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Prinzessin´s Traum
Prinzessins Traum
Prinzessins Traum
Sie fühlte sich von aromatischem Lavendelduft umarmt, schloss die Badezimmertür, löschte das Deckenlicht und ließ für einen Moment erschöpft den Kopf gegen die Tür sinken. Wenn man doch nur alles draußen lassen könnte.
Die Teelichter, die sie zuvor um die Wanne platziert und angezündet hatte, warfen Schatten an die Wand.
Es war Blödsinn, aber bevor sie den seidenen Bademantel von ihren Schultern gleiten ließ, sah sie sich um, um sich zu vergewissern, dass sie allein war. Mit gespielter Grazie stieg sie die zwei Stufen zur Badewanne hinauf. Ganz kurz tauchten vor ihrem inneren Auge Bilderfetzen aus der Zeit auf, als sie und ihr Mann dies Badezimmer renovierten. Aus kindlicher Albernheit hatte sie sich die Stufen zur Wanne gewünscht und war erstaunt gewesen, dass er einverstanden war und ihrem Wunsch nachkam. Wieder einmal hatte sich das kleine Mädchen, das sie nie sein konnte, das davon träumte Prinzessin zu sein, um von ihrem Prinz erlöst zu werden, in ihre Gedanken geschlichen. Doch im realen Leben waren Männer keine Prinzen. Vielleicht endeten deshalb alle Märchen in dem Moment, in dem sich Prinz und Prinzessin gegenseitig ihrer ewigen Liebe versicherten, bevor sie entdecken dass auch sie nur „Knecht und Magd“, sind.
Graziös streckte sie ihre Füße, deren lackierten Zehennägel im Kerzenlicht herrlich schimmerten, tauchte sie behutsam in den Schaum, der aufregend knisterte. Das heiße Wasser schmiegte sich sanft an ihre Haut, an der sich kleine Wasserbläschen bildeten, die bei jeder Bewegung prickelnd zerplatzten. Sie atmete tief ein, schloss die Augen, genoss die Wärme auf der Haut, seit Tagen die einzige angenehme Berührung ihres Körpers.
Langsam tauchte sie ganz unter, hielt die Luft an.
Nein, sie wollte nicht sterben, nur entschwinden, für einen Moment aus einem Leben, das ihr kalt und steril erschien, dessen Erwartungen sie nicht erfüllen konnte. Immer war da diese unsichtbare Hand aus Kindertagen, die nach ihr griff, sie zur Ordnung rief. Sie musste funktionieren, Fehler waren unentschuldbar, Gefühle unerwünscht.
Weiches Wasser streichelte ihr Gesicht, konnte man unter Wasser weinen?
Sollte sie den Mund öffnen, sich vollständig einnehmen lassen?
Ihr war als könnte sie schweben, davon treiben mitten in den Ozean ihrer so sorgsam versteckten Gefühle. Sie streckte den Arm aus, um die Tür zu ihren Seelenräumen zu öffnen.
Funkelndes Sternenlicht strahlte ihr entgegen, silberhell erklang leise Musik. Hier fiel all das Dunkel, das so schwer auf ihrer zarten Seele lag, von ihr ab. Federleicht tanzte sie, fühlte sie sich von Liebe umgeben.
Leises Rauschen in den Ohren, der Druck auf ihrer Brust wurde stärker, ihr Arm schwer wie Blei. Mit einem Ruck kam sie nach oben, stützte sich auf den Beckenrand und hustete sich die Seele aus dem Leib.
Plötzlich spürte sie zwei starke Arme, die sie hochhoben, jemand der sie an sich drückte. Sie öffnete die Augen, goldene Punkte tanzten ihr entgegen, die sich zu den braunen Augen ihres Mannes formten.
„Alles OK?“
War da ein Zittern in seiner Stimme?
Sie nickte leicht, bevor sie erneut husten musste. Zärtlich aber bestimmt drückte er ihren Kopf an seine Brust, sie hörte sein stark pochendes Herz ganz nah an ihrem Ohr, fühlte seinen Herzschlag in sich fließen, spürte seine Lippen auf ihren Augen.
„Hast du mir einen Schreck eingejagt“, hauchte er. „Was ist passiert?“
„Bin ausgerutscht“
Viel leichter als gedacht, kam die Lüge über ihre Lippen, sie schämte sich.
„Hast du dir wehgetan?“
„Nein“
Erleichtert atmete er aus, sein Herzschlag, noch immer ganz nah an ihrer Haut, beruhigte sich.
„Du bist ganz nass“, meinte sie und wies auf sein Hemd.
„Egal“
Für den Hauch eines Augenblicks, war er der Prinz, der die eingesperrte Prinzessin rettete. Sie lächelte und schloss damit die Tür zu ihren geheimsten Seelenräumen.