Mitglied
- Beitritt
- 31.01.2002
- Beiträge
- 41
Primaten-Tango
Ficken, denke ich, warum bin ich nur so wütend? Die alte Schnalle neben mir glotzt und glotzt. Glotz woanders hin, fahre ich sie mit meiner gesammelten telepathischen Energie an. No way! Ich werde sie auf die Schienen stoßen müssen.
Heute ist nicht mein Tag. Die Sonne zwitschert, die Vögel lachen. Happy happy, joy joy, fun fun. Lauter Weiber hier in der U-Bahn, die sich zum Spätsommer paaren wollen. Dicke, dünne, langhaarige, kurzhaarige, die meisten sind häßlich. Ich bin zwar kein Mega-Seller, aber ich seh auch nicht wie 'n Sack Scheiße aus.
Da klappern ihre Absätze auf dem harten Beton der U-Bahn-Unterführung, vom Kotti zur Stadtmitte. Klapper klick-klick klack. Kleine, breite, fette Hintern schwenken sich vor meiner Nase, nach links, nach rechts. Doch die meisten Frauen marschieren wie auf Stelzen, linkes Bein, rechtes Bein, immer brav parallel. Sowas von abtörnend! Gibt es kein Copacabana-Wackeln im deutschen Glutaeus Maximus?
Shoko ist mir heute Morgen gewaltig auf die Nerven gegangen. Fehlte nur noch, dass sie mit dem Fuß aufstampfte.
"Ich will, dass wir zusammen sind..." – "Ich will, dass du mit Anja sprichst..." – Ein endloser Singsang von "Ich will, ich will, ich will..." .
Schöne Shoko, halt die Klappe. Ich kann nicht mit Anja reden. Die bringt erst mich um und dann springt sie aus'm Fenster, so wie letztes Jahr, obwohl ich bis heute keine Ahnung habe, wie sie von der Sache mit meiner Galeristin Wind bekommen hatte. Und ich weiß gar nicht, was du hast, habe ich ihr gesagt, wir sind doch zusammen. Von Anfang an mit offenen Karten gespielt. Aber nein, immer der gleiche Scheiß nach einer Weile.
Die nette Brünette mit dem Pseudo-Punk-Kopf lächelt mich an. Zurücklächeln kostet nichts. Ich lad sie auf 'nen Kaffee ein. Ich glaub ich kenn sie aus der Uni.
"Kenn ich dich aus der Uni?" frage ich. Ich hab jetzt Lust auf Sex.
"Nö", piepst sie zurück. Süß die Kleine.
"Irgendwie kommst du mir aber bekannt vor." Ich lasse nicht locker.
"Echt?" Jetzt biegt sie den Rücken durch, streckt ihre kleinen Titten nach vorn und lächelt mich an. "Manche halten mich für Sylvie aus Gute Zeiten Schlechte Zeiten", strahlt sie.
Aha, denke ich. Hab keinen blassen Schimmer, was die für'n Zeug quatscht. Aber so wie sie das sagt, klingt das unheimlich sexy. Eine Art Punk-Meg-Ryan, ein kleines, verschlafenes Revoluzzer-Häschen. Vielleicht ist heute doch mein Tag.
"Was machst’n heut Abend?" teste ich sie an. "Bei 'nem Kumpel von mir steigt 'ne Party."
"Echt?" Jetzt zieht sie die Titten wieder ein Stück ein. Schade. Sie überlegt. Ich kann förmlich hören, wie ihr kleines Gehirn rattert. Lehne mich zurück, verschränke die Arme hinterm Kopf. Das wirkt meistens. Dann seh ich lässig, unbeteiligt, souverän und einfach nur gut aus. Ich grinse sie an. Jetzt sag schon was, denke ich und werde langsam nervös, mehr hab ich nicht drauf.
Sie nickt. Gutes Mädchen. Ich lächle entspannt. Endlich mal ein Abend ohne Anja, ohne Shoko, ohne Stress.
Man, war der Sex scheiße. Ist ja nicht so, als würde ich mir keine Mühe geben. Ich mein, klein ist er nicht gerade. Aber die – wie hieß sie noch mal, man, jetzt hab ich den Namen vergessen – lag da wie ein toter Fisch. So was hab ich noch nicht erlebt. Ich war schon versucht, 'n Orgasmus vorzutäuschen, nur um der Nummer ein Ende zu bereiten.
"Hast du irgendwas?" hab ich so nach zehn Minuten gefragt.
"Nö, alles OK", hat sie gesagt. Sie sah so abwesend aus.
"Ich mein, wenn’s dir nicht gefällt, können wir ja was anderes machen", schlug ich vor. Vielleicht von hinten?
"Nö, schon OK", hat sie geantwortet. "Gefällt mir."
OK, hab ich mir gedacht. Nimmst du die Frau mal beim Wort. Ich hab weitergemacht, aber irgendwie kam ich mir bescheuert vor. Is auch immer 'n bisschen schwer, sich mit 'nem Gummi zu konzentrieren. Fühlt sich halt scheiße an. Da lob ich mir Shoko, und Anja sowieso.
Shoko war auch auf der Party. Ignorierte mich aber, hatte ihren Yakuzza-Killerblick aufgesetzt. Wie kann eine Frau selbst quer durch den Raum noch so sauer aussehen? Und so angsteinflößend?
Hab Shoko auf ihren perfekten Nacken geküsst. Ich glaube, sie hat sich doch gefreut mich zu sehen. Aber irgendwie hatte ich keinen Bock, mich lange mit ihr zu befassen, schon gar nicht nach dem Theater heute Morgen. Wir waren ja nicht mal hier verabredet. Konnte also keiner von mir verlangen, dass ich die ganze Zeit mit Shoko rumhänge.
Sie schien auch nichts von mir zu wollen, anscheinend war ich ihr sogar lästig. Vielleicht hatte sie ja heute morgen mit mir Schluss gemacht und ich hatte es nicht mitbekommen. Wer weiß, vielleicht traf sie sich ja hier mit 'nem neuen Lover? Shoko war einiges zuzutrauen.
Wie auch immer - ich kann es nicht ausstehen, wenn ihr schneeweißes japanisches Gesicht diesen giftigen Ausdruck trägt. Dann werden ihre Augen zu kleinen, schwarzen Schlitzen und wenn du nicht genau aufpasst, feuern sie Blitze ab, mitten in dein Herz, dann in dein Hirn, und ehe du dich versiehst, bist du Shoko-süchtig und tust alles, was sie will. Die Frau ist 'ne Hexe.
Wie-hieß-sie-nochmal kam spät. Ich hatte fast die Hoffnung auf schönen, neuen Sex aufgegeben. Sah recht appetitlich aus in ihrem Fetzen von einem Topp. Harte Nippel - und es war nicht kalt! Aber irgendwie redete die unheimlich leise, verstand kein Wort.
"Soll’n wir woanders hingehen?" hab ich sie gefragt, als Shoko mal kurz aus dem Zimmer verschwunden war.
"OK", meinte die Kleine.
Ich schickte sie vor. Musste mich irgendwie von Shoko verabschieden, sonst würde ich den nächsten Tag nicht erleben. Wartete vor dem Klo.
"Du, ich geh jetzt", meinte ich zu Shoko und versuchte, nett und vertrauenswürdig zu klingen. "Ich ruf dich morgen an."
Shoko sah durch mich durch. Ich küsste sie und strich über ihr pechschwarzes Haar. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich geglaubt, Tränen in ihren Augen zu sehen. Nein, das konnte nicht sein. Nicht Shoko.
Konnte das Auto nicht finden. Aber ich war sowieso viel zu dicht. Legte meinen Arm um die Kleine, mehr um mich abzustützen, aber sie fuhr voll darauf ab.
Irgendwie zerrte sie mich auf eine dieser runden Holzplattformen auf einem Spielplatz. Die Sterne waren wunderschön und die Luft roch satt nach Sommer. Die Kleine schmiegte sich an mich, legte ihren Kopf auf meine Schulter. Ihre Haut roch nach Milch und ihr Haar nach Kokosnüssen.
"Du riechst gut", flüsterte ich ihr ins Ohr und sie gurrte zufrieden.
Plötzlich bin ich hier, mitten im stinkenden Sumpf und blicke ich ins regungslose Auge des tobenden Zyklons. Shoko ist da. Breitet ihre schwarzen Flügel aus, um mich zu verschlingen. Schreit, keift und ist vollkommen hysterisch. Wie-hieß-sie-nochmal versteckt sich hinter mir, während sie ungeschickt versucht ihren Slip hochzuziehen. Shoko dreht mit aller Wucht an der Plattform und versetzt dem Karussell so einen Schwung, dass die Kleine weit in den Sand fliegt.
"Hör auf mit dem Scheiß!" brülle ich Shoko an und versuche mich aufzurichten, aber meine Jeans hängen noch zwischen den Knien. Aber Shoko ist nicht zu bremsen, flippt völlig aus. Sie beschimpft mich auf Japanisch, während sie wie wild mit den Armen fuchtelt.
"Ich versteh kein Wort, du blöde Votze!" schreie ich sie an. In der einen Hand meine Hose, mit der anderen klammere ich mich an der Plattform fest.
Shoko holt jetzt richtig aus, ihre riesigen Klauen krallen sich in die Plattform. Mit aller Kraft dreht sie erneut das Karussell. Ich trete nach ihr, treffe sie in den Bauch.
Shoko heult auf, lässt sofort die Plattform los, stolpert ein paar Schritte zurück und blickt mich wie versteinert an.
"Es tut mir leid...", fange ich an. Endlich habe ich Zeit mir die Hose hochzuziehen. Die Kleine sitzt immer noch im Sand und tut so als sei sie unsichtbar.
Shokos Haare kleben auf ihrem schweißnassen Gesicht. Da steht sie, meine japanische Rachegöttin, als ob ihr jemand den Saft abgedreht hat. Ich hab Shoko noch nie so derangiert erlebt. Aber nach der Nummer weiß ich, was ich schon lange vermutete: Sie ist komplett irre.
"Tut mir leid...", setze ich noch einmal an, obwohl mir eigentlich nichts leid tut. Aber ich kann Shoko in diesem Zustand nicht ertragen.
Ich glaub es nicht - sie hebt ihr rechtes Knie! Die Bewegung kenne ich noch von unserem Streit vor zwei Wochen. Schnell springe ich zurück, stolpere über die Kleine, die einen spitzen Schrei von sich gibt und wimmernd zur Seite rollt.
"Ich bin schwanger, du Arsch!" faucht Shoko, kühl und nicht von dieser Welt.
Wer weiß, ob’s von mir ist, denke ich, wage aber nicht den Mund aufzumachen, bevor ich nicht in Sicherheit bin.
"Es ist von dir, du blöder Wichser", fährt mich Shoko an und beginnt zu heulen.
Das ja nun gerade nicht, antworte ich ihr in Gedanken.
Die Sterne sehen wunderschön aus und die Luft riecht satt nach Sommer. Ich will hier liegen blieben und in der Nacht versinken. Denn obwohl das 'ne absolute Katastrophe ist - ich mag Kinder. Selbst wenn’s von Shoko wäre.
Ficken, denke ich, warum bin ich nur so seltsam zufrieden?