Polizei - da werden Sie geholfen
Die Arbeit der Polizei unterliegt einem Wandel: weg von der strafenden mehr zur schützenden Hand. Das geflügelte Wort vom „Freund und Helfer“ gewinnt wieder an Bedeutung. Wir werden „bürgerfreundlich”, und das nicht nur auf dem Papier sondern so langsam auch in unseren Köpfen. Obwohl der Bürger ein untrügliches Gespür für den falschen Augenblick zu haben scheint, sind wir doch bemüht, uns seiner Sorgen und Nöte anzunehmen, auch wenn es nicht so aussieht, wie damals bei Herrn Meier und mir.
An einem Montagnachmittag saß ich am Wachpult unseres kleinen Kommissariats und freute mich über die Sonne, die mir durch das Fenster hindurch meinen Nacken wärmte, während ich mit der wichtigsten Arbeit im Leben eines Beamten beschäftigt war: dem Ausfüllen eines Urlaubsantrages.
Plötzlich klingelte es an der Tür. Davor stand ein Mann mittleren Alters, etwa 180 cm groß, blond, aufrecht, mit leichten Rändern unter den Augen. Etwas mißgestimmt über diese Störung, ließ ich den Mann ein. Nach einem freundlichen "Guten Tag" sagte er mir, daß er Meier heiße und ein kleines Problem habe, bei dem ich ihm vielleicht helfen könne.
Bevor er jedoch zur Sache kommen konnte, klingelte das Telefon. Mit einer lockeren Handbewegung brachte ich Herrn Meier zum Schweigen und nahm den Hörer ab. Ich hatte mich kaum mit meinem Namen gemeldet, als auch schon der zweite Apparat auf dem Wachpult klingelte. Den ersten Anrufer blockte ich mit einem "Moment!" ab und wandte mich dem zweiten zu. Auch hier konnte ich nur meinen Namen nennen, dann unterbrach mich das dritte Telefon auf der Wache. Bevor
ich diesen Hörer abnehmen konnte, plärrte das Funkgerät los: Die Streife meldete sich zurück.
Schulterzuckend lächelte ich Herrn Meier zu und sagte ihm noch: "Sie sehen ja, was hier los ist" und schickte die Kollegen in den nächsten Einsatz. Herr Meier betrachtete still das hektische Geschehen und ging dann mit den Worten "Ich komme morgen wieder!" zur Tür.
Und er kam wieder, frühmorgens, genau zur Frühstückszeit, mit deutlich sichtbaren Augenrändern. Ich bat ihn freundlich, doch einen Moment zu warten, und begab mich in die hinteren Räume, um mein Frühstück zu beenden. Bevor ich jedoch Herrn Meier dem Spätdienst übergeben konnte, hatte er sich aus der Wache geschlichen. Genau weiß ich es nicht, aber das muß so gegen 11:30 Uhr gewesen sein. Weshalb er einfach gegangen war, konnte ich nicht nachvollziehen, schließlich war ich doch sehr bemüht, daß ihm geholfen wird.
Am Mittwoch begann ich dann wie üblich um 21:00 Uhr meinen Nachtdienst. Etwa zwei Stunden später klingelte es. Was soll ich sagen? Draußen stand Herr Meier. Dienstbeflissen wie ich nun einmal bin, öffnete ich ihm die Tür, ohne dabei auf die höllischen Kopfschmerzen, verursacht durch einen müdigkeitsbedingten Aufprall meiner Stirn auf dem Wachpult, zu achten.
Herr Meier schleppte sich müde in die Wache, nutzte die Gelegenheit und schilderte mir sein Problem: Sein Nachbar, der Herr Müller, besäße einen Schäferhund, der anscheinend den lieben langen Tag nichts weiter zu tun habe, als bellen. Dies setze sich auch die halbe Nacht über fort, so daß er, Herr Meier, nur noch mittels eines starken Medikaments einschlafen könne.
Mit messerscharfem Verstand analysierte ich den Sachverhalt und brachte es gegenüber Herrn Meier sofort auf den Punkt: "Tut mir leid! Aber dafür sind wir nicht zuständig. Die Haltung von Hunden und die daraus resultierenden Probleme fallen eindeutig in die Zuständigkeit des Ordnungsamtes. Am besten gehen Sie gleich morgen einmal dort vorbei und schildern Ihr Anliegen. Wir können da wirklich nicht weiterhelfen."
Das zwischen schmalen Lippen hervorgepreßte "Danke schön!" des Herrn Meier ließ eine warme Woge tief empfundener Zufriedenheit in mir aufkommen. Bürgernähe ist schon was tolles!