Prinzessin
Prinzessin von Anemos 03/03
„Ein paar Augen wie aus Tausendundeiner Nacht“ denkt Peter, als eine hübsche junge Frau sich mit leichtem Schritt der Bushaltestelle nähert, an der er seit ein paar Minuten wartet. Einen Augenblick länger als üblich schauen sie einander an, dann bricht der Blickkontakt, den Regeln der Höflichkeit folgend, ab. Aber das hindert Peter nicht daran, das Mädchen mit der angemessenen Zurückhaltung weiter zu betrachten. Groß ist sie, schlank und gut proportioniert, und ihre Haltung strahlt Selbstsicherheit und eine gewisse Eleganz aus. Ihre üppigen schwarzen Haare fallen ihr in einem mit mehreren Gummibändern fixierten Strang über den Rücken bis fast zur Taille. Ihr Teint ist ein wenig dunkler als üblich – offenbar ein südeuropäischer Typ. Das Gesicht ist mit wenig Makeup sorgfältig zurecht gemacht, wirkt aber nicht übertrieben. Und da sind diese großen, dunklen und dennoch fröhlichen Augen! Wenn sie ihn streifen, fühlt Peter jedes Mal sein Herz ein paar Takte schneller klopfen! So etwa hat er sich eine arabische Märchenprinzessin vorgestellt.
„Hey – du hast was verloren!“ ruft sie plötzlich, als Peter sich die Nase schnäuzt. Eilfertig bückt sich das Mädchen und hebt die Plastiktüte auf, die ihm beim Herausziehen des Taschentuches wohl mit aus der Tasche gerutscht ist.
„Hier – deine Luftballons!“ lächelt sie ihn an.
„Oh wie peinlich!“ denkt Peter und wird ein bisschen rot. Aber völlig unbefangen hält ihm die Prinzessin die Tüte hin. Als er danach greifen will, blitzt ein schalkhaftes Leuchten über ihr Gesicht und sie zieht den Beutel ein wenig zurück. „Was ist mit dem Finderlohn?“
„Äh – was meinst du denn?“ Peter merkt, wie er nun richtig errötet und versteckt sich noch einmal hinter seinem Taschentuch. Das Mädchen dreht die Luftballontüte in seiner Hand. „Hübsche Ballons sind das – darf ich einen davon haben?“
„Ach so – ja ... natürlich,“ stottert Peter. „Such dir einen aus!“
„12 pc – und 16 Doppelstrich – was bedeutet das?“ fragt sie neugierig.
„Äh – das sind 12 Stück, und die Größe ist 16 Zoll. Ich hab sie mal aus Amerika mit gebracht.
„Hast du was Größeres vor?“ fragt sie weiter, „´ne Feier oder so was?“ Peter schweigt verlegen. Wie soll er auch erklären, dass er hin und wieder ein paar Luftballons in der Tasche hat?
Mit einem Ausdruck kindlicher Vorfreude reißt sie die Verpackung auf und angelt sich mit ihren schlanken Fingern einen leuchtend roten Ballon heraus.
„Danke!“ sagt sie und reicht ihm die Tüte zurück, und dabei huscht wieder dieses freundlich- fröhliche Lächeln über ihr Gesicht, das nicht so recht zu der ansonsten aristokratischen Erscheinung passen will und das Peter so fasziniert.
Einen Augenblick bewegt sie den Ballon unschlüssig in der Hand. „Der ist größer als normal, nicht?“ fragt sie. Peter nickt bestätigend und steckt seine Tüte in die Tasche. „16 Zoll – das sind ungefähr...“ Peter bleib der Rest des Satzes im Halse stecken! Unvermittelt setzt sie den Luftballon an die Lippen und beginnt ihn aufzublasen.
„Mal sehen, wie groß der wird!“ meint sie nach ein paar kräftigen Pustern, dreht den noch weichen Ballon herum, wirft einen Blick auf den Fleck an der Kappe und pustet munter weiter.
„Ach du Scheibenkleister!“ denkt Peter. Aber konnte er denn ahnen, dass diese „Prinzessin“ so unternehmungslustig ist? Und außerdem: Wie hätte er denn die harmlose Bitte um einen Luftballon abschlagen können? Und andererseits: Was kann er sich denn Schöneres vorstellen als ein Bild von einem Mädchen, keine drei Meter vor ihm – und sie pustet und pustet fröhlich diesen Ballon immer weiter auf?
Peter atmet tief durch, um die körperliche Anspannung ein wenig abzuschütteln, die ihn plötzlich umklammert hält. Sie wird es schon nicht übertreiben, versucht er sich zu beruhigen, sie will nur mal sehen, wie groß so ein Sechzehnzöller ungefähr wird – schließlich kriegt man die ja im Alltag selten zu sehen! Und außerdem wird ihr gleich die Puste ausgehen, dann wird sie von selber aufhören, und außerdem muss ja gleich der Bus kommen. Und überhaupt: Eine so gepflegte Erscheinung wird ganz bestimmt nicht aus purem Übermut einen Luftballon platzen lassen...
„Ein wunderschönes Rot – so schön durchsichtig!“ ruft sie und hält sich den Ballon, der nun fast seine Sollgröße erreicht hat, vor´s Gesicht und schaut Peter dadurch an. Dann streckt sie die Arme ein wenig und drückt den Ballon prüfend zwischen den Händen zusammen.
„Ganz schöne Größe – aber da geht bestimmt noch Einiges rein, oder?“ meint sie und schaut Peter fragend an. VOLLTREFFER! Peter spürt, wie er innerlich einknickt. Sie gibt sich nicht mit der Normalgröße zufrieden, sie will es wirklich wissen. Hoffentlich kommt der Bus bald...
Die Prinzessin schaut Peter ein wenig irritiert an, sie spürt, dass da etwas nicht stimmt mit ihm, aber sie kann es nicht verstehen. Langsam hebt sie den Ballon wieder an den Mund, streckt sich dabei und holt tief Luft. Ihr zierlicher Körper kommt dabei verdammt gut zur Geltung! Energisch pustet sie noch ein paar Mal in den Luftballon. Dabei hält sie ihn in der Mitte zwischen den flachen Händen fest. Das ist ungewöhnlich, denn die meisten Menschen behalten eine Hand am Mundstück, erst recht, wenn ein Ballon so groß wird wie dieser. Angst scheint sie überhaupt nicht zu kennen, denn das Ding ist jetzt gut und gern über die vorgesehenen 40 Zentimeter aufgeblasen.
Prüfend schlägt sie mit beiden Händen gegen den großen Ballon, der mit einem satten „Boing“ antwortet. Dann nimmt sie das Mundstück mit beiden Händen, hält ihn vor sich – tatsächlich, da ist schon ein kleiner Halsansatz zu sehen! Übermütig lässt sie quietschend ein bisschen Luft entweichen. Peter läuft eine Gänsehaut über den Rücken.
„Schön schrill, nicht?“ lacht sie ihn an, als sie seine Reaktion bemerkt, und im Augenblick ist aus der aristokratischen Prinzessin eine freche, übermütige Göre geworden.
„Äähhh – ich find´ das Geräusch gar nicht so toll,“ stammelt Peter und versucht, seine Nervosität hinter einem schwachen Lächeln zu verbergen. Darauf grinst die Göre noch ein bisschen frecher, drückt den Ballon gegen ihren Bauch und zieht mit der flachen Hand kräftig darüber. Das klingt so gefährlich nach überstrapaziertem Gummi, dass Peter unwillkürlich zusammen zuckt. Als sie das sieht, wiederholt sie mit einem gemeingefährlichen Grinsen die Prozedur, und Peter möchte auf der Stelle weg laufen!
„Hast du etwa Angst?“ fragt sie, und schaut ihn nun neugierig, fast ein wenig mitfühlend, an.
„Ach was – wie kommst du denn da drauf?“ entgegnet er ein wenig großspurig und versucht, völlig entspannt auszusehen. Aber davon lässt sie sich nicht beeindrucken.
„NA, dann werd´ ich mal noch ein bisschen weiter blasen, der wird bestimmt noch dicker!“ Und sie hebt den Luftballon langsam wieder an den Mund und macht dabei einen Schritt auf Peter zu, dabei schaut sie ihn über den Rand des dicken Riesen an und fixiert ihn mit ihren großen dunklen Augen. Dieses Mal stabilisiert sie den Ballon seitlich mit einer Hand, und das sieht einfach hinreißend anmutig aus! Dann pustet die Prinzessin einen laaangen zischenden Atemzug hinein. Unwillkürlich kneift Peter die Augen zusammen und zieht den Kopf zwischen die Schultern. Aber die Blöße, sich die Ohren zu zu halten, will er sich auf keinen Fall geben!
„Haha – du hast doch Angst!“ lacht sie übermütig und lässt die Hand mit dem Riesen ein wenig sinken. „Warum gibst du das nicht gleich zu? Ist doch okay – ich bin doch kein Unmensch!“ Dann geht sie ein paar Schritte zurück. „Besser so?“ fragt sie und schaut Peter freundlich an.
„Na ja – ein bisschen nervös bin ich schon,“ gibt Peter zu. „Guck doch mal, der ist jetzt WIRKLICH reichlich voll, und die 16 Zoll hat er auch längst erreicht.“
„Ja, der ist wirklich schön,“ meint sie und wedelt mit dem dicken Ballon herum und schaut ihn von allen Seiten an. Dann legt sie die freie Hand dagegen, stützt das Teil mit dem Knie ab und drückt prüfend auf die gespannte Ballonhaut.
„Aber der fühlt sich so stabil an, den kann ich bestimmt zur Birne aufblasen, ohne dass er platzt. Meinst du nicht?“ fügt sie mit einem provozierenden Blick hinzu.
„Äähh – sei vorsichtig – du könntest dir weh tun!“ würgt Peter hervor, aber sie achtet nicht darauf. Und wieder schaut sie ihn über den großen Ballon hinweg an, sie sucht seinen Blick! Dann pustet sie langsam weiter, jetzt in kleinen scharfen, zischenden, kraftbetonten Luftstößen – noch einer – noch einer – und noch einmal! Und jeder scheint Peter einer zuviel, und das zeigt sich auch in seinem Gesicht. Aber der Ballon kriegt einen ordentlichen Hals, und der Körper wird immer noch ein bisschen dicker. Mann, ist das ein riesiges Teil, denkt Peter.
„Ist es schlimm?“ fragt die Prinzessin plötzlich. Offenbar hat sie doch gemerkt, WIE nervös Peter jetzt ist, und sie zeigt sogar eine Spur von Mitgefühl in ihrem schönen Gesicht.
„Was meinst du?“ fragt der zurück, aber seine Stimme klingt unsicher.
„Deine Angst – soll ich aufhören? Oder kannst du es aushalten?“
„Och... jaa... schon noch!“ antwortet Peter gequetscht, „mach ruhig weiter. Aber viel geht da nicht mehr...!“
Wieder wartet sie seine Antwort gar nicht ab, sondern pustet nun mit einigem Krafteinsatz weiter, einen kräftigen Atemzug – dann setzt sie ab, schaut auf den wachsenden Hals, lächelt, dann bläst sie noch einmal, sie schaut Peter unverwandt an, pustet noch einmal, der Hals ist jetzt fast am Ende – noch ein Stückchen dicker ist der Ballon geworden! Heiliger Strohsack! Peter hatte keine Ahnung, WIE GROß diese Dinger wirklich werden können. Noch nie hat er sich getraut, einen Luftballon auch nur annähernd so dick aufzublasen. Und gleichzeitig ist er schwer beeindruckt von der sorglosen und unbefangenen Furchtlosigkeit dieser bildschönen jungen Frau.
„Woah, geil!“ meint die nun, „´ne richtig schöne Birne. Guck mal, der ist DOCH noch ein bisschen dicker geworden, oder nicht?“
„Puh!“ denkt Peter, er dachte schon, sie würde gar nicht mehr aufhören. Aber jetzt muss es doch wirklich genug sein!
„Also – größer wird der jetzt bestimmt nicht mehr,“ meint er und versucht, so etwas wie selbstverständliche Überzeugungskraft in seine Stimme zu legen. „Wenn du jetzt nicht aufhörst, ist er bestimmt kaputt!“
Etwas vorsichtiger als vorhin lässt die Prinzessin den platzeprallen Luftballon gegen ihre freie Hand tippen. Immer noch völlig unbefangen spielt sie mit dem riesigen Ding herum. Und Peter hat zunehmend das Gefühl, dass sie in Wirklichkeit auch mit ihm und seiner Nervosität spielt.
„Soll ich... einfach weiter blasen?“ fragt sie neckisch und grinst ihn frech an. Verdammt. Das hat er ja kommen sehen!
„Soll ich ihn PLATZEN lassen?“
„Oh Scheiße, bitte nicht, nicht jetzt, nicht hier, nicht so nah...“ möchte er am liebsten rufen, aber stattdessen reißt er sich zusammen und stößt erleichtert hervor: „Da kommt der Bus!“
„Oh...!“ grinst die Prinzessin nur – und lässt die Luft rasselnd und rülpsend aus dem Ballon entweichen. Wieder liegen ihre Hände seitlich an der schrumpfenden Kugel, und es sieht so aus, als genieße sie die sinnliche Berührung des immer weicher werdenden Ballons.
„Meine Güte, war der riesig! Das war ganz schön leichtsinnig von dir,“ meint Peter nach einem Seufzer der Erleichterung. „Wenn so ein strammes Teil dir ins Gesicht platzt, kann das manchmal ganz schön weh tun.“
„Ach was!“ antwortet die Prinzessin nur mit einem Abwinken, „ich hab´ das schon oft gemacht. Wenn man es richtig macht, kann überhaupt nichts passieren.“
„Donnerwetter!“ meint Peter bewundernd, „du kannst es wirklich, was? Wieso hast du überhaupt keine Angst vor dem Knall – so dicht vor´m Gesicht?“
„Ach – Luftballons halten meistens viel mehr aus, als man ihnen normalerweise zutraut. Und wenn einer platzt – na und? Dann nimmt man eben einen neuen!“
Und nachdem sie eingestiegen sind und sich einander gegenüber gesetzt haben, greift die Prinzessin mit einem aufreizenden Lächeln in ihre Jackentasche und hält den Luftballon in der Hand.
„Übrigens – beim zweiten oder dritten Aufblasen wird ein guter Luftballon meistens noch ein ganzes Stück größer,“ sagt sie und schaut Peter erwartungsvoll an.
„Soll ich es dir zeigen?“
Prinzessin (2) von Anemos 04/03
„Aber doch nicht hier und jetzt!“ ruft Peter erschrocken und reißt die Augen weit auf. Die Prinzessin hat die Hand mit dem Luftballon halb zum Mund geführt und sich zum Luftholen aufgerichtet. Doch dann hält sie inne. Wieder scheint sie Peter unglaublich intensiv zu beobachten. Der bewegt nervös die Hände, weiß nicht, wohin er gucken soll und sein Herz schlägt mindestens hundertachtzig! Und er kann die Füße nicht still halten – es ist, als bereite er sich auf die Flucht vor.
„Okay – du hast Recht!“ meint sie und steckt den Luftballon wieder in die Tasche. Dabei lächelt in sich hinein, als sie sieht, wie Peter eine ganze Wagenladung Steine vom Herzen fällt. „Nicht hier und nicht jetzt.“ Und nach einer kleinen Pause und einem sehr direkten Blick in Peters Gesicht: „Aber ein andermal?!“
Und wieder freut sie sich diebisch an der Unsicherheit, die sie mit dieser Frage bei dem eigentlich doch ganz normal wirkenden jungen Mann auslöst. Peter antwortet nicht. Mit einem Seufzer schaut er aus dem Fenster.
„Fährst du zur Uni?“ fragt sie und wechselt damit das Thema. „Du siehst so aus, als wärest du ein Student.“
„Ja – ich studiere Maschinenbau.“ Peter erzählt ein bisschen von sich und ist nach wenigen Sätzen nicht mehr so angespannt. Interessiert und offen schaut er dabei sein Gegenüber an. Die Prinzessin hat nun ihr übermütiges Wesen abgelegt. Heiter und dennoch geistreich erzählt sie von ihrem Studium, von ihrer Komilitonin, und von ihrer Wohnung, die sie sich mit ihr teilt. Und Peter ist zunehmend begeistert von der unbefangenen Schönheit dieser jungen Frau. Soll er sie wohl fragen, ob sie sich wieder treffen können?!
Doch auf einmal blitzt ihr wieder der Schalk aus allen Knopflöchern, als sie unvermittelt fragt: „Ich möchte doch noch mal auf vorhin zurückkommen: Wieso schleppst du eigentlich Luftballons mit dir herum, wenn du doch eigentlich Angst davor hast?!“
Peter hat damit gerechnet, dass er diese Frage früher oder später einmal würde beantworten müssen, und die Antwort kommt ziemlich sicher: „Ich sammele die Dinger – wie andere Leute Briefmarken oder Bierdeckel, oder so.“
„Originell! Hast du eine richtige Sammlung – mit Ordnungssystem, oder so?“
„Nee – ich habe ´ne große Kiste, in der liegen verschieden Plastiktüten. Eine richtige Ordnung habe ich da nicht drin.“
„Ach - “antwortet die Prinzessin, „aber wie kommst du ausgerechnet auf Luftballons?“
Auch darauf hat Peter eine gute Antwort parat: „Überleg mal – es gibt eine unglaubliche Vielfalt bei Luftballons. Tolle Farben, unterschiedliche Reklameaufdrucke, ganz verschiedene Größen und Qualitäten – trotz der industriellen Massenherstellung ist jeder Luftballon gewissermaßen ein Unikat. Es gibt ein paar tolle Formen, das Material fühlt sich gut an, sowohl im unaufgeblasenen als auch im aufgeblasenen Zustand – es hat sogar ganz unterschiedliche Gerüche, je nach Gummimischung oder Alter... und es weckt Kindheitserinnerungen...!“ Aber bei den letzten Worten ziehen sich die Augenbrauen von Peter ein wenig zusammen.
„Nicht nur angenehme, wie mir scheint?“ fragt die Prinzessin, beugt sich ein wenig vor und berührt Peter leicht an der Hand, die dieser am Fensterrahmen liegen hat. Im ersten Augenblick ist er erschrocken über so viel Nähe angesichts der Schönheit, die ihm da gegenüber sitzt, aber dann freut er sich über diese einfache Geste. „Ich hab´ als Kind auch immer Angst vor dem Knall gehabt,“ gesteht die Prinzessin mit einem leisen Lächeln. „Aber später war mir das dann egal. Und seitdem sind Luftballons einfach ein Stück Lebensfreude für mich!“
„Genau! Das sind sie auch für mich – trotz der Angst, die ich irgendwie aus der Kindheit übrig behalten habe!“ Peter erwacht aus seiner Erstarrung und ergreift ganz langsam die Hand der Prinzessin und umspielt sie vorsichtig mit seinen Fingerspitzen. Überrascht schaut sie auf ihre beiden Hände, dann Peter wieder ins Gesicht.
„Ich möchte dich noch etwas fragen, wenn es dir nichts ausmacht, aber ich bin jetzt neugierig geworden, und da lasse ich nicht so schnell locker.“ Energisch fasst sie nun nach Peters Hand und hält sie fest. „Bläst du deine Luftballons manchmal auch auf – trotz der Angst, die wahrscheinlich damit verbunden ist?“
„Ja... schon...“ gibt Peter zu, „aber ich bin immer ziemlich vorsichtig dabei!“
„Aber dann verpasst du doch eigentlich das Beste! So richtig schön wird ein Luftballon doch erst, wenn er groß, prall und glänzend ist, mit einer leichten Birnenform.“ Die Prinzessin spürt in ihrer Hand, wie Peters Anspannung wieder steigt.
„Da hast du leider Recht,“ antwortet Peter mit einem leichten Seufzer, „ich habe mich noch nie getraut, einfach so den Hals mit aufzupusten, wie du das eben gemacht hast. Das war ganz schön eindrucksvoll!“
„Ahh jaa! Du hast so intensiv zugesehen, dass ich mir schon gedacht habe, dass es da eine tiefer gehende emotionale Komponente geben muss!“
Peter schweigt betroffen, macht eine abwehrende Handbewegung.
„Na hör mal,“ fährt die Prinzessin nun in beruhigendem, versöhnlichem Tonfall fort, „das war ja auch schon ein ziemlich großer – kein Wunder, dass du Angst gekriegt hast. Und genau damit habe ich ja wohl auch ein bisschen gespielt – bist du deshalb sauer auf mich?“
„Wie könnte ich sauer auf dich sein? Du hast doch genau das getan, was ich mich nicht traue, und ich fand das ... äh ... sehr schön!“
„Ich auch...!“ Und nach kurzer Pause fügt sie hinzu: „Ich möchte wirklich zu gern ausprobieren, WIE GROß dieser hier beim zweiten oder dritten Aufblasen wird!“ Wie aus dem Nichts hat sie wieder den etwas ausgeleierten Roten von eben in der Hand. „Keine Sorge – nicht hier und nicht jetzt – versprochen! Aber – interessiert dich das nicht auch?“
„Ach... äh... eigentlich schon!“ stammelt Peter, und um jetzt überhaupt etwas Vernünftiges zu sagen, fügt er hinzu: „Ich habe zu Hause übrigens noch größere.“
„Oh...!“ meint die Prinzessin nur und lächelt Peter an. Sie wartet, dass da noch etwas kommen muss. Ihr Lächeln wird um eine Spur breiter.
Peter räuspert sich umständlich. „Was meinst du – könnten wir uns vielleicht mal wieder sehen?“
„Oh ja, gern,“ antwortet dir Prinzessin, und wieder wartet sie ab. Der Bus nähert sich dem Universitätsgelände, Peter muss gleich aussteigen. Er gibt sich einen Ruck: „Heute abend um 19.00 bin ich wieder hier. Wäre es dir recht, wenn wir dann ein bisschen spazieren gehen?“
„Ja, das passt mir gut.“ Peter steht auf. „Wir sehen uns!“ Die Prinzessin stubst ihn noch einmal kurz an und sagt: „Und dann darf ich ausprobieren, WIE groß deine Luftballons WIRKLICH werden, ja?“
Arrgh! Peter schüttelt sich. Die Prinzessin lacht ihm nach. „Du brauchst dich ja nicht direkt daneben zu stellen!“ Peter steigt aus. Der Bus rollt wieder an. Die Beiden winken einander zu, als wären sie schon lange miteinander vertraut.
Bei seiner Arbeit in den Vorlesungen und Seminaren des heutigen Tages kann Peter sich nur schwer konzentrieren...!
Prinzessin (3) von Anemos 06 / 03
Schließlich ist das letzte Seminar dieses Tages zu Ende, und Peter geht mit einiger Aufregung und – ja – Vorfreude durch das Uni- Gelände zu seiner Bushaltestelle. Als ihm die Prinzessin unerwartet entgegen kommt, macht sein Herz einen kleinen Sprung, und er kann es kaum fassen: Mit so einer Schönheit hat er ein Date?! Auch ihre Augen leuchten auf, als sie Peter erblickt, und wieder strahlt dieses eigentümliche, würdevolle und doch zugleich unternehmungslustige Lächeln aus ihrem Gesicht.
„Hallo Peter!“, grüßt sie ihn wie einen alten Bekannten, dabei nimmt sie ihn flüchtig und wie selbstverständlich in den Arm und lehnt ihren Kopf an seinen an. Peter steht wie vom Donner gerührt, und ehe er reagieren kann, hat sie sich wieder von ihm gelöst und fängt an zu reden:
„Merkwürdig – wir kennen uns kaum, aber ich hab´ mich den ganzen Tag auf dich gefreut! Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist...“
Nebeneinander schlendern sie durch die Betonwüste, die hier und da von spärlichem Grünzeug unterbrochen wird. Fast selbstverständlich hat die Prinzessin sich an Peters Arm eingehakt, und beide genießen den leichten und dennoch verheißungsvollen Körperkontakt.
„Vielleicht bist du einfach nur neugierig auf den komischen Kerl, der einen Luftballonfimmel hat?“ versucht Peter seine aufwallenden Gefühle mit einem Scherz zu überspielen.
„Ach ja – die Luftballons!“ grinst sie ihn an, aber dann fährt sie fort: „Nein, das ist es nicht. Ich habe mich heute morgen bei unserer Unterhaltung auf der kurzen Fahrt von der City zur Uni einfach so wohl in deiner Nähe gefühlt wie lange nicht mehr...ach, ich weiß auch nicht...!“ Und wieder schenkt sie ihm dieses bezaubernde Lächeln aus den warmen dunklen Augen, die Peter fast die Knie weich werden lassen. Er räuspert sich.
„Verstehe ich nicht,“ meint er, „aber mir ging es genau so. Ich habe während der Vorlesungen und beim Praktikum immer wieder an dich denken müssen – manchmal mit ein bisschen Herzklopfen – aber ich habe mich gefreut auf heute Abend. Und nun bist du tatsächlich da...“
„Herzklopfen?“ lacht sie ihn an und setzt sich unvermittelt auf ein kleines Mäuerchen. „Wegen dem hier?“ Dabei wedelt sie mit dem etwas zerknautschten Luftballon herum und schaut Peter voll an, der mit einem Schlag seine lockere Haltung verliert und langsam erstarrt.
„Komm, setz dich zu mir,“ lockt ihn die Prinzessin, und ihr Lächeln wird noch ein wenig süßer als zuvor. „Wir wollten doch probieren, ob der Luftballon beim zweiten Aufblasen noch ein bisschen dicker wird!“ Bei dieser Ankündigung schüttelt sich Peter innerlich, aber er nimmt sich zusammen und setzt sich neben die Prinzessin auf das Mäuerchen.
Beim ersten Luftstoß bläst sie noch ganz langsam, dabei schaut sie Peter voll ins Gesicht. Ihre dunklen Haare glänzen im milden Licht der Abendsonne wie von kleinen goldenen Fünkchen durchsetzt. Ihr feines Gesicht hat einen leicht spöttischen Ausdruck, als sie sieht, wie Peter nervös zu werden beginnt. Aber dann dreht sie sich geradeaus und bläst mit langen, gleichmäßigen und kraftvollen Atemzügen den Luftballon auf, der sich bald in strahlendem Rot zu einem beachtlichen „Ei“ rundet. Dieses Mal redet sie nicht lange herum, sondern bläst mit beinahe maschinenartiger Gewalt den Ballon immer weiter und weiter auf. Als er die Sollgröße erreicht, also kurz bevor sich der Hals zu bilden beginnt, hält Peter es nicht mehr aus – soviel brutale Kraftentfaltung direkt neben ihm kann er nicht länger ertragen.
Als hätte sie seine Empfindungen gelesen, unterbricht die Prinzessin kurz, schaut ihn an und sagt: „Du kannst ja ein Stück weg gehen, wenn du´s nicht mehr aushältst!“ Dann pustet sie ohne Zögern weiter – mit langen, tiefen Atemschüben, die den Ballon jedes Mal sichtbar ein Stückchen wachsen lassen.
Peter ist aufgestanden. „Eigentlich will ich gar nicht weg von dir – ich möchte gern bei dir bleiben!“ Und als er sich dann in Bewegung setzt und sich ein paar Schritte entfernt, ärgert er sich: „Aber ich kann nicht!“
„Du kannst ja gleich wieder kommen, wenn ich fertig bin!“ meint die Prinzessin, lächelt ihn ermutigend an und pustet weiter. Der Hals beginnt sich auszubilden. Peter ist stehen geblieben. Ohne seine Augen von dem Schauspiel abzuwenden, dass ihm da geboten wird, beginnt er vor Anspannung zu zittern. Der Luftballon ist mittlerweile riesig groß, er hat wieder diese eigenartig gefährliche und zugleich verlockend schöne Birnenform angenommen, und immer noch bläst die Prinzessin munter weiter.
„Ehh – hör auf! Du tust dir weh, wenn der platzt!“ ruft Peter besorgt. Und nach einem weiteren langen Puster noch einmal: „Hör auf! Das ist genug!“
„Ja, gleich!“ antwortet die Prinzessin ungerührt und holt wieder tief Luft und bläst weiter. „Ich denke auch, es ist bald genug!“ Aber noch einmal pustet sie einen langen Atemschub in den riesigen Ballon, der in der Tat um Einiges größer ist als heute morgen an der Bushaltestelle.
„So – fertig!“ strahlt sie und dreht das Mundstück ein wenig zu, damit keine Luft entweicht. Am ausgestreckten Arm betrachtet sie ihr Werk. „Na, was sagst du?“ fragt sie und geht langsam auf Peter zu. Der möchte am liebsten zurückweichen, aber er bleibt stehen. Gebannt schaut er in das Gesicht dieses wunderschönen Mädchens, das da auf ihn zu kommt. Und die Prinzessin ist sich ihrer Wirkung durchaus bewusst: mit winzigen Bewegungen unterstreicht sie die Weiblichkeit ihres Auftritts.
„Soll ich ihn zubinden... oder weiter probieren, ob er noch größer wird?“ fragt sie und grinst dabei provozierend.
„Ähh – Luft ablassen ist wohl kein Option, wie?“ fragt Peter mit leicht verunsicherter Stimme.
„Na schön!“ Einen winzigen Zischer lässt sie aus dem Mundstück, dann macht sie mit flinken Fingern einen Halbknoten hinein. Dabei quietscht es ein paar Mal so grauslich, dass Peter die Nackenhaare zu Berge stehen.
„Da!“ ruft die Prinzessin und schubst Peter den prallen Luftballon unvermittelt zu. Peter beeilt sich, den Riesen aufzufangen, ehe er auf das raue Verbundpflaster fällt. Nervös und äußerst vorsichtig hält er das Riesenteil zwischen den ausgestreckten Händen. Beinahe hart wie ein Wasserball ist die Oberfläche des Ballons. Sie fühlt sich eigentlich recht stabil an, aber man weiß ja, wie unvermittelt ein Luftballon platzen kann... Peter weiß jetzt überhaupt nichts damit anzufangen.
„Na los!“ ruft die Prinzessin übermütig und schlägt ihm den Ballon von unten aus den Händen. „Playtime!“ Mit Schwung schlägt sie den Ballon hoch in die Luft. „Du fängst ihn!“ meint sie dann und bleibt einfach stehen. Langsam schwebt der Luftballon wieder herunter, ein leichter Windhauch hat ihn um ein paar Meter versetzt. Peter läuft hinterher und fängt ihn wieder mit einiger Vorsicht auf. Dann wirft er ihn selbst wieder hoch und die Prinzessin beeilt sich, ihn zu erwischen, bevor er in ein Beet mit Zierbüschen abgetrieben wird.
„Hiergeblieben!“ ruft sie energisch, und dann fallen Peter fast die Augen aus dem Kopf: spielerisch nimmt sie den Prallemann in beide Arme und drückt ihn sanft an sich.
Als sie ihn wieder hoch in die Luft schlägt, wird er plötzlich von einer Böe erfasst und in einen Aufwind gezogen, der sich zwischen den Gebäuden gebildet hat. Rasch steigt der Ballon und wird dann unvermittelt über das Dach abgetrieben.
„Ohh – schade!“ mault die Prinzessin und schaut wie Peter dem verschwundenen Ballon nach. Aber während Peter eigentlich froh ist, dass die Gefahr eines möglicherweise SEHR lauten Knalls womöglich in seiner unmittelbaren Nähe endlich vorüber ist, tritt die Prinzessin schon wieder mit diesem kindlich- fröhlichen Schritt auf ihn zu und fragt: „Duu?“ Und dabei lächelt sie ihn mit ihrem bezauberndsten Gesicht an, das Peter je gesehen hat, und er ahnt, was jetzt kommt: „Hast du wohl noch deine Tüte mit den Luftballons dabei?“
Prinzessin (4) von Anemos 07/03
„Ääh – ja, doch!“ Ein schiefes Grinsen erscheint auf Peters Gesicht. Aber dieser harmlos klingenden Anfrage kann und will er sich jetzt nicht entziehen. Bereitwillig kramt er in seiner Tasche und holt die Plastiktüte mit den Luftballons hervor. „Willst du noch einen?“
„Na klar, immer her damit!“ ruft die Prinzessin fröhlich, „ich blase manchmal gerne Luftballons auf, und mit den großen da macht es noch mehr Spaß...“ Dann zieht sie einen Luftballon aus der Tüte. Und als sie Peters unsichere Miene sieht, fügt sie rasch hinzu: „Mach doch einfach mit!“
Und schon reckt sie den Ballon einmal kräftig und fängt an, ihn ohne lange Umstände aufzupusten. Wieder bläst sie mit langen und kraftvollen Atemzügen, die den Luftballon ziemlich schnell wachsen lassen.
Peter weicht ein paar Schritte zurück, aber er zögert nicht lange – auch er fängt an, einen Luftballon aufzublasen. Entschlossen konzentriert er sich auf seinen Atem, er versucht, das Mädchen zu ignorieren, das natürlich einen ziemlichen Vorsprung hat. Aber Peter ist in guter körperlicher Verfassung, und sein Ballon wird rasch dicker, er holt auf.
Die Prinzessin hat ihren Luftballon jetzt auf Normalgröße aufgeblasen – ein schöner, tropfenförmiger Ballon von knapp 40 Zentimeter Durchmesser, vielleicht 50 Zentimeter lang. Sie setzt ihn ab und betrachtet ihn. Dann schaut sie zu Peter hinüber, der immer noch kräftig pustet und gerade die gleiche Größe erreicht. Peter wirft ihr einen kurzen Blick zu, dann kneift er die Augen fest zusammen und bläst kraftvoll weiter – ein, zwei, dreimal mit voller Lungenkapazität, und das ist nicht wenig. Aber als er spürt, wie sich der Hals bildet und gegen seine Finger zu drücken beginnt, gibt er auf. Erschrocken über seinen eigenen Mut streckt er beide Hände mit dem großen Luftballon weit von sich und schaut das Ding an.
Die Prinzessin bricht in schallendes Gelächter aus, als sie Peter so verkrampft da stehen sieht, und der ärgert sich wieder einmal über sich selbst. „Du brauchst dir noch keine Sorgen zu machen,“ ruft sie ihm dann aufmunternd zu, „da kannst du noch mindestens fünfmal reinblasen, bevor er wirklich platzt!“
„Aarrgh! – Ich werd´ mich hüten!“ ruft Peter erschrocken. Glaubt diese Verrückte denn wirklich, er könnte das so einfach tun?!
„Also – meiner ist jetzt etwas kleiner als deiner, und ich werde jetzt genau siebenmal da reinpusten, und ich wette, dass er dann noch heile ist – und dann darf ich mir was wünschen, okay?“
„Meinetwegen!“ stimmt Peter leichtfertig zu. Aber als er das hinterhältige Grinsen auf dem Gesicht der Prinzessin sieht, die im Augenblick wieder jedes bisschen von ihrer aristokratisch- edlen Erscheinung verloren hat, wird ihm mulmig. Und es scheint so, als warte sie genau darauf, dass dieser Eindruck bei Peter „ankommt“ – dann holt sie tief Luft und bläst einen langen Atemzug nach dem anderen in ihren Luftballon, der allmählich einen schönen langen Hals bekommt und gleichzeitig immer dicker wird.
...vier, fünf... Peter zählt angespannt mit. Obwohl er ein ziemliches Vertrauen in dieses Mädchen hat, was den Umgang mit Luftballons angeht, und das sinnliche Bild von Kraft, Anmut, Unbefangenheit und Selbstsicherheit in sich aufsaugt, spürt er, wie ihm die Panik zwischen die Schultern kriecht. Längst möchte er sich die Ohren zu halten, aber er hat ja selber einen ziemlich dicken Ballon in der Hand. Und ein bisschen ist er auch stolz darauf, dass er ihn so groß aufgepustet hat, dass er einen kleinen Hals hat, und deshalb will er nicht einfach die Luft ablassen – und außerdem: wie lächerlich sähe das denn vor seiner neuen Bekannten aus, wenn er sich die Finger in die Ohren stecken würde?
„... sechs!“ ruft die Prinzessin und hört endlich auf. Peter ist so erleichtert – er hat zuletzt vergessen, zu atmen und holt nun tief Luft. Der Hals ist erstaunlich lang geworden, der Luftballon selbst ist wieder riesig groß, prall und glänzend. Aber gottseidank – jetzt scheint es auch der Prinzessin genug zu sein, sie inspiziert den Riesen gründlich und von allen Seiten. Peter kann nur mit Mühe hingucken, und er muss sich zwingen, stehen zu bleiben und nicht weg zu laufen. Aber da ist etwas, das ihn hält – etwas, das wesentlich stärker ist als seine alberne Angst – eine Hingezogenheit zu dieser Prinzessin, eine Zuneigung, die fast so selbstverständlich gewachsen ist wie die Luftballons. Peter spürt plötzlich die Macht dieser Anziehungskraft, die von dem selbstsicheren Lächeln der Prinzessin ausgeht.
„Der ist immer noch im sicheren Bereich – ich kann noch mindestens drei mal. Aber erst mal noch einen für die Wette... und dann kann ich mir was wünschen!“ Und schon zieht sie den Hals ein wenig zwischen den Fingern lang, mit denen sie ihn zu hält. Dann holt sie wieder tief Luft – sie hält einen winzigen Augenblick inne und lacht kurz über Peters verkniffenes Gesicht – dann bläst sie kraftvoll noch einmal – zweimal in den nun wirklich bis zum Anschlag aufgeblasenen Luftballon hinein. Zufrieden lächelnd dreht sie das Ende des Mundstückes ein paar Mal ab.
„Schöne stabile Dinger sind das,“ meint die Prinzessin, aber Peter entgegnet: „Oh nee, oh nee – der sieht so aus, als würde er jeden Moment von allein platzen, und das würde mir, glaube ich, gar nicht so gut gefallen!“ und dabei zieht er ein äußerst bedenkliches Gesicht. Doch die Prinzessin lacht wieder kurz und schüttelt nur den Kopf: „Ein paar Mal könnte ich da bestimmt noch reinpusten, aber ab jetzt wird´s dann wirklich kritisch – hey, entspann dich! Ich mach´s ja nicht! Der hält das wirklich aus – wenn er nicht an was Spitzes kommt! Und ich verspreche, dass ich vorsichtig bin, okay?“ Peter WILL das nur zu gern glauben, und ganz allmählich gewinnt die Hoffnung die Oberhand über die Panik, dass der gefährlich prall aussehende Luftballon vielleicht doch noch eine Weile heil bleiben könnte.
„Und jetzt darf ich mir was wünschen!“ ruft die Prinzessin, dabei geht sie auf Peter zu und schaut ihn mit großen Augen an. Dabei hält sie den Riesenballon mit beiden Händen auf ihren Rücken. Ganz nah steht sie jetzt vor Peter, fast kann er ihre körperliche Wärme spüren, da hält sie inne, streicht sich mit einer Hand die Haare hinters Ohr und sagt mit einem unglaublich verführerischen Zungenschlag: „Ich möchte, dass du deinen Luftballon noch ein bisschen weiter aufbläst.“ Und als sie das erschrockene Gesicht von Peter sieht, setzt sie hinzu: „Ich sehe dir an, dass dir diese dicken Dinger genau so gut gefallen wie mir, und ich weiß, dass du dich für deine alberne Angst schämst, und genau deshalb möchte ich, dass du dich ihr stellst. Einverstanden?“ Peter nickt nur, er ist peinlich berührt, dass ihn die Prinzessin so rasch auf seinen wundesten Punkt hin geführt hat. „Vertraust du mir?“ setzt sie hinzu. Wieder nickt Peter, und dann sagt die Prinzessin mit einer Stimme, die Eisberge zum Schmelzen bringen könnte: „Ich wünsche mir, dass du noch genau drei volle Atemzüge in deinen Ballon drückst!“
„Aber...!“ will Peter antworten, doch da drückt sie ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund. Und dann tritt sie rasch zwei Schritte zurück. „Wenn du fertig bist, gibt´s mehr – und jetzt los!“
Peter schaut sich seinen Luftballon an. Am Halsansatz ist eine kleine Beule zu erkennen. Nach seinen bisherigen Vorstellungen ist der Ballon damit gänzlich voll, kann eigentlich gar nicht mehr wachsen und die Tülle kann allenfalls zur Not noch ein bisschen Luft aufnehmen – aber er hat heute schon mehrfach erlebt, dass das so wohl nicht stimmt. Also holt er entschlossen Luft und pustet einen kräftigen, langen Atemzug in seinen Ballon. Dabei spürt er, wie der Hals wächst. Aber... na gut – dann wird er eben den Hals mit aufblasen, es scheint ja wohl zu gehen. Ein zweiter Atemzug lässt den Hals weiter in seine Hand schwellen – das fühlt sich verdammt geil an, denkt Peter einen Augenblick.
„Sofort weiter, nicht absetzen, es geht noch, glaub mir!“ ruft die Prinzessin, und tatsächlich: Peter schafft es noch einmal, einen vollen Atemzug in den nun schon sehr prallen Luftballon zu pressen. Zuletzt ging das spürbar schwerer, und der Rest von der Tülle scheint jeden Moment aus den Fingern flutschen zu wollen. Aber er hält tapfer fest. Erst jetzt macht er die Augen wieder auf und schaut sich sein Ergebnis an. Frech lächelnd hält die Prinzessin ihren Ballon daneben. Und kaum zu glauben: Ihrer ist doch noch ein bisschen größer als Peters, der Hals ist länger und auch der Körper ist noch ein bisschen dicker.
„Hey, das hast du gut gemacht!“ lobt die Prinzessin, und dann umarmen sich die Beiden, jeder hält seinen dicken Ballon hinter den Rücken des anderen, und sie schauen einander in die Augen, die Ballons bumpern ihnen sachte gegen den Rücken, und da ist plötzlich ein ganz sanfter Ausdruck auf ihrem Gesicht und Peter spürt nur noch, wie er voller Zärtlichkeit dieses wunderbare Mädchen an sich drückt, wie sie ihm mit der freien Hand in den Nacken greift und ihre Lippen sich in einem wundervollen Kuss finden...
Fast gleichzeitig beginnt die Luft aus den beiden Luftballons zu zischen, fast gleichzeitig lassen die beiden sie los und sie schnurren durch die Gegend – weil sie für die nächsten Minuten beide Hände brauchen, um einander heftig und verlangend zu umarmen...
„Ich habe noch einen Wunsch!“ murmelt die Prinzessin mit einem wohligen Seufzen. Peter antwortet nur mit einem atemlosen „Hmm?“
„Ich möchte gerne deine Luftballonsammlung sehen – du hast gesagt, du hast noch größere?“
Prinzessin (5) von Anemos (09/03)
„Hübsch hast du´s hier!“ meint die Prinzessin, als sie sich in der aufgeräumten Junggesellenbude von Peter umsieht. „Und wo hast du deine Luftballonsammlung?“ Peter holt hinter einem Vorhang aus einem Regal einen größeren stabilen Karton hervor. Mit erwartungsvoll glänzenden Augen sieht die Prinzessin zu, wie Peter den Deckel hebt. Dann schiebt er ihr den Karton über den Tisch zu.
„Wow, sind das viele!“ staunt sie und greift mit beiden Händen in den Karton und holt ein paar der Plastiktüten heraus. Da sie nur lose zusammengerollt waren, öffnen sie sich teilweise.
„Ist das schlimm, wenn ich jetzt deine Sammlung durcheinander bringe?“ fragt die Prinzessin mit einem schelmischen Lächeln.
„Ach was!“ entgegnet Peter, „Schau sie dir von mir aus alle an. Jeder von denen hat eine eigene kleine Geschichte, die ich dir erzählen könnte - ich weiß noch ziemlich genau, wo ich die her habe, welche Qualität sie haben und auch, was sie teilweise gekostet haben...“
„Ach du lieber Himmel!“ ruft die Prinzessin plötzlich, als sie einen wohl kuchentellergroßen dunkelblauen Luftballon mit dem Aufdruck der Kontinente erwischt.
„Kann man so einen überhaupt mit dem Mund aufblasen?“ Irritiert schaut sie das weite Mundstück an, formt es zu einem Ring und führt es andeutungsweise zum Mund.
„Wenn man genug Zeit hat, schon,“ antwortet Peter. „Für so einen brauche ich länger als eine halbe Stunde.“
„Und wie groß ist der dann - oder genauer: wie groß soll so ein Ding werden?“ Dabei grinst sie wieder schelmisch und vielsagend.
„Du hast mich wohl ganz gut durchschaut, wie?“ fragt Peter und lächelt nun über sich selbst. „Aber du hast Recht: Angegeben sind diese Dinger mit 2 Meter Durchmesser, aber dafür reicht weder meine Ausdauer noch der Platz in dieser Bude hier.“
„Und dein Mut, schätze ich,“ ergänzt die Prinzessin.
„Vielleicht,“ muss Peter zugeben, „aber da gibt es noch ein paar Gründe. Erstens sind einige große Ballons ziemlich teuer - als Sammlerstücke vergleichbar mit Porzellantassen, die man auch nicht jeden Tag benutzt. Und zweitens kriege ich ganz schnell Ärger mit meinen Nachbarn, die sind nämlich sehr pingelig - horch mal, wenn wir leise sind, kann man den Fernseher nebenan hören, und der ist nicht besonders laut...“
„Hehe, du hast Recht. Und ich dachte, wir könnten jetzt in aller Ruhe ein paar von diesen schönen Ballons aufblasen.“ Dabei wühlt sie weiter in den gesammelten Werken von Peter herum, nimmt hier und da mal einen in die Hand und betrachtet ihn näher.
„Können wir doch auch,“ antwortet Peter, „wir sollten es nur nicht knallen lassen!“ Dabei ist er ganz froh, dass er nun einen „vernünftigen“ Grund hat, es nicht zu übertreiben. Doch diese Hoffnung erweist sich augenblicklich als trügerisch.
„Dafür kann ich aber nicht garantieren!“ grinst die Prinzessin und lehnt sich nun mit einem schönen gelben Ballon mit aufgedruckten Sternen zurück und fängt an, ihn aufzupusten. „Und gerade solche großen Luftballons sind doch wohl dazu da, richtig schön groß aufgeblasen zu werden, oder nicht?“ Und mit fröhlicher Entschlossenheit macht sie weiter.
Peter schluckt, aber außer einem „Äh... na ja...“ bekommt er nichts heraus. Die Prinzessin schaut ihn kurz an und macht weiter. Peter versucht, auf seinem Sessel ruhig sitzen zu bleiben - dass er schon jetzt hochgradig aufgeregt ist, muss sie ja nicht gleich mitkriegen.
Als sie eine Pause macht, schaut sie Peter lächelnd an, und wieder tanzen diese Fünkchen von Übermut in ihren dunklen Augen: „Aber dabei KANN es doch mal vorkommen, dass einer platzt, oder?“
Wieder gibt Peter sich Mühe, äußerlich ruhig zu bleiben. „Ist mir auch schon passiert,“ gibt er zu, „aber noch nie mit voller Größe, sondern gewissermaßen als Unfall auf halbem Wege.“
„Und? - Wie ist das dann für dich?“
„Irgendwie enttäuschend - eigentlich wünsche ich mir, dass ein Luftballon möglichst groß wird - oder wenigstens werden KÖNNTE.“ Peter räuspert sich. Er ahnt, dass die Prinzessin mit ihm spielt, aber er weiß nicht, wohin das nun führen wird. Kann sie sich seinen vernünftigen Argumenten anschließen, oder wird sie in ihrem spielerischen Übermut womöglich den Riesen überstrapazieren, der auch bei normalem Aufblasen wohl einen Meter groß werden kann, und der inzwischen schon eine eindrucksvolle Größe erreicht hat?
Die Prinzessin bläst gleichmäßig und kraftvoll weiter, der Ballon wächst und wächst. Aber jetzt beobachtet sie Peter intensiv mit ihren großen dunklen Augen, der Blick hält ihn fest, denn seine widerstreitenden Gefühle - Spannung, Erregung, Angst, aber auch die Möglichkeit, sich auf dieses Mädchen einzulassen, die Kontrolle aufzugeben, Freude, ja, Lust bringen ihn fast um den Verstand. Schließlich rutscht er doch unruhig auf der Sesselkante hin und her.
„Die Sollgröße von dem da...“ beginnt er, aber die Prinzessin unterbricht ihn beinahe streng: „Erzähl mir jetzt nichts über Sollgröße - ich bestimme selber, wie groß der hier werden soll.“ Dabei hat sie den mächtigen Ballon abgesetzt und von der Seite inspiziert. Mit der freien Hand drückt sie ihn kräftig gegen ihren Bauch.
„Siehst du? Noch ganz weich!“ sagt sie lächelnd, während Peter den Kopf zwischen die Schultern zieht. „Und der SOLL noch größer werden!“ Mit neuer Energie bläst sie nun weiter den Ballon auf. „Der wird aber ´ne ganze Ecke größer als der heute Nachmittag, nicht?“
„Ja...“ antwortet Peter, und dann hält er den Mund. Sie wird ja doch nicht auf ihn hören, und obwohl ihm inzwischen eigentlich danach ist, wird er nicht um „Gnade“ betteln, nicht jetzt...
Aber schließlich hält er es nicht mehr aus und steckt die Finger in die Ohren. Als hätte sie darauf gewartet, hört die Prinzessin auf. Wieder prüft sie den inzwischen riesigen Luftballon mit der flachen Hand, dann schaut sie Peter an und wartet, lächelt ihn aufmunternd an, bis er die Finger aus den Ohren nimmt.
„Hart ist er ja schon, aber guck mal - die Tülle ist noch gar nicht mit aufgeblasen,“ plappert sie munter und zieht das Mundstück kräftig lang. „Am schönsten sieht für mich ein Luftballon aus, wenn er ´ne Birnenform hat:“ Und schon bläst sie noch zwei schnelle, kräftige Atemstöße in den mächtigen Riesen. Entsetzt reißt Peter die Hände wieder an die Ohren.
„Diese Sorte kriegt keinen Hals,“ erklärt er. Die Prinzessin ignoriert seinen Einwurf und bläst weiter. Und dann sagt er es doch: „Hör bitte auf, der verträgt nicht mehr viel!“
Das tut die Prinzessin auch - dann schaut sie Peter intensiv an, schließlich breitet sich ein ganz anderes, sanftes und doch zugleich sehr überlegenes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Sie steht auf und geht langsam auf Peter zu, der sich unbehaglich in seinem Sessel zurücklehnt. Aber sie streckt den Arm mit dem überblasenen Luftballon weit zur Seite, und dann steigt sie mit ihren Knien rechts und links neben Peters Schenkel und hockt sich darauf. „Aufhören? Wegen der Nachbarn?“ fragt sie und kichert leise dabei und lehnt sich vor, ein wenig über Peters Schultern hinweg. Sein Gesicht liegt nun fast an ihrer Brust, er riecht ihren Duft und spürt ihre Wärme da, wo es genau richtig ist und fühlt sich plötzlich genauso prall und gespannt wie der Luftballon, der da hinter ihm an der Sessellehne herum bumpert.
„Keinen Hals?“ fragt die Prinzessin, „das wollen wir doch mal sehen - eine kleine Beule hat er doch schon.“ Dabei wirft sie ihren Kopf ein wenig zur Seite, ihre langen Haare glänzen wie schwarze Seide, die sein Gesicht streift. Peter hört auf zu denken, er ist nur noch Gegenwart, geballte männliche Lust. Die Prinzessin zieht dieTülle noch ein paar Mal lang, um sie vorzudehnen. Und dann bewegt sie sich ganz vorsichtig und gekonnt provozierend auf seinem Schoß. Dabei holt sie tief Luft, ihre Brust hebt sich ihm entgegen, und langsam zischend lässt sie ihren Atem in den prallen Ballon strömen.
Peter kann nun nicht mehr anders - er nimmt die Finger aus den Ohren, kuschelt sich an die Prinzessin und drückt sie sanft und zärtlich und dann immer heftiger an sich. Seine Hände schmiegen sich in ihre schlanke Taille, und er fühlt jede kleine Bewegung ihres elastischen Körpers mit einer Intensität, die er sich nie hätte vorstellen können. Nach ein paar weiteren kleineren Pustern ruft sie schließlich: „Na also, er kriegt ja doch einen Hals - willst du mal sehen?“ Dabei lehnt sie sich zurück und hebt den Ballon seitwärts an Peter vorbei. Als er den Riesen so dicht und so prall neben sich sieht, zuckt er ein wenig zusammen. „Immer noch nicht genug?“ fragt er halbherzig, aber dieses Mal kennt er die Antwort.
„Ein bisschen noch!“ meint die Prinzessin ungerührt, „Gleich höre ich auf!“ Dabei wuselt sie Peter mit der freien Hand durchs Haar. „Dann sollst du mal Sterne sehen!“ Sie beugt sich wieder vor über seine Schulter und pustet weiter. „Schöne große bunte Sterne!“ Peter wird immer nervöser, er kann seine Erregung kaum noch beherrschen, denn die unbefangene Furchtlosigkeit der Prinzessin, die sanften und dennoch kraftbetonten Bewegungen, die Berührungen und die Wärme auf seinem Schoß und die Geräusche des Luftballons sind einfach zu viel für ihn...
... auch für den Luftballon, denn der platzt nun kurzerhand mit einem wuchtigen Knall. Die beiden zucken ein wenig zusammen, und dann beginnt die Prinzessin, Peters Hemd aufzuknöpfen und er schiebt seine Hände unter ihren Pulli.
Da lacht die Prinzessin plötzlich hell auf, und als Peter sie verstört ansieht, meint sie: „Hoffentlich kommen jetzt nicht die Nachbarn und wollen sich beschweren...“