Lieber dwhite97
ich begrüße dich bei den Wortkriegern.
Schon gestern habe ich einen Kommentar auf deinen Text geschrieben, wollte aber erst einmal schauen, ob du an Antworten interessiert bist und habe ihn deshalb zurückgehalten.
Am Ende gehe ich auf deine Antwort an fxdysprosium ein.
Hier mein Kommentar von gestern:
Ein sehr interessantes Thema hast du dir für deine Kurzgeschichte ausgesucht. Welche Prioritäten setzen wir uns in unserem Leben? Was soll für uns wichtig sein? Wie werden wir unser Leben im Rückblick bewerten? Der Tag ‚Philosophisches’ ist hier schon richtig gewählt.
Allerdings finde ich, dass du aus deiner guten Idee zu wenig gemacht hast. Ich hätte gerne mehr von den Gedanken des Vaters gelesen, mehr vom Sohn gehört, kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Diskussion der beiden so wortkarg verläuft.
Ab jetzt nur noch halbtags.
"Ja ja... sehr gut. Bin stolz auf dich."
"Na ja... also gut Papa, ich gehe dann mal langsam. Habe Thomas versprochen ihn nachher noch zum Fußball zu fahren."
"sag (Sag) deiner Frau liebe Grüße von mir."
Ich hatte beim ersten Lesen große Verständnisprobleme. Mir war nicht gleich klar, wer wer war, wer da dachte bzw. sprach.
Dass da auf der einen Seite ein Sohn ist, der den Anforderungen des Vaters nicht entspricht, und auf der anderen Seite ein Vater, der den ‚Prioritäten’ des Sohnes das eigene Leben gegenüberstellt, das erschloss sich mir erst, nachdem ich deinen Text mehrmals gelesen hatte. Das liegt mMn daran, dass du dich zu kurz fasst. Ich hätte gerne mehr vom Sohn erfahren, hätte z.B. gerne seinen Monolog gehört. Und vielleicht hätte ein ausgeführter Dialog mir die Gegensätzlichkeit der beiden Lebensentwürfe deutlicher erschließen können. So servierst du mir alles bruchstück- und lückenhaft und ich werde so völlig überrascht vom abrupten Ende.
Ich habe das Gefühl, dass du deine interessante Idee nicht lange genug hast reifen lassen.
Als Leser möchte ich teilhaben an der inneren Entwicklung des Vaters, ich möchte nachvollziehen können, warum er zum Schluss bitterlich weint. Ich kann es mir zwar denken, aber im Rahmen deines Textes finde ich vorher nichts, was diese starke Reaktion wirklich erklärt.
Noch ein paar Anmerkungen:
Eine kühle Brise umspielt seine Backen, während er genüsslich seine Nase rümpft.
Warum ‚genüsslich’? Was ist das für ein Charakter, der hier noch genüsslich über den eigenen Sohn die Nase rümpft, später aber bitterlich (vermutlich über sich selber) weint. Das kann ja schon sein, aber dann müsstest du mMn diese Widersprüchlichkeit auch im Folgenden stärker verdeutlichen.
der Presse eben das gesagt was man so sagtK wenn man groß rauskommen möchte.
Palaver
Ein weiteres Nase rümpfen, dann drückt er den Stummel in der schwarz gefärbten Schale des Aschenbechers aus.
Ein weiteres Naserümpfen …
hatte er seinem größten Coup zu verdanken, ein Mann aus Dresden,
… zu verdanken: Ein Mann aus Dresden, …
Lisa war da anderer Meinung, hatte ihn ständig gebetenK doch etwas mehr Zeit mir ihr zu verbringen. Nur gutK dass sie irgendwann ihre Sachen gepackt hat.
Nun zu deiner Frage in deiner Antwort:
Würde mich freuen wenn mir jemand nochmal erläutern kann, weshalb das hier nicht funktioniert hat
Ich kann natürlich nur für mich sprechen: Für mich hat es nicht funktioniert.
Ich wurde weder unterhalten (das Geringste, was ich von einer KG erwarte) noch zum Nachdenken gebracht. Deine Geschichte löst allenfalls ein Kopfnicken bei mir aus: Ja, die Menschen setzten unterschiedliche Prioritäten und erkennen am Ende ihres Lebens manchmal, dass sie die falschen gesetzt haben. Das ist trivial.
Diese Weisheit erschließt sich aufgrund der sperrigen Art, mit der du deinen Text aufziehst, natürlich erst nach zwei- bzw. mehrmaligem Lesen, aber sie bleibt für mich leider auf dieser recht platten Ebene.
Das wäre gar nicht schlimm, wenn mir die Kurzgeschichte an sich etwas gebracht hätte, wenn sich mir als Leser die Gegensätzlichkeit der beiden und ihrer Lebensentwürfe erst nach und nach und sehr allmählich (am liebsten subtiler) erschlossen hätte, wenn ich mir insgesamt ein differenzierteres Bild von beiden hätte machen können.
Meine Absicht war eben genau das mit dieser Geschichte, die Charaktere genau nicht auszuschmücken, damit sie als universal zu verstehen sind und auf jede beliebige Person zutreffen können. Ich möchte genau diesen "What the fuck?"-Moment am Ende der Geschichte produzieren, der einen dazu verleitet, die Geschichte nochmal zu lesen und diesmal auf die Details zu achten. Ich möchte dass die Geschichte Interpretationsspielraum bietet und eben genau nicht alles glasklar am Ende ist.
Was heißt denn ‚universal’? Als Begründung dafür, dass ich keinen Charakter entwickle, halte ich das für ein fragwürdiges Argument. Das würde ja bedeuten, dass alle Menschen entweder so oder so sind, entweder handeln und denken sie wie der Vater oder wie der Sohn. Das erscheint mir in der Tat eine sehr
universale, undifferenzierte Betrachtungsweise aller Menschen.
Und ja, ich habe beim zweiten oder dritten Lesen auf die Details geachtet. Aber es wurden nicht mehr und sie wurden nicht aussagekräftiger. Das einzige, was sich mir allmählich erschloss, war, dass ich nun besser zuordnen konnte, wer sprach und wer dachte. Ja, ich wusste dann, dass da ein Vater war, der rauchte, die Nase rümpfte, sein Leben Revue passieren ließ und zum Schluss weinte, und ein Sohn, der ganz andere Prioritäten setzte als sein Vater. Aber mehr leider auch dann nicht. Nein, du hast es dir zu leicht gemacht.
Und der Interpretationsspielraum bleibt auch sehr eng, da auch die Aussage des Textes simpel ist (natürlich nur, wenn ich deinen kurzen Text richtig verstanden habe, s.o.).
Und was soll im übrigen nicht glasklar sein an deinem Text? Der Vater Jurist, dem Geld wichtiger war als seine Zeit, als seine Frau, der Sohn Handwerker, dem seine Zeit und seine Familie wichtiger ist als das Geld. Habe ich da Wichtiges überlesen?
Ich bin gespannt auf deine Antwort.
Liebe Grüße
barnhelm