beleuchtung, weil Vandalen immer wieder Lampen zerstörten. Aus Distanz erkannte er, dass Jugendliche einen Nachbarn erwischt hatten. Schleunigst entfernte er sich. Am nächsten Tag erfuhr er, man hatte seinen Nachbarn krankenhausreif geschlagen. Beinahe wäre er verblutet, bis man ihn zwei Stunden später fand.
Wie konnte er sich nur hierher verirren? Er wollte weg, da standen sie direkt vor ihm. Fünf grimmige Jünglinge, Baseballschläger in der einen Hand, die sie auf die andere Handinnenfläche klatschen liessen. «Letztes Mal haben wir dich verpasst, Alter. Wir waren noch beschäftigt und du bist einfach gegangen.»
«Aber …»
Da traf ihn schon die erste Holzkeule, sorgsam vorerst am Kopf streifend, damit er nicht gleich in Ohnmacht fiel. Er wankte, die Hand am Ohr, das halb abgerissen war. Der nächste Schlag traf seinen anderen Oberarm, es knackte. Der dritte Schlag an die Beine liess ihn dann stürzen, mit dem Gesicht hart aufprallend. Die Schmerzen waren kaum auszuhalten. Die Fusstritte und Schläge gegen seine Rippen und Innereien steigerten die Tortur noch bestialisch, bis er wegdämmerte.

Abrupter hätte die nächste Wendung nicht sein können - ihm gegenüber stand Clara. Es war Jahrzehnte her, seine erste Liebesbeziehung. Sie sah so lieblich aus, wie damals, als sie sich im Dämmerlicht unter der Tribüne versteckten. Er erinnerte sich an ihre kleinen festen Brüste, ihre Scham, als er sie gegen ihren Willen freilegte. Sie hatte sich gesträubt, doch sie schrie nicht, der Leute wegen, die über ihnen auf der Tribüne der alljährlichen Prozession zusahen. Er hatte sie bald mal in die gewünschte Position gedrückt, gegen seine Kraft kam sie nicht an. Nur als er in sie eindrang, ein Wehlaut von ihr, doch dann verhielt sie sich ruhig. Über ihnen auf der Tribüne applaudierten die Leute.
Claras Blick war fest und dunkel, sie schaute ihn durchdringend an. Die Kleider, die sie eben noch trug, lagen nun am Boden verstreut, wie seinerzeit. Über ihnen hörten sie die Leute tuscheln. Sein Blick musterte lüstern ihren Körper, die Brüste liebkosend. Er stutzte, aus ihrer Scheide lösten sich Bluttropfen.
Er nahm ihre Hand, die sie ihm entgegenstreckte, und lag einen Sekundenbruchteil später am Boden. Erwartungsvoll sah er zu Clara auf.
Sie sass gespreizt auf seinen Beinen, in ihrer rechten Hand ein Skalpell, das sie neben seinem Penis ansetzte. Seine Panik war wieder da, noch intensiver als bisher. Dies war nicht das Jenseits! Clara war nicht eine Jungfrau, wie manche Fromme sie dort erwarten! Mit Präzision umkreiste die Klinge Penis und Hoden, die Carla zu diesem Zweck hochgehoben hielt. Er sah die geteilte Haut, aus der nur leicht Blut austrat, nicht mehr als bei einer Defloration. Der Gedanke erregte ihn trotz seiner wahnsinnigen Angst. Clara schaffte sich mit ihm ein gleichwertiges Blutopfer. Nun wird sie mich besteigen, und mein Glied versöhnlich in ihrer Vulva aufnehmen. Er war unfähig sich zu bewegen, sie zu sich zu ziehen. Claras erhobene Hand mit dem Skalpell setzte erneut an. Diesmal drang sie tief ein, mit zwei glatten halbkreisartigen Schnitten das fest Gefügte trennend, einem Wurzelstock gleich das Gebilde herausziehend. Ihm war schlecht, der Schmerz welcher beim ersten Schnitt ausblieb, traf ihn nun umso heftiger. Doch noch viel schlimmer, das seelische Leiden der Erkenntnis. Triumphierend hielt sie das abschwellende Glied hoch, den Hodensack hängend, einer Skulptur gleich.

Fröhliches Gelächter brandete auf, um die Tafel waren alle versammelt, Verwandte und Freunde. Er erinnerte sich, der fünfundzwanzigste Geburtstag seiner Frau. Sie sah blendend aus, hatte das kleine Schwarze mit dem gewagten Ausschnitt angezogen. Er war stolz auf ihre Attraktivität, eine Frau, nach der sich Männer umdrehten.
Im Garten, wo er kurz Luft schnappen wollte, sah er eine Gestalt neben einem der Bäume stehen. Cornelia, eine jüngere Cousine seiner Frau. Eigentlich wollte sie nicht zum Fest kommen, ihr Freund hatte sich vor zwei Wochen von ihr getrennt. Seine Frau überzeugte sie, dass ihr Abwechslung gut täte. Sie blieb jedoch still und in sich gekehrt, der Traurigkeit erliegend. Als er direkt vor ihr stand, konnte er trotz Dämmerlicht Tränenspuren in ihrem Gesicht erkennen. Wortlos nahm er sie in die Arme. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und schluchzte. Er spürte den warmen Hauch ihrer Atemzüge, ihre Brüste, die sich hoben und senkten. Unfähig zu klaren und der Situation angemessenen Gedanken oder Worte, begann er über ihren Rücken zu streicheln. Im Rückenausschnitt fühlte er ihre nackte Haut. Es dauerte nur einen Moment, bis dies ihm eine Erektion auslöste. Seine Hände begannen nun sanft aber gewagter vorzudringen. Als sie ihren Kopf hob, küsste er ihr die Tränen weg. Sie fester an sich ziehend, suchten seine Lippen ihren Mund. Sie entzog sich nicht, sondern erwiderte sein Verlangen. Behutsam zog er sie hinter eine Hecke, einander mit wenigen Griffen entkleidend. Es war das erste Mal, seit er verheiratet war, dass er mit einer andern Frau intim wurde, ihren wunderbaren Körper küsste und in sie eindrang.
Er lag noch völlig erschöpft auf ihr, als die Gartenbeleuchtung anging. Sie waren zwar ausserhalb der Lichtkreise und verdeckt, doch klangen nun Stimmen auf. Ganz nah auch seine Frau. Um die Hecke tretend, erfasste sie wortlos die Situation. Er lag wie gelähmt da. Sie winkte jemanden zu sich. Es war sein bester Freund, der den Arm um sie legte. Sie zog ihn beiseite, dem Gesichtskreis anderer Gäste entziehend. Zusammen liessen sie sich ins Gras sinken, Jonathan und Cornelia ignorierend und trieben es. Jonathan fühlte sich schockiert, das Schlimmste, was ihm je widerfahren war. Doch dem nicht genug. Kaum war sein bester Freund wieder verschwunden, kam ein anderer Gast, ein älterer Herr, der sich mit ihr einliess. Als ob es sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen hätte, kamen nun auch andere Gäste, sich mit seiner Frau einlassend. Er lag da wie ausgespart, Cornelia war verschwunden, aber er musste es mit ansehen, unfähig zu flüchten. Die Erniedrigung die er verspürte, erschütterte ihn zutiefst. Er würde nie mehr er selbst sein.

Ihm war klar, dass sich perfiderweise Fehlhaltungen seines Lebens in einem Umkehrverhältnis an ihm rächten. Seine Seele hätte keinen grösseren Schaden nehmen können, als die Erkenntnisse, was er getan hatte. Das Einzige, das er sich noch wünschte, war alles hinter sich zu lassen und einfach inexistent zu sein. Erstmals formte sich ihm eine Vorstellung, wie das Jenseits beschaffen sein sollte.

Das Tal der Demut schien durchschritten, das Gute offenbarend. Ein Weg führte ihn über eine sommerliche Wiese, die von Trockenheit gezeichnet war. Er schritt hügelan, hinter ihm die Tiefe des Tals. Zwischen einer Baumgruppe zeigte sich eine Kirche. Er erinnerte sich, es war ein Urlaub im Mendrisiotto vor vielen Jahren. Hier stiess er auf die skurrile Geschichte um die Kirche des San Giuseppe. Eine Gedenktafel an der Mauer belegt, dass hier einst drei junge Mädchen aus dem Dorf Somazzo eingemauert wurden. Nach diesem Menschenopfer soll es erstmals nach langer Trockenheit wieder geregnet haben. Wie er später vernahm, pilgern heute noch Gläubige dorthin und bezeugen, dass es nachher regnete. In einem Korb sah Seidelbast handgeschnitzte Mädchenfiguren liegen, die die Gläubigen für rituelle Zwecke verwendeten. In einem Schrein waren drei Skelette sichtbar. Er glaubte nicht an diesen Klamauk, auch regnete es bei seiner Anwesenheit in dieser Zeit nie. Zur Erinnerung entwendete er eine der handgeschnitzten Figuren, als er allein in der Kirche war. Zur Beschwichtigung seines Schuldgefühls warf er einen Obolus in den Kollektentopf, der eigentlich als das Entgelt für Kerzen vorgesehen war. Die Figur verwahrte er seither zu Hause als Objekt naiver Kunst.
Monotoner Singsang umgab ihn plötzlich, Einheimische umringten ihn, ein Ritual ausführend. Vergeblich versuchte er, aus dieser Einkreisung zu entkommen, vielmehr drängten sie ihn in die Kirche hinein. In einer Wand war eine grosse Maueröffnung, auf die man ihn hinbugsierte. Verzweifelt stemmte er sich gegen den Druck der Leute, mit den Händen sich abstützend. Als sein Widerstand brach, fiel er der Länge nach auf den harten Steinboden. Dämmerlicht umgab ihn, als er den Kopf hob. Vor ihm thronten auf Steinstühlen die drei Mädchen, letzte Kleiderfetzen an ihren Skeletten hängend. Ihre Köpfe ihm zugewandt, wie zu einem Willkommensgruss.
Jahrhunderte hatten sie keinen Mann gesehen, die sinnlichen Freuden an solchen Objekten nie erfahren. Ihn graute davor, diesen Raum auf ewig mit ihnen zu teilen. Er würde sterben, jämmerlich verhungern, verdursten.
«Nein! Das kann ich nicht, ich bin kein Märtyrer. Dies ist ein Irrtum.»
Schnell wandte er sich um, doch das Mauerloch war bis auf wenige Steine bereits geschlossen. Die Einheimischen blickten hinein, jeder wollte noch einen letzten Blick ergattern. Er hämmerte mit den Fäusten gegen das neue Mauerwerk. Vergeblich. Die Steine waren fest ineinandergefügt. Eben schloss sich auch noch der letzte Spalt. Der Singsang, ein Totenlied, wie ihm bewusst wurde, war nur noch schwach vernehmbar.
Die Luft wurde stickig, sein Griff an den Hals, daran knetend, brachte keine Linderung. Ich muss flach atmen. Sicher lassen sie mich wieder raus, wenn diese Wahnsinnigen ihr Ritual beendet haben. Seine Atemzüge wurden wieder heftiger, nach Sauerstoff ringend. Er vermeinte zu ersticken, als ob er statt Luft das Gas von Verwesung einatmete. Als er in die Knie sank, meinte er sechs Hände würden ihn halten und auf den Boden betten. Seine suchende Hand spüre, dass diese Fingerglieder skelettiert waren. Ihm wurde schwarz vor Augen, noch dunkler als der finstere Raum ohnehin war. In seiner Angst fantasierte er Fingerknochen, die sanft über sein Gesicht strichen, und eine Mädchenstimme, die ihm mit kaltem Hauch ins Ohr flüsterte: «Keine Angst, wir sind bei dir.»
Der Sauerstoffmangel liess Irrlichter vor seinen Augen auftanzen, immer wieder auch die drei Mädchen mit den tiefen Augenhöhlen schemenhaft beleuchtend. Das Gefühl zu ersticken, brach nun mit voller Wucht über ihn herein. Sich nochmals windend, das Bewusstsein verlierend.

Doch der Tod war ihm noch nicht beschieden, nach aller Tortur öffnete sich ein Lichtraum in den Farben Weiss, Gelb und Hellblau. Es war niemand anwesend. Über einer Tür sah er ein Schild, das den Zugang ins Jenseits anzeigte. Er ging darauf zu, nun fest entschlossen, es hinter sich zu bringen.

Die Tür schloss sich hinter ihm geräuschlos. Seine Sinne wurden vereinnahmt, unfähig, noch einen Gedanken zu fassen, Dinge zu erkennen, selbst sein Aufschrei löste sich tonlos im Nichts auf. Eine Dumpfheit ergriff ihn. Er nahm wahr, wie sein Körper sich zu zersetzen begann, Laub gleich, das sich sukzessive in Erde und Staub wandelt. Es schmerzte nicht, nein, er spürte gar nichts. Sein Bewusstsein zerrieselte. Kein sich dagegen sträubender Gedanke war mehr möglich, es war einzig merkwürdig, diese sich vollziehende Inexistenz.

Seine Lider zuckten, erst nur vereinzelt, dann in kleinem Stakkato, bis sie sich öffneten. Er blickte in das freundliche Gesicht von Dr. Krähemann, der ihn anlächelte.
«Willkommen, zurück aus dem Jenseits. Sie hatten wider Erwarten eine sehr ungewöhnlich lange Expedition unternommen und sich anscheinend gründlich umgesehen.»
Seidelbast kam nun die Erinnerung an die erschütternden Erlebnisse auf. Das erdrückende Blütenmeer, die hässlichen Fratzen. Am schlimmsten aber, die zutiefst in seinem Innern ruhenden Geheimnisse seines Lebens, die sich in hässlichsten Ausartungen reflektierten. Nicht einmal seine Frau ahnte von diesen Eskapaden. Er begann zu zittern wie Espenlaub.
«Hat das Jenseits nicht ihren Erwartungen entsprochen?» Krähemanns Frage klang jovial, als könnte er sich eine negative Antwort gar nicht vorstellen.
Das Jenseits. Seidelbast erinnerte sich, wie er eintrat und in einen leidlosen, unbewussten Zustand verfiel. Der Schock über seinen Lebensrückblick war abgefallen, ein Zustand der Ruhe hatte ihn regeneriert, bevor sich alles auflöste. Er entspannte sich wieder.
«Doch, doch», versicherte er schnell. «Das Jenseits war irgendwie, wie ich es ahnte. Der Übertritt aber war schrecklich, als ob ich zur Läuterung erst verschiedene Fegefeuer der Hölle hätte durchschreiten müssen.
«Ja der Sterbeprozess reflektiert natürlich noch einmal das Leben, das Verdrängte lebt auf, das Unbewusste manifestiert sich. Es sind die Ängste, die Ihnen innewohnen. Anscheinend sind diese bei Ihnen sehr tief greifend, die gebotene Läuterung noch unzureichend vollzogen. Solange dem so ist, weisen sich die unverarbeiteten Anteile in Endlosschlaufen. Aber hierfür haben wir ein gesondertes Programm. Ich empfehle Ihnen dringend, zusätzlich unsere lebensverarbeitenden Sitzungen zu buchen, in denen diese Ängste aufgelöst werden. Sie erlauben dann einen sanften Übergang ins Jenseits, den wir dann erneut mit einem Probegang testen werden.»
«Eigentlich passt mir das erfahrene Jenseits nicht. Ich war unfähig einen Wunsch daran zu knüpfen, es mir vorzustellen, die Zeit dafür war mir zu knapp.»
«Die Form des Jenseits, die sie wählten, lässt sich nicht mehr ändern. Sie haben doch unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen, dieser Teil oblag Ihrer eigenen Sorgfaltspflicht. Das von Ihnen gewählte Jenseits ist nun in Ihrem Schicksal fixiert, darum kommen Sie nicht herum. Doch die Akzeptanz dessen werden wir Ihnen dann auch noch nahebringen.»
«Wie lange dauert dann diese … ähm lebensverarbeitende Behandlung und … Akzeptanz?»
«Dies hängt natürlich vom Umfang ihrer unverarbeiteten Ängste ab, deren Tiefgründigkeit und ihres Aufarbeitungswillens. Also mindestens drei Jahre, aber ich versichere Ihnen, bis zu Ihrem realen Übertritt ins Jenseits wird sie abgeschlossen sein. Mit etwas Glück schaffen wir dann den Aufbau der Akzeptanz des Jenseits auch noch.»
Die Erinnerung an das Jenseits beschäftigte Seidelbast nun sehr. Er zermarterte sein Hirn, wie sich dieser Fehler doch noch korrigieren liesse.
«Besteht die Möglichkeit, dass Ihre Forschung es doch noch ermöglicht, die Wunschvorstellung in einem zweiten Probegang zu revidieren?»
Mit gütigem Gesichtsausdruck blickte ihn Krähemann an. «Natürlich forschen wir weiter, dies ist unsere Hauptaufgabe. Ich bin auch überzeugt, dass wir diesen weiteren Schritt eines Tages realisieren werden. Doch wann, lässt sich nicht vorhersehen. Aber vielleicht stellen Sie sich als Proband zu Verfügung? Dieser Teil wäre dann für Sie kostenlos.»

 

Ein Probegang ins Jenseits mit Rückkehrgarantie -
ja, das wären doch Aussichten,

lieber Anakreon,

doch zunächst mit dem ersten Lesen ein bloßes Lektorat (Du weißt um die zwo bis 377,5 Seelen in meiner Brust, werde gewissermaßen den Fragebogen gezielt nach bestimmten Antworten durchsehen, ehe ich das Gespräch aufnehm), und alles ohne Gewähr:

..., ein schwarzer Hut mit 12 violetten Quasten ...
bis zwölf werden gemeinhin die Zahlen ausgeschrieben.

«Monsignore, ich hoffeKOMMA der Aufenthalt erfüllte ihre Erwartungen entsprechend.»

«Ja doch, auch wenn ich erst dachte, ein diabolischer Widersacher habe seine Hand im Spiel...
Hier wäre mE Konjunktiv II besser: " ..., auch wenn ich erst dachte, ein diabolischer Widersacher hätte seine Hand im Spiel ..."


«Man wird Sie gleich in ihr Zimmer begleiten. Herr Doktor Krähemann wird in einer Stunde zu Ihnen kommen,
Ich hör förmlich, dass die gute Frau vor lauter Respekt auch das "ihr" als Anrede groß spräche ..., während ich beim Doktor (der spricht so leise) nicht sicher wäre
«Es freut mich sehr, dass Sie ihre Ängste überwinden, ihre Ungewissheit ...
Aber dann doch mit Sicherheit:
«Es wird so, wie sie es sich zutiefst wünschen.
& noch ma':
Ziehen sie sich inzwischen um und legen sie sich ins Bett.»

Vielleicht schon der Schlüsselsatz?
Damit verdienten diejenigen ihr Geld, die das Geschäft mit der Angst betrieben.
Wobei der von mir andernorts (kasimir) genannte Maharashi einfällt ...

Seine Sinne drohtenKOMMA über diese wilde und erdrückende Fülle an Eindrücken zu zerbersten.
Lianenartige Schlingen wickelten sich erdrückend um ihn, sich wieder lösendKOMMA um ihn weiteren, auf ihn einstürzenden Blüten auszuliefern.
K 117

Dafür kann hier mE das Komma beurlaubt werden:

, doch mit jeder seiner langsamen Bewegungen, steigerte es sich noch.

Statt
Er merkte, dass die Fläche unter ihm zu vereisen begann. An seinem Körper bildete sich Raureif. Er war am Erfrieren.
wäre eleganter
"Er merkte, dass die Fläche unter ihm vereiste. "An seinem Körper bildete sich Raureif. Er fror."/ alternativ: "Die Fläche unter ihm begann zu vereisen. An seinem Körper bildete sich Raureif. Ihm fröstelte."

Ähnlich hierbei

Sie hatte sich gesträubt, doch schreien tat sie nicht, der Leute wegen, ...
"Sie hatte sich gesträubt, doch sie schrie nicht, der Leute wegen, ..." Du weißt, German gerund nenn ich "am Erfrieren" und auch "tut x" ...
... hielt sie das noch angeschwellte Glied hoch,...
angeschwellte?

Eigentlich wollte sie ja nicht an das Fest kommen, ...
Vielleicht eine heimische Redewendung "an das Fest ..."?

... , dass ihr Gesellschaft und Abwechslung gut tun würde.
einfacher: " ... gut täte."

..., begann er über ihren Rücken zu streichen.
Streicheln?

... auf das Perfideste ...
Bin mir nicht sicher, aber habs Gefühl, p. sollte hier als superlativ angesehn werden und darum klein beginnen.

..., als die ErkenntnisseKOMMA was er in seinem Leben getan hatte.

... und er nahm wahr, dass ihn Einheimische umringen, ein ...
gönn dem umringen ein t.

Ritual ausführend, in dessen Mitte er stand. Vergeblich versuchte erKOMMA aus dieser Einkreisung zu entkommen, ...

Ich versuch mal, einfacher zu formulieren (muss ich gerad' sagen!) zum folgenden:
Seine Sinne wurden vereinnahmt, unfähigKOMMA noch einen Gedanken zu fassen, Dinge zu erkennen, selbst sein Aufschrei war tonlos sich im Nichts auflösend.
"Die Sinne wurden vereinnahmt, unfähig, einen Gedanken zu fassen, Dinge zu erkennen, selbst sein Aufschrei löste sich tonlos im Nichts auf."
Und noch mal (s. o.):
Es war nicht schmerzhaft, nein, spüren tat er gar nichts.
"Es schmerzte nicht und er spürte nichts",

mit dem ich auch schließen will. Aber ganz kurz gesagt: da wünsch ich mir 'nen raschen Kurzschluss!

Gruß

Friedel

 

Hallo Anakreon,

da hast du dir eine der ältesten und spannendsten Fragen überhaupt ausgesucht; die nach dem Jenseits. Faszinierender Gedanke, da mal "reinschnuppern" zu können (zumindest auf den ersten Blick, denn vielleicht ist es besser, nicht zu wissen, was danach kommt).
Von daher war ich auf deine Geschichte sehr gespannt.
Rückblickend, finde ich, hält sie nicht, was sie verspricht, denn vom Jenseits kriegt man nichts mit, nur vom Weg, auf dem so eine Art Rückschau stattfindet, was ja nun wirklich nicht neu ist. Bei deiner Version treten nur die Fehltritte auf, das fand ich auch unterhaltsam (das meiste hatte mit Sexualität zu tun, interessant), aber zum Schluss war ich ein bisschen enttäuscht.
Da fand ich dann auch das Tamtam, das die Leute da machen, komisch; das alles für ein Glas Wasauchimmer? Hm.

Etwas Textkram:

Die Anzeige kündigte an Menschen zu helfen
an, Menschen

er war fünf Tage im Koma
gewesen

«Man wird Sie gleich in ihr Zimmer begleiten
Sie

Krähemann wirkte sehr souverän und nicht weniger herzlich, als er es beim übrigen Personal bereits erfahren hatte.
Hier wäre der name des Prot besser, sonst denkt man im ersten Moment, Krähemann sei gemeint.

was er in seinem Leben für Andere Nachteiliges begangen hatte.
andere

«Es wird so, wie sie es sich zutiefst wünschen.
Sie

Ziehen sie sich inzwischen um und legen sie sich ins Bett.»
2 x Sie

Die Luftfeuchtigkeit musste gegen hundert Prozent sein.
Finde ich unschön. Tendieren vielleicht?

um ihn wurde alles Weiss.
weiß

Abrupter hätte die nächste Wendung nicht sein können, ihm gegenüber stand Clara.
Bindestrich hätte ich besser gefunden

Sie hatte ihn bestialisch kastriert. Triumphierend hielt sie das noch angeschwellte Glied hoch, den Hodensack hängend,
Also kastrieren heißt glaub ich Hoden ab. Sie aber hat ihn entmannt. Außerdem: angeschwollene

Er fühlte sich masslos erniedrigt, ja auf Ärgste misshandelt.
aufs Ärgste

Ansonsten fehlen noch ein paar Kommas, aber nichts Dramatisches.

Ach ja: der Fall mit den Blumen und so gefiel mir.

Viele Grüße,
Maeuser

 

Lieber Friedel

..., ein schwarzer Hut mit 12 violetten Quasten ...

bis zwölf werden gemeinhin die Zahlen ausgeschrieben.

Natürlich!, kann ich da nur zähneknirschend sagen. Das hab ich davon, mich einmal offiziell vatikanischer Terminologie zu bedienen, die literarischen Regeln darob völlig vergessend.

... auf das Perfideste ...

Bin mir nicht sicher, aber habs Gefühl, p. sollte hier als superlativ angesehn werden und darum klein beginnen.

Das elektronische Dudenprogramm protestierte bei Kleinschreibung ausdrücklich. Als Kompromiss nun perfiderweise gewählt.

Danke dir herzlich für deine lektorierende Aufmerksamkeit. Es erschreckt mich doch immer wieder, wie durch Überarbeutungen und Korrekturlesungen Vertrautes einem erblinden lässt, geläufigste Regelmissachtungen nicht mehr erkennend. Zur Sicherheit griff ich mir nur mit zwei Fingern in die Haare, um zu raufen, um die spärlicher werdenden nicht zu stark zu tangieren.

Bei den Formulierungen habe ich mich deiner Sichtweise angeschlossen, einzig beim Kälteschock, ein frösteln ausgespart, da er drei Sätze vorher schon vor Kälte zitterte. Das Erfrieren, als Konsequenz, dann ganz geopfert.

Du weißt um die zwo bis 377,5 Seelen in meiner Brust, werde gewissermaßen den Fragebogen gezielt nach bestimmten Antworten durchsehen, ehe ich das Gespräch aufnehm

Da bin ich jetzt aber richtig neugierig. Als kleinen Anreiz. Zwei wesentliche Anteile des Inhalts sind sind nicht gänzlich der Fantasie entsprungen. Die Insignien des Monsignore natürlich ausgenommen, die sind sowieso echt umschrieben.

Aber ganz kurz gesagt: da wünsch ich mir 'nen raschen Kurzschluss!

Dein Wort ins Krähemanns Ohr. Aber pass auf, dass er die dabei dann nicht in deine Tasche greift.

Schöne Grüsse

Anakreon

Hallo Maeuser

Schön, das dich die Aussicht hinter die Kulisse des Jenseits zu blicken, in die Geschichte lockte.

zumindest auf den ersten Blick, denn vielleicht ist es besser, nicht zu wissen, was danach kommt

Dies bleibt natürlich ohnehin der Vorstellungskraft des Individuums oder dessen naturwissenschaftlichen Kenntnissen, soweit diese dieses Tabu überhaupt anrührt, überlassen.

Rückblickend, finde ich, hält sie nicht, was sie verspricht, denn vom Jenseits kriegt man nichts mit, nur vom Weg, auf dem so eine Art Rückschau stattfindet, was ja nun wirklich nicht neu ist.

Nein, da hast du etwas übersehen. Das Jenseits so wie es ihm Krähemann versprach sah Seidelbast! Im Abschnitt, bevor er wieder das Licht der Welt erblickt ist es beschrieben. Hätte er – immer gemäss Krähemann – sich ein Paradies vorgestellt, hätte sich dies demzufolge ihm eröffnet. So aber, er wünschte sich einzig eine Inexistenz, zeigte sich ihm diese Projektion.

Bei deiner Version treten nur die Fehltritte auf, das fand ich auch unterhaltsam (das meiste hatte mit Sexualität zu tun, interessant), aber zum Schluss war ich ein bisschen enttäuscht.

Es waren sieben wesentliche Fehltritte seines Lebens, die sich ihm projizierten. Vier davon hatte ich beschrieben, zwei davon waren sexuell geprägt. Bei den eingemauerten Mädchen war dies anders, und es ist nur im Läuterungsprozess die Rede davon, sie hätten sich seit Jahrhunderten einen männlichen Gespielen gewünscht. Wofür, das fantasiert der Leser.
Die freudsche Komponente greift in der Geschichte also nicht unbedingt, auch wenn ich bewusst zwei machohafte (oder je nach Lesart noch arger) Themen aufgriff und Seidelbast unterstellte.

Ich kann dir nicht verdenken, dass du ein bisschen enttäuscht warst, wenn deine Erwartungen sich nicht erfüllten. Du wolltest eine Antwort zum Jenseits, wie du es dir annähernd vielleicht wünschen könntest. Doch die kann bei jedem Leser wieder anders sein, diese Option liess Krähemann ja offen.

Da fand ich dann auch das Tamtam, das die Leute da machen, komisch; das alles für ein Glas Wasauchimmer? Hm.

Das verstehe ich nun nicht ganz, welche Leute um für ein Wasauchimmer? Der Probegang ins Jenseits ist reine Fiktion, diesen kann man real nicht praktizieren. Würde es jemand anbieten, würden aber garantiert nicht wenige diese Probefahrt buchen, so wie bereits vor Jahrzehnten Fahrkarten zum Mond für ein Schweinegeld verkauft wurden.

Danke dir auch für den Textkram, den ich, soweit nachfolgend nicht etwas angemerkt, so übernommen habe.

er war fünf Tage im Koma

gewesen

Hier denke ich, das gewesen erübrigt sich. Dieser logische Zusammenhang ist bereits mit, ehe er wieder erwachte, impliziert.

um ihn wurde alles Weiss.


Einspruch. Die Farbe Weiss, siehe DUDEN K72 [Großschreibung der Substantivierung]

Abrupter hätte die nächste Wendung nicht sein können, ihm gegenüber stand Clara.

Bindestrich hätte ich besser gefunden

Hier hast du mir innerlich erst einen Aufschrei ausgelöst, doch dann schnallte ich es. Ein Gedankenstrich macht hier Sinn.

Sie hatte ihn bestialisch kastriert. Triumphierend hielt sie das noch angeschwellte Glied hoch, den Hodensack hängend,

Also kastrieren heißt glaub ich Hoden ab. Sie aber hat ihn entmannt. Außerdem: angeschwollene

Du hast recht, wenn du die heutige medizinische Praxis ansprichst. Wobei die Entfernung der Hoden, ist nicht zwingend nötig. Eine ionisierende Bestrahlung der Keimdrüsen erzielt den Effekt einer Kastration auch. Diese Form ist übrigens auch synonym für Entmannung.
Seit der Antike kennt man jedoch auch die weitergehende Form von Kastration. Die Priester der Göttin Kybele etwa waren entsprechende Eunuchen. Öffentlich schnitten sie sich mit einem Zeremonienschwert die Genitalien ab und warfen sie in die Menge der Zuschauer. Wer diese ergreifen konnte, musste den neuen Eunuchen mit Frauenkleidern eindecken.
Neu habe ich auch die Realität berücksichtigt, den Schockzustand einberechnend formuliert: … hielt sie das abschwellende Glied hoch, …

Ach ja: der Fall mit den Blumen und so gefiel mir.

Dies ist einer der wenigen Anteile, die effektiv der Realität entnommen sind. Es lässt sich mit zweierlei Substanzen auslösen. Doch ist es alles andere als empfehlenswert. Damals als diese Mittel noch verbreiteter missbräuchlich verwendet wurden, gab es einige Fälle mit erheblichen und nachhaltigen psychischen Schäden.

Es freut mich, dass du gewinnende Anteile in der Geschichte siehst und dich ernsthaft mit der Thematik auseinandersetztest. Ich habe es zwar mit einem zwinkernden Auge und zur Unterhaltung geschrieben, doch stand der Gedanke Pate, dass die unschönen Dinge nachdenklich stimmen könnten.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Dein Wort ins Krähemanns Ohr. Aber pass auf, dass er die dabei dann nicht in deine Tasche greift
, was doch allzu menschlich, besser: Maharashi-consultantenhaft wäre,

lieber Anakreon.

Jonathan Seidelbast trat ein, eine Reisetasche in der Hand –
beginnt Dein neues Werk. Auf nahezu sieben Manuskriptseiten, einzeilig unter unter TNR Cicero endet (probeweise, welch hübsche Idee!) ein Leben als Reise und die Erinnerung, die einem bleibt, findet sich in der Reisetasche als Wundertüte verstaut –

und dann ein Tripp, wie grausamer ein LSD-Trip nicht sein kann, nach dem man meint, fliegen zu können und es vom Fenster im 20. Stockwerk aus probiert (zum Glück bin ich immer ins Zimmer ...). Nun sagt man ja, dass mit dem Abgang das „ganze“ Leben noch einmal an einem vorbeiziehe, in dem Fall jedoch müsste es heißen: auf einen einstürze. Aber das kann nur berichten, der Freund Hein noch einmal von der Schüppe springt als einer weiteren Episode / „Erfahrung“ auf der Reise.

Und wieder hab ich’s (oder Du?) mit den Namen: was beim

Krähemann
manch anderm einleuchten mag, wird beim
Jonathan Seidelbast
schwieriger bis unmöglich - vor allem, dem ungeübten Auge.

Jonathan, hebräisch = „JHWH hats gegeben“, der Sohn des Königs Saul und Freund des künftigen Königs David, die erwiesenermaßen beide weniger mythisch sind, als man bisher glauben mochte (besonders aufgrund ihrer durchaus realistisch geschilderten Charaktere im Alten Testament). Wenn dem Namen also wäre, „JHWH hats gegeben“, so fügte ich getrost hinzu: „…, um es wieder zu nehmen“.

Seidel ist nun an sich ein Trinkgefäß für Bier (dem ich nicht aus dem Wege ginge und das ich nachher aufsuchen werde) – da dies schwerlich aus Bast sein kann. So geraten wir in die Botanik – etwa zum sympathisch klingenden Heideröschen, einem "Seidelbast-"gewächs wie der Kellerhals u. a.

Doch da ist vorsicht geboten: die Früchte sind giftig!, anders als die Volkslieder flüstern ("Kankahalla kasvaa kaunis kukkanen, / Nimeltään Kaarina ...", zu deutsch: Auf der Heide blüht ein kleines Blümelein / Und das heißt Erika ...), die aber das HeideKRAUT meinen.

Fazit: Es ist Vorsicht bei Herrn S. und nicht nur beim Krähemann angesagt wie schon beim Alleuropäischen Merk(el)spruch: Rauchen kann zum Tode führen, das Leben führt in jedem Falle dahin.

Gern gelesen vom

Friedel,

der ein schönes & spannendes WM-Wochenende wünscht

PS: Dass Maeuser ein wenig enttäuscht erscheint, da nicht das Jenseits, sondern nur allzu weltlich Diesseitiges auftaucht, bereitet Amusement, will doch der einzige Gott allein sein (darum gibt's auch keinen Namen & kein Bild und nur einen Gattungsbegriff von ihm; ich fürchte freilich, dass er bereits - wie Fritz N. prophezeit, den sozialen Tod gestorben ist) und duldet per sé keinen Migrationshintergrund. Und wo wären native people im Jenseits zu finden? Fremd ist der Fremde nicht nur in der Fremde!

 
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Hallo Anakreon,

Die Eingangshalle erzeugte eine angenehme Atmosphäre.

So, am Anfang bin ich immer sehr kleinlich, im Laufe des Textes wird mir irgendwann die Puste ausgehen. Kann eine Eingangshalle Atmosphäre erzeugen, oder geht es hier nicht eher um die Atmosphäre in der Eingangshalle?


Ja doch, auch wenn ich erst dachte, ein diabolischer Widersacher hätte seine Hand im Spiel.

Hat ich ganz vergessen, deine eigensinnigen Dialoge … :D


Lange Zeit hatte er über das Inserat gegrübelt. Bis dahin war die Sache für ihn kein Thema.

kein Thema gewesen


ihnen die Ängste vor der Begrenztheit des Lebens zu nehmen

Die eine Angst vor des Lebens Ende, würde ich sagen …


abgetreten

zu salopp, sticht hervor


bis Doktor Krähemann erschien.

Krähemann wirkte sehr souverän und nicht wenig


bis Krähemann erschien. Der Doktor


Das Lächeln von Krähemann

Krähemanns Lächeln


Die Läuterung bietet sich ihm dann während des individuellen Übertritts ins Jenseits. Alle Nuancen seines schlechten Gewissens werden manifest.

Purgatorium? Kann sich noch jemand an Flatliners erinnern?


Wenn es nicht Himmel und Hölle ist

sind


in denen er sich zu Handlungen hinreissen liess

hatte hinreißen lassen


Es wurde ein Fall in eine unendliche Tiefe, umgeben von totaler Dunkelheit. Das schwarze Loch.

Ich weiß selbst, dass Ohnmacht, schwindende Sinne etc. nicht leicht unverbraucht zu beschreiben sind, aber Fallen, Dunkelheit, schwarzes Loch, das sind schon drei ziemlich abgegriffene Bilder direkt hintereinander.


schon über zwanzigtausend Meter

Der Sturz klingt ansonsten eher sehr mystisch, albtraumhaft, eine Banalität wie eine Höhenmeterangabe passt da nicht recht in die erzeugte Stimmung.


sie waren Jugendliche.

gewesen


kurz zuvor noch winseln liess,

hatte winseln lassen


Skalpell, dass sie nun sanft neben seinem Penis

Hui, da gehen die Beine zusammen. :eek: das


als auf dem dämonischen Weg zum Jenseits.

ins



heißt Clara


Sie hatte ihn bestialisch kastriert.

Die Penisektomie ist echt gut, kaum lesbar. Aber: Du bist zunächst spürbar bemüht, zu verschlüsseln, was da passiert, der Leser muss ein bisschen mitarbeiten, um zu erkennen: Die schneidet ihm den Lutz ab. Und dann, als man gerade stolz ist, von ganz allein drauf gekommen zu sein, entmündigst du den Rezipienten doch noch, indem du schreibst: Sie hat ihm übrigens gerade den Lutz abgeschnitten. Deshalb würde ich den Satz rausnehmen.


sie repräsentierte eine Klassefrau

Wer ist die Klassefrau? Ihre Chefin? Kann „repräsentieren“ im Deutschen wirklich das bedeuten, was du da meinst? Ist keine rhetorische Frage.


ihren wunderbaren Körper abküsste

küsste


spüren tat er gar nichts

er spürte gar nichts


Das erdrückende metamorphe Blütenmeer

Das erdrückende Blütenmeer – Klingt das schöner oder klingt das schöner?


Nur der Übertritt war schrecklich, als ob ich zur Läuterung erst verschiedene Fegefeuer der Hölle hätte durchschreiten müssen

Ja, genau wie es dir der Doc vorher gesagt hat, du Dödel.


Alle Ereignisse rächten sich in einem Umkehrverhältnis perfiderweise an ihm, liessen ihn Höllenqualen erleiden.

An ein oder zwei Stellen zeigst du Sachen erst (richtig), und erklärst dem Leser hinterher, was er da jetzt von zu halten hat (falsch).


Menschenskinners, ich wollte schon wieder nölen, was das denn mit dem Thema der Saison zu tun habe, da wird endlich einer eingemauert. Verstanden habe ich das allerdings nicht. Das war ein Teil seiner Visionen, seiner Nahtoderfahrung da, oder? Hat er da in die Zukunft gesehen?

Dieser Hintergrund mit den drei Schwestern, wenn ich nichts überlesen habe, kommt der sehr deus-ex-machina-mäßig aus dem Nichts, in dem Moment, in dem der Autor sie braucht, um … worauf auch immer hinaus zu erzählen. Wie gesagt, ich hab das nicht nicht so ganz geblickt. Die Frage ist immer behämmert, aber kannst du wenigstens so ein oder zwei Winks mit dem Zaunpfahl geben?

Ich fand den Einstieg in die Geschichte spannend, klar kann man nachvollziehen, dass jemand wissen möchte, was danach kommt. Schwierig wird es ab Ende der zweiten Sünde, da setzt so ein Herunterrattern ein, ein Muster, Sünde 1, Sünde 2, Sünde 3, das zum Überfliegen einlädt.

Viele Grüße
JC

 
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Lieber Friedel

Und wieder hab ich’s (oder Du?) mit den Namen:

Krähenmann fand ich hier passend, da er synonym an die Mythologien, die sich um die Gattung Corvus (Raben und Krähen) ranken, anlehnt. Seit dem Mittelalter gilt der Corvus auch als Totenvogel.
Bei Seidelbast folgte ich einer spontanen Eingebung. Stimmt, das Heideröschen, war mein Gedanke. Ein alltäglicher Name reichte mir nicht, um ihn auf diese blumige Reise zu schicken.

und dann ein Tripp, wie grausamer ein LSD-Trip nicht sein kann,

Du hast eine der beiden Substanzen erkannt, die meines Wissens spezifisch schreckliche Projektionen etwa von grell-bunten, riesigen Blüten und dämonischen Fratzen auslösen.
Die weiteren Projektionen, sich gründend in Schuldgefühlen, sind eine rein psychologische Spitzfindigkeit von mir, die ich zur vertieften Ausgestaltung einbrachte. Die Behauptung, am Lebensende ziehe das Vergangene in der Wahrnehmung in Sekundenbruchteilen nochmals vorbei, existiert. Wobei ich dies aber eher dem magischen Denken zurechne. Allenfalls erinnert sich ein Sterbender meines Dafürhaltens an gewisse Momente, an die er sich klammert. Insofern habe ich es nur als Spielerei eingebracht.

Das gern gelesen freut mich sehr. Zeigt es mir, dass so ein tabuisiertes Thema, eigenwillig apokalyptisch in Szene gesetzt, durchaus Leser findet, da es einen schwarzen Humor entfaltet.

Schöne Grüsse

Anakreon

Hallo Proof

Dass du als spiritus rector des Themas lebend begraben den vorliegenden Text analysiert und kommentiert hast, freut mich besonders.

Menschenskinners, ich wollte schon wieder nölen, was das denn mit Thema der Saison zu tun habe, da wird endlich einer eingemauert. Verstanden habe ich das allerdings nicht.

Es war mir klar, dass ich mich mit diesem Text, an dem ich schon länger schrieb, eher in einem Graubereich befinde, da er das TdS in engem Sinne nur mit einem Vorkommnis anritzt. Ich überlegte mir auch, die Szene der lebendig begrabenen drei Mädchen in einer eigenen Geschichte zu isolieren. Doch verwarf ich dies wieder, da es mir so zu wenig Inspiration gab.
Ausschlaggebend war mir letztlich, als ich es spontan einbrachte, dass ich der Meinung bin, der Zustand, in den sich der Prot. begab, sei imaginär eine Form von lebendig begraben zu sein, da es ihn nicht mehr freiwillig aussteigen liess. – Sollte diese Schreibe die erforderliche Qualifikation nicht erfüllen, habe ich aber absolut kein Problem, wenn es vom TdS losgelöst wird.

So, nach den Grundsätzlichen nun der Reihe nach. Schon beim ersten Lesen deiner Anmerkungen sah ich, dass du da feinsinnig ans Werk gegangen bist.

Kann eine Eingangshalle Atmosphäre erzeugen, oder geht es hier nicht eher um die Atmosphäre in der Eingangshalle?

Du hast recht, die Wirkung wird vom Betrachter ja subjektiv wahrgenommen.

Ja doch, auch wenn ich erst dachte, ein diabolischer Widersacher hätte seine Hand im Spiel.

Hat ich ganz vergessen, deine eigensinnigen Dialoge …

Tja, ich bewege mich eben immer in meinem Schatten, der den Eigensinn eingekerkert hält.

Die eine Angst vor des Lebens Ende, würde ich sagen …

Hm, ich mag eigentlich den Ausdruck Begrenztheit des Lebens. Aber wenn dies zu fabulierend wirkt, will ich es dem geneigten Leser nicht erschweren.

Purgatorium? Kann sich noch jemand an Flatliners erinnern?

Die Annäherung an eine Schuld und Sühne-Theorie assoziiert natürlich unweigerlich die Fegefeuer-Fantasie. Ich für meinen Teil dachte dabei mehr an eine indirekt therapeutische Aufarbeitung. Es ist jedoch nicht wesentlich, welche Assoziation der Leser wählt, mehr denn, dass er das Moment der Läuterung erfasst.
Flatliners - den Thriller von Schumacher kenne ich nicht.

heißt Clara

Oh, da war ich wohl kurz in Gedanken zu Sarkozys besserer Hälfte abgeschweift.

Die Penisektomie ist echt gut, kaum lesbar. Aber: Du bist zunächst spürbar bemüht, zu verschlüsseln, was da passiert, der Leser muss ein bisschen mitarbeiten, um zu erkennen: Die schneidet ihm den Lutz ab. Und dann, als man gerade stolz ist, von ganz allein drauf gekommen zu sein, entmündigst du den Rezipienten doch noch, indem du schreibst: Sie hat ihm übrigens gerade den Lutz abgeschnitten. Deshalb würde ich den Satz rausnehmen.

So leseunfreundlich hatte ich es nicht wahrgenommen, aber du hast recht. Es erübrigt sich auch durch die bildliche Gestaltung.

Wer ist die Klassefrau? Ihre Chefin? Kann „repräsentieren“ im Deutschen wirklich das bedeuten, was du da meinst? Ist keine rhetorische Frage.

Ja doch, ich bin da in die Klischeefalle getappt.
Hoffentlich merkt nun niemand an der geänderten Version, dass ich einer derer bin, der in die Strassenlaterne lief, weil ich beim Weitergehen ihr nachschaute.

Ja, genau wie es dir der Doc vorher gesagt hat, du Dödel.

Dödel, ha das ist doch das Instrument, mit dem die Männer denken.

An ein oder zwei Stellen zeigst du Sachen erst (richtig), und erklärst dem Leser hinterher, was er da jetzt von zu halten hat (falsch).

Hm, wahrscheinlich die Vorstellungen, welche mich in diesen Situationen leiteten und mir dann entwischten. Ich habe es spezifisch auf diesen Sachverhalt nochmals durchgekämmt. Ich hoffe sie sind nun alle gebändigt.

Das war ein Teil seiner Visionen, seiner Nahtoderfahrung da, oder? Hat er da in die Zukunft gesehen?

Es war die Projektion der Strafe, da er eine Ritualpuppe entwendete, wissentlich um deren sakrale Bedeutung für die Gläubigen. Also das gleiche rächende Prinzip, wie bei seinen anderen Erinnerungen. Eine Nahtod-Erfahrung entschieden nicht, da soweit ich von solchen einst las, es dort eher um verklärte Sichtweisen geht.

Dieser Hintergrund mit den drei Schwestern, wenn ich nichts überlesen habe, kommt der sehr deus-ex-machina-mäßig aus dem Nichts, in dem Moment, in dem der Autor sie braucht, um … worauf auch immer hinaus zu erzählen. Wie gesagt, ich hab das nicht nicht so ganz geblickt. Die Frage ist immer behämmert, aber kannst du wenigstens so ein oder zwei Winks mit dem Zaunpfahl geben?

Ich verstehe deinen Einwand vor dem Hintergrund des TdS. Schaut man angestrengt aus dieser Perspektive, tritt dieses Moment hier überraschend und sehr spät auf. Insofern mag es wie eine Legitimierung erscheinen, um die KG unter dem gesuchten Vorzeichen einzustellen. Darum wie zu Beginn erwähnt, wenn sie störend wirkt, kann man die Geschichte auch aus dem TdS loslösen.

Nachfolgend vielleicht ein kleines Trostpflästerchen: Die Begebenheit um die drei Mädchen beruht auf einem angeblich wirklichen Vorkommen. Nachfolgend ein Link mit einem Kurzfilm, der 2008 und vorgestern (Samstag) erneut vom Schweizer Fernsehen DRS 1 darüber ausgestrahlt wurde.

http://www.swissinfo.ch/ger/multimedia/video/Der_Totenhuegel.html?cid=141880&itemId=142044

Ich fand den Einstieg in die Geschichte spannend, klar kann man nachvollziehen, dass jemand wissen möchte, was danach kommt. Schwierig wird es ab Ende der zweiten Sünde, da setzt so ein Herunterrattern ein, ein Muster, Sünde 1, Sünde 2, Sünde 3, das zum Überfliegen einlädt.

Die Schwierigkeit, die angereihten Verfehlungen im Leben des Prot. so einzubinden, dass sie nicht ein zu viel oder ein zu wenig werden, war mir bewusst. Diese Episoden als Subgeschichten sind natürlich irgendwie ein Fremdkörper, da sie in ihrem Gehalt isoliert wirken. Dennoch gehören sie ins Gesamtbild. Wenn es ausschlaggebend ist, dass der Probegang die Erwartungen der Leser nicht erfüllt, werde ich meine Lehre daraus ziehen und künftig keine derartigen Subebenen mehr in Kurzgeschichten einschieben.

Dass du doch auch Spannung wahrnahmst, besonders der Einstieg dich ansprach, freut mich.

Herzlichen Dank auch dir für deine kritischen Anmerkungen und Vorschläge. Ich habe auch jene berücksichtigt, auf die ich hier verbal nicht eingetreten bin.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

So leseunfreundlich hatte ich es nicht wahrgenommen

Das war positiv gemeint. Kaum lesbar, weil es ein so schmerzhaftes Bild erzeugt.

Ich verstehe deinen Einwand vor dem Hintergrund des TdS.

Das wollte ich damit nicht sagen. Die drei Schwestern scheinen mir auch losgelöst vom TdS, wo ich der Spirital-Direktor von bin, aus dem Nichts aufzutauchen. Diese Anekdote spielt offenbar eine zentrale Rolle. Dass der Prot sich im Endstadium seiner Visionen in ihr wiederfindet, deutet jedenfalls darauf hin. Dafür ist sie zu plötzlich einfach da - wenn ich, wie gesagt, nichts überlesen habe. Diese Geschichte in der Geschichte sollte vorher mal angesprochen werden, dann hättest du auch nicht das Problem, dass du in einem Spannungsmoment eine Rückblende/Erklärung einschieben musst.

 

Hallo Anakreon

Sehr interessantes Thema hast du dir da ausgesucht. Die Umsetzung bzgl. Konfrontation mit den Sünden hat man so oder so ähnlich schon gelesen / gesehen, interessant ist die Geschichte dahingehend, dass es sich hierbei eben nur um den Weg in das Jenseits und nicht das Jenseits als solches handelt. Insofern ist der Titel "Probegang ins Jenseits" sehr treffend gewählt.

Ich denke, der Anfang der Geschichte liesse sich noch ein wenig ausbauen. Mir kommt das ohnehin sehr schnell vor; Hr. Seidelbast kommt in diese (ich nenne es mal) Klinik, füllt das Formular aus und liegt geschätzte 30min später schon auf der Liege, um sich ins Jenseits befördern zu lassen. Kein Wort über mögliche Risiken, gute und schlechte Erfahrungen mit Patienten, evtl. Berichte über das Verfahren in den Medien etc. Es wird ein wenig über Religion und Glaube geredet, doch mir fehlt da die wissenschaftliche Betrachtung, gerade weil es sich ja um den verantwortlichen Arzt handelt. Also ich als "Patient" hätte da noch ganz andere Fragen! Gerade hier kann man, wie ich finde, bei einem solchen Thema punkten. Wenn der Leser eingestiegen ist, wirst du ihn mit einem solchen Thema (wenn es nicht grottenschlecht geschrieben ist, was hier natürlich nicht der Fall ist) auf jeden Fall bei Laune halten. Da kann man schon noch an der Spannungsschraube drehen. Ich vergleiche das mit dem Film Zimmer 1408 (habe die Geschichte nicht gelesen) - da gibt es diese Szene, wo John Cusack mit Samuel L. Jackson in dessen Büro sitzt und Jackson ihn auf den Zimmeraufenthalt vorbereitet (oder besser, ihn versucht, davon abzuhalten). Da erzählt er allerhand grusliges Zeug, und das ist - finde ich - die mit Abstand beste Szene des ganzen Films, weil man als Zuschauer auf die Folter gespannt wird und denkt, jetzt geh endlich in das Zimmer, ich will wissen, was da passiert. (der Aufenthalt selbst ist dann ein ziemlicher Witz, aber die Szene im Büro, die ist cool).
Also - ich denke, da kannst du dem Leser noch ein wenig mehr "Appetit" machen.

Bei der Beschreibung des Weges ins Jenseits gefällt mir die Durchmischung des Vergangenen mit dem, was ihm aktuell widerfährt, oder was er sich zumindest einbildet. Das ist schön verwoben. Die Beschreibung der Szenen selbst würde ich steigern - es geht mit einer ziemlich krassen Szene los (der Entmannung & Kastrierung), gefolgt von einer weitaus harmloseren Episode - würde ich umdrehen. Schön der Schwenk dann auf den Gruppensex mit seiner Frau - da weichst du ab von den körperlichen Schmerzen der ersten Episoden auf seelisches Leid, das finde ich gut.

Dann kommt die Episode mit der Kirche. Interessant, aber ich frage mich, wie die ins Gesamtbild passt. Es will mir nicht so recht gelingen. Rein vom Gefühl her, finde ich, sollte das tatsächlich eine eigene Geschichte sein. Das wird mir hier zu mystisch, mit den eingemauerten Frauen und dem (nebulösen) Wunsch nach dem "männlichen Gespiel". Hier hebst du den Weg ins Jenseits auf eine neue Ebene, die es in den vorhergehenden Episoden nicht gab. Seine Sünde besteht hier aus dem Diebstahl der Figur, und gerächt wird das von den Bewohnern. Und dabei solltest du es belassen. Das Einmauern finde ich eine coole Idee, vor allem auch in Verbindung mit der Geschichte der drei Frauen - ihm widerfährt dasselbe Schicksal. Aber dass da die drei skelettierten Frauen in der Wand sitzen und anfangen, mit ihm zu reden - das ist mir zu viel an der Stelle. Das müsste besser vorbereitet sein.

Die Idee dann, das Jenseits nach seinen Vorstellungen zu gestalten, ist deshalb gelungen, weil es, glaube ich, der tiefste Wunsch der Menschen ist - die "reinste" Vision sozusagen. Aus einem Gefühl der Angst und Unwissenheit bildete sich bspw. das "Paradies", um dieser Angst zu begegnen, sie abzumildern. Aber was ist das schon, das "Paradies"? Ein Garten Eden? Hier stellt sich doch jeder was anderes vor, von daher ist dein Ansatz eigentlich genau der Richtige - du erlebst, was immer du dir wünschst. Dass dieser Wunsch in diesem Fall aus dem Entsetzen geboren wird, und gar nicht dem entspricht, was der Prot. eigentlich will (obwohl, was will er schon - Gedanken dazu hat er sich ja nie gemacht), darin liegt die eigentliche Tragik. Zum Glück für ihn, dass es nur ein "Probegang" war - dieses Ende finde ich zu harmlos für eine Horrorgeschichte. Gerade der Kniff, sich im entscheidenden Moment das "Falsche" zu wünschen (und damit bis in alle Ewigkeit leben zu müssen) gibt eigentlich Potential für eine viel tragischere Figur. Ich denke, da liesse sich noch ein "böseres" Ende stricken, vorausgesetzt, du willst das. Ich persönlich fände es passender.

Ja, also alles in allem eine schöne Geschichte mit philosophischen Ansätzen, über die man mal nachdenken kann. Wer weiss, wem wir eines Tages auf diesem "Gang" begegnen - und welche Gedanken aus diesen Begegnungen entstehen?

Jetzt noch zur Textarbeit:

Seine auf dem Weg hierher aufgekommene Unsicherheit, ob das Vorhaben nicht unsinnig sei, verflog.

Das Fettgedruckte würde ich streichen.

«Monsignore, ich hoffe, der Aufenthalt erfüllte ihre Erwartungen entsprechend.»

Friedel hatte es schon angemerkt, aber die Anreden "Sie" und "Ihr / Ihre" sind noch nicht konsequent gross.

n seinem Bekanntenkreis waren bereits einige verstorben, wie ihm bewusst wurde.

Hm, das klingt, als sei ihm das eben erst eingefallen.

Doch es hilft ihnen die Wirklichkeit zu erkennen, um diese Manifestationen zu definieren und als Hirngespinste ihrer Ängste abtun zu können.

Vielleicht liegt es an der fortgeschrittenen Stunde, aber diesen Satz verstehe ich nicht. Lässt sich das nicht einfacher sagen? "Die Manifestationen werden definiert"?

Nur haarscharf gelang es ihm, meist auszuweichen.

Meist gelang es ihm, (nur) haarscharf auszuweichen.

Es war Jahrzehnte her, sie waren Jugendliche gewesen. Seine erste Affäre.

"Affäre" ist hier sicherlich die falsche Bezeichnung. "Freundin" wäre besser, aber vielleicht auch nicht ganz richtig, wenn man bedenkt, dass er sie vergewaltigt hat.

Die Schmerzen waren schon infernalisch,

"schon" finde ich in literarischen Texten sehr unschön ausserhalb direkter Rede. Hier kannst du es ganz weglassen, oder durch "bereits" ersetzen.

doch naschte er er auch immer wieder Essbares,

ein er kann raus

Als sie ihren Kopf hob, küsste er ihr die Tränen weg, sie fester an sich ziehend, und dann auf den Mund küssend.

Es ist dein Stil, aber für mich sind da etwas zu viele von diesen Partizip-Konstrukten drin.

Es kamen weitere drei Stationen seines Lebens, wobei es von seinem Verhalten her nur die wirklich hässlichsten waren.

Wenn die Stationen nicht beschrieben sind, würde ich sie nicht erwähnen - was soll das bringen?

Nach diesem Menschenopfer soll es erstmals nach langer Trockenheit dann wieder geregnet haben.

Würde das "dann" streichen.

auf dem harten Steinboden prallend.

den

Seinen Griff nach der einen Hand liess ihn spüren, dass diese skelettiert war.

"Sein Griff" - aber der Satz klingt zu umständlich für das, was er aussagt.

Ihm wurde schwarz vor den Augen,

würde "den" rausnehmen

Ja, das wars von mir.

Viele Grüsse & bis zum nächsten Mal.

 

Hallo Schwups

dass es sich hierbei eben nur um den Weg in das Jenseits und nicht das Jenseits als solches handelt. Insofern ist der Titel "Probegang ins Jenseits" sehr treffend gewählt.

Das freut mich, dass der Titel stimmig wirkt. Ich hatte noch gezögert und mich gefragt, ob er auch für die Leser ansprechend ist.

Ich denke, der Anfang der Geschichte liesse sich noch ein wenig ausbauen. Mir kommt das ohnehin sehr schnell vor; … Kein Wort über mögliche Risiken, gute und schlechte Erfahrungen mit Patienten, evtl. Berichte über das Verfahren in den Medien etc. Es wird ein wenig über Religion und Glaube geredet, doch mir fehlt da die wissenschaftliche Betrachtung, gerade weil es sich ja um den verantwortlichen Arzt handelt. Also ich als "Patient" hätte da noch ganz andere Fragen! Gerade hier kann man, wie ich finde, bei einem solchen Thema punkten.

Das finde ich interessant, diesen Einwand. Zu meinen Texten wurde sonst eher moniert, der Einstieg sei zu weitschweifig. Doch du sagst klar, was du vermisst.
Nun als „Arbeitsbild“ liess ich vor meinem inneren Auge eine psycho… Privatklinik entstehen, die zur Aufbesserung ihrer finanziellen Mittel, diese chemisch erzeugten Probegänge anbietet. Real wird im psychotherapeutischen Bereich an sich kaum über Risiken gesprochen, obwohl Veränderungen angestrebt werden. Schlechte Erfahrungen werden höchstens thematisiert, wenn ein Patient für sich z. B. eine bestimmte medikamentöse Behandlung wünscht. Deine Überlegungen führte mir das Bild eines Modearztes vor Augen, wie sie derzeit etwa im Bereich ästhetisch-plastischer Chirurgie zuweilen auffallen. Krähemann passt, wenn auch mit anderer Ausrichtung, durchaus in diese Gattung.
Ich habe nun einige solche Momente einfliessen lassen, hoffentlich ohne es völlig zu überzeichnen.

Bei der Beschreibung des Weges ins Jenseits gefällt mir die Durchmischung des Vergangenen mit dem, was ihm aktuell widerfährt, oder was er sich zumindest einbildet. Das ist schön verwoben. Die Beschreibung der Szenen selbst würde ich steigern … umdrehen. Schön der Schwenk dann auf den Gruppensex mit seiner Frau - da weichst du ab von den körperlichen Schmerzen der ersten Episoden auf seelisches Leid, das finde ich gut.

Ja, wahrscheinlich ist eine Steigerung der Pein erforderlich, um den Spannungsbogen zu halten. Dies habe ich angepasst.

Dann kommt die Episode mit der Kirche. … Das Einmauern finde ich eine coole Idee, vor allem auch in Verbindung mit der Geschichte der drei Frauen - ihm widerfährt dasselbe Schicksal. Aber dass da die drei skelettierten Frauen in der Wand sitzen und anfangen, mit ihm zu reden - das ist mir zu viel an der Stelle.

Ich denke, ich weiss nun, woran es sich beisst und sich von den andern Episoden zu sehr abhebt. Auch dies überarbeitete ich, der Meinung es füge sich so insgesamt besser ein.

Dass dieser Wunsch [Einblick in Jenseits zu erhalten] in diesem Fall aus dem Entsetzen geboren wird, und gar nicht dem entspricht, was der Prot. eigentlich will …, darin liegt die eigentliche Tragik. … dieses Ende finde ich zu harmlos für eine Horrorgeschichte. Gerade der Kniff, sich im entscheidenden Moment das "Falsche" zu wünschen (und damit bis in alle Ewigkeit leben zu müssen) gibt eigentlich Potential für eine viel tragischere Figur.

Nun ich mag an sich den subtilen Nervenkitzel, aber es stimmt schon, das Ende fällt zu glatt aus. Der Option noch in ein anderes Jenseits umsteigen zu können, muss der Boden entzogen sein. Ich habe dies nun leicht anders gelöst und ergänzt, um Seidelbast und den Lesern ein anhaltendes Unbehagen nicht vorzuenthalten.

Ja, also alles in allem eine schöne Geschichte mit philosophischen Ansätzen, über die man mal nachdenken kann. Wer weiss, wem wir eines Tages auf diesem "Gang" begegnen - und welche Gedanken aus diesen Begegnungen entstehen?

Ah das freut mich, wenn dieser humorvoll gedachte Nervenkitzel zum Nachdenken anzuregen vermag.

Doch es hilft ihnen die Wirklichkeit zu erkennen, um diese Manifestationen zu definieren und als Hirngespinste ihrer Ängste abtun zu können.

Vielleicht liegt es an der fortgeschrittenen Stunde, aber diesen Satz verstehe ich nicht. Lässt sich das nicht einfacher sagen? "Die Manifestationen werden definiert"?

Tja, das war wieder einer meiner eigensinnigen Sätze. Fachlich zwar in sich stimmig, aber zu kompliziert. Ich habe es nun in der Formulierung geändert, so sollte es besser verständlich sein:
Doch es hilft Ihnen die Wirklichkeit zu erkennen, die Projektionen zu deuten und als Hirngespinste Ihrer Ängste abzutun.

Es war Jahrzehnte her, sie waren Jugendliche gewesen. Seine erste Affäre.

"Affäre" ist hier sicherlich die falsche Bezeichnung. "Freundin" wäre besser, aber vielleicht auch nicht ganz richtig, wenn man bedenkt, dass er sie vergewaltigt hat.

Du hast recht. Affäre ist nicht das richtige Wort. Ich habe es in Liebesbeziehung geändert, trotz des auftretenden Gewaltakts. Ich höre den Aufschrei derer, die es nun als Provokation und Beleidigung wahrnehmen. Deshalb kurz eine Erklärung dazu, dass dies die Tat keineswegs verniedlichen will. Der Prot. ist in der Rolle eines Jugendlichen, der erstmals über den Rahmen des bisherigen Knutschens hinausgehen darf, die letze ultimative Grenze dann aber im Affekt missachtet. Eine nicht selten auftretende, reale Situation, die aber meist tabuisiert wird.

Als sie ihren Kopf hob, küsste er ihr die Tränen weg, sie fester an sich ziehend, und dann auf den Mund küssend.

Es ist dein Stil, aber für mich sind da etwas zu viele von diesen Partizip-Konstrukten drin.

Hm, stimmt schon, ich mag diese fülligen Bilder. Ich habe es nun ein wenig gekürzt und in zwei Sätze geteilt. Dadurch sollte es sein Schwülstiges verloren haben.

Herzlichen Dank für deinen Kommentar, den ich sehr konstruktiv fand und auch die textkritischen Anregungen, welche ich übernommen oder bestmöglich umgesetzt habe.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anakreon,

Du musst aktiv schreiben!


Aber zuerst zu den Zeiten:

Lange Zeit hatte er über das Inserat gegrübelt. Bis dahin war die Sache für ihn kein Thema gewesen. Keinen Gedanken hatte er je daran verschwendet, doch dieser Text brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Ein Probegang ins Jenseits mit Rückkehrgarantie. Die Anzeige kündigte an, Menschen zu helfen, ihnen die Angst vor des Lebens Ende zu nehmen. Der Probegang wurde massgeschneidert angeboten. Individuell die Lebenshaltung, die religiöse Einbindung oder die philosophische Einstellung berücksichtigend. Im angeforderten Prospekt wurde es dann vertieft erläutert. Auch der Institutsname migratio wurde erklärt. Sinnigerweise bedeutet er im Lateinischen unter anderem Übertritt ins Jenseits, obwohl dies nur ein beiläufiger Teil der Institutsaufgaben bildete.
Angst, nein das wollte sich Seidelbast nicht eingestehen. Aber die Ungewissheit, was er erwarten durfte, nagte an ihm. Ihm war bewusst, dass in seinem Bekanntenkreis bereits einige Gleichaltrige verstorben sind. Einer durch Unfall und drei durch Krankheit. Einer beinahe, er war fünf Tage im Koma, ehe er wieder erwachte.
Seidelbast suchte und fand eine wissenschaftliche Abhandlung, die erklärte was die Hirnströme bewirken, wenn ein Mensch in den Grenzbereich von Leben und Tod kam. Die populären Nahtod-Erfahrungsbücher einer Krankenschwester, die mit ihren Werken viel Geld verdiente, wurden dabei sehr relativiert und die Sinneseindrücke als neuronale Phänomene der Wahrnehmung entlarvt. Hier am Institut migratio wurde Wissenschaft praktiziert und nicht Glaubenssätze zelebriert. Ansonsten hätte er sich nicht dafür entschieden, diesen Gang auf sich zu nehmen. Er wollte Klarheit gewinnen.

Da springst du mit den Zeiten hin und her. Zuerst Plusquamperfekt, weil es in der "Vergangenheit" passiert, gut.., dann wieder Präteritum (aber immer noch in der Vergangenheit, das kann man so machen, rausrutschen), auch gut.. dann:
Sinnigerweise bedeutet er im Lateinischen unter anderem Übertritt ins Jenseits, obwohl dies nur ein beiläufiger Teil der Institutsaufgaben bildete.

Also ich meine, da muss "bedeutete" stehen


Angst, nein das wollte sich Seidelbast nicht eingestehen. Aber die Ungewissheit, was er erwarten durfte, nagte an ihm

Okay, wir sind nun wieder im "Jetzt".

Ihm war bewusst, dass in seinem Bekanntenkreis bereits einige Gleichaltrige verstorben sind

verstorben waren, wieder Vergangenheit,

Seidelbast suchte und fand eine wissenschaftliche Abhandlung, die erklärte was die Hirnströme bewirken, wenn ein Mensch in den Grenzbereich von Leben und Tod kam.

Bei dem Satz bin ich dann draußen. Weiß nicht mehr was abgeht. Sucht er im Augenblick danach? Nein... das hat mal er getan, gestern oder so.

Hier am Institut migratio wurde Wissenschaft praktiziert und nicht
Glaubenssätze zelebriert

Am Institut migratio parktizierte man Wissenschaft und keinen Aberglauben.

Aktiv..

Er wollte Klarheit gewinnen.

Er wollte Klarheit.

Gezielt wurde sein Leben nach Krankheiten hinterfragt, Medikamente, die er einnahm,

Gezielt fragte man nach Krankheiten und Medikamenten, die er einnahm.

Das ist glaub Bürokratendeutsch, Arztprospektdeutsch, weiß was ich.. in einer spannenden KG gehört das nicht her. Immer aktiv.

Eine Selbsteinschätzung seiner charakterlichen Eigenschaften war gefordert und seine Präferenzen musste er offenlegen

Man forderte (!) eine Selbsteinschäftzung, Präferenzen musste er auch offenlegen.

Stramm stehen! Sagen wie's ist!
Ich wurde geküsst, sagt die Dame?
Nein: Er küsste mich!


Aber selbst wenn das Unwahrscheinliche eintreten, es zu unvorsehbaren Komplikationen infolge höherer Gewalt kommen würde

Aber selbst wenn das Unwahrscheinliche eintritt, und es zu unvorsehbaren Komplikationen infolger höherer Gewalt kommt..

Jetzt weiß ich auch warum ich nicht in den Text reingekommen bin. Ist echt ein spannendes Thema, aber du machst es kaputt mit solchen Formuliereungen.


Es herrschte alle paar Meter eine spärliche Beleuchtung, doch häufig wurden die Lampen durch Vandalen mutwillig zerstört.

Die Strasse war spärlich beleuchtet, weil Vandalen die Lampen zerstörten.

Clara hat sich mit ihm ein gleichwertiges Blutopfer geschaffen, nun wird sie mich besteigen, mein Glied versöhnlich in ihrer Vulva aufnehmen.

Clara schaffte sich mit ihm ein gleichwertiges Blutopfer.
Nun wird sie mich besteigen, und mein Glied versöhnlich in ihrer Vulva aufnehmen!

Weiter unten gehts doch..


Ihm wurde schlecht, der Schmerz welcher beim ersten Schnitt ausblieb, war nun von einer mörderischen Intensität

Ihm war schlecht ...

Der Schmerz war von einer Intensität... gefällt mir nicht.

Er war stolz auf ihre Attraktivität, eine Frau, nach der sich Männer umdrehten.

Er war stolz auf sie, eine Frau, nach der sich Männer umdrehten.


So klingts besser und auch so, als wäre er wirklich stolz auf sie.


Okay... ja, der Inhalt. Gefällt mir eigentlich. Bin halt nie wirklich reingekommen, aber der Mitte wurde es besser, da kamen diese Passiv-Formulierungen auch nicht so häufig. Das Ende ist nett, und der Anfang ist gut, die Idee dahinter, aber du versprichts dem Leser halt einen Blick ins Jenseits, und man denkt jetzt kommt was Philosophisches, und es sind halt Sexsünden. Nichts gegen Sexsünden, aber man erwartet halt was anderes. Das mit dem Penisabschneiden war schon ziemlich gruselig aber.

MfG,

JuJu

 

Hallo JuJu

Du musst aktiv schreiben!

Stimmt! Jetzt hatte ich es so oft durchgelesen und …

Da springst du mit den Zeiten hin und her. Zuerst Plusquamperfekt, weil es in der "Vergangenheit" passiert, gut.., dann wieder Präteritum (aber immer noch in der Vergangenheit, das kann man so machen, rausrutschen), auch gut.

Ich weiss, idealerweise verwendet man in einer Kurzgeschichte nur eine Zeitform.

Also ich meine, da muss "bedeutete" stehen

Da bin ich mir nicht ganz sicher. Der fiktive Institutsname ist nach wie vor gegenwärtig, anderseits aus der retrospektiven Sichtweise des Prot., hast du recht. Ich habe es geändert.

Okay, wir sind nun wieder im "Jetzt".

Das Problem, eine solch denkerische Szene zu fassen birgt natürlich die Schwierigkeit, Gegenwart und Erinnerung unter einen Hut zu bringen. Ich werde mir dazu noch Gedanken machen, bin aber skeptisch, eine Lösung zu finden, die dann besser zu lesen wäre.

verstorben waren, wieder Vergangenheit,

Ja, da habe ich mich selbst übertölpelt.

Bei dem Satz bin ich dann draußen. Weiß nicht mehr was abgeht. Sucht er im Augenblick danach? Nein... das hat mal er getan, gestern oder so.

Hm, ja. Der Denkprozess des Prot. war mir hier zu gegenwärtig, was meine Erzählstimme fehlleitete. Dies habe ich neu umschrieben.

Am Institut migratio parktizierte man Wissenschaft und keinen Aberglauben.

Mit Umdrehung zweier Buchstaben so übernommen. In diesem Kontext ist die aktive Form für den Leser direkt erlösend.

Er wollte Klarheit.

Auch hier, das gewinnen war nur Ballast.

Gezielt fragte man nach Krankheiten und Medikamenten, die er einnahm.

Präzis.

Man forderte (!) eine Selbsteinschäftzung, Präferenzen musste er auch offenlegen.

Da zeigt sich, dass ich mich militärischem Drill nie unterordnen liess, das Fordern nur als Bitte akzeptierte. Aber es stimmt schon, es geht um den Fragebogen eines wissenschaftlichen Instituts.

Jetzt weiß ich auch warum ich nicht in den Text reingekommen bin. Ist echt ein spannendes Thema, aber du machst es kaputt mit solchen Formuliereungen.

Gut, der Satz war etwas sehr geschwollen, mit unvorhersehbaren Komplikationen und höherer Gewalt. Ich unterstellte Krähemanns Rhetorik gewollt solche Übertreibung. Da es Zuviel war und ein Hemmschuh für den Leser, habe ich ihn auf ein tragbares Mass reduziert.

Die Strasse war spärlich beleuchtet, weil Vandalen die Lampen zerstörten.

Ja das mutwillig war hier redundant.

Der Schmerz war von einer Intensität... gefällt mir nicht.

Dies habe ich nun umformuliert, eine andere Betonung gegeben. Doch, so wirkt es zutreffender.

Er war stolz auf sie, eine Frau, nach der sich Männer umdrehten.

So klingts besser und auch so, als wäre er wirklich stolz auf sie.

Ja die Einfachheit trifft es.

Okay... ja, der Inhalt. Gefällt mir eigentlich.

Der halbe Punkt freut mich.

aber du versprichts dem Leser halt einen Blick ins Jenseits, und man denkt jetzt kommt was Philosophisches, und es sind halt Sexsünden.

Der Weg ins Jenseits lehnte sich – ohne jeglichen Wahrheitsanspruch – entfernt an theologische Denkweise an. Es mutet aus meiner Feder vielleicht etwas blasphemisch an, soll aber nicht eigentlich an irgendwelchen Glaubensvorstellungen kratzen, höchstens an der Tabuisierung der Todesvorstellung. Das Verdrängte, welches sich da beim Prot. zutage förderte, war schlicht der Prozess seines Lebensrückblicks. Stationen an die er sich, durch den Fragebogen suggeriert, erinnert und für die er sich selbst bestrafte. Dass zwei von vier Stationen Sex beinhalten, ergibt sich daraus, dass diese Bezüge zu seinen ärgsten Vergehen zählten.

Dieser Tenor, dass man einen Einblick ins Jenseits erwartete, war vermehrt aufgekommen. Es überrascht mich insofern, da ich das Thema scherzhaft aufgriff und bearbeitete, und keineswegs beabsichtigte, diesbezüglich eine Antwort zu setzen. Nun hätte ich dem Monsignore den Vorzug gegeben, wäre es das Bild eines Paradieses geworden. Philosophische Antworten liess ich aber schon durch Krähemann kurz ansprechen, und der von Seidelbast eingeschlagene Weg gewährte nicht mehr Einblick. – Meine persönliche Erwartung verschweige ich natürlich tunlichst.

Für deine Anregungen und kritischen Kommentare danke ich dir herzlich. Sie zeigten mir, worauf ich künftig noch mehr Augenmerk legen muss.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Zur Entschädigung fürs Resli an dieser Stelle die Verknüpfung zweier Anzeigen in unterschiedlichen Blättern - als liefen Kommentare vorweg,

lieber Anakreon.

Karl Valentins annoncierte Warnung vor dem ehrlichen Finder eines verloren gegangenen Klappmessers setzt Karl Kraus quasi noch eins drauf, wenn er zu dem Unfall eines Prominenten den Bericht mit »Der Künstler schwebt außer Lebensgefahr« zitiert, was ihn freue, werde der Promi doch somit einem bessern Jenseits fernbleiben, dass ihm die letzte Ehre "unerwiesen lassen" kann.

Gruß

Friedel

 

Lieber Friedel

Die annoncierte Vorstellung von Karl Kraus fügt sich schön in den Reigen der Fantasien und Ängste ein, die sich die Menschen – m. E. unnütz – vor dem letzten Atemhauch sich machen. Doch war sich Kraus wohl selbst nicht sicher, wer das Beste bieten könnte. Nach Konvertierung aus dem Judentum wandte er sich einige Jahre später auch vom Katholizismus wieder ab. Das Institut migratio kannte er nicht. Doch vielleicht brachte die ihn auszeichnende Unerbittlichkeit, ihm doch noch Klarheit. Das von ihm erwähnte bessere Jenseits, als Ausdruck seiner Realsatire.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Salü Anakreon

Endlich komme ich dazu, deine TdS Geschichte zu lesen.
Und möglicherweise wiederhole ich gewisse Aussagen meiner Vorredner.

Interessanterweise habe ich ebenfalls die geäusserte Vorstellung des Jenseits deines Prots überlesen.

Das Einzige, das er sich noch wünschte, war alles hinter sich zu lassen und einfach inexistent zu sein.
Dieser beiläufige Satz verschwand irgendwie zwischen den umfangreichen Rückblenden.

Nun, deine Geschichte plätschert in einer dir eigenen unaufgeregten Erzählweise dahin, da fehlten mir dann eindeutig die gruseligen und spannenden Momente, um dem Thema gerecht zu werden. Auch zwei deiner Rückblenden (die Vergewaltigung und der Seitensprung) sind IMHO zu lang geraten, als dass mich der anklagende Umkehreffekt während des Kurztrip ins Jenseits ergriffen hätte.
Einzig das Eintauchen in die „wahre“ Legende von Somazzo und die neu erlangte Gewissheit deines Prots, die ihn für den Rest seines Lebens gefangen halten wird, können mit dem Thema der Saison in Verbindung gebracht werden.

Übrigens, Krähemann schien mir gewisse Ähnlichkeiten mit Ikordo, die Nr. 2 von „Fiat Lux“ zu haben. Absurd, ich weiss, oder etwa doch nicht? :D

Und noch kurz den Text beleuchtet:

Ein Herr[, ganz] in Schwarz gekleidet[,] wurde eben von der Empfangsdame verabschiedet

, obwohl dies nur ein beiläufiger Teil der Institutsaufgaben bildete.
Der Übertritt ins Jenseits wird ja nur vorbereitet, ist somit selbst nicht Teil der Aufgabe von migratio. Auch erfahren wir nie, welches denn nun die Hauptaufgabe des Instituts bilden. Oder habe ich da etwas falsch interpretiert?

Es freut mich sehr, dass Sie Ihre Ängste überwinden, ihre Ungewissheit vor dem Unabänderlichem durch konkretes Wissen ersetzen wollen.»
Unabänderlichen

«Ja gut, ein Unbehagen ist es schon»,
, ein gewisses Unbehagen ist da schon",

, über diese wilde und erdrückende Fülle an Eindrücken zu zerbersten.
WW

Lianenartige Schlingen wickelten sich erdrückend um ihn, sich wieder lösend, um ihn weiteren, auf ihn einstürzenden Blüten auszuliefern.
ihn-ihn-ihn, zudem für mich ein schwierig zu erfassender Satz.

Laserartige Strahlen in verschiedensten Farbkonzentrationen versuchten, ihn zu treffen. Einer streifte ihn, der glühende Feuerstrahl am Oberarm liess ihn aufstöhnen.
Warum nicht einfach Laserstrahlen.
ihn-ihn-ihn

Als er aus Distanz erkannte, was da vor sich ging, machte er schnellstens rechtsumkehrt und rannte auf Umwegen nach Hause.
...
Wie konnte er sich nur hierher verirren, schnell machte er rechtsumkehrt.
WW
Die Schmerzen waren infernalisch, dennoch erzeugten die Fusstritte und Schläge gegen seine Rippen und Innereien zusätzlich bestialische Steigerungen.
infernalisch ist kaum zu steigern, deshalb würde ich hier eher auf "Die Schmerzen waren kaum auszuhalten" zurückgreifen.

. Er lag da wie ausgespart, Cornelia hatte sich verflüchtigt, aber er musste es mit ansehen, unfähig zu flüchten .
WW

Verzweifelt krallten seine Finger gegen die Mauer um das Loch, sein Körper stemmte gegen den Druck der Leute, doch hoffnungslos. Als sein Widerstand brach, fiel er der Länge nach hinein, auf den harten Steinboden prallend.
Dies als Beispiel für weitere Stellen im Text.
Durch die indirekte Erzählweise wirken gewisse Abschnitte auf mich etwas kraftlos.

Fazit: Ich habe mich leider nicht gegruselt, das Horrorelement ist mir da zu wenig ausgebaut. Ich sehe in deiner Geschichte eher einen phylosophischen Ansatz, sowie gesellschaftliche Apsekte, für Horror ist es mir zu brav.

Nix für ungut,
Gruss dot

 

Salü Dotslash

Interessanterweise habe ich ebenfalls die geäusserte Vorstellung des Jenseits deines Prots überlesen.
...
Dieser beiläufige Satz verschwand irgendwie zwischen den umfangreichen Rückblenden.

Da die Jenseitsvorstellung des Prots sich erst unter der Last des Probegangs kristallisierte, trat es spät und nicht hervorgehoben auf. Ich habe dies nun etwas markanter gezeichnet und die beiden ersten Rückblenden zugleich gekürzt.

da fehlten mir dann eindeutig die gruseligen und spannenden Momente, um dem Thema gerecht zu werden.

Ja, so schaudernde Szenen, wie sie vielleicht ein Stephen King schreibt, liegen mir nicht. Allein schon der medikamentös ausgelöste Einstieg kommt mir als Horror vor. Ich orientierte mich dabei an der Wirkung des Getreidepilzes Mutterkorn. Insgesamt verläuft es aber wohl wirklich zu wenig gruselig, da ich dem Prot. ein durchschnittliches Leben verpasste.

Einzig das Eintauchen in die „wahre“ Legende von Somazzo und die neu erlangte Gewissheit deines Prots, die ihn für den Rest seines Lebens gefangen halten wird, können mit dem Thema der Saison in Verbindung gebracht werden.

Es war ein Zufall, dass ich an dieser Geschichte schrieb, als das TdS festgelegt wurde. Ich überlegte noch, es trotz Somazzo nicht unter dieses Thema zu stellen. Ja ich denke, man sollte es davon lösen, da dieser Akt nur einer von mehreren ist.

Übrigens, Krähemann schien mir gewisse Ähnlichkeiten mit Ikordo, die Nr. 2 von „Fiat Lux“ zu haben. Absurd, ich weiss, oder etwa doch nicht?

Das ist trefflich! Ich dachte zwar keinen Moment an die Umtriebe dieser Sekte. Man denke ein Monsignore verkehre dort. :lol: Doch in der Ausgestaltung dieses merkwürdigen Instituts schwebte mir schon eine wahnwitzig abgehobene Gruppierung vor.

Der Übertritt ins Jenseits wird ja nur vorbereitet, ist somit selbst nicht Teil der Aufgabe von migratio. Auch erfahren wir nie, welches denn nun die Hauptaufgabe des Instituts bilden. Oder habe ich da etwas falsch interpretiert?

Auch wenn ein solcher Schritt nur einleitend ausgeführt wird, stellt es doch eine grundlegende Tätigkeit dar. (Man bedenke, die Zürcher Ärztin, deren Verfahren im nächsten Jahr vor Gericht kommen dürfte, da sie ihren Patienten ähnlich wirkende Drogen verabreichte, wird sich kaum herausreden können, dies sei nur ein einleitender Faktor gewesen. Ihre Hauptaufgabe sei die Psychotherapie.) Dass es dabei in Wirklichkeit nur reiner Schwindel sein kann, ergibt sich aus der Materie selbst. Den Text habe ich nun leicht geändert und angeführt, dass in dem Prospekt die Hauptaufgabe nur unpräzis mit Forschung angeführt wird.

Ich sehe in deiner Geschichte eher einen phylosophischen Ansatz, sowie gesellschaftliche Apsekte, für Horror ist es mir zu brav.

Man könnte darin Verschiedenes deuten und interpretieren, ich sähe da auch andere Elemente. Das Phylo… brachte mich aber ins Sinnieren. Die dem Mutterkorn entwachsenen Blüten geben schon einen Bezug zur Phylogenese, wenn sich daraus nur kein Phyloxera entbindet, sonst wäre es beinah kafkaesk. Dabei steht mir doch die Ontogenese näher. Aber du hast recht, das Gruselige ist punktuell gesetzt, die abSekte ist da nur eine Spiegelung gängiger institutionalisierter Formen. Wenn der zu brave Störenfried sich also in den falschen Gefilden aufhält, kick ihn weg, irgendwohin wo er keinen Anstoss erregt.

Nix für ungut,

Ich fand deine Ausführungen bereichernd, regten sie mir doch eine Reflexion an.

Ich danke dir für deinen Kommentar und die textlichen Anregungen. Ich habe dies zum Anlass genommen, einiges zu straffen und auch einzelne Passagen zu ändern. Der Kern blieb aber unverändert.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

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